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TRBa 130 - Arbeitsschutzmaßnahmen in akuten biologischen Gefahrenlagen
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)
(GMBl Nr. 26 vom 18.06.2012 S. 459; 05.03.2013 S. 294 13; 21.07.2023 S. 800,aufgehoben)
- Bek. d. BMAS v. 18.6.2012 - IIIb 3 - 34504-7 - | Zur aktuellen Fassung => |
Die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, einschließlich deren Einstufung, wieder. Sie werden vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.
Die TRBa 130 "Arbeitsschutzmaßnahmen in akuten biologischen Gefahrenlagen" konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Biostoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
1 Allgemeines
Für Arbeitsschutzmaßnahmen bei akuten biologischen Gefahrenlagen gibt es in Deutschland bisher keine bundeseinheitlichen Regelungen. Diese TRBa dient dazu, ein einheitliches Arbeitsschutzniveau für diese Tätigkeiten festzulegen und bereits bestehende Regelungen zu harmonisieren. Biologische Gefahrenlagen können entstehen durch:
Unter akuter biologischer Gefahrenlage wird nur das primäre Ereignis ohne das nachgelagerte Infektionsgeschehen verstanden. Daher findet diese TRBa z.B. auf Pandemien keine Anwendung.
2 Anwendungsbereich
Diese TRBa gilt für akute biologische Gefahrenlagen mit bioterroristischem oder kriminellem Hintergrund oder aufgrund des akzidentiellen Freiwerdens biologischer Agenzien bei Havarien. Sie dient dem Schutz der Beschäftigten bei dem Ersteinsatz nach Verdacht auf eine akute biologische Gefahrenlage und beschreibt die Arbeitsschutzmaßnahmen beim Ersteinsatz, nicht jedoch Maßnahmen bezüglich des in Nachfolge ablaufenden Infektionsgeschehens (Bsp. Pandemie). Sie befasst sich mit Tätigkeiten, die im Gefahrenbereich und im Absperrbereich auszuführen sind.
Kommen Einheiten zum Einsatz, die gemäß den Regeln der Feuerwehrdienstvorschrift "Einheiten im ABC-Einsatz" ( FwDV 500) tätig werden, gelten die Vorgaben dieser TRBa als erfüllt.
3 Begriffsbestimmungen
3.1 Biologische Agenzien
Als biologische Agenzien werden in dieser TRBa Infektionserreger (Mikroorganismen) und deren Toxine im Sinne der Biostoffverordnung betrachtet. Die Biostoffverordnung unterteilt die Mikroorganismen in vier Risikogruppen. Wesentliche Kriterien für die Zuordnung zu einer Risikogruppe sind die Eigenschaft, Krankheiten beim gesunden Menschen hervorzurufen, die Schwere dieser Erkrankung, das Behandlungspotenzial sowie die Gefahr der Ausbreitung in der Allgemeinbevölkerung. Bei den biologischen Agenzien, die zu akuten biologischen Gefahrenlagen führen können, handelt es sich zumeist um Infektionserreger, die in die Risikogruppen 3 oder 4 nach Biostoffverordnung eingestuft sind.
3.2 Gefahrenbereich
Der Gefahrenbereich in der Biostoffverordnung ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung. Da in biologischen Gefahrenlagen eine normale Gefährdungsbeurteilung wie bei vorhersehbaren Bedingungen bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht durchführbar ist, wurde der in dieser TRBa benutzte Begriff des "Gefahrenbereichs" etwas erweitert und umschreibt den räumlichen Bereich, in dem im Falle einer beabsichtigten Freisetzung biologischer Agenzien diese vermutet werden oder vorhanden sind und die Gefahr einer Übertragung bestehen könnte. Diese Begriffsbestimmung ist bei den betroffenen Einsatzkräften etabliert. Der Gefahrenbereich wird definitionsgemäß auch als Kontaminationsbereich bezeichnet. Die Festlegung des Gefahrenbereichs im Sinne dieser TRBa erfolgt durch Abschätzung, ggf. durch Messungen bzw. anhand eines Sicherheitsradius (siehe Abb. 1); topografische sowie meteorologische Gegebenheiten sind hierbei angemessen zu berücksichtigen.
Abb. 1: Gefahren- und Absperrbereich nach Feuerwehrdienstvorschrift 500 ( FwDV 500)
3.3 Absperrbereich
Angrenzend an den Gefahrenbereich kann ein Absperrbereich eingerichtet werden. Der Absperrbereich wird definitionsgemäß auch als Reinbereich bezeichnet. In diesem Bereich ist grundsätzlich keine Gefährdung durch Infektionserreger oder Toxine anzunehmen.
Im Absperrbereich besteht die Möglichkeit, die medizinische Behandlung von Personen durch Einrichtung und Betrieb eines Behandlungsplatzes vor Ort zu organisieren, bis alle Bedingungen für einen fachgerechten Transport zur weiteren Behandlung in Einrichtungen des Gesundheitswesens erfüllt sind.
3.4 Dekontaminationsplatz (Dekon-Bereich)
Am Dekontaminationsplatz werden Dekontaminations- bzw. Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt. Er wird an der Grenze des Gefahrenbereichs und - sofern verletzte Kontaminierte vorliegen - in der Regel vor dem medizinischen Behandlungsplatz eingerichtet. Der Dekontaminationsplatz folgt dem Einbahnstraßenprinzip und gliedert sich zur Verhinderung einer Kontaminationsverschleppung in
den zur unreinen Seite hin befindlichen Schwarzbereich und den zur reinen Seite angelegten Weißbereich. Alle Personen, Materialien (wie z.B. Proben) und Geräte, die den Gefahrenbereich verlassen, müssen über den Dekontaminationsplatz ausgeschleust werden (siehe Abb. 2).
