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Allylalkohol
(CAS-Nr.: 107-18-6)
Ausgabe: Mai 2002
Stand: November 2001
Grundlage dieser Einstufung ist die vorliegende MAK-Begründung von 1998 [1] und eine Anschlussrecherche.
2-Propen-1-ol (Allylalkohol) ist eine farblose, stechend riechende, in Wasser, Ethanol, Chloroform, Ether und Petroleum mischbare Flüssigkeit, die bei längerer Lagerung langsam zu einem dickflüssigen, in Wasser unlöslichem Sirup polymerisiert [1].
Allylalkohol ist unter den ungesättigten aliphatischen Alkoholen das einzig bedeutsame Lösungsmittel. Er wird als Schädlingsbekämpfungsmittel, als Antiseptikum und als Unkrautvernichtungsmittel verwendet. Außerdem dient er als Zwischenprodukt für organische Synthesen und zur Herstellung von Harzen und Polymeren. Seine Ester, z.B. Diallylphthalate lassen sich zu Kunstharzen polymerisieren [1, 2].
Allgemeiner Wirkungscharakter:
Allylalkohol zeigt eine hohe akute Toxizität. Er wirkt stark reizend auf Auge, Haut, Schleimhäute und Muskelmembranen.
Labortiere, die wiederholt inhalativ oder oral exponiert waren, zeigten systemischtoxische Effekte an Leber, Lunge und Niere.
Bei Probanden traten nach wiederholter Exposition (6,25; 12,5 und 25 ml/m3; jeweils 5 Minuten/Tag) leichte bis starke Reizeffekte an Augen und Nase auf.
Eine Konzentration von 2 ml/m3 Allylalkohol wurden als nicht reizend empfunden.
Allylalkohol wirkt in vivo und in vitro zytotoxisch auf Leberzellen. Es zeigen sich periportal typische zytotoxische Effekte und nach wiederholter Gabe bilden sich periportale Fibrosen. Verantwortlich für die Toxizität wird die Reaktion des Metaboliten Acrolein mit zellulären Makromolekülen (Glutathion bzw. Sulfhydrylgruppenhaltige Proteine) angesehen [1, 3].
Toxikokinetik und Metabolismus:
Allylalkohol wird gut dermal, inhalativ und oral resorbiert, mit dem Blutstrom verteilt und vor allem in der Leber über Alkoholdehydrogenase zu Acrolein metabolisiert. Ein weiterer Biotransformationsweg ist die Oxidation von Allylalkohol über Cytochrom P 450 zu Glycidol und Glycerin. Das als metabolisches Zwischenprodukt auftretende Acrolein kann weiter zu Acrylsäure, Hydroxypropylmercaptursäure oder Glycidaldehyd oxidiert werden bzw. kovalent an zelluläre Makromoleküle binden [1].
Genotoxizität:
Die mutagene Wirkung von Allylalkohol wurde an verschiedenen Stämmen von Salmonella typhimurium mit und ohne metabolisierende Aktivierung getestet.
In einem "liquid suspension assay" wurde mit dem Stamm Ta 100 ohne S9-Mix eine dosisabhängige Zunahme von Revertanten beobachtet. Die mutagene Wirkung wurde durch Zusatz von S9-Mix stark gehemmt. Die maximale Menge betrug 12 µg/Platte, die mutagene Potenz hierbei 750 Revertanten/µmol ohne S9-Mix bzw. 145 Revertanten/µmol in Gegenwart von S9-Mix. Acrolein führte unter gleichen Bedingungen zu 2400 Revertanten/µmol ohne S9-Mix und zu keiner Revertanten Bildung in Anwesenheit von S9-Mix [1, 2].
In 2 Platteninkorporationstests zeigte Allylalkohol an den Stämmen Ta 98, Ta 100, Ta 1535, Ta 1538 kein mutagenes Potential. Die Autoren geben als Ursache zytotoxische Effekte an. Als Konzentrationen waren 0,05 µg/Platte bzw. kein Wert angegeben [1,2].
