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20. TRK-Wert für Holzstaub

(BArbBl. 9/88 S. 80)


für Neuanlagen: 2 mg/m3
im übrigen: 5 mg/m3

Nach Anhang II Nr. 1.1 Abs. 3 der Gefahrstoffverordnung gelten in einem Betrieb oder Betriebsteil, in dem, bezogen auf den gesamten jährlichen Holzeinsatz, in erheblichem Umfang Buchen- oder Eichenholz be- oder verarbeitet wird, für die staubbelasteten Arbeitsbereiche die besonderen Vorschriften für den Umgang mit krebserzeugenden Gefahrstoffen der Gruppe III.

Buchenholzstaub und Eichenholzstaub sind in TRGS 900 als eindeutig krebserzeugend beim Menschen mit folgender Fußnote eingestuft: "Stäube epidemiologisch eindeutig krebserzeugend, verursachendes krebserzeugendes Prinzip derzeit noch nicht identifiziert."

Holzstaub (außer Buchen- und Eichenholzstaub) ist als krebsverdächtig eingestuft (Kategorie III B der TRGS 900).

Arbeitsmedizinische Erfahrungen

Holzstaub. der bei der Be- oder Verarbeitung verschiedener Hölzer entsteht, ist als Ursache allergischer oder toxischer Reaktionen an der Haut sowie den Schleimhäuten der Atemwege bekannt (1). Darüber hinaus entstehen nach Buchen- und Eichenholzstaubbelastung Adenokarzinome der inneren Nase (2). Studien aus verschiedenen Ländern sprechen für die Annahme eines besonderen Risikos in Holzberufen Beschäftigter. an einem derartigen Tumor des oberen Atemtraktes zu erkranken (1, 3, 4, 5). Die Frage. ob der mechanische Reiz des Staubes, toxische Holzinhaltsstoffe oder andere Faktoren ursächlich für dieses erhöhte Risiko sind, ist derzeit Gegenstand der Forschung (1).

Zur Frage der Dosis-Wirkungsbeziehungen gibt es für Holzstäube derzeit keine hinreichend verwertbaren Erkenntnisse (1, 5), weil bisher keine Ergebnisse prospektiver Studien vorgelegt wurden, welche auf Angaben über die Intensität der Holzstaubexposition zurückgreifen konnten . Lediglich grobe retrospektive Abschätzungen liegen vor, wonach in der Regel Holzstaubkonzentrationen über 20 mg/m3bestanden haben (4).

Toxikologische Erfahrungen

Die Einstufung von Buchenholzstaub und Eichenholzstaub als "für den Menschen krebserzeugend" erfolgte aufgrund der weltweit beobachteten Häufung von Adenokarzinomen der Nasenhaupt- und -nebenhöhlen bei beruflich gegenüber diesen Holzstäuben Exponierten (1). Gut begründete Aussagen über die Stärke der krebserzeugenden Wirkung von Buchen- oder Eichenholzstaub sind z.Z. nicht möglich. Die weite Verbreitung solcher Stäube stellt aber einen besonderen Risikofaktor dar.

Tierexperimentell sind Holzstäube zur Frage der kanzerogenen Wirkung bisher nur sehr unzureichend geprüft. Es existiert lediglich ein orientierender und noch nicht ganz abgeschlossener Versuch mit granulärem Buchenholzstaub. In diesem Versuch wurden dreimal 250 mg des Holzstaubes in den Bauchraum von 53 Ratten injiziert. Die vorläufigen Ergebnisse nach 28-monatiger Versuchszeit gaben keinen Hinweis auf eine krebserzeugende Wirkung des Staubes (6). Die hohe Empfindlichkeit des Testes (i.p.-Applikation) gegenüber lokal-kanzerogenen Stoffen legt für den negativen Ausgang des Versuches mit granulärem Buchenholzstaub zwei Deutungsmöglichkeiten nahe: Entweder ist das kanzerogene Potential von Buchenholzstaub nur sehr schwach ausgeprägt. oder nicht alle Buchenholzstäube sind ähnlich wirksam. Die offenen Fragen bedürfen noch der experimentellen Abklärung.

Analytik

Eine Unterscheidung der verschiedenen Holzarten in Staubproben ist z.Z. in der Routine analytisch nicht möglich. Deshalb wird der gesamte inhalierbare Holzstaub (Gesamtstaub) als Meßgröße herangezogen. Die Nachweisgrenzen des in (7) beschriebenen Meßverfahrens betragen 0,02 mg/m3für stationäre Probenahme und 0,18 - 0,31 mg/m3für die Probenahme am Mann, jeweils bei achtstündiger Probenahmedauer.