Abb. 2: Lage des Dekon-Platzes modifiziert nach FwDV 500
3.5 Schutzstufe
Eine Schutzstufe umfasst die technischen, organisatorischen und persönlichen Schutzmaßnahmen, die auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach der Biostoffverordnung zum Schutz der Beschäftigten festzulegen sind. Es gibt vier Schutzstufen, wobei der Schutzstufe 4 Tätigkeiten mit dem höchsten Gefährdungspotenzial zugeordnet werden. Bei Gefährdungen durch Toxine sind angemessene Schutzmaßnahmen festzulegen.
3.6 Fachkunde
Fachkundig im Sinne dieser TRBa ist, wer aufgrund seiner Ausbildung und aufgrund der beruflichen Erfahrung sowie spezieller, erworbener Kenntnisse mit den Gefährdungen durch biologische Agenzien und den erforderlichen Maßnahmen vertraut ist. Für den Einsatz in biologischen Gefahrenlagen sind tätigkeitsbezogene Schulungen sowie regelmäßige Übungen und Fortbildungen der beruflichen Erfahrung gleichzusetzen. Die Schulung muss Informationen über Einsatz- und Schutzmaßnahmen sowie Kenntnisse des Infektionsschutzes, der Hygiene, den Gebrauch persönlicher Schutzausrüstung, die Handhabung von Desinfektionsmitteln und die Kennzeichnung von Gefahrenbereichen vermitteln. Anforderungen an die Fachkunde sind in Anhang 2 beschrieben.
3.7 Ansteckungsverdächtige Person
Ein Ansteckungsverdächtiger ist eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie durch Kontakt mit einer möglicherweise infektiösen Substanz Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne jedoch - z.B. aufgrund der Inkubationszeit - Krankheitssymptome zu zeigen.
4 Gefährdungsbeurteilung
4.1 Einführung
Bei biologischen Gefahrenlagen im Sinne dieser TRBa handelt es sich um unvorhersehbare Ereignisse. Sie zeichnen sich aus durch:
Eine Gefährdungsbeurteilung, wie sie die TRBa 400 für den bestimmungsgemäßen Betrieb von z.B. Laboratorien und Produktionsstätten bzw. Tätigkeiten in der Forst- und Agrarwirtschaft oder im Gesundheitswesen vorsieht, ist deshalb nicht möglich. In der Regel liegen zu Beginn des Ereignisses keine genauen Informationen über die biologischen Agenzien vor. Gleiches gilt für Art und Ausmaß der Ausbringung und die örtlichen Gegebenheiten. Aus diesem Grund ist zuerst davon auszugehen, dass es sich bei den ausgebrachten biologischen Agenzien um Erreger der Risikogruppen 3 oder 4 oder um Toxine handelt. Bei der Festsetzung der Schutzmaßnahmen ist deshalb zunächst vom höchsten möglichen Gefährdungspotenzial auszugehen, d. h. die Tätigkeiten sind der Schutzstufe 4 zuzuordnen. Die Schutzmaßnahmen sind entsprechend zu treffen. Hierbei sind alle bekannten Aufnahmewege zu berücksichtigen.
Aufgrund der besonderen Situation kann bei solchen Gefahrenlagen die im Arbeitsschutz üblicherweise geltende Rangfolge der Schutzmaßnahmen (technische, organisatorische, persönliche) in der Regel nicht eingehalten werden. Organisatorische Maßnahmen und persönliche Schutzmaßnahmen erlangen daher besondere Bedeutung.
Bei biologischen Gefahrenlagen mit kriminellem oder terroristischem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass die ausgebrachten biologischen Agenzien ein hohes Infektions- oder Intoxikationspotenzial besitzen und eine ernste Gefahr, vorrangig für die Einsatzkräfte darstellen.
Grundsätzlich muss bei allen unklaren Ereignissen zusätzlich zu einer Personengefährdung durch Kontamination mit biologischen Stoffen eine Kontamination mit chemischen oder radioaktiven Substanzen oder auch die Möglichkeit der Explosionsgefahr in Betracht gezogen werden.
Zunächst ist das Ereignis, das zu einer biologischen Gefahrenlage geführt hat, zu berücksichtigen. Die Art bzw. Form der Ausbringung gefährlicher biologischer Agenzien kann eine maßgebliche Rolle für die Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen spielen.
Sobald konkrete Informationen für eine differenzierte Gefährdungsbeurteilung vorliegen, z.B. aufgrund des Ergebnisses der Erkundung, können die Schutzmaßnahmen spezifisch angepasst werden. Sie sollten immer dann angepasst werden, wenn dadurch die Belastung der Einsatzkräfte z.B. durch persönliche Schutzausrüstung (PSA) gemindert werden kann.
4.2 Tätigkeiten
Beispiele für Tätigkeiten im Gefahrenbereich sind:
Bei Tätigkeiten im Gefahrenbereich handelt es sich um nicht gezielte Tätigkeiten nach § 2 Biostoffverordnung. Die betroffenen Institutionen/Organisationen sind insbesondere:
4.3 Biologische Agenzien
Bei den biologischen Agenzien handelt es sich zumeist um Infektionserreger, die in die Risikogruppen 3 oder 4 nach Biostoffverordnung eingestuft sind. Dazu gehören beispielsweise humane oder Affen-Pockenviren, Erreger des viralen hämorrhagischen Fiebers (z.B. Ebola, Lassa), Milzbranderreger (Bacillus anthracis), Erreger der Pest (Yersinia pestis), Erreger der Brucellose (Brucella spp.) sowie weitere Infektionserreger; hierzu existieren verschiedene Listen wie beispielsweise die Liste der EU (EU list of high threat pathogens) oder die Liste der centers for Disease Control and Prevention (CDC). Ein Beispiel für Toxine biologischen Ursprungs ist das Botulinumtoxin.
