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58. 1,2-Dichlorpropan
(CAS-Nr.: 78-87-5)
(BArbBl. 9/1999 S. 67)
Ausgabe: September 1999
(Stand: Mai 1999)
Verwendung
Der überwiegende Teil der Produktion von 1,2-Dichlorpropan (1,2-DCP) wird als Intermediat in der Tetrachlorethylen- Produktion eingesetzt. Weiterhin kommt 1,2-DCP als Treibstoffzusatz, als Lösungsmittel und im Substanzgemisch mit 1,3-Dichlorpropen als Insektizid zur Bodenbegasung zum Einsatz. Es gibt 4 strukturisomere Dichlorpropane, von Bedeutung ist wesentlich das 1,2-DCP. Die anderen Strukturisomere sind von untergeordneter Bedeutung, da sie außerhalb des Labormaßstabes nicht hergestellt werden. Sie sind jedoch als Verunreinigung in technischem 1,2-DCP enthalten.
Aufnahme, Verteilung, Metabolismus, Elimination
Nach einer Ableitung "in Analogie zu anderen Chlorkohlenwasserstoffen" wird 1,2-DCP inhalativ aufgenommen und zu ca. 50 % resorbiert. Eine dermale Aufnahme ist anzunehmen, eine Quantifizierung ist jedoch nicht möglich, sie erfolgt aufgrund hoher Lipophilie vermutlich sehr effizient (Reed et al., 1988).
Aufgrund des chemischen Charakters ist eine Verteilung über das Blut in alle perfundierten Organe, vor allem solche mit hohem Fettgehalt, anzunehmen. In fetthaltigen Organen und Geweben erscheint eine Akkumulation möglich. Die Blut-/Hirnschranke wird überschritten, zur Plazenta-Schranke liegen keine Angaben vor, in Analogie zu anderen Chlorkohlenwasserstoffen ist eine Überschreitung anzunehmen (Reed et al., 1988).
Der Metabolismus von 1,2-DCP findet überwiegend in der Leber statt. Als Hauptmetabolite wurden im Urin N-acetyl-S-(2-hydroxypropyl)-cystein (ca. 25 - 35 % einer applizierten Dosis), weiterhin N-acetyl-S(2-oxopropyl)-cystein und N-acetyl-S-(1-carboxyethyl)-cystein identifiziert (WHO, 1993).
Zu einer Halbwertszeit für die Muttersubstanz liegen keine Angaben vor. Für alle auftretenden Komponenten wird von einer Halbwertszeit von < 24 h ausgegangen (Reed et al., 1988; WHO, 1993).
Etwa 25 - 35 % der applizierten Dosis wird als N-acetyl-S-(2-hydro-xypropyl)-cystein mit dem Urin ausgeschieden, 19,3 % wird als CO2 abgeatmet, zusätzlich ca. 23 % als Muttersubstanz. Hauptausscheidungswege sind überwiegend Urin und Lunge, in Faeces finden sich bis zu 10% (Reed et al., 1988, Timchalketal., 1991).
Genotoxizität:
In vitro
Tests mit den Stämmen Ta 100 und 1535 von Salmonella typhimurium zeigten überwiegend positive Effekte, die Aktivität war jedoch nur bei hohen Konzentrationen zu beobachten, zur metabolischen Aktivierung gibt es keine Angaben. Mit den Stämmen Ta 98, 1537 und 1538 ergaben sich mit und ohne metabolische Aktivierung keine Effekte (WHO, 1993; Greim, 1993).
Mit Saccharomyces cervisiae JDl mit und ohne metabolische Aktivierung ergaben sich keine bzw. fraglich positive Effekte, mit Streptomyces coelicolor A3 keine Effekte (keine Angaben zur metabolischen Aktivierung; WHO, 1993)
In Aspergillus nidulans zeigten sich in mehreren Studien mutagene Effekte (Reed et al., 1988). In L5178Y-Mauslymphomzellen zeigte 1,2-DCP mit metabolischer Aktivierung mutagene Aktivität (TK-Lokus). In einem DNA-Reparaturtest an Salmonella typhimurium Ta 1535 (umu-Test, 467 mg/l) zeigte 1,2-DCP mit oder ohne metabolische Aktivierung keine Effekte (Greim, 1993).