Im Präinkubationstest war Allylalkohol am Stamm Ta 1535 in Gegenwart von Hamster-S9-Mix mutagen (Konzentrationen bis zu 500 µg/Platte) [1].
In einem weiteren Präinkubationstest an den Stämmen Ta 97, Ta 98, Ta 100 und TA1535 zeigte Allylalkohol mit und ohne metabolisierende Aktivierung im Konzentrationsbereich zwischen 0,3 und 333 µg/Platte keine mutagene Wirkung. Die höchste getestete Konzentration war bereits zytotoxisch [1].
Im HPRT-Test an V79-Zellen erwies sich Allylalkohol bei Konzentrationen von 1,0 µM und 2,0 µM (entsprechend 58 bzw. 116 µg/l) mutagen [1].
An männlichen F344-Ratten wurde an 3 aufeinanderfolgenden Tagen zwischen 5 und 80 mg Allylalkohol/kg KG intraperitoneal appliziert. Nach 24 Stunden wurde das Knochenmark untersucht. Es fand sich keine erhöhte Mikrokernrate [1].
Kanzerogenität:
Es liegen nur wenige Untersuchungen mit z. T. begrenzter Aussagefähigkeit vor.
In einer Trinkwasserstudie erhielten 20 männliche und 20 weibliche F344-Ratten Wasser mit einem Allylalkoholgehalt von 300 mg/l, entsprechend ca. 20 mg/kg KW/Tag, 5 Tage/Woche über 106 Wochen. Es zeigten sich bei 3 männlichen und 6 weiblichen Tieren Leberneoplasien (überwiegend hyperplastische Noduli). In der Kontrollgruppe traten bei 2/20 Männchen und bei 3/20 Weibchen Leberneoplasien auf. Die applizierte Dosis lag nach Angaben der Autoren knapp unterhalb der maximal tolerablen Dosis. Zur Körperentwicklung und Toxizität während der Expositionsperiode sind keine Angaben vorhanden [1, 3].
In einer weiteren Arbeit wurden 20 männlichen Hamstern eine wöchentliche Dosis von 16 mg Allylalkohol/kg KW mit der Schlundsonde über 60 Wochen verabreicht. Nach 48 Wochen lebten noch 13 Tiere. Eine mikroskopische Untersuchung der wichtigsten Organe zeigte bei 4 von 13 Tieren (31 %) Neoplasien der Nebennierenrinde; in der Kontrollgruppe wiesen 8/20 Tieren (40 %) diesen Tumortyp auf.
In dieser Studie wurde parallel auch Acrolein an Ratten untersucht. Die mit Acrolein behandelten Tiere wiesen nach Aussage der Autoren Nebennierenrinden-Tumoren auf. Eine Nachuntersuchung konnte die Ergebnisse nicht bestätigen. Es bestehen daher Zweifel an der Validität der gesamten Untersuchung, so dass sie zur Bewertung des kanzerogen Potentials von Allylalkohol nicht herangezogen werden kann [1, 3].
Reproduktionstoxizität:
Sechs männliche Sprague Dawley-Ratten erhielten über 11 Wochen oral 25 mg Allylalkohol / kg KG an 7 Tagen pro Woche. Nach der Verpaarung mit unbehandelten Weibchen wurden die Nachkommen auf Missbildungen untersucht. Es zeigten sich keine adversen reproduktionstoxischen Effekte. Diese Studie untersuchte speziell die Frage der paternal übertragenen Fruchtschädigung [1].
In einer weiteren Arbeit wurden bei trächtigen Sprague-Dawley-Ratten am 13. Trächtigkeitstag 10 - 1000 µg Allylalkohol in die Amnionhöhle von Feten injiziert. Die Resorptionen nahmen dosisabhängig zu. 11 % der Feten waren missgebildet, 2 Feten wiesen Extremitätenmissbildungen auf. Ein solcher Effekt zeigte sich auch in einem kontralateralen unbehandelten Uterushorn. Da die Studie unzureichend beschrieben ist, kann eine Bewertung der pränatalen Toxizität nicht vorgenommen werden [1,3].
Fazit:
Genotoxizität:
(Stand: 20.08.2018)
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