4.4 Übertragungswege
Infektionen können durch die Aufnahme von Infektionserregern oder Toxinen
4.5 Gefahrenbereich festlegen und absichern
Werden Einsatzkräfte zu einem Verdachtsfall einer biologischen Gefahrenlage gerufen, so treffen diese eine Erstbeurteilung der Lage und ziehen unverzüglich Polizei, Ordnungsbehörden sowie die Gesundheitsbehörden hinzu. Diese treffen je nach Beurteilung der Situation und der Infektionsgefährdung weitere Maßnahmen und beziehen weitere Einsatzkräfte ein.
Der Gefahrenbereich ist durch Abschätzung und ggf. durch Messungen festzulegen.
Einfluss auf die Ausdehnung des Gefahrenbereichs haben insbesondere:
Sollte es nicht möglich sein, diesen anhand objektiver Kriterien zu bestimmen, so wird empfohlen, einen Radius von mindestens 50 m um die Ausbringungsstelle als Gefahrenbereich festzulegen (siehe z.B. FwDV 500, Abb. 1). Bei regionalen Besonderheiten (z.B. Ausbreitungsmöglichkeit durch einen Wasserlauf) sind ggf. weitergehende Maßnahmen notwendig.
Biologisch kontaminiertes Gelände ist abzusichern (z.B. mit Flatterband) und mit dem Zeichen für Biogefährdung sowie dem Hinweis "Biogefährdung, Zutritt nur für Berechtigte" zu kennzeichnen. Zur Kennzeichnung sollte das Warnzeichen W 16 (gleichseitiges Dreieck, gelbe Grundfarbe) gemäß der Technischen Regel für Arbeitsstätten, Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung, ASR A1.3 Verwendung finden (siehe Abb. 3).
Abb. 3: Warnung vor Biogefährdung (gemäß ASR A1.3)
4.6 Tätigkeiten im Gefahrenbereich mit hohem Infektions- bzw. Kontaminationsrisiko (Tätigkeiten mit hohem Risiko)
Tätigkeiten im Gefahrenbereich mit hohem Infektions- bzw. Kontaminationsrisiko durch biologische Agenzien können z.B. die Erkundung, das Retten, das Messen, die Probenahme, kriminalistische Ermittlungen und die Flächendekontamination sein. Das Festlegen und Kennzeichnen des Gefahrenbereichs vor Ort ist ebenfalls als Tätigkeit mit hohem Risiko einzustufen.
Diese Tätigkeiten werden von Sonderkräften mit entsprechendem Auftrag durchgeführt. Hierzu können z.B. Feuerwehr, Probenahmeteams, Rettungsdienst, THW sowie ggf. Polizei und Gesundheitsbehörden gehören.
4.7 Tätigkeiten im Gefahrenbereich mit noch bestehendem Infektions- und Kontaminationsrisiko (Tätigkeiten mit Risiko)
Tätigkeiten im Gefahrenbereich mit noch bestehendem Infektions- und Kontaminationsrisiko sind z.B. das Einrichten eines Sammelpunktes und ggf. einer Patientenablage für kontaminierte Betroffene und Verletzte, bis hin zur Dekontamination/Desinfektion und Übergabe der Dekontaminierten in den Absperrbereich. Bei diesen Tätigkeiten ist die Belastung durch biologische Agenzien noch vorhanden, jedoch geringer als bei den unter Nummer 4.6 beschriebenen Tätigkeiten, d.h. es besteht noch ein Infektions- und Kontaminationsrisiko. Zum Einsatz gelangen Einsatzkräfte wie z.B. Dekontaminationsteams, Sanitäts- und Betreuungsdienste sowie ggf. Polizei und Gesundheitsbehörden.
4.8 Tätigkeiten im Absperrbereich
Tätigkeiten in diesem Bereich sind z.B. das Aufbauen eines Behandlungsplatzes sowie die medizinische Versorgung und Betreuung von bereits dekontaminierten Betroffenen. Darüber hinaus werden hier alle technischen, taktischen und organisatorischen Tätigkeiten zur Gefahrenabwehr vor Ort und zur Sicherung der Einsatzkräfte im Gefahrenbereich durchgeführt. Dieser Grundsatz gilt auch für alle vor- und nachbereitenden Tätigkeiten der Schadensbeseitigung, sofern diese im Geltungsbereich dieser TRBa erfolgen. Zum Einsatz gelangen Einsatzkräfte mit entsprechendem Auftrag, wie z.B. der Rettungsdienst oder der Sanitäts- und Betreuungsdienst des Katastrophenschutzes.
4.9 Spezielle Tätigkeiten
4.9.1 Versorgung und Transport Verletzter
Die erste medizinische Versorgung verletzter oder kontaminierter Personen ist eine Tätigkeit im Gefahrenbereich mit hohem Risiko (siehe Nummer 4.6). Der Transport zur weiteren Behandlung erfolgt über den Dekon-Platz. Neben den in dieser TRBa vorgesehenen Schutzmaßnahmen sind die Grundsätze der TRBa 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" entsprechend anzuwenden.
