Begründung zur Bewertung von Stoffen als sensibilisierend
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37. Phenylhydrazin
(CAS-Nr.: 100-63-0)
(Phenylhydrazin-HCl (CAS-Nr. 59-88-1))

Ausgabe: Februar 2000
(BArbBl. 2/2000 S. 91)



Vorkommen:

Phenylhydrazin wird zur Herstellung von Arzneimitteln (Analgetica), Farbstoffen und Pigmenten, Herbiziden und Pflanzenschutzmitteln, Fotoentwickler (Phenidon) u. a. eingesetzt. Eine Anwendung ohne chemische Umsetzung findet nicht statt. Natürliches Vorkommen wurde in einigen Pflanzenarten nachgewiesen (Lorbeerbaum, Leguminosen) [1].

Arbeitsmedizinische und experimentelle Daten:

Bald nach der Entdeckung von Phenylhydrazin Wurde um 1900 aus der Arbeitsgruppe um Emil Fischer u.a. auch über Hautausschlag berichtet. Testungen erfolgten nicht. Später gab es Beobachtungen von "Hautreizungen" bei Arbeitern in der chemischen Industrie und 2 Kasuistiken über Dermatosen mit positivem Patch-Test nach Umgang mit Phenylhydrazin [zit. bei 1]. 1983 wurde von PEVNY et al. [8] über eine Primärsensibilisierung durch Phenylhydrazin bei einem Chemiestudenten berichtet, bei dem auch Umgang und eine Gruppenallergie mit anderen Pyridin- und Hydrazinderivaten festgestellt wurde. Eine Arbeit von BORELLI und DÜNGEMANN [2] wird in diesem Zusammenhang häufig zitiert. Die Autoren testeten 300 Metallarbeiter unter anderem auch mit Phenylhydrazin und sahen bei 7,4 % positive Reaktionen, die sie selbst wegen der angeblich zu hohen Testkonzentration von 0,5 % nicht weiter bewertet.

Über Kreuzreaktionen nach Primärsensiblisierung mit Phenylhydrazin oder Hydrazinderivaten wird berichtet [4, 8, 9]. ROTHE [9] testete 4 von 5 Chemiestudenten mit akuter Kontaktdermatitis durch N-(chlorobenzyliden)-phenylhydrazin auch mit Phenylhydrazin (0,2 % in Aceton) und sah in einem Fall eine positive Kreuzreaktion. Nach Primärsensibilisierung durch Hydrazinderivate (in Fleckenwasser, Lötwasser) zeigten einige der Untersuchten im Epikutantest auch Kreuzreaktionen auf Phenylhydrazin u. a. Hydrazinverbindungen[3, 6].

JADASSOHN [5] pinselte Meerschweinchen mit unverdünntem Phenylhydrazin und sah nach 3-5 Tagen Rötung und Schuppung. Pinselungen mit 10 %iger alkoholischer Lösung führten zu gleichem, etwas schwächerem Ergebnis. 2-3 Wochen später riefen Pinselungen (10 % in Alkohol) nach 24 Stunden Rötung und Schuppung und teilweise Herdreaktionen am Ort der primären Applikation hervor.

In einem offenen epikutanen Ohr-Flankentest (ohne Freud'sches Adjuvans) konnten 7 von 8 Albino-Meerschweinchen sensibilisiert werden, davon zeigten 5 schwache Reaktionen (Induktion und Challange mit 10 % Phenylhydrazin in Dinonylphthalat) [10]

MAYER [7] prüfte Kreuzreaktionen an 35 Meerschweinchen, die mit 1-Hydrazinophthalazin-HCl sensibilisiert worden waren, und sah nur bei 2 Tieren schwache Reaktionen auf Phenylhydrazin.

Bewertung:

Die Kriterien für die Einstufung als sensibilisierend durch Hautkontakt (R43) werden durch Einzelfallbeobachtungen am Menschen, Kreuzreaktionen mit Strukturverwandten und positive Tierexperimente erfüllt.

Literatur:

1. Beratergremium für umweltrelevante Altstoffe (BUA): Phenylhydrazin. BUA-Stoffbericht. 1994, Stuttgart: S. Hirzel

2. Borelli, S,; Düngemann, H.: Aktuelle Kontaktekzem-Ursachen in der Metallindustrie. Berufsdermatosen 12 (1964), 1-37

3. Frost, J.; Hjorth, N.: Contact dermatitis from hydrazine chloride in - soldering flux. Cross sensitization to apresoline and isoniazid. Acta Derm. Venereol. 39 (1959), 82-86

4. Greim, H.: (Hrsg.): Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten: Phenylhydrazin. 1995, Weinheim: WILEY - VCH-Losebl.-Ausg.

5. Jadassohn, W.: Sensibilisierung der Haut des Meerschweinchens - auf Phenylhydrazin. Klin. Wochenschr. 9 (1930), 551

6. Ketel, W.G. van: Contact Dermatitis from a hydrazin-derivate in a stain remover. Cross sensitization to apresoline and isoniazid. Acta Derm Venereol. 44 (1964), 49-53

7. Mayer, R.L.; Eismann, P.C.; Jaconia, D. Experimental sensitization of guinea-pigs to 1-hydrazinophthalazine; with a discussion on the use of guinea-pigs for the forecast of clinical sensitizations. J. invest. Dermatol. 24 (1955), 281-291

8. Pevny, I.; Peter, G.: Allergisches Kontaktekzem auf Pyridin- und Hydazinderivate. Dermatosen 31(1983), 78-83

9. Rothe, A.: Contact dermatitis from N-(α -chlorbenzylidene)phenylhydrazine. Contact Dermatitis 18 (1988), 16-19

10. Stevens M.A.: Use of the albino guinea-pig to detect the Skin-seneitizing ability of chemicals. Br. J. industr. Med. 24 (1967), 189-202

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