Vorkommen von Holzstauben

Holzstaub entsteht insbesondere beim zerspanenden Bearbeiten von Holz und beim Herstellen von Holzmehl. Eichenholz wird in erster Linie im Möbelbau. für die Parkettherstellung, für die Treppen- und Faßherstellung benutzt. Buchenholz wird hauptsächlich im Gestellbau, bei der Spielwarenherstellung sowie der Herstellung von Möbeln, Span- und Sperrholzplatten eingesetzt. Die Zahl der in der Bundesrepublik gegenüber Holzstaub exponierten Personen wird auf insgesamt etwa 400000 geschätzt. Hiervon dürften rd. 225000 gelegentlich, rd. 25000 überwiegend gegenüber Eichen- und Buchenholzstaub exponiert sein.

Die Holzstaubkonzentration am Arbeitsplatz hängt von verschiedenen Parametern ab, z.B. von der Art der Bearbeitung (Sägen. Fräsen, Schleifen), vom Zerspanungsvolumen. der Schneidenzahl. der Werkzeugdrehzahl, der Vorschubgeschwindigkeit. der Holzfeuchte und der Holzart. Diese Parameter können meist nicht frei gewählt werden, sondern liegen fertigungsbedingt fest. Deshalb sind bei der Beschreibung des Standes der Technik verschiedene Fertigungszweige der Holzwirtschaft zu berücksichtigen.

Ergebnisse von Arbeitsplatzmessungen

  1. Bestehende Maschinen und Anlagen

    Berücksichtigt sind Meßergebnisse aus dem Jahre 1986 an Arbeitsplätzen mit Absaugung bei der Bearbeitung von Eichen- oder Buchenholz.

    Sägewerke: Als wichtigste Maschinen wurden Gattersägemaschinen. Blockbandsägemaschinen, Mehrblattbesäum- und Zuschneidekreissägen und Untertischkappkreissägemaschinen berücksichtigt. Gemessen wurde mit einem ortsfest aufgestellten Gerät. Die 60 Meßergebnisse schwanken zwischen < 0,1 mg/m3und 58,0 mg/m3. 20 % der Werte lagen oberhalb 5 mg/m3.

    Schreinereien/Tischlereien: Als wichtigste Maschinen wurden Bandsägemaschinen, Tischkreissägemaschinen . Gehrungskappsägemaschinen, Abrichthobelmaschinen, Dickenhobelmaschinen, Tischfräsmaschine n . Bandschleifmaschinen und Kantenschleifmaschinen berücksichtigt. Dabei wurde mit einem ortsfesten Gerät gemessen. Darüber hinaus waren berufstypische Tätigkeiten im Bankraum und an Handarbeitsplätzen zu berücksichtigen. Dort wurde mit einem personengetragenen Gerät gemessen. Die Ergebnisse von 212 Messungen schwanken zwischen 0,2 mg/m3und 59,8 mg/m3. 32,5 % der Werte lagen oberhalb von 5 mg/m3. An Bandschleifmaschinen beträgt der Anteil von Meßwerten oberhalb von 5 mg/m351,3 %.

    Für Maschinenschreiner liegen darüber hinaus 7 Meßwerte vor, die mit dem personengetragenen Gerät ermittelt wurden. Sie schwanken zwischen < 0,1 mg/m3und 6,7 mg/m3. Für Bankschreiner (Montagetätigkeiten ohne Absaugung. Handschleifen ohne Absaugung) liegen 15 Meßergebnisse vor. Sie schwanken zwischen 0,4 mg/m3und 35,5 mg/m3, 33 % der Meßwerte lagen oberhalb 5 mg/m3.

    Industrielle Holzbearbeitung

    Unter den mehrstufigen Maschinen sind Mehrseitenhobelmaschinen und Doppelendprofiler die wichtigsten. An diesen Maschinen liegen 24 Meßergebnisse vor, die mit ortsfestem Gerät ermittelt wurden. Sie schwanken zwischen < 0,1 mg/m3und 160,7 mg/m3. 8 % der Meßwerte lagen oberhalb 5 mg/m3.

    Bei der Massivholzverarbeitung wurden als wichtigste Maschinen Pendel-(Parallelschwing-) Kreissägemaschinen, Schleif- und Schwabbelböcke, Zylinderschleifmaschinen und Drehmaschinen untersucht. An diesen Maschinen liegen insgesamt 96 Meßergebnisse vor. Sie schwanken zwischen 0,5 mg/m3und 37,1 mg/m3, 30 % der Meßwerte lagen oberhalb 5 mg/m3. Bei Schleif- und Schwabbelböcken lagen 43 % der Meßwerte oberhalb 5 mg/m3.