4.9.2 Dekontamination
Die Dekontamination von kontaminierten Materialien oder kontaminierten Personen erfolgt gemäß dem Stand der Technik durch spezielle Einsatzkräfte im Gefahrenbereich (vgl. Abb. 2 Dekon-Platz Schwarzbereich) und entspricht einer Tätigkeit mit noch bestehendem Infektions- bzw. Kontaminationsrisiko (siehe Nummer 4.7).
Bei den zu treffenden Schutzmaßnahmen ist zu berücksichtigen, dass neben der Gefährdung durch biologische Agenzien eine Gefährdung durch die bei der Dekontamination verwendeten Desinfektions- bzw. Dekontaminationsmittel auftreten kann. Die bei der Dekontamination dem Stand der Technik entsprechenden Desinfektionsmittel und -verfahren sind den Listen des RKI (Robert Koch-Institut) bzw. VAH (Verbund für angewandte Hygiene e.V.) und ggf. der DVG (Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft) zu entnehmen. Diese werden in der Regel von den zuständigen Gesundheits- und Veterinärbehörden angeordnet. Dabei sind die Umweltbedingungen wie die Temperatur und der Temperatur-Wirkbereich der Desinfektionsmittel zu beachten. So sind die Mittel der RKI-Liste zumeist nur bei Raumtemperatur getestet.
Nach erfolgter Dekontamination/Desinfektion können Verletzte im Dekon-Platz Weißbereich (vgl. Abb. 2) medizinisch versorgt werden, bis der Transport und die Versorgung in einem Krankenhaus möglich sind.
Bei starken Verletzungen, die dringender lebensrettender Maßnahmen bedürfen, ist möglicherweise nur eine Not-Dekontamination möglich. In solchen Fällen ist in Abhängigkeit von dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und den vermuteten biologischen Agenzien ein Sonderisoliertransport notwendig. Der Behandlungsbereich im Krankenhaus erfordert dann ggf. Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 4 Patientenstationen (siehe auch TRBa 250).
4.9.3 Probenahme, -verpackung und -transport
Soweit die Probenahme oder Messung der Festlegung des Gefahrenbereichs dienen, sind sie als Tätigkeiten mit hohem Risiko einzustufen. Probenahmeverfahren bei biologischen Gefahrenlagen können sehr vielfältig sein. Deshalb gibt es kein Standardverfahren, das genau festlegt, wie bei der Probenahme vorzugehen ist. Es wird auf die Empfehlungen für die Probenahme zur Gefahrenabwehr im Bevölkerungsschutz des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) verwiesen. Ggf. ist die Art der Probenahme mit dem untersuchenden Labor im Vorfeld abzusprechen.
Für die Verpackung der genommenen Probe und den Transport sind die gültigen Vorschriften zu beachten, die für die höchste anzunehmende Risikogruppe gelten (siehe Anhang 1).
Im Notfall kann der Probentransport bei biologischen Gefahrenlagen von gefahrgutrechtlichen Vorschriften freigestellt werden ( GGVSEB-Durchführungsrichtlinien), wenn
4.9.4 Probenuntersuchung
Die Untersuchung von Verdachtsproben umfasst diagnostische Orientierungsuntersuchungen sowie - bei positiven Befunden - eine weitergehende Diagnostik zur endgültigen Identifizierung der vorhandenen Agenzien und Untersuchungen zu deren weiteren Differenzierung und Charakterisierung. Tätigkeiten im Rahmen von Orientierungsuntersuchungen sind nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung. Tätigkeiten im Rahmen der weitergehenden Diagnostik sind in der Regel gezielte Tätigkeiten nach Biostoffverordnung. Die Untersuchung des Probenmaterials muss in geeigneten Laboratorien stattfinden, welche dem Stand der Technik nach TRBa 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" entsprechen. Erste orientierende Untersuchungen können - sofern verfügbar und validiert - von den Einsatzkräften vor Ort durchgeführt werden. Weitergehende Informationen sind Anhang 3 zu entnehmen.
5 Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten im Gefahrenbereich vor Ort
5.1 Allgemeines
Die erforderlichen Schutzmaßnahmen einschließlich der persönlichen Schutzausrüstungen sind entsprechend der Gefährdungsbeurteilung festzulegen und zu treffen. Die Einsatzkräfte haben die erforderlichen Schutzmaßnahmen einzuhalten und Schutzvorrichtungen sowie die persönlichen Schutzausrüstungen zu verwenden. Tätigkeiten bei der Probenuntersuchung im Labor liegen im Regelungsbereich der TRBa 100 und die notwendigen Schutzmaßnahmen sind dort beschrieben (siehe Nummer 5).
Der Aufenthalt im Gefahrenbereich ist auf das für die Durchführung der Tätigkeiten notwendige Mindestmaß zu beschränken.
5.2 Technische Maßnahmen
Technische Maßnahmen können in biologischen Gefahrenlagen nur eingeschränkt realisiert werden. Dazu gehören z.B. Maßnahmen im Dekon-Bereich wie
5.3 Allgemeine organisatorische Maßnahmen und Hygienemaßnahmen
Von den im Gefahrenbereich tätigen Einsatzkräften sind Name, Anschrift, Organisation, Art und Dauer der Tätigkeit sowie die Erreichbarkeit nach dem Einsatz zu dokumentieren.
Die Anzahl der im Gefahrenbereich eingesetzten Personen ist auf das für die Durchführung der Arbeiten notwendige Mindestmaß zu beschränken. Hierbei sind die physiologische Belastung durch die persönliche Schutzausrüstung insbesondere durch Atemschutz und Schutzanzüge und die damit verbundene Begrenzung der Einsatzzeit (Tragezeitbeschränkung) zu berücksichtigen. Die Aufenthaltsdauer besonders bei Tätigkeiten mit hoher Belastung durch biologische Agenzien ist auf das Mindestmaß zu begrenzen.
