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19. m-Phenylendiamin
(CAS-N51: 108 45-2) und
m-Phenylendiamin-Dihydrochlorid
(CAS-NR: 541-69-5)

(BArbBl. 4/97 S. 65)


Es liegt eine ausführliche toxikologische Bewertung von m-Phenylendiamin (MPD) und m-Phenylendiamin-Dihydrochlorid (MPD2HC1) vor, auf die im folgenden Bezug genommen wird [1]. MPD und sein Dihydrochlorid sind Methämoglobinbildner; sie wirken nicht reizend an Haut und Auge. MPD kann in toxischen Mengen auch über die Haut aufgenommen werden [1].

Genotoxizität:

MPD ist im Ames-Test nur bei metabolischer Aktivierung mutagen. Im Test auf mitotische Rekombination an Hefe ist MPD mit und ohne Zusatz von S9-Mix inaktiv. Im UDS-Test an isolierten Rattenhepatozyten zeigte MPD (0,054-l08 µg/ml) keine DNA-schädigende Wirkung und die Inkubation von isolierter Lambda-DNa bzw. von Rattenembryo-Lungenzellen oder HeLa-Zellen mit MPD (27 µg/ml) führte zu keiner Bildung von DNa Strangbrüchen. In verschiedenen Chromosomenaberrationstesten in vitro zeigt MPD ohne Zusatz von S9-Mix eine chromosornenschädigende Wirkung; in Gegenwart von S9-Mix. war MPD meist inaktiv. Ein Zelltransformationstest mit 8-tägiger Inkubation von Embryozellen des Syrischen Goldhamsters mit maximal 5 µg MPD/ml verlief zunächst positiv, der Wiederholungsversuch war jedoch negativ [1].

Die Inkubation von Humanlymphozyten mit 125-500 µg/ml (ohne S9-Mix) bzw. mit 1250-5000 µg/ml (mit S9-Mix) führte zu einer erhöhten Chromosomenaberrationsrate [2]. Auch mit Hilfe des Comet-Assays konnte eine DNA-Schädigung nach 4-stündiger Inkubation von Humanlymphozyten mit 1-25 mM (108-2700 µg/ml) MPD nachgewiesen werden; die vorherige Zugabe eines pflanzlichen Metabolisierungssystems führte zu einer Verringerung des Effekts [3].

Im Mikronucleus-Test wirkte MPD nach oraler Gabe sowohl bei Mäusen (max. 1 x 50 mg MPD/kg KGW [2] bzw. max. 2 x 65 mg MOD/ kg KGW [4]) als auch bei Ratten (2 x 300 mg MPD2HC1 = 2 x 180 mg MPD/kg KGW) [5] nicht clastogen im Knochenmark. Demgegenüber wird über eine dosisabhängige Zunahme der Mikronuclei im Knochenmark von männlichen Swiss-Mäusen (10 Tiere/Dosis) nach zweimaliger i.p.-Injektion im 24-stündigen Abstand von je 50-500 mg MPD (83 % rein; keine Angaben zu Verunreinigungen)/kg KGW bei gleichzeitiger dosisabhängiger zytotoxischer Wirkung berichtet(Aufarbeitungszeitpunkt: 6 Stunden nach der 2. Injektion). Die Dosis von 2 x 1000 mg/kg KGW wirkte bei allen Tieren letal [6].

Mehrere Dominant-Letal-Tests an Ratten mit i.p.-Verabreichung verliefen negativ. Ein UDS-Test in vivo an Mäusen (50 bzw. 100 mg MPD/kg KGW i.p.) erbrachte kein deutlich positives Resultat in den Keimzellen: 0,5 bzw. 1,0 Grains/Zellkern im Vergleich zu 0,4-0,6 Grains/Zellkern in der Kontrolle [1]. Nach einmaliger oraler Gabe von 200 mg/kg KGW wurde zwar bei Swiss-Mäusen eine ca. 80 %ige Hemmung der testikulären DNA-Synthese festgestellt [7]; dieser Effekt ist jedoch offensichtlich lediglich durch die toxische Wirkung der Substanz bedingt (Senkung der Körpertemperatur) und daher bezüglich der Genotoxizität von OPD als Artefakt anzusehen [13]. Die eingesetzte Dosis lag außerdem wohl bereits im akut toxischen Bereich (LD50 oral, Ratte: 152-325 mg/kg KGW) [1].