In humanen Lymphozyten zeigten 10-4 - 10-2 mol/l 1,2-DCP mit und ohne metabolische Aktivierung keine veränderte DNA-Syntheserate (Reed et al., 1988).
1,2-DCP zeigte bei 3,3 mmol/l mit und ohne metabolische Aktivierung eine erhöhte Rate an Schwesterchromatidaustausch in V79- und CHO-Hamsterzellen. Mit über 660 mg/l, mit und ohne metabolische Aktivierung, zeigte sich eine erhöhte Rate an Chromosomenaberrationen in CHO-Hamsterzellen (Reed et al., 1988).
Ähnliche Effekte, jedoch bei bereits zytotoxischen Konzentrationen, wurden auch in Rattenleberzellen beobachtet (WHO, 1993).
In vivo
Sowohl nach inhalativer (7stündige Exposition, Inhalationskammer, Konzentration nicht angegeben) als auch oraler Exposition (einmalig, 6 Stunden, 0,94, 7 oder 255 mg/kg, per Schlundsonde) würde eine schwache DNA-Adduktbildung in der Leber einer F344-Ratte gefunden. Der Kovalente-Bindungsindex nach der inhalativen Exposition war 0,8, nach der oralen Verabreichung jeweils 0,3, 1,7 bzw. 2,2 mmol Addukt pro mol Nucleotid / mmol Testsubstanz pro kg Körpergewicht (Baertsch, 1988).
Die Untersuchung von 1,2-DCP in Drosophila melanogaster bei inhalativer Exposition mit ca. 7000 ppm und oraler Exposition mit 4,2 mg/ ml zeigte keine erhöhte Rate rezessiver Letalmutationen. Die Dosierungen verursachten ca. 30 % Mortalität (Greim, 1993; HSDB, 1991).
Die orale Gabe von 0,024, 0,1 und 0,24% 1,2-DCP in Trinkwasser (entsprechend 25, 100 und 190 mg/kg . d, Greim 1993) an Sprague-Dawley Ratten 14 Wochen vor der Verpaarung führten in keiner Dosisgruppe zu Anzeichen von dominanten Letaleffekten (Hanley et al., 1989a; Hanley et al., 1992).
Kanzerogenität:
In einer Inhalationsstudie mit der C3H-Maus wurden insgesamt 80 Tiere 37 Expositionen über 4-8 h/d und 5 d/w mit jeweils 400 ppm 1,2-DCP ausgesetzt. Nur drei Tiere überlebten die Behandlungs- und die folgenden sieben Monate Nachbeobachtungszeit. In diesen drei Tieren fanden sich multiple Hepatome (Heppel et al., 1948).
Die orale Applikation per Schlundsonde von 125 und 250 mg 1,2-DCP/kg . d an je Dosisgruppe 50 männliche und 50 weibliche B6C3F1-Mäuse über 5d/w und 103 Wochen verursachte folgende Adenome und Karzinome in der Leber (Kontrolle ebenfalls 50 m, 50 w Tiere):
Adenome: | Karzinome: | ||||||
Dosis: | 0 | 125 | 250 mg/kg | Dosis: | 0 | 125 | 250 mg/kg |
m | 7/50 | 10/50 | 17/50 1 | m: | 11/50 | 17/50 | 16/50 |
w | 1/50 | 5/50 | 5/50 | w: | 1/50 | 3/50 | 4/50 |
1) p< 0,05 |
Für die Summe der Adenome und Karzinome waren die Inzidenzen bei den weiblichen Tieren beider Dosierungen signifikant erhöht (p < 0,05), bei den männlichen Tieren die der Hochdosisgruppe (p < 0,01).
(Stand: 20.08.2018)
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