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26. TRK-Wert für 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin):
0,02 mg/m3 (erfaßt nach der Gesamtstaubdefinition)

(BArbBl. 3/91 S. 87)


4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) ist im Verzeichnis der krebserzeugenden Arbeitsstoffe bei Massengehalten ≥ 1 % in Gruppe II (stark gefährdend) und bei Massengehalten < 1 % bis 0,1 % in Gruppe III (gefährdend) eingeordnet.

Toxikologische Erfahrungen

4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) erwies sich an der Maus. der Ratte und dem Hund als krebserzeugend, und zwar nach oraler (Ratte, Maus, Hund) wie auch nach subkutaner Applikation (Ratte). Lebergeschwulste traten in den Vordergrund. Daneben wurden aber auch zahlreiche Lungentumoren beobachtet. Beim Hund lassen sich durch die Substanz anscheinend auch Blasentumoren induzieren, bei einem von fünf Hunden wurde nämlich nach einer Behandlungszeit von 8,5 Jahren ein Blasentumor gefunden (Behandlung: 100 mg/Hund/Tag; 5mal/Woche p.o.).

Eine Konzentration von 0,1 % im Futter erwies sich bei Ratten und Mäusen als stark krebserzeugend (tägliche Aufnahme, Ratte: ≈ 70 mg/kg; Maus: ≈ 200 mg/kg). Eine Konzentration von 0,05 % im Futter führte nur noch bei 1 von 22 Ratten zu einem Lebertumor.

Ein direkter Vergleich zwischen der krebserzeugenden Wirkung von 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) und Benzidin kann nach den vorliegenden Ergebnissen mit subkutaner Applikation an der Ratte gezogen werden. Danach war Benzidin etwa 30mal wirksamer als 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin). Auch nach diesem Vergleich ist die krebserzeugende Wirkung des 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) als stark anzusehen.

Analytik

Zur Messung von 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) in der Luft in Arbeitsbereichen steht ein anerkanntes Verfahren nach ZH 1/120 zur Verfügung [3]. Das Verfahren erlaubt Stichprobenmessungen mit ortsfester oder personengetragener Probenahme. Die Bestimmungsgrenze des Gesamtverfahrens (Probenahme mit Hilfe von imprägnierten Glasfaserfiltern oder Waschflaschen, gaschromatographische Bestimmung) liegt bei 0,04 mg/m3 bei einem Probeluftvolumen von 140l.

Die Bestimmungsgrenze des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft empfohlenen Verfahrens [4] (Probenahme mit Hilfe von Waschflaschen, gaschromatographische Bestimmung unter Verwendung eines thermoionischen Stickstoffdetektors) liegt bei 0,004 mg/m3.

In der Luft am Arbeitsplatz kann 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) je nach Verarbeitungsbedingungen partikelförmig oder gleichzeitig partikel- und dampfförmig vorliegen.

Herstellung und Verwendung

4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) wird als Härter bzw. als Vernetzungsmittel für Polymere und Epoxidharze eingesetzt, die Isocyanate enthalten. Außerdem kann es zur Herstellung von Polyurethan-Schaumstoffen verwendet werden.

Ergebnisse der Arbeitsplatzmessungen

Es liegen aus den Bereichen der Polyurethanherstellung, in denen 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin) als Reaktionskomponente zugesetzt wird, 9 Schichtmittelwerte zwischen < 0,01 mg/m3 und 0,18 mg/m3 vor. In dem Betrieb mit der höchsten vorgefundenen Konzentration von 0,18 mg/m3 konnten durch Einbau einer Absauganlage die Expositionskonzentrationen auf unter 0,02 mg/m3 gesenkt werden.

Hinweise

In Arbeitsbereichen, in denen mit diesem Stoff umgegangen wird, ist durch eine Arbeitsbereichsanalyse unverzüglich festzustellen, ob der TRK-Wert eingehalten ist.

Ist abzusehen, daß die Einhaltung des TRK-Wertes trotz eingeleiteter Maßnahmen nicht erreicht werden kann, so hat der Arbeitgeber dies unter Angabe der Gründe der zuständigen Behörde anzuzeigen und die Beschäftigten und den Personal- bzw. Betriebsrat davon zu informieren.
Aufgrund der oben genannten. in einigen Punkten unzureichenden Datenlage empfiehlt der AGS den zuständigen Behörden. im Einzelfall für bestehende Anlagen bei Umgang mit diesem Stoff eine Übergangsfrist durch Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 36 der Gefahrstoffverordnung einzuräumen.

Literatur

[1] IARC Monographs Bd. 4. S. 65 - 71, 1974,

[2] Henschler, D.: Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe: Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten; Arbeitsstoff-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Verlag Chemie, D-6940 Weinheim, (1987).

[3] Verfahren zur Bestimmung von 4,4'-Methylen-bis-(2-chloranilin). ZH 1/120.38. Carl Heymanns Verlag, Köln 1987.

[4] Analytische Methoden zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Luftanalysen. Bearbeitet von A. Kettrup, Th. zur Mühlen und J. Angerer; Arbeitsgruppe "Analytische Chemie" der Kommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. Verlag Chemie, D-6940 Weinheim.

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