Nach einmaliger dermaler Applikation (okklusiv) von 300 mg/kg KGW wurde bei männlichen Wistar-Ratten am Ende der 2-stündigen Einwirkzeit eine deutliche MPD-Bindung an die Leber- und Nieren-DNA, nicht jedoch an die Harnblasen-DNA, beobachtet [8].

Im Fellfleckentest an der Maus führte MPD nach einmaliger i.p.-Verabreichung von 5 bzw. 15 mg/kg KGW zu keiner Veränderung der Fleckenhäufigkeit im Vergleich zur Kontrolle [2].

Nach einmaliger oraler Gabe von 0,5 mmol (=54 mg) MPD/kg KGW konnten bei weiblichen Wistar-Ratten Hämoglobinaddukte nachgewiesen werden [9].

Kanzerogenität:

Es liegen Studien zur Frage der kanzerogenen Wirkung von MPD mit verschiedenen Applikationsarten vor [1]:

Die 18-monatige Verabreichung von MPD2HC1 mit dem Futter führte bei CD-Ratten (max. 78 mg MPD/kg KGW/Tag) sowie bei CD-l Mäusen (max. 342 mg MPD/kg KGW/Tag) zu keiner erhöhten Tumorinzidenz.

Auch in einer 2-Jahres-Studie mit Trinkwasser-Applikation hatte MPD2HCl weder bei Fischer 344-Ratten (max. 24 mg MPD/kg KGW/ Tag) noch bei BDF1-Mäusen (max. 32,4 mg MPD/kg KGW/Tag) eine kanzerogene Wirkung.

In einer weiteren Studie an B6C3F1-Mäusen mit MPD-Verabreichung im Trinkwasser (max. ca. 40 mg/kg KGW/Tag) für 78 Wochen, gefolgt von einer 5-7 wöchigen Nachbeobachtungszeit, ergaben sich keine Hinweise auf eine kanzerogene Wirkung der Substanz.

Die dermale Applikation von maximal 1 mg MPD in Aceton, dreimal wöchentlich für 24 Monate (120 mg/kg KGW/Woche; durchschnittlich ca. 17 mg/kg KGW/Tag), hatte bei C3H-Mäusen keinen Einfluß auf die Tumorinzidenzen im Vergleich zur Kontrolle.

Die Implantation von MPD-Kristallen (in Kollodium-Hülle) in die Harnblase (alle 1-2 Monate; Dosis nicht genannt) führte bei Ratten innerhalb, von 125 Tagen zu leichten papillomatösen Veränderungen in der Harnblase; Harnblasen-Tumoren traten jedoch nicht auf.

Es liegen zwei Kanzerogenese-Studien an Ratten mit subkutaner Applikation vor, in denen über die substanzbedingte Bildung von lokalen Tumoren an der Injektionsstelle berichtet wird: In der einen Studie erhielten je 5 Wistar-King-Ratten über einen Zeitraum von ca. 5-17 Monaten an jedem 2. Tag eine subkutane Injektion von 0 (Wasser-Kontrolle), 9 oder 18 mg MPD/kg KGW bzw. von 12 oder 24 mg MPD2HC1 (entsprechend 7,2 bzw. 14,4 mg MPD)/kg KGW). Jeweils bei 1/5 Tieren der 9 mg MPD/kg-Gruppe und der 24 mg MPD2HC1-Gruppe trat nach 11- bzw. nach 5-monatiger Behandlung ein Fibrosarkom an der Injektionsstelle auf. Aufgrund der geringen Anzahl der eingesetzten Tiere läßt sich aus dem Ergebnis dieser Studie keine konkrete Aussage zur Frage der kanzerogenen Wirkung von MPD ableiten [1].

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