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Toluol
(CAS-Nr.: 108-88-3)
Ausgabe: März 2001
Stand: November 2001
Teil 1
Genotoxizität und Kanzerogenität
Grundlage dieser Bewertung sind die MAK-Begründungen von 1985 [1], von 1990 [2] und von 1993 [3] sowie das Risk Assessment Document von 1998 [4].
Der Dampfdruck von Toluol beträgt 29 hPa bei 20°C.
Die Dampfsättigungskonzentration liegt bei 109.555 mg/m3 (20°C).
Genotoxizität:
Die Daten zur Genotoxizität von Toluol wurden in einem Review zusammengefasst [5]. Toluol zeigt in den gängigen in vitro-Testen (Ames-Test, Rec-Assay, Prophagen Induktionstest, Pol A-Assay, Genkonversion/Hefe, Genmutation/Hefe) keine genotoxische Aktivität. Ebenfalls weitgehend negativ verliefen in vitro-Tests an Säugerzellen (Zelltransformation, interzelluläre Kommunikation/V 79 Zellen, MausLymphom-Test/L5178Y-Zellen, SCE/CHO-Zellen bzw. Humanlymphozyten, DNAStrangbrüche und DNA-Reparatur/Humanfibroblasten, Chromosomenaberrationen/Humanlymphozyten bzw. CHO-Zellen).
Positive Resultate in vitro erbrachten ein L5178Y-Maus-Lymphom-Test (+/- S9-Mix) sowie ein Test auf DNA-Strangbrüche an Rattenhepatozyten, wobei jedoch die Zytotoxizität bereits deutlich ausgeprägt war (< 30 % Überlebensrate).
Da bei den vorliegenden Untersuchungen offensichtlich keine gasdichten Inkubationsgefäße eingesetzt worden sind, ist davon auszugehen, dass während des Versuchs ein Teil der eingesetzten Toluol-Menge verdampft ist. Daher ist eine abschließende Bewertung der Ergebnisse nicht möglich.
Die Resultate aus Untersuchungen in vivo ergeben ein uneinheitliches Bild.
In Tests an Drosophila führte Toluol zu einer erhöhten Aneuploidie-Rate; vererbbare Translokationen oder SLRL-Mutationen traten nicht auf. Von insgesamt 5 Mikrokerntesten an der Maus waren 2 positiv; beide mit i.p.-Applikation. Demgegenüber verliefen 3 Mikronucleus-Tests mit oraler Gabe an der Maus negativ. Ein Mikrokerntest an der Ratte mit i.p.-Gabe war ebenfalls schwach positiv. weiterhin konnten nach wiederholter s.c.-Behandlung (12 x 1000 mg/kg KGW) bzw. nach 16- wöchiger Inhalation (616 mg/ m3, 4 h/Tag, 5 Tage/Woche) vermehrt
Chromosomenaberrationen im Knochenmark von Ratten nachgewiesen werden.
Dieser Befund wurde in einer ähnlichen Studie trotz höherer Dosierung jedoch nicht bestätigt (Ratte, 1140 mg/ m3, 6 h/Tag, 5 Tage/Woche, 15 Wochen). Auch in anderen Chromosomenaberrationstesten an Ratte und Maus ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine genotoxische Aktivität von Toluol nach oraler oder inhalativer Verabreichung [5].
Im Rahmen eines Spermakopf-Anomalie-Tests erhielten je 5 BALB/cMäuse/Dosisgruppe 5 i.p.-Gaben von Toluol (1x täglich an 5 Tagen) von je 0; 0,125; 0,25 bzw. 0,5 x LD50. 5 Wochen nach der letzten Applikation wurden Spermien aus dem Nebenhoden entnommen und untersucht; der Befund war negativ [6].
Gemäß einer nur als Abstract vorliegenden Publikation führte die Schlundsonden Applikation von Toluol (4 Dosierungen von 0,1 % bis zu 20 % der LD50) bei männlichen SHR-Mäusen ab einer Dosis von 2 x 200 mg/kg KGW zu einer erhöhten Mikronuclei-Rate im Knochenmark; Anzeichen für dominante Letalmutationen in den Keimzellen ergaben sich nach 5-wöchiger Verabreichung von maximal je 20 % der LD50nicht. Die 10-malige Toluol-Verabreichung von maximal je 20 % der LD50führte zu keiner erhöhten Chromosomenaberrationsrate im Knochenmark [7].
Es liegt ein weiterer Dominant-Letal-Test an männlichen CD-1 Mäusen mit inhalativer Toluol-Exposition vor. Die Tiere wurden für 6 h/Tag an 5 Tagen/Woche über einen Zeitraum von 8 Wochen gegenüber 375 bzw. 1500 mg/ m3. Nach Beendigung der Expositionsphase wurden die Männchen mit jeweils 2 unbehandelten Weibchen/Woche verpaart. Die Toluol-Behandlung hatte weder eine verringerte Fertilität der Männchen noch eine Zunahme der Prä- oder Postimplantationsverluste im Vergleich zur Kontrollgruppe zur Folge.
In Studien an Toluolexponierten Arbeitern wurden überwiegend keine signifikanten Chromosomenveränderungen und auch keine signifikant erhöhten SCE-Raten gefunden. Die verschiedentlich beobachteten geringfügigen Veränderungen wurden meist den möglichen Verunreinigungen wie Benzol zugeschrieben.
Lediglich in einer Studie an 20 Tiefdruckarbeitern (Exposition: > 16 Jahre gegenüber Toluol-Dampf-Konzentrationen von 200-300 ppm; Expositionsspitzen nicht auszuschließen) wird über eine signifikant erhöhte Inzidenz an Chromatid-Brüchen und -Austauschen in den Lymphozyten berichtet. In einer Follow up-Studie wurde gezeigt, dass die Toluolbedingten Chromosomenveränderungen noch bis zu 2 Jahre nach Expositionsende nachweisbar waren.
Kanzerogenität:
Es liegen mehrere tierexperimentelle Kanzerogenesestudien mit verschiedenen Applikationsarten vor.
Die 103-wöchige Exposition von F 344/N-Ratten und B6C3F1-Mäusen gegenüber Toluol-Konzentrationen von maximal 1200 ppm (4560 mg/ m3; 6,5 h/Tag, 5 Tage/Woche) führte zu keinen neoplastischen Veränderungen [8].
In einer weiteren 2 Jahres-Inhalationsstudie wurden je 120 F344-Ratten pro Geschlecht und Gruppe für 6 h/Tag an 5 Tagen/Woche gegenüber maximal 300 ppm (1140 mg/ m3) Toluol exponiert. Bei den zu Versuchsende getöteten Tieren ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine kanzerogene Wirkung [9].
Die lebenslange dermale Applikation von 2 x wöchentlich je 50 µl Toluol (44 mg/Tier; ca. 2200 mg/kg KGW) führte bei männlichen C3H-Mäusen zu Hautreizungen und bei 4/50 Tieren (8 %) zu malignen Hauttumoren an der Applikationsstelle (1 Tier mit Fibrosarkom; 3 Tiere mit Plattenepithelkarzinom) sowie bei 2/50 Tieren (4 %) zu benignen Hauttumoren an unbehandelten Hautarealen Fibromen. Die Tumorrate war jedoch nicht statistisch signifikant erhöht im Vergleich zur Kontrollgruppe (P = 0,055) [10].
Es liegt eine Fülle von dermalen Studien an Mäusen vor, in denen Toluol als Vehikel verwendet wurde und bei denen Toluol allein zu keinen substanzbedingten Tumoren geführt hat [11].
(Stand: 24.11.2023)
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