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Regelwerk

Empfehlung für die Haltung von Fischen in Aquakultur
Ständiger Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen (T-AP)

Vom 25. Juli 2006
(BAnz. Nr. 161 vom 26.08.2006 S. 5929)


siehe Fn. **, 1

Präambel

  1. Der Ständige Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen;
  2. im Hinblick auf seine Verpflichtung nach Artikel 9 des Übereinkommens, Empfehlungen an die Vertragsparteien auszuarbeiten und anzunehmen, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse für die verschiedenen Tierarten eingehende Bestimmungen für die Anwendung der in Kapitel I des Übereinkommens dargelegten Grundsätze enthalten;
  3. ferner in Anbetracht der bestehenden Praxis bei der Anwendung der in den Artikeln 3 bis 7 des Übereinkommens dargelegten Tierschutzgrundsätze;
  4. in dem Bewusstsein, dass die Grundvoraussetzungen für das Wohlbefinden, einschließlich der Gesundheit der Fische in Aquakultur, eine gute Betreuung, Haltungsmethoden, die den biologischen Merkmalen der Tiere entsprechen, sowie eine geeignete Umwelt sind, so dass die Bedingungen, unter denen Fische in Aquakultur gehalten werden, ihren Bedürfnissen entsprechen;
  5. besorgt angesichts der Möglichkeit, dass die Ergebnisse von Entwicklungen bei der Züchtung und Biotechnologie das Wohlbefinden von Fischen in Aquakultur weiter beeinflussen können und in der Erkenntnis, dass es erforderlich ist sicherzustellen, dass diese Entwicklungen ihr Wohlbefinden, einschließlich ihrer Gesundheit, nicht beeinträchtigen;
  6. unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es zu den Pflichten des Ausschusses gehört, jede Empfehlung erneut zu prüfen, wenn relevante neue Erkenntnisse vorliegen, und daher von dem Wunsch geleitet, die Fortsetzung der Forschung durch alle Vertragsparteien zu fördern mit dem Ziel, die neuen Techniken optimal einzusetzen, um den Bedürfnissen der Fische in Aquakultur gerecht zu werden und dadurch ein gutes Wohlbefinden, einschließlich Tiergesundheit, zu erreichen;
  7. in Anbetracht dessen, dass aus der Sicht feststehender Erfahrungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse über die biologischen Bedürfnisse von Fischen einige derzeit angewandte Methoden in der kommerziellen Haltung und Schlachtung nicht allen Bedürfnissen gerecht werden könnten und somit ein schlechtes Wohlbefinden ergeben;
  8. in dem Bewusstsein, dass die Umgebung und das Management den biologischen Bedürfnissen der Tiere entsprechen müssen;
  9. daher in Anbetracht dessen, dass ernsthafte und ständige Anstrengungen unternommen werden müssen, um die vorhandenen Systeme und Methoden anzupassen und zufriedenstellende neue Haltungssysteme und Methoden gemäß des Übereinkommens zu entwickeln, damit den Bedürfnissen der Tiere Rechnung getragen werden kann;
  10. in Kenntnis dessen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen auf die Notwendigkeit einer Empfehlung für die Haltung von Fischen in Aquakultur hindeuten;

hat folgende Empfehlung für die Haltung von Fischen in Aquakultur angenommen:

Biologische Merkmale von Fischen

Allgemeine biologische Merkmale von Fischen

  1. Die folgenden allgemeinen biologischen Merkmale von Fischen sind bei der Prüfung von Haltungsverfahren zu berücksichtigen:
  2. Langanhaltende belastende Ereignisse, eine schlechte Wasser- und Futterqualität sowie Verhaltensprobleme können das Immunsystem schwächen und die Fortpflanzung und das Wachstum stören.
  3. Fische reagieren auf die Umgebung. Diese Eigenschaft ist nützlich, um das Leben der Fische zu erhalten und die biologische Leistungsfähigkeit des Einzeltieres zu maximieren.

Allgemeine Bestimmungen

Artikel 1

  1. Diese Empfehlung findet Anwendung auf in Aquakultur gehaltene Fische, die Wirbeltiere sind (im Folgenden als "Fische" bezeichnet).
  2. Besondere Bestimmungen, die in den Anhängen zu dieser Empfehlung enthalten sind, sind fester Bestandteil der Empfehlung.

Artikel 2

Die biologischen Merkmale von Fischen sind bei der Prüfung der Haltungsmethoden zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu betonen, dass es bei den Fischen erhebliche zwischenartliche Unterschiede im Hinblick auf die Anforderungen an Wasserqualität, Sozialverhalten und Ausgestaltung der Umgebung gibt.

