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39. TRK-Wert für 2,6-Dinitrotoluol

(BArbBl. 9/92 S. 58)


0,05 mg/m3(0,007 ml/m3)

2,6-Dinitrotoluol (2,6-DNT) ist im Verzeichnis der krebserzeugenden Gefahrstoffe bei Massengehalten³ 1 % in Gruppe II (stark gefährdend) und bei Massengehalten < 1-0,1 % in Gruppe III (gefährdend) eingeordnet.

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Erfahrungen über die krebsauslösende Wirkung von 2,6-Dinitrotoluol beim Menschen sind bislang nicht publiziert worden.

Über die humantoxische Wirkung von reinem 2,6-Dinitrotoluol liegen ebenfalls keine Veröffentlichungen vor.

In verschiedenen Berichten wurden häufig Zyanosen, verschiedene Blutbildveränderungen (Leukozytose, Anämie, Leukopenie), Leberentzündungen mit Gelbsucht, neurologische Ausfallerscheinungen und eine Alkoholunverträglichkeit bei Kollektiven beschrieben, die einem Gemisch von verschiedenen Isomeren von Dinitrotoluol, das überwiegend wohl 2,4-Dinitrotoluol enthielt, und z.T. auch andere Substanzen ausgesetzt waren. Dinitrotoluole werden gut über die Haut absorbiert. Obschon bei einigen Untersuchungen am Arbeitsplatz die Konzentration von Dinitrotoluol gemessen worden war, konnte daher die Gesamtbelastung mit Dinitrotoluol aus der dermalen und inhalativen Aufnahme nicht abgeschätzt werden, weil sich die Höhe der dermalen Aufnahme mangels entsprechender Angaben bei den untersuchten Kollektiven nicht zutreffend kalkulieren ließ.

Beobachtungen über eine verringerte Spermienzahl und einen Anstieg von Fehlgeburten bei den Ehefrauen exponierter Arbeitnehmer, die bei einer Studie (n=44) gemacht worden waren, ließen sich bei einer weiteren Untersuchung an einem größeren Personenkreis (119. Kontrollen, 84 Exponierte) nicht bestätigen. (Übersicht bei [1]).

Toxikologische Erfahrungen

Im Ames Test wurden je nach Bakterienstamm für 2,6-DNT unterschiedlich deutlich positive Wirkungen festgestellt. In Nitrosereduktase-negativen Bakterienstämmen wurde keine mutagene Wirkung beobachtet. In vitro Versuche an Ovarialzellen des chinesischen Hamsters waren bei Durchführung mit und ohne metabolische Aktivierung negativ. In DNA-Repair-Untersuchungen an Rattenlebern nach oraler Gabe erwies sich 2,6-DNT als deutlich positiv.

Bei Untersuchungen zur krebserzeugenden Wirkung zeigte sich 2,6-DNT (99,9 %) bei Fütterung an Ratten in Dosierungen von 7 und 14 mg/kg Körpergewicht/Tag nach 12 Monaten als stark positiv. Es konnten in der niedrigen Dosis 85 % bösartige Lebertumoren und 10 % bösartige Gallengangstumoren gefunden werden und in der hohen Dosis 100 % bösartige Lebertumoren. In beiden Gruppen traten die Tumoren multipel auf. Auch in Initiations-Promotionsexperimenten entwickelte 2,6-DNT deutlich initiierende Eigenschaften.

Fütterungsversuche mit 98 % 2,4-DNT und 2 % 2,6-DNT ergaben bei weiblichen Ratten einen Anstieg der Spontantumorrate der gutartigen Mammatumoren und bei männlichen Ratten ein vermehrtes Vorkommen gutartiger Tumoren der Haut und der Unterhaut. In toxischen Dosen traten auch bösartige Lebertumoren auf. Bei Mäusen führte die gleiche Behandlung in hohen leber- und nierentoxischen Dosen zu Nierentumoren.

Technisches DNT ist üblicherweise ein Gemisch aus z.B. ungefähr 76 % 2,4-DNT, 19 % 2,6-DNT und 5 % anderen Isomeren. Durch Fütterungsversuche an Ratten mit fast reinem 2,6-DNT und im Vergleich mit verfütterten Mischungen von 2,6-DNT-enthaltenen oder annähernd 2,6-DNT-freien Diäten, konnte gezeigt werden, daß die Kanzerogenität solcher Gemische auf die Einwirkung von 2,6-DNT zurückzuführen ist.

Alle vorliegenden Befunde zu Versuchen mit Gemischen von 2,4- und 2,6-DNT mit unterschiedlichen Gehalten beider Stoffe erlauben demnach die Interpretation. daß 2,6-DNT eine starke kanzerogene Wirkung aufweist, während beim 2,4-DNT eine solche fraglich ist. Für andere Isomere liegen keine Langzeituntersuchungen zur krebserzeugenden Wirkung vor [1, 2].

Analytik

Zur Messung von 2,6-Dinitrotoluol in der Luft in Arbeitsbereichen eignet sich das von den Berufsgenossenschaften anerkannte Analysenverfahren ZH 1/120.40. Dazu wird ein definiertes Luftvolumen durch ein mit Kieselgel gefülltes Röhrchen gesaugt, das adsorbierte 2,6-Dinitrotoluol anschließend mit Methanol desorbiert und gaschromatographisch mit Hilfe eines Elektroneneinfang-Detektors bestimmt.

Die Bestimmungsgrenze des Verfahrens beträgt 0,005 mg/m3 (0,0007 ml/m3) an 2,6-Dinitrotoluol für 20l Probeluft. Das Verfahren ist auch zur Bestimmung anderer stellungsisomerer Dinitrotoluole geeignet.

Herstellung und Verwendung

In der Bundesrepublik Deutschland werden derzeit etwa 125 000 Tonnen/Jahr Dinitrotoluol-Isomerengemisch (2,4-Dinitrotoluol:2,6-Dinitrotoluol = 4:1) durch Nitrierung von Nitrotoluol hergestellt. Bei weniger als 1 % dieser Menge wird destillativ eine Isomerentrennung vorgenommen. 2,6-Dinitrotoluol wird nahezu vollständig katalytisch zu 2,6-Diaminotoluol (und Isomeren) hydriert.

Etwa 140 Beschäftigte sind ständig, ca. 90 Beschäftigte gelegentlich in Arbeitsbereichen beschäftigt. in denen mit 2,6-Dinitrotoluol umgegangen wird.

Meßergebnisse

Von 19 personenbezogenen gemessenen Schichtmittelwerten liegen 9 Werte unterhalb von 0,005 mg/m3, 4 Werte unterhalb von 0,0125 mg/m3. 3 Werte zwischen 0,0125 und 0,05 mg/m3und 3 Werte oberhalb von 0,05 mg/m3wurden im Bereich der Herstellung ermittelt. Expositionsrelevant sind insbesondere die Reinigung der Phasentrennaggregate und die Probenahme.

Literatur:

[1] Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten; Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, Weinheim

[2] NIOSH, Current Intelligence Bulletin 44, 1985 US. Department of Health and Human Services Public Health Service center of Disease Control National Institute of Occupational Safety and Health

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