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TRGS 910-79: Hydrophile und lipophile Azofarbstoffe

(BArbBl. 4/91 S. 47)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen

I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)

Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.

Azofarbstoffe mit krebserzeugender Aminkomponente, hydrophile und lipophile  

 Einstufung entsprechend der Einstufung des kanzerogenen Amins, dessen Gehalt im Farbstoff und dem Gehalt des Farbstoffes in der Zubereitung (Einstellung)

Die Einstufung von hydrophilen und lipophilen Azofarbstoffen und ihren Zubereitungen (Einstellungen) in die Gruppen I, II bzw. III des Anhangs II GefStoffV richtet sich nach der Einstufung des potentiell freisetzbaren krebserzeugenden Amins, dessen Gehalt im Azofarbstoff und dem Gehalt des Azofarbstoffes in der Zubereitung (Einstellung).

Definition

Azoverbindungen sind charakterisiert durch das Strukturelement der chromophoren Azogruppe -N=N-, deren Stickstoffatome jeweils mit Kohlenstoffatomen verbunden sind. Ein technisch wichtiges Herstellungsverfahren besteht in der Reaktion von primären Aminen mit Nitrosylgruppen abspaltenden Verbindungen (z.B. Natriumnitrit) unter Bildung des Diazoniumsalzes (Diazotierung), welches nachfolgend mit einem nukleophilen Partner elektrophil substituiert wird (Kupplung).

Entsprechend der DIN 55943 wird der Begriff Farbmittel als Oberbegriff für alle farbgebenden Stoffe verwendet. In der weiteren Unterteilung wird unterschieden zwischen im Anwendungsmedium löslichen Farbstoffen und aus Teilchen bestehenden, im Anwendungsmedium praktisch unlöslichen Pigmenten (1). Unter den synthetischen Farbmitteln stellen die Azofarbmittel nach Zahl und Produktion die größte Gruppe dar, da für Diazotierung und Kupplung eine große Anzahl von Ausgangsprodukten zur Verfügung steht, deren Kombinationsmöglichkeit zu vielen unterschiedlichen Azofarbmitteln führt (2). Hydrophile (wasserlösliche) Arofarbstoffe enthalten meist ein oder mehrere Sulfonsäure-, Carbonsäure- und/oder Sulfonamidgruppen, lipophile (fettlösliche) häufig Hydroxyl-, Methyl-, Methoxy- und Aminogruppen (3).

Epidemiologische Befunde

In mehreren Industriezweigen und Berufen konnte ein erhöhtes Blasenkrebsrisiko der Beschäftigten nachgewiesen werden. In einigen findet regelmäßig ein Umgang mit kanzerogenen Aminen statt, die Ursache für das erhöhte Blasenkrebsrisiko sind. In anderen Berufsgruppen mit erhöhtem Blasenkrebsrisiko besteht eine Belastung durch Azofarbstoffe. Insbesondere für den Umgang mit Azofarbstoffen auf der Basis von Benzidin liegen Hinweise auf eine Blasenkrebs induzierende Wirkung beim Menschen vor (4, 5).

Kanzerogenität im Tierversuch

Mehrere Azofarbstoffe sind tierexperimentell auf kanzerogene Wirksamkeit untersucht worden. Verfütterung von 3 hydrophilen Azofarbstoffen auf Benzidin-Basis (Direct Blue 6, Direct Black 38, Direct Brown 95) führte bei F344-Ratten zu einer starken kanzerogenen Wirkung. Nach der kurzen Versuchszeit von nur 13 Wochen wurde eine signifikante Erhöhung von neoplastischen und präneoplastischen Leberveränderungen beobachtet. Bei B6C3F1-Mäusen traten keine neoplastischen Veränderungen auf (22). Der lipophile Azofarbstoff o-Aminoazotoluol ist in der Liste der krebserzeugenden Gefahrstoffe des Anhangs II GefStoffV enthalten. Bei anderen Azofarbstoffen ist jedoch oft wegen verschiedener Mängel der Studien eine Bewertung der krebserzeugenden Wirkung nicht möglich (z.B. zu kleine Tierzahlen, unzureichende Versuchsbeschreibung und Versuchsdauer, fehlende Kontrollgruppe) (6, 7, 8.9).

Reduktive Azospaltung

Schon länger ist bekannt, daß die Azogruppe in vitro und in vivo reduktiv unter Bildung der entsprechenden Amine gespalten werden kann. Die natürlicherweise im Magen-Darm-Trakt vorhandenen Bakterien, wie auch Enzymsysteme in verschiedenen Geweben von Säugern, sind zur reduktiven Azospaltung fähig. Sie konnte für mehrere Versuchstierspezies und für den Menschen nachgewiesen werden (4).

Vor allem mit hydrophilen, aber auch mit einigen wenigen lipophilen Azofarbstoffen sind nach oraler Applikation quantitative Untersuchungen zum Ausmaß der Azospaltung durchgeführt worden. Insgesamt ist eine große Bandbreite in den Spaltungsraten in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren festzustellen:

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