Die Personen im Gefahrenbereich müssen fachkundig sein (siehe Anhang 2).
Um die Verschleppung von biologischen Agenzien bzw. die Kontamination von Einsatzkräften und Materialien zu vermeiden, sind Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen festzulegen. Zur Vermeidung von Gefährdungen für Beschäftigte in der weiteren Versorgung Betroffener und Verletzter, z.B. in Aufnahme-Krankenhäusern, sollte durch die Einsatzleitung ein umfangreiches Informationsmanagement so früh wie möglich eingesetzt und aktuell gehalten werden.
5.4 Arbeitsanweisungen/Betriebsanweisungen
Für Tätigkeiten im Gefahrenbereich sind Arbeitsanweisungen/Betriebsanweisungen zu erstellen. Einsatzkräfte sind den Arbeitsanweisungen/Betriebsanweisungen entsprechend regelmäßig zu schulen. Dies betrifft insbesondere solche Tätigkeiten, bei denen mit einer erhöhten Unfallgefahr oder erhöhten Infektionsgefährdung zu rechnen ist. Die Arbeitsanweisungen/Betriebsanweisungen sollen auch die Durchführung von Desinfektions- und Dekontaminationsmaßnahmen und das An- und Ablegen von Schutzkleidung umfassen.
5.5 Einweisung/Unterweisung
Die Einsatzkräfte sind vor Aufnahme der Tätigkeiten zum Arbeits- und Infektionsschutz einzuweisen. Diese Einweisung dient der lageabhängigen Information und ersetzt nicht den Erwerb der Fachkunde im Sinne dieser TRBA. Darüber hinaus ist jährlich unter Einbeziehung einer fachkundigen Person zum Arbeits- und Infektionsschutz sowie dem Verhalten bei Unfällen und Notfällen zu unterweisen.
5.6 Vorfälle, Unfälle und Erste Hilfe
Nach jedem Vorfall (z.B. Beschädigung der persönlichen Schutzausrüstung, insbesondere beim Einatmen oder bei Haut- oder Schleimhautkontakt mit kontaminierten bzw. vermutlich kontaminierten Materialien) und Unfall (Verletzungen) hat die betroffene Einsatzkraft den Gefahrenbereich sofort über die Dekontaminationsstelle nach erfolgter Dekontamination zu verlassen. Der Vorfall oder Unfall ist dem Verantwortlichen vor Ort zu melden und von diesem zu dokumentieren. Der Betroffene ist sofort ärztlich zu versorgen. Ggf. ist eine Postexpositionsprophylaxe durchzuführen.
5.7 Persönliche Schutzausrüstungen (PSA)
Bei den hier empfohlenen Maßnahmen handelt es sich um Mindestanforderungen hinsichtlich der Gefährdung durch biologische Agenzien. In Abhängigkeit von den auszuführenden Tätigkeiten können weitergehende Maßnahmen erforderlich sein (z.B. Schutz vor chemischer oder mechanischer Gefährdung). Bei der Auswahl der PSa sind die eingesetzten Dekontaminationsmittel zu berücksichtigen. Übergangsstellen zwischen verschiedenen PSa (z.B. zwischen Handschuhen und Schutzanzug) sind zu fixieren (z.B. mit geeignetem Klebeband).
Grundsätzlich wird unterschieden zwischen PSa bei der Erkundung und der Menschenrettung als Maßnahmen im Rahmen des ersten Zugriffs bzw. bei Tätigkeiten mit hohem Infektions- bzw. Kontaminationsrisiko (entspricht Nummer 4.6 Tätigkeiten mit hohem Risiko) und PSa für alle anderen Tätigkeiten im Gefahrenbereich im Anschluss an die Maßnahmen des ersten Zugriffs bzw. bei Tätigkeiten mit noch bestehendem Infektions- bzw. Kontaminationsrisiko (siehe Nummer 4.7 Tätigkeiten mit Risiko).
5.7.1 PSa bei Tätigkeiten mit hohem Risiko
5.7.2 PSa für Tätigkeiten mit Risiko
6 Patiententransport
6.1 Allgemeines
Verletzte und möglicherweise kontaminierte Personen sind, sofern die Möglichkeit besteht, dass eine Infektion mit einem biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 4 stattgefunden hat, zur Behandlung und weiteren Beobachtung nach erfolgter Erstbehandlung und Dekontamination an zuständige Behandlungszentren (Sonderisolierstationen) oder entsprechende von der zuständigen Gesundheitsbehörde benannte Ersatzeinrichtungen zu transportieren. Der Transport erfolgt durch den Rettungsdienst bzw. andere Einheiten, sofern aus Kapazitätsgründen erforderlich.
6.2 Persönliche Schutzausrüstungen (PSA)
Beim Transport bzw. der Versorgung ansteckungsverdächtiger Personen nach Nummer 3.7 können, sofern der Patient dekontaminiert wurde, partikelfiltrierende Halbmasken FFP3 vorzugsweise mit Ausatemventil evtl. in Verbindung mit Augenschutz und Schutzanzüge der Kategorie III, Typ 4B verwendet werden.
Ist jedoch mit einer erhöhten Ansteckungsgefahr durch den Patienten zu rechnen (z.B. beim Transport bereits erkrankter Personen) ist - je nach Risikobewertung - ggf. zusätzliche persönliche Schutzausrüstung einzusetzen.