    In der Gruppe der sonstigen Maschinen zur industriellen Holzbearbeitung sind Einblattkreissägemaschinen für Längs- und Plattenschnitte, Doppel- und Mehrfachabkürzkreissägemaschinen, stationäre Oberfräsmaschinen, Sonderfräsmaschinen, Bohrmaschinen, Breitbandschleifmaschinen, Walzenschleifmaschinen und Profilschleifmaschinen zusammengefaßt. An diesen Maschinen liegen 159 Meßergebnisse vor. Sie schwanken zwischen < 0,1 mg/m3und 80,8 mg/m3, 31 % der Werte lagen oberhalb 5 mg/m3. Bei Sonderfräsmaschinen lagen 35 %, bei Breitbandschleifmaschinen 54 % der Meßwerte oberhalb 5 mg/m3.

    Darüber hinaus liegen aus der Untersuchung der Holzstaubbelastung in 17 Betrieben der Holzbe- und -verarbeitung und in 2 Ausbildungszentren für holzverarbeitende Berufe aus den Jahren 1983 bis 1985 32 Schichtmittelwerte zwischen 0.1 und 12 mg/m3bei ortsbezogener und 56 Schichtmittelwerte zwischen

    0,3 und 57,8 mg/m3bei personenbezogener Probenahme vor. Als wichtigste Bearbeitungsverfahren wurden Schleifen. Sägen. Fräsen, Hobeln und Bohren mit verschiedenen Maschinen mit und ohne Absaugung berücksichtigt. In 54% der Arbeitsplätze wurden während der Messungen Eiche und/oder Buche. an den übrigen Arbeitsplätzen andere Harthölzer, exotische Hölzer (z.B. Ramin, Mahagoni). Weichhölzer (überwiegend Fichte und Kiefer) sowie vereinzelt Holzwerkstoffe (z.B. Spanplatte) be- oder verarbeitet. Von den Schichtmittelwerten lagen 21,9 % oberhalb 5 mg/m3bei ortsbezogener und 33,9 % bei personenbezogener Probenahme .

  2. Neuanlagen

    An Neuanlagen liegen insgesamt 28 Meßwerte an Tischkreissägemaschinen, Schwabbelböcken, Bandsägemaschinen, Fußbodenschleifmaschinen und senkrechten Plattensägemaschinen vor, die mit dem ortsfest aufgestellten Gerät gemessen wurden. Sie schwanken zwischen 0,4 mg/m3und 11,7 mg/m3. 28% der Meßwerte lagen oberhalb 2 mg/m3.

Literatur

[1] Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): "Holzstaub", in Henschler, D. (Hrsg.): "Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe" Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründung von MAK-Werten, 1983, Nachtrag 1985, Verlag Chemie, Weinheim, 1983, 1985.

[2] Kleinasser, O., H.-G. Schroeder u. J. Wolf: Adenokarzinome der inneren Nase nach Holzstaubexposition - Vorsorgemaßnahmen und Frühdiagnose, Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed. 22, 70 - 77 (1987).

[3] Mohtashamipur, E. u. K. Norpoth: Zur Frage beruflich bedingter Tumoren in der holzverarbeitenden Industrie. Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed. 18. 49 - 52 (1983).

[4] Wolf. J. M., M. Hartung et al.: Über das Vorkommen von Adenokarzinomen der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen bei Holzarbeitern (II), Arbeitsmed. Sozialmed. Präventivmed. Sonderheft 7 (1986).

[5] Alderson, M.: Occupational cancer. Butterworths, London, 1985), Kap. 3.38 Woodworkers, S. 156ff.; Kap. 4,9 Nasal Cancer, S. 165ff.

[6] Pott. F., U. Ziem, F. J. Reiffer, F. Huth. H. Ernst u. U. Mohr: Carcinogenicity studies on fibres, metal compounds, and some other dusts in rats. Exp. Pathol. 32, 129 - 152 (1987).

[7] Von den Berufsgenossenschaften anerkannte Analysenverfahren zur Feststellung der Konzentrationen krebserzeugender Arbeitsstoffe in der Luft in Arbeitsbereichen (ZH/120).



* Der AGS hat zur Umsetzung der TRK-Werte folgenden Beschluß gefaßt:
Lassen sich die zur Umsetzung der TRK-Werte notwendigen Maßnahmen nicht unverzüglich treffen, wird den Aufsichtsbehörden empfohlen, angemessene Übergangsfristen einzuräumen.

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