zurück

Lindan
(CAS-NR: 58-89-9

Ausgabe: Oktober 2002
Stand: Mai 2002


Bisherige Einstufung:

TRGS 905: nicht eingestuft
EG: nicht eingestuft
MAK: Kanzerogenitätsklasse 4, MAK-Wert: 0,1 mg/m3

1 Toxikokinetik:

Lindan wird bei oraler Aufnahme gut resorbiert, bei Inhalation wird eine Resorptionsrate von 50 % genannt. Es liegt (in Abhängigkeit vom Trägermaterial) auch eine relevante dermale Resorption vor (Greim, 1998).

Die höchsten Konzentrationen von Lindan wurden im Fettgewebe und in der Haut gefunden. Weiterhin wurden erhöhte Konzentrationen in Gehirn, Niere, Muskelgewebe, Lunge, Herz, Milz, Leber, Blut und in den Testes gefunden. Ein relevanter transplazentare Transport ist belegt (Greim, 1998; ATSDR, 1999).

Lindan wird hauptsächlich in der Leber metabolisiert. Es erfolgen Hydroxilierungen, Dehydrogenierungen, Dechlorierungen und Oxidationen (insbesondere Cytochrom-P450-abhängige Monooxigenasen) sowie Konjugationsreaktionen (Merkaptursäure-, Glukuronid- und Sulfatkonjugate). Bei Ratte und Maus wird Lindan zu Chlorbenzolen und Chlorphenolen metabolisiert. Beim Menschen wurden neben verschiedenen Mono-, Di- und Tetrachlorphenolen hauptsächlich 2,4,6-, 2,3,5- und 2,4,5- Trichlorphenol nachgewiesen (Greim, 1998; ATSDR, 1999). Enzymatische Unterschiede zwischen Kindern und Erwachsenen in der Umsetzung von Lindan sind dokumentiert (ATSDR, 1999).

Die Elimination erfolgt vor allem über den Urin. Lindan wurde auch in der Muttermilch vorgefunden. Die Eliminationshalbwertszeit in der Ratte nach subakuter oraler Verabreichung liegt bei 3 bis 4 Tagen. Beim Menschen fand sich nach langfristiger Exposition eine Halbwertszeit von 9-12 Tagen. Eine Anreicherung im Fettgewebe erfolgt nicht (Greim, 1998; ATSDR, 1999).

2 Gentoxizität:

2.1 In vitro:

Die folgende Dokumentation erfolgt nach Greim (1998), hier tabellarisch zusammengefasst. Soweit nicht anders angegeben, dienten Übersichtsarbeiten (WHO, 1991; Pool-Zobel et al., 1993) als Datengrundlage.

Endpunkt Testsystem Ergebnis
Mutagenität Rec-Assay, Bacillus subtilis E. coli
Salmonella typhimurium (Ames-Test)
HPRT-Test mit V79- und CHO-Zellen
negativ
Schwesterchromatidaustausch CHO-Zellen negativ
Chromosomenbrüche, Gaps CHL-Zellen und Humanlymphozyten nur bei toxischen Konzentrationen
DNA-Strangbrüche
(Pool-Zobel et al., 1994)
Comet-Assay, Nasen-, Colon- und positiv
Magenepithelzellen von Ratten positiv
Ebd., Nasen- und Magenepithelzellen von positiv
Ratte negativ
Ebd., Nasenepithelzellen von Menschen
Ebd., Magenepithelzellen von Menschen
Weitere Endpunkte UDS mit Humanlymphozyten negativ
SV 40-transformierte Humanfibroblasten negativ
SV 40-transformierte Rattenhepatozyten negativ
DNA-Addukte
(Dubois et al., 1997)
Fetale Rattenhepatozyten Erhöhung nicht näher
HepG2 (Derivat humaner Leberzellen) spezifizierter DNA-Addukte *
*) Nach Greim (1998) methodische Mängel und geringes Ausmaß; Studie nicht zur Bewertung geeignet

Über die Auswertung in Greim (1998) hinaus liegen ergänzende Studien vor:

Rocchi et al. (1980) untersuchten Lindan (Reinheit 99,5 %) hinsichtlich veränderter DNA-Synthese in a) Ratten Thymozyten, b) Humanlymphozyten.

Zu a) untersuchter Dosisbereich: 0, 10, 100 und 1000 µg/ml. Die Thymidinaufnahme war ab 100 µg/ml dosisabhängig reduziert (12 bzw. 77 %), was auf eine verringerte DNA-Syntheserate hinweist; Zu b) untersuchte Dosis: 0, 500 µg/ml. Die Thymidinaufnahme lag in der Kontrolle plus Hydroxiharnstoff bei 897 ± 97 dpm und bei Zusatz von Hydroxiharnstoff plus Lindan bei 297 ± 4 dpm. Dies ergibt keinen Hinweis auf eine erhöhte unplanmäßige DNA-Synthese, eher eine Synthesehemmung in Rattenthymozyten und in Humanlymphozyten.

Kang et al. (1998) exponierten menschliche HL-60-Zellen gegenüber Lindan. Die Substanz führte bei 60 ± 5 µM zu Zelltod (IC50). Lindanbehandelte Zellen zeigten dosis- und zeitabhängig Apoptose, DNA-Fragmentierung und Calciumanstieg in der Zelle im Bereich zwischen 25 und 200 µM. Die Generation von freien Sauerstoffradikalen wurde bis zu einer Konzentration von 100 µM nicht beeinflusst.

Martin et al. (1999) exponierten metabolismusaktive menschliche MCL-5-Zellen in Abwesenheit und in Anwesenheit von Hydroxyharnstoff (HU) und Cytosin-Arabinosid (ara-C) auf DNA-Schädigungen im Comet-Assay. HU/ara-C wird zur Inhibition der DNA-Resynthese verwendet. Die Comet-Bildung nach Lindan-Exposition fand auch ohne des Zusatz von HU/ara-C statt, wurde jedoch nach Inhibition der DNA-Resynthese verstärkt. Die verwendeten Konzentrationen lagen bei 0, 160, 310 und 1560 µM. Die mittlere Kometenschweiflänge betrug ohne HU/ara-C 6,0 bzw. 7,0 bzw. 8,0 bzw. 22,5 µM (in der höchsten Dosis signifikant; p<0,0001), mit HU/ara-C 7,0 bzw. 14,0 bzw. 16,5 bzw. 42,0 µM (ab niedrigster getesteter Konzentration signifikant; p<0,0001). In der höchsten getesteten Konzentration war die Verstärkung durch die Inhibition der DNA-Resynthese 1,9-fach.

Iverson und Mitarbeiter (1984) untersuchten die Bindung von 1 µM Lindan (Reinheit: 98 %) an Leber-Makromoleküle der Maus ohne und mit Vorbehandlung mit Phenobarbital. Es ergab sich:

Vorbehandlung DNa pmol/mg Protein pmol/mg
Keine 0,04 ± 0,07 127 ± 3,4
Phenobarbital 0,29 ± 0,02 199,6 ± 5,0

Die Bindung an DNa war also sehr gering bei einer relevanten Bindung an Proteine.

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 20.08.2018)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion