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25. 4,4'-Carbonimidoylbis(N,N-dimethylanilin) (Auramin)
(CAS-Nr.: 492-80-8)
und sein Hydrochlorid

(CAS-Nr.: 2465-27-2)

(BArbBl. 11/97 S. 53)


Die meisten der mit Auramin durchgeführten Studien wurden mit Substanz durchgeführt, die chemisch nicht oder nur unzureichend charakterisiert war. Zur Substanzcharakterisierung liegen, falls überhaupt bei älteren Studien Aussagen gemacht wurden, nur Angaben zur Farbstärke vor. Auramin bzw. Auraminbase, welche wie oben beschrieben, nicht bzw. unzureichend charakterisiert wurde, wird im folgenden als "Auramin, roh" bezeichnet. Hierunter fällt oft auch Handelsware aus verschiedenen Quellen.

Als "Auramin. technisch" wird Auramin bezeichnet, welches durch folgende Eigenschaften charakterisiert ist:

Der Farbstoffgehalt liegt bei ca. 95 %, wobei bis zu ca. 10 % einfach demethyliert sein kann (Trimethylauramin). Weitere relevante Nebenkomponenten (z.B. Ausgangsprodukt, Degradationsprodukte) sind mit einem Restgehalt von höchstens kleiner als 1 % bzw., sofern laut Zubereitungsrichtlinie relevant, mit einem Restgehalt von weniger als 0,1 % vorhanden.

(Die Daten der Studien sind im Anhang tabellarisch zusammengefaßt).

  Mutagenität:

Es liegen zahlreiche an Bakterien und Zellkulturen durchgeführte Untersuchungen zur mutagenen Wirkung von Auramin vor. Aufgrund der meist fehlenden oder unzureichenden Substanzcharakterisierung erscheinen die Daten widersprüchlich, da Auramin mit unterschiedlichstem Nebenproduktespektrum getestet wurde.

Die vorliegenden in-vivo Befunde (2 Mikrokerntests an der Maus (Tsuchimoto, 1981 und Salamone, 1981) mit intraperitonealer und ein weiterer mit oraler Substanzapplikation (Kuhlmann, 1976), sowie ein ebenfalls an der Maus durchgeführter Dominant letal Test (BASF. 1978a)) zeigen alle keine mutagene Wirkung für technisches Auramin. Die nach intraperitonealer Gabe von Auramin, roh, welches insgesamt 8 dünnschichtchromatographisch nachgewiesene Nebenkomponenten enthielt, an Ratte und Maus in Leber und Niere gefundene DNA-Fragmentierung (Parodi, 1981), sowie gleiche Befunde am Knochenmark von Mäusen, traten mit gereinigtem Auramin nicht auf. Dasselbe gilt für Schwesterchromatidaustausche in Knochenmark der Maus nach i.p.-Gabe (Parodi, 1982). Analytisch identifiziertes und charakterisiertes Michler`s Keton, welches die Hauptverunreinigung in der von Parodi geprüften Auramincharge darstellte, wurde in den selben Tests von Parodi geprüft und zeigte die gleichen Befunde.

  Kanzerogenität:

Die Gesamtheit der an Ratten vorliegenden Langzeitstudien weist für Auramin, roh, bei oraler Aufnahme unfeine krebserzeugende Wirkung an der Ratte hin. Zielorgan ist die Leber, wobei Hepatotoxizität (Zirrhose und Gallengangsproliferation wurden beschrieben) und das Auftreten von Tumoren der Leber koinzident sind (Williams, 1962 und Walpole, 1963).

In einer orientierenden 9-monatigen Fütterungsstudie an Ratten mit technischem Auramin (BASF 1984, diese Charge wurde in der MAK-Begründung von 1987 mit einer Reinheit von ca. 99 % angegeben, hatte aber tatsächlich bei Überprüfung mittels HPLC einen Farbstoffgehalt von ca. 98 %: neben 89,4 % Auramin war einfach demethyliertes Auramin (Trimethylauramin) mit einem Gehalt von 8,5 % als Nebenprodukt enthalten), traten hepatozelluläre Karzinome (1500 ppm: 1/5 W und 2000 ppm: 4/5 M und 2/5 W) in Gegenwart von deutlichen Zeichen von Lebertoxizität (Zirrhose, Adenofibrose, Gallengangsproliferation bis hin zur Umbauleber) auf. In der Leber traten weiterhin präneoplastische Veränderungen in Form von Herden alterierter Hepatozyten bis zur untersten Dosis von 300 ppm auf; bei dieser Dosierung wurden keine anderen lichtmikroskopisch sichtbaren toxischen Effekte an der Leber gefunden. Weiterhin wurde in dieser Studie in den beiden höchsten Dosierungen (1500 und 2000 ppm), bei denen deutlich ausgeprägte Lebertoxizität aufgetreten war, nach 3, 6 und 9 Monaten eine adenomatöse Hyperplasie der Schilddrüse beschreiben.

In einem 90 Tage Stopp-Versuch (50, 100, 200 ppm ) mit 21-monatiger Nachbeobachtung (BASF, 1978b), sowie einem in den gleichen Dosierungen durchgeführten 2-Jahres-Fütterungsversuch (BASF. 1978c), sind keine substanzbedingten Tumore aufgetreten und die MTD wurde nicht erreicht. Bei diesen Dosierungen wurden keine Anzeichen für Lebertoxizität gesehen.

In einer älteren Fütterungsstudie (Williams, 1962) mit 9-wöchiger Substanzzufuhr von 1000 ppm Auramin, roh, und anschließender Nachbeobachtung bis zu 120 Wochen sind keine Hepatome aufgetreten.

Versuche zur Initiations-Promotions-Wirkung an Ratten wurden von zwei Arbeitsgruppen (Tatematsu, 1983 und Tsuda, 1980) publiziert:

Beide fanden eine tumorpromovierende, eine (Tatematsu, 1983) eine tumorinitiierende Wirkung von Auramin. Sowohl die Untersuchung zur Initiations- als auch die zur Promotionswirkung wurden mit unzureichend charakterisiertem Auramin, roh, durchgeführt.

Die an der Ratte bei wiederholter subkutaner Applikation (Williams, 1962) entstandenen lokalen Sarkome an der Einstichstelle besitzen aufgrund der Zufuhr und der Lokalisation keine Relevanz. Bei 3/20 Tieren ergaben sich allerdings auch Hepatome und in 3/20 Tieren intestinale Karzinome; wegen fehlender Kontrolltiere sind diese Befunde kaum beurteilbar.

Die Aussagekraft der an Mäusen durchgeführten Studien ist durch die fehlende Substanzcharakterisierung (Auramin, roh) stark eingeschränkt:

In zwei Fütterungsversuchen über 1 Jahr wurden erhöhte Hepatominzidenzen (Bonser, 1956 und Williams, 1962) an zwei Mäusestämmen gegenüber der Kontrolle gefunden. In einer der Studien (Williams, 1962) wurde eine erhöhte Inzidenz am Lymphomen (ca. 30 %) gefunden. Die Autoren geben an, daß in diesem Mäusestamm (lokaler Händler) bei etwa 1/3 der Mäuse Lymphome auftreten. Damit lag die Lymphominzidenz im Bereich der historischen Kontrolldaten, die mitgeführte Kontrolle hatte eine geringere Inzidenz (ca. 10 %).

Orientierende ältere Studien an Hunden und Kaninchen geben keinen Hinweis auf eine krebserzeugende Wirkung, in beiden war Auramin, roh, nicht näher charakterisiert, verwendet worden.

Bei Hunden waren über 7 Jahre keine pathologischen Veränderungen aufgetreten (Walpole, 1963).

Bei Kaninchen (Bonser, 1962) wurde nach bis zu 4jähriger Gabe von Auramin (roh) im Futter in 2/5 untersuchten Tieren eine Metaplasie des Harntraktepithels gesehen, deren Relevanz aufgrund fehlender Substanzchakterisierung und Kontrollgruppe fraglich ist.

Fazit:

Kanzerogenität

Auramin, roh, zeigt eine mutagene Wirkung in vitro und in vivo und eine krebserzeugende Wirkung an Ratte und Maus.

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(Stand: 20.08.2018)

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