6.3 Weitere Maßnahmen
Darüber hinaus sind folgende Vorkehrungen zu treffen bzw. Maßnahmen zu ergreifen:
7 Arbeitsmedizinische Vorsorge
Für den Bereich der arbeitsmedizinischen Vorsorge gilt die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge vom 18. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2768), die im Anhang Teil 2 Anlässe für Pflicht- und Angebotsuntersuchungen enthält, in der jeweils geltenden Fassung.
Probenverpackung und -transport | Anhang 1 |
Beim Transport auf Straße, Schiene, Wasser und in der Luft sind die Vorschriften des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), die International Air Transport Association Dangerous Goods Regulations (IATA-DGR) sowie die einschlägigen nationalen Vorschriften zum Transport gefährlicher Güter zu beachten. Die Probe muss so verpackt und gekennzeichnet sein, dass es zu keiner Gefährdung von Personen, die im weiteren Tätigkeitsverlauf mit ihr Umgang haben, und der Umwelt kommt.
Die Verpackungen sind mit dem Symbol für Biogefährdung (Abb. 3) und mit der Bezeichnung für die Art der Probe, z.B. Bodenprobe, Probe aus Briefumschlag, zu kennzeichnen. Es ist ein vollständig ausgefüllter Probenbegleitschein bzw. Untersuchungsantrag auszufüllen.
Die ADR verlangt zu Gefahrgut der Klasse 6.2 "Ansteckungsgefährliche Stoffe der Kategorie A" folgende Transportverpackung (Verpackungsvorschrift P620, siehe Abb. 4).
Die Verpackungen müssen dicht sein und ihr Äußeres darf keine Anhaftungen aufweisen. Die Verpackung muss mindestens aus einem wasserdichten Primärgefäß (eigentliches Probengefäß), einem wasserdichten Sekundärgefäß (dieses wird nicht in den Gefahrenbereich mitgenommen) und sofern erforderlich (weil z.B. die Sekundärverpackung nicht formstabil ist) einer ausreichend stabilen Außenverpackung bestehen. Bei flüssigem Probenmaterial muss zwischen Primärgefäß und Sekundärgefäß ausreichend saugfähiges Material vorhanden sein. Die Verpackung muss nach Richtlinien der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) getestet sein und Belastungen wie Temperatur-, Feuchtigkeits- und Druckänderungen standhalten. Als Sekundärverpackungen eignen sich z.B. Kunststoffbehälter (z.B. Polyethylen) und als Außenverpackung Pappkartons.
Abb. 4: Beispiel für eine Verpackung nach P620
Die Transportaußenverpackung ist mit dem Gefahrzettel der Klasse 6.2 zu kennzeichnen. Er enthält das Symbol für Biogefährdung nach Biostoffverordnung, die UN-Nummer 2814, ansteckungsgefährlicher Stoff, gefährlich für den Menschen (humanpathogen) und die Bezeichnung für die Art der Probe (z.B. Probe mit ansteckungsgefährlichen Stoffen bzw. Probe mit Verdacht auf ansteckungsgefährliche Stoffe, siehe Abb. 4).
Die Kennzeichnung muss gut sichtbar und lesbar sein sowie der Witterung standhalten.
Im Beförderungspapier sollte die Bezeichnung für die Art der Probe entsprechend der Kennzeichnung auf der Außenverpackung vermerkt sein.
Weitergehende Beschreibungen sind den jeweils gültigen Beförderungsvorschriften zu entnehmen.
Lebende infizierte Tiere dürfen nur nach den einschlägigen Regelungen für Tiertransporte unter Berücksichtigung seuchenrechtlicher und tierseuchenrechtlicher Bestimmungen befördert werden.
Da im Falle biologischer Gefahrenlagen die Infektiosität und Toxizität der genommenen Proben in der Regel nicht bekannt sind, sollte der Transport im Wesentlichen den Vorschriften der ADR zu Gefahrgut der Klasse 6.2 (ansteckungsgefährliche Stoffe) bzw. sonstiger Regelungen je nach eingesetztem Transportmittel (z.B. IATA-DGR) i. d. R. entsprechend der UN-Nummer 2814 erfolgen.
Fachkunde | Anhang 2 |
1. Zielsetzung
Für den Einsatz in biologischen Gefahrenlagen sind spezielle Kenntnisse unabdingbar. Zur Vermittlung der Fachkunde sind in der Regel spezielle Lehrgänge erforderlich. Die Teilnehmer sollen nach Ablauf des Lehrgangs befähigt sein, folgende Tätigkeiten in Ergänzung zu seiner jeweiligen Fachaufgabe umfassend und sicher durchzuführen:
Um diese Aufgaben durchführen zu können, müssen den Teilnehmern Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Einstellungen gegenüber "Biologischen Gefahrenlagen" vermittelt werden.
2. Umfang
Es kommt darauf an, dass der Lehrgangsteilnehmer - die rechtlichen Grundlagen kennt,
3. Vermittlung
Die Stoffvermittlung soll in Form von Unterricht und praktischen Übungen erfolgen. Durch handlungsorientierte Ausbildung sind Einzelqualifikationen wie Umsicht, Zuverlässigkeit, Fachwissen, Aufmerksamkeit, Einschätzen der Auswirkungen der Arbeit sowie die Auswertung und Bewertung von Informationen auszuprägen und zu festigen.
Die mit der Fachkunde erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten sind durch regelmäßige, mindestens einmal jährlich durchzuführende Schulungen aufzufrischen und zu trainieren.
Aus- und Fortbildung im Sinne der aktuellen Regeln der Feuerwehrdienstvorschrift 500 sind als gleichwertig anzusehen.