Alle in Aquakultur gehaltenen Fischarten, einschließlich neuer Arten und bereits gezüchteter Arten, die nicht in den artspezifischen Anhängen dieser Empfehlung aufgeführt sind, müssen ohne schädliche Einflüsse auf ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit gezüchtet werden. Hierbei sind ihre biologischen Merkmale, die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Erfahrungen sowie das verwendete Haltungssystem zu berücksichtigen.

Betreuung und Inspektion

Artikel 3

  1. Jede Person, der Fische in Aquakultur gehören oder die Fische in Aquakultur hält (im Folgenden als "Tierhalter" bezeichnet) und jede Person, die mit der Haltung von Fischen in Aquakultur zu tun hat, muss gemäß ihren Aufgaben sicherstellen, dass alles getan wird, um das Wohlbefinden und die Gesundheit dieser Fische zu schützen.
  2. Für die mit der Fischhaltung befassten Personen werden ein beträchtlicher Ausbildungszeitraum gemäß den Aufgaben, einschließlich praktischer Erfahrungen, sowie Fortbildung für notwendig gehalten.
  3. Ein System sollte von der zuständigen Behörde in Betracht gezogen werden, nach dem zumindest für den Tierhalter ein anerkannter Befähigungsnachweis ausgestellt werden kann.
  4. Die Fische in Aquakultur müssen von ausreichend viel Personal versorgt werden, das über eine angemessene Ausbildung und Erfahrung im Hinblick auf die Fische und das Haltungssystem verfügt, um
    1. feststellen zu können, ob sich die Fische in einem guten Gesundheitszustand befinden;
    2. die Bedeutung von Verhaltensänderungen feststellen zu können;
    3. erkennen zu können, ob die gesamte Umgebung für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Fische geeignet ist.
  5. Fische dürfen nur in Übereinstimmung mit Artikel 14 und nur durch fachkundiges und geübtes Personal, das unter der direkten Aufsicht des Tierhalters steht, gefangen und gehandhabt werden.
  6. Die Anzahl der Fische und Aquakultureinheiten (Anlagen, die sich auf demselben Gelände befinden, wie z.B. Teichanlagen, Netzkäfige usw.) soll derart sein, dass der Tierhalter unter normalen Umständen eine geeignete Betreuung der Tiere sicherstellen kann, um ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit zu gewährleisten.

Artikel 4

Fische in Aquakultur dürfen nicht für öffentliche Veranstaltungen oder Vorführungen verwendet werden, wenn dies ihrem Wohlbefinden und ihrer Gesundheit schaden kann.

Artikel 5

  1. Anlagen, in denen Fische gehalten werden, müssen mindestens einmal täglich gründlich kontrolliert werden, vorzugsweise häufiger, sofern diese häufige Kontrolle nicht auf Grund von schlechtem Wetter oder wegen der besonderen Merkmale bestimmter extensiver Haltungssysteme unmöglich ist. Die Kontrollen sollten so erfolgen, dass die Fische möglichst wenig gestört werden.
  2. Bei der gründlichen Kontrolle ist den Faktoren, die sich nachteilig auf das Wohlbefinden der Fische auswirken, sowie Anzeichen von anormalem Verhalten, Verletzungen, schlechtem Gesundheitszustand oder erhöhter Sterblichkeit besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
  3. Bei Fischen, die anormales Verhalten aufweisen, verletzt oder krank sind oder wenn eine erhöhte Sterblichkeit beobachtet wird, muss die für die Tiere verantwortliche Person unverzüglich Schritte zur Ermittlung der Ursache ergreifen und geeignete Abhilfemaßnahmen einleiten, falls erforderlich unter Hinzuziehung eines Veterinärs oder einer anderen sachkundigen Person.
    Sollten diese Maßnahmen eine genaue Untersuchung der Fische erfordern, müssen die Tiere gemäß Artikel 14 behandelt werden.
    Wenn Fische getötet werden müssen, hat dies tierschutzgerecht gemäß Artikel 19 zu erfolgen.
  4. Alle toten oder sterbenden Fische müssen sobald wie möglich auf eine Weise beseitigt werden, dass das Wohlbefinden der verbleibenden Fische nicht beeinträchtigt wird.
  5. Die Wasserqualität (zumindest Trübheit, Sauerstoff, Temperatur, pH-Wert und Salzgehalt) ist zu prüfen, je nach dem zu prüfenden Parameter entweder visuell oder mit einem hierfür geeigneten technischen Gerät. Diese Kontrolle sollte so oft erfolgen, wie es für die betreffende Art und das verwendete Haltungssystem angemessen ist, um ein schlechtes Wohlbefinden und eine schlechte Gesundheit der Fische zu vermeiden.

