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Toxikologische Bewertung der Ersatzstoffe für Hydrazin durch den Arbeitskreis "Toxikologie" des AGS | Anlage zu TRGS 608 |
1 Einleitung (gestrichen 4/93)
2 Hydrazin (CAS-Nr. 302-01-2)
Für Hydrazin liegt eine MAK-Begründung von 1989 vor ( 1). Diese wurde ausgewertet.
Hydrazin verursacht Reizungen von Haut und Schleimhäuten. Nach beruflicher Exposition wurden bei Arbeitern allergische Kontaktdermatiden beschrieben.
Mit Hydrazin bzw. Hydrazinsulfat und Hydrazinhydrat sind eine Reihe von Kanzerogenitätsversuchen an Mäusen, Hamstern und Ratten nach oraler, intraperitonealer und inhalativer Applikation durchgeführt worden. Die älteren Versuche weisen, bis auf den Inhalationsversuch, größtenteils methodische Mängel auf (Verwendung toxischer Dosen, kurze Versuchsdauer etc.). Die Mehrzahl dieser Studien war positiv. Die krebserzeugende Wirkung von Hydrazin konnte jedoch nur nach Verabreichung toxischer oder subtoxischer Dosen bzw. im Inhalationsversuch nach Einwirkung lokalreizender Konzentrationen nachgewiesen werden. Es treten Tumoren der Lunge, der Leber sowie, nach Inhalation, der Nasenhöhlen auf.
In neueren Trinkwasserstudien wurde Hydrazin bei Mäusen und Ratten und Hydrazinsulfat bei Hamstern getestet. Bei Ratten und Mäusen wurde Hydrazin bis zum natürlichen Lebensende der Tiere bzw. über 2 Jahre in Konzentrationen von 2, 10 und 50 mg/l im Trinkwasser verabreicht (Dosis-Durchschnitt aller Tiere der höchsten Konzentration: ca. 3 mg/kg Körpergewicht/Tag). Die höchste Dosierung war bei beiden Spezies eindeutig toxisch (verminderte Körpergewichtsentwicklung), ohne die Überlebenszeiten der Tiere wesentlich zu beeinflussen. Bei Mäusen zeigten sich keine Hinweise auf Kanzerogenität. Bei Ratten induzierte Hydrazin nur bei der höchsten Konzentration eine geringe Zahl von meist gutartigen Leberzelltumoren (11,5 %; Kontrolle 0 %).
In einem weiteren Kanzerogenitätsversuch wurde Hamstern Hydrazinsulfat in Konzentrationen von 170, 340 und 510 mg/l über 2 Jahre im Trinkwasser verabreicht (Dosis-Durchschnitt bezogen auf Hydrazin: 4,6; 8,3 bzw. 10,3 mg/kg Körpergewicht/Tag). Alle Konzentrationen zeigten eine toxische Wirkung (Verkürzung der Überlebenszeiten), hatten jedoch keinen Einfluß auf die Körpergewichte. Nach ca. 18 Monaten fanden sich dosisabhängig in der Leber Nekrosen, Hypertrophien und knotige Hyperplasien. In der mittleren und höchsten Dosis traten Leberzellkarzinome auf (12 % bzw. 32 %; Kontrolle 0 %):
Zur mutagenen Wirkung sind mehrere In-vitro- und In-vivo- Versuche durchgeführt worden. Die Mehrzahl der bakteriellen Reparatur- und Mutationstests ergaben schwach positive Befunde. In Versuchen an Zellkulturen zeigten sich meist positive Resultate nach Einwirkung hoher Konzentrationen. Im Spot-Test an der Maus erwiesen sich Hydrazinchlorid und Hydrazinhydrat als schwach mutagen.
Insgesamt besitzt Hydrazin eine schwache gentoxische und kanzerogene Wirksamkeit.
3 Potentielle Ersatzstoffe für Hydrazin
3.1 Ammoniumascorbat
ZuAmmoniumascorbat konnten keine toxikologischen Daten gefunden werden. Falls vorhanden, dürften spezifische Wirkungen des Salzes im wesentlichen vom Anion ausgehen, so daß die zu Ascorbinsäure vorhandenen Daten benutzt werden können. Unterschiede hinsichtlich der Blasentumor-promovierenden Eigenschaft von Natriumascorbat und Ascorbinsäure werden berichtet ( 2). Durch das Natriumsalz wird eine erhöhte DNA-Synthese und Hyperplasie im Blasenepithel induziert, nicht jedoch durch die freie Säure. Ob dies durch Änderungen von pH-Wert und Osmolalität des Urins hervorgerufen wird, sei offengelassen.
Die Unterschiede wurden jedoch bei hohen Konzentrationen im Futter (5 %), entspricht ca. 25 g/kg KG/d, gefunden, so daß ihre Relevanz für arbeitsplatzbedingte Expositionen gering eingeschätzt wird.
Mit L-Ascorbinsäure wurde im Rahmen des NTP ( 3) eine Fütterungsstudie an Ratten und Mäusen durchgeführt. Bei keiner Spezies wurde eine tumorigene Wirkung beobachtet.
In-vitro-Untersuchungen von Säugerzellen zeigten erhöhte SCE-Raten (KM, CH0), DNA-Reparatur und Mutantenhäufigkeit (L5178 Y), jedoch keine Chromosomenaberrationen (CH0). In-vivo-Tests waren negativ (DL; SCE).
Toxikologische Bedenken gegen die Verwendung von Ascorbinsäure bzw. dessen Ammoniumsalz als Ersatzstoff für Hydrazin bestehen nicht.
3.2 Carbohydrazid (CAS-Nr. 497-18-7)
Außer einer subkutanen LD50 bei der weiblichen Maus konnten keine toxikologischen Daten ermittelt werden (130,6 mg/kg KG). Das strukturähnliche Semicarbazid führte in einer Trinkwasserstudie zu erhöhten Lungentumoren und zu Angiosarkomen und Angiomen der Leber bei weiblichen, nicht bei männlichen Mäusen (4).
Wegen fehlender Daten und aufgrund von SAR-Betrachtungen, ist eine Beurteilung, ob Carbohydrazid als Ersatzstoff für Hydrazin geeignet ist, zur Zeit nicht möglich (siehe auch Nr. 6.2 der TRGS 608).
3.3 Diethylhydroxylamin; (CAS-Nr. 3710-84-7)
Als Radikalfänger vermag DEHa die Bildung des photochemischen Smogs zu inhibieren. Es wurde (in den USA) überlegt, die städtische Atmosphäre mit DEHa anzureichern. Vor diesem Hintergrund wurden mit DEHa toxikologische Untersuchungen durchgeführt, um eventuelle Risiken erkennen zu können.
Zur Frage der mutagenen Wirkung sind mehrere Tests durchgeführt worden (SLRL an Dros. melanogaster; DL-Test und MN-Test an der Ratte; Ames-Test mit Ta 100 ( 5, 6). Trotzdem ist es kaum möglich, die mutagene Wirksamkeit von DEHa zu beurteilen, da die verwendete Methodik nur unvollständig beschrieben wurde, gleichzeitig Nitroethan und Diethylaminhydrosulfit verabreicht wurde, oder wesentliche Abweichungen von den validierten Versuchsprotokollen vorgenommen wurden, deren Einfluß auf das Ergebnis schlecht abzuschätzen ist (Expositionsdauer, Untersuchungszeitpunkt etc.).
(Stand: 20.08.2018)
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