Labordiagnostische Untersuchung von Verdachtsproben | Anhang 3 13 |
Die in Deutschland auf die Diagnostik biologischer Verdachtsproben spezialisierten Einrichtungen sollen in einer Gefahrenlage eng mit den zuständigen Behörden und Einsatzkräften zusammen arbeiten. Sie haben die aktuelle Risikobewertung potenzieller biologischer Agenzien zu berücksichtigen.
Die Orientierungsuntersuchungen werden in der Regel auf der Grundlage des von Sicherheitsbehörden und Fachexperten ermittelten möglichen Agenzienspektrums1 durchgeführt. Das gesamte ermittelte Agenzienspektrum sollte auch dann in die Diagnostik einbezogen werden, wenn Anhaltspunkte, z.B. durch beiliegende Drohschreiben, für die Ausbringung eines oder mehrerer definierter biologischer Agenzien vorliegen. Daraus ergibt sich für solche Untersuchungen ein breites diagnostisches und methodisches Spektrum. Kann bei konkreten Erkenntnissen oder einer Havarie einer biologischen Anlage ein Verdacht eingegrenzt werden, reichen primär gezielte Nachweisverfahren aus. In diesem Fall ist die Zuordnung der biologischen Agenzien in Risikogruppen (TRBa 460, 462, 464, 466) vorzunehmen und in Folge sind die daraus resultierenden Arbeitsschutzmaßnahmen zu ergreifen (TRBa 100).
Im Rahmen der diagnostischen Orientierungsuntersuchung positiv befundene Proben und Isolate sind zur Bestätigung des Befundes unverzüglich an ein Referenz- bzw. Konsiliarlabor abzugeben, es sei denn, diese Laboratorien haben den Befund selbst erhoben. Da ein positiver Befund allerdings mit weitreichenden Konsequenzen verbunden ist, ist eine zusätzliche Bestätigung durch ein weiteres spezialisiertes Labor anzustreben. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten zuverlässig sind und über die speziellen Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen, die für die Durchführung der mikrobiologischen Diagnostik erforderlich sind. Um Missbrauch zu verhindern, müssen Verdachtsproben sicher aufbewahrt werden.
Gefährdungsbeurteilung und Schutzstufenzuordnung
Bei Verdacht einer biologischen Gefahrenlage ist die Erstbeurteilung maßgeblich. Sie wird durch die Einsatzkräfte durchgeführt und ist Grundlage für die Abschätzung des Risikos einer Kontamination mit biologischen Agenzien und die anschließende Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung.
Dabei sollte nach folgendem Schema vorgegangen werden:
Orientierungsuntersuchung bei geringem/unwahrscheinlichem Risiko
Ergibt die Risikoabschätzung, dass das Vorhandensein biologischer Agenzien unwahrscheinlich oder aufgrund der Begleitumstände nahezu auszuschließen ist, können diagnostische Orientierungsuntersuchungen, z.B. zur Bestätigung des Ausschlusses biologischer Agenzien, in Laboratorien der Schutzstufe 2 durchgeführt werden. Führen die Ergebnisse zu einer geänderten Einschätzung (hohes Risiko der Kontamination), ist dementsprechend zu verfahren.
Orientierungsuntersuchung bei hohem Risiko
Ergibt die Risikoabschätzung den begründeten Verdacht auf eine biologische Gefahrenlage, jedoch ohne konkrete Hinweise auf die Spezies oder Natur der biologischen Agenzien, müssen die Orientierungsuntersuchungen mindestens in einem Laboratorium der Schutzstufe 3 erfolgen.
Ergibt sich aus der Risikoabschätzung (z.B. aufgrund der Ergebnisse von Schnelltests vor Ort oder weiterer Indizien) eine hohe Wahrscheinlichkeit oder ein konkreter Verdacht für das Vorhandensein definierter biologischer Agenzien, gilt Folgendes:
Weiterführende Diagnostik
Für gezielte Tätigkeiten im Rahmen der weiterführenden Diagnostik ist die TRBa 100 zu beachten.
Schutzmaßnahmen
Die Schutzmaßnahmen müssen grundsätzlich der BioStoffV und dem in der TRBa 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" für die jeweilige Schutzstufe beschriebenen Stand der Technik entsprechen. Es ist sicherzustellen, dass die Beschäftigten über die speziellen Fachkenntnisse und Erfahrungen verfügen, die für die sachgerechte Durchführung der mikrobiologischen Diagnostik erforderlich sind.
In Abhängigkeit von der Beschaffenheit des Probenmaterials sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung bei Bedarf zusätzliche Schutzmaßnahmen festzulegen. Finden beispielsweise schneidende Tätigkeiten statt (z.B. bei Gewebsproben) kann das Tragen von Handschuhen aus schnitthemmender Faser über den normalen Schutzhandschuhen notwendig sein.
Die Bearbeitung pulverförmiger verstäubbarer Proben stellt eine besondere Gefährdung für die Beschäftigten dar, da sie leicht und über den Luftweg aufgenommen werden können und zu einer Kontamination der Umgebung führen können. Diese sollten deshalb - in Abhängigkeit von den sich anschließenden Probenaufarbeitungs- und Untersuchungsverfahren - schnellstmöglich in entsprechende Flüssigkeitsaliquots aufgenommen werden. Beim Umgang mit pulverförmigen Proben sollten die im folgenden Absatz beschriebenen besonderen Schutzmaßnahmen ergriffen werden.