Anlagen, Gebäude und Ausrüstungsgegenstände

Artikel 6

  1. Bei der Planung neuer oder bei einer Veränderung bestehender Anlagen für Fische in Aquakultur sollte sachkundiger Rat in Bezug auf Gesundheit und sonstiges Wohlbefinden der Tiere eingeholt werden.
  2. Neue Haltungsmethoden und neue Konzepte für die Gestaltung von Einrichtungen und Anlagen für Fische sollten unter dem Aspekt des Wohlbefindens und der Gesundheit der Fische eingehend und objektiv geprüft werden. Wenn Prüfungen durchgeführt werden, dürfen die Methoden erst dann Eingang in die gewerbliche Nutzung finden, wenn sie gemäß einem von der zuständigen Behörde festgelegten Verfahren für zufriedenstellend befunden worden sind.

Artikel 7

  1. Wenn das Wohlbefinden, einschließlich der Gesundheit der Fische, von automatischen oder sonstigen mechanischen Systemen abhängt, müssen wirksame Alarmsysteme installiert sein. Gegebenenfalls sind Bereitschaftssysteme zu installieren, um das Wohlbefinden der Fische, einschließlich ihrer Gesundheit, im Falle eines möglichen Strom- oder Geräteausfalls sicherzustellen.
  2. Die Standorte sollen sorgfältig ausgewählt und eingerichtet werden, um
  3. Die Standorte für seegestützte Anlagen sind so auszuwählen, dass den Fischen bei schwerem Seegang kein erheblicher Schaden zugefügt wird.

Artikel 8

  1. Die Planung, Konstruktion und Wartung von Anlagen, Gebäuden und Ausrüstungsgegenständen für Fische in Aquakultur müssen dergestalt sein, dass sie
    1. die Befriedigung der wesentlichen biologischen Bedürfnisse und die Erhaltung eines guten Wohlbefindens, einschließlich einer guten Gesundheit, ermöglichen;
    2. die Haltung der Fische erleichtern;
    3. die Gefahr von Verletzungen und Stress auf ein Mindestmaß reduzieren;
    4. keine scharfen Kanten, Unebenheiten und Materialien aufweisen, welche die Fische verletzen könnten;
    5. eine gründliche Kontrolle der Fische gemäß Artikel 5 ermöglichen;
    6. sich für die Wetterbedingungen und Umgebung eignen, in der sie genutzt werden;
    7. die Gefahr des Entweichens von in Aquakultur gehaltenen Fischen und des Eindringens von Wildfischen gering halten;
    8. die Verhütung und Behandlung von Krankheiten ermöglichen, insbesondere durch Reinigung und Desinfektion oder vorübergehende Stilllegung, falls dies möglich ist;
    9. entsprechend den Bedürfnissen der Fische und Systeme eine einfache Aufrechterhaltung guter Hygienebedingungen und guter Wasserqualität ermöglichen. Hierzu gehört auch die Abfallentsorgung.
  2. Die Gebäude, Ausrüstungsgegenstände und Haltungseinheiten müssen möglichst so konstruiert und gewartet werden, dass sie den Fischen Schutz vor Prädatoren bieten.
  3. Es sollte ein für das Haltungssystem geeignetes Verfahren für die Entfernung von toten und sterbenden Fischen geben.
  4. Fütterungsanlagen sind so zu planen, zu bauen, anzubringen und zu warten, dass
  5. Die für die Größensortierung, Netzfischerei und mechanische Umsetzung der Fische im Betrieb verwendeten Ausrüstungsgegenstände sollten so konstruiert sein, dass sich die Fische während ihres Einsatzes nicht verletzen.
    Werden Netze für den Umgang mit Fischen verwendet, sollen sie die Fische möglichst nicht verletzen. Die Maschenweite sollte der Größe der Fische angemessen sein, um zu verhindern, dass sich die Fische im Netz verfangen.

Management

Artikel 9

  1. Maßnahmen sind zu ergreifen, um Stress, Aggression und Kannibalismus auf ein Mindestmaß zu beschränken. Da die Fische unterschiedlich schnell wachsen, sollten sie gegebenenfalls je nach Größe voneinander getrennt werden. Eine Sortierung nach Größe sollte mit möglichst wenig Handhabung verbunden sein und möglichst wenig Stress verursachen.
  2. Die Besatzdichte ist gemäß den folgenden Kriterien anzupassen:
  3. Die Besatzdichte sollte auf Kenntnissen der Wasserqualitätsparameter und sonstiger lokaler Haltungsbedingungen, der Physiologie der Fische sowie auf Indikatoren des Wohlbefindens und der Gesundheit der Tiere beruhen, wie z.B. Verhalten, Stressniveau, Verletzungen, Appetit, