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TRGS 910-56: 2,4-Toluylendiamin

(BArbBl. 9/83 S. 35)


Krebserzeugender
Stoff

Gruppen
I
(sehr stark gefährdend)
II
(stark gefährdend)
III
(gefährdend)
Massengehalte im Gefahrstoff in v. H.
2,4-Toluylendiamin     > 1

Erläuterung:

2,4-Toluylendiamin (2,4-Diaminotoluol) ist akut nur mäßig toxisch und nur leicht reizend an der Haut und an Schleimhäuten. Es wird gut durch die Haut resorbiert und hat eine schwache sensibilisierende wie auch Methämoglobinbildende Wirkung. In mehreren in-vivo- und in-vitro-Testsystemen zeigte 2,4-Toluylendiamin mutagene Effekte. Im Tierversuch (Ratte und Maus) ist nach subchronischer oder chronischer Einwirkung die Leber das Hauptzielorgan1).

An der Ratte induzierten toxische orale Dosen von 2,4-Toluylendiamin (0,06 bzw. 0,1% im Futter) schon nach einer durchschnittlichen Überlebenszeit von 32-34 Wochen bei 22 von 26 Ratten Leberkarzinome 2). 2,4-Toluylendiamin x 2 HCI, Ratten und Mäusen mit dem Futter in Konzentrationen von 0,05 bzw. 0.1% über 18 Monate verabreicht (bei den Ratten mußten die Konzentrationen nach 4 Monaten auf die Hälfte reduziert werden), zeigte trotz der hohen Dosierung eine nur mäßig ausgeprägte krebserzeugende Wirkung3).

Das Ergebnis bei den Ratten:
  Kontrolle niedrige Dosis hohe Dosis
s.c. Fibrome 0/24 bzw. 14/111 8/19 15/24
Lebertumoren 0/24 bzw. 2/111 1/19 3/24
Das Ergebnisse bei den Mäusen
Gefäßtumoren w 4/22 bzw. 9/102 5/19 4/17
Gefäßtumoren m 1/18 bzw. 5/ 99 0/22 4/17
Lebertumoren w 0/22 bzw. 1/102 1/19 3/17
Lebertumoren m 1/18 bzw. 7/ 99 2/22 4/17

In einem weiteren Versuch wurde 2,4-Toluylendiamin je 50 männlichen und je 50 weiblichen Ratten in Konzentrationen von 0,0125 bzw. 0,025% über einen Zeitraum von 40 Wochen mit dem Futter gegeben, dann mußten die Konzentrationen auf 0,005 bzw. 0,01% herabgesetzt werden (Gesamtversuchszeit: 2 Jahre). Die Behandlung erwies sich als deutlich toxisch (Leber- und Nierenschädigung; im Vergleich zur Kontrolle stark verminderte Körpergewichte). Unter diesen Bedingungen traten vermehrt Leberkarzinome (Kontrolle: 0%, niedrige Dosis: 3%, hohe Dosis: 9%) und gutartige und bösartige Mammatumoren und gutartige subkutane Tumoren (Fibrome) auf4). Eine ähnliche Verfütterung von 2,4-Toluylendiamin über 2 Jahre an 50 männliche und je 50 weibliche Mäuse (0,01 bzw. 0,02%) erwies sich in beiden Konzentrationen für die weiblichen Mäuse und für die männlichen Mäuse nur in der hohen Konzentration als deutlich toxisch. Eine krebserzeugende Wirkung wurde nur für die weiblichen Mäuse aufgrund einer Induktion von bösartigen Lebertumoren nachgewiesen (Kontrolle: 0%, niedrige Dosis: 28%, hohe Dosis: 39%)4). In einem älteren Versuch wurde Ratten einmal wöchentlich 2,4-Toluylendiamin (0,4 %ig. in Propylenglykol) subkutan injiziert (Gesamtdosis: 60-90 mg/Ratte, entsprechend 350 mg/kg). Die Behandlung erwies sich als toxisch. Nur 9 Ratten lebten länger als 240 Tage. Alle 9 Überlebenden Ratten entwickelten Sarkome an der Injektionsstelle5). Bei Mäusen (nur 3 Tiere lebten länger als 300 Tage) ließ sich nach einer ähnlichen Behandlung keine Tumorinduktion nachweisen6). In einem jüngeren Versuch wurde pro Dosis und Kontrolle je 30 männlichen und je 30 weiblichen Ratten ebenfalls 2,4-Toluylendiamin (und zwar in Erdnußöl) subkutan injiziert (1 x wöchentlich 8,33 bzw. 25 mg/kg über 2 Jahre). Bei den männlichen Ratten erwies sich die hohe Dosis (Gesamtdosis: 2200 mg/kg) als toxisch; für die weiblichen Tiere lagen beide Dosen im Bereich der maximalverträglichen; das gilt auch für die niedrige Dosis bei den männlichen Ratten. Trotz solcher hoher Dosen ließ sich in diesem Versuch keine krebserzeugende Wirkung nachweisen. Die hohe Empfindlichkeit dieser Art von Testung auch für aromatische Amine läßt sich daran erkennen, daß das gleichzeitig im gleichen Test geprüfte Benzidin schon nach Gesamtdosen von 9 mg/kg bei den weiblichen und 75 mg/kg bei den männlichen Ratten eine deutliche krebserzeugende Wirkung zeigte7).

Bisher wurde für 2,4-Toluylendiamin eine krebserzeugende Wirkung an Ratte und Maus demnach nur nach Applikation deutlich toxischer oraler oder subkutaner Dosen nachgewiesen. Selbst unter solchen Bedingungen war der Effekt nicht sehr stark ausgeprägt. Legen die lebenslang applizierten Dosen nur wenig unter dem stark toxischen Bereich, so ließ sich bisher weder nach oraler Gabe (männliche Maus) noch im empfindlichen Test der subkutanen Injektion (männliche und weibliche Ratte) eine krebserzeugende Wirkung des 2,4-Toluylendiamin nachweisen. 2,4-Toluylendiamin wird deshalb in die Gruppe der gefährdenden krebserzeugenden Arbeitsstoffe eingestuft (Gruppe III), und zwar in der Konzentration> 1%.

Literatur:

1) "Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe" (Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten) der Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Verlag Chemie.

2) Ito et al., Cancer Res. 29, 1137, 1969.

3) Weisburger et al., J. Environm. Path. Toxicology 2, 325, 1978.

4) DHEW Publication No. [NIH] 79-1718,1979.

5) Umeda, Gann 46, 597, 1955.

6) Umeda, Gann 47, 153, 1956.

7) Steinhoff, Bayer-Bericht-Nr. 10682, 1981.

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