Besondere Schutzmaßnahmen bei der Untersuchung pulverförmiger Proben
Verdächtige Briefsendungen oder sonstige verdächtige Verpackungen können u. a. pulverförmige Substanzen enthalten bzw. mit diesen kontaminiert sein. Je nach Risikoabschätzung erfolgt die orientierende Untersuchung pulverförmiger Verdachtsproben in der Schutzstufe 3 bei hohem angenommenem Risiko oder in der Schutzstufe 2 bei gering eingeschätztem bzw. unwahrscheinlichem Risiko (siehe Schema). Deswegen gelten für die Untersuchungen pulverförmiger Verdachtsproben folgende zusätzliche Schutzmaßnahmen, wenn nicht bereits durch die Schutzstufe höhere Anforderungen an die Schutzmaßnahmen gestellt werden:
Für die Persönliche Schutzausrüstung in Laboratorien der Schutzstufe 2 und 3 gilt für diese Arbeiten Folgendes:
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1) Dieses Spektrum unterliegt ständiger Aktualisierung und umfasst biologische Arbeitsstoffe und Toxine biologischen Ursprungs.
8 Literatur
Hinweis: Die Literaturangaben enthalten Links auf Fundstellen im Internet, da die entsprechenden Seiten geändert werden können, kann für die Links keine Gewähr übernommen werden.
1. Gesetze, Verordnungen, Technische Regeln
Biostoffverordnung, siehe auch mit zugehörigen Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA), insbesondere folgende
ArbMedVV - Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, vom 18. Dezember 2008 (BGBl I S. 2768)
ASR A1.3 - Technische Regel für Arbeitsstätten, "Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung",
GGBefG - Gefahrgutbeförderungsgesetz - Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter
GGVSEB - Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt - Verordnung über die innerstaatliche und grenzüberschreitende Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße, mit Eisenbahnen und auf Binnengewässern
ArbSchG - Arbeitsschutzgesetz - Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit,
IfSG - Infektionsschutzgesetz - Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen
Gesetz zu den Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) ( IGV)
2. Sonstige Veröffentlichungen national (Deutschland)
Feuerwehrdienstvorschrift (FwDV) 500 "Einheiten im ABC - Einsatz, Stand August 2004; Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung (AFKzV),
Rahmenkonzept zur Dekontamination verletzter Personen der Bund-Länder-Arbeitsgruppe, Endfassung September 2006, Hrsg. Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe:
http://www.bbk.bund.de/Shared Docs/Downloads/BBK/DE/Downloads/GesBevS/Rahmenkonzept_DekonV.html
Handbuch "Biologische Gefahren I" (3. Auflage), Herausgeber Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Robert Koch-Institut, Bezugsquelle:
http://www. bbk.bund.de/Shared Docs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Publikationen Forschung/BioGef-I_3Auflage.html
Handbuch "Biologische Gefahren II" (1. Auflage), Herausgeber Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Robert Koch-Institut, Bezugsquelle:
http://www. bbk.bund.de/Shared Docs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Publikationen Forschung/BioGefahren-II-MedVers.html
Ständige Konferenz für Katastrophenvorsorge und Bevölkerungsschutz (SKK) SKK DV 500 "Richtlinie für Rettungs-, Sanitäts- und Betreuungsaufgaben im CBRN/ABC-Einsatz", Dezember 2008
Verpackungsanweisung P620 Beförderung ansteckungsgefährlicher Tierkörper und Stoffe, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM),
Empfehlungen für die Probenahme zur Gefahrenabwehr im Bevölkerungsschutz, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, 2010. http://www.bbk.bund.de/ Shared Docs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Publikationen Forschung/FiB_Band5.html
Maßnahmen bei Todesfall an gemeingefährlichen Infektionserregern, W. Eisenmenger, R. Gillich, P. Graf, S. Ippisch, A. Nerlich, A. Riepertinger in Handbuch "Biologische Gefahren I" (3. Auflage), Herausgeber Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Robert Koch-Institut, Bezugsquelle:
http://www.bbk.bund.de/Shared Docs/Downloads/BBK/DE/Publikationen/Publikationen Forschung/BioGef-I_3Auflage.pdf?__blob=publication File
Desinfektionsmittelliste des RKI (Robert Koch-Institut)
http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Desinfektionsmittel/desinfektionsmittel_node.html
Desinfektionsmittelliste des VAH (Verbund für angewandte Hygiene), Bezug über mhp Verlag GmbH, http://vah.dataroom.de/
Desinfektionsmittelliste der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) e.V., http://www.dvg.net/index.php?id=145
3. Sonstige Veröffentlichungen europäisch
Technical guidance on generic preparedness planning - interim document European Commission, April 2005, Annex 7, EU list of high threat pathogens,
http://ec.europa.eu/health/ph_threats/Bioterrorism/keydo_bio_01_en.pdf
Guidance document on use of medicinal products for treatment and prophylaxis of biological agents that might be used as weapons of bioterrorism, European Medicines Agency (EMEA)/Committee for Proprietary Medicinal Products (CPMP), http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Regulatory_and_p rocedural_guideli - ne/2010/01/WC500049399.pdf
Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße ( ADR)
4. Internationale Übereinkommen
International Air Transport Association (IATA) http:// www.iata.org/worldwide/europe/germany/Pages/index. aspx; http://www.iata.org/ps/publications/dgr/Pages/manuals.aspx
International Air Transport Association (ICAO) http:// www.icao.int/anb/fls/dangerousgoods/
5. Sonstige Veröffentlichungen außereuropäisch
centers for Disease Control and Prevention (CDC), Bioterrorism, Agents/Diseases by category, http://www.bt.cdc. gov/agent/agentlistcategory.asp
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(Stand: 24.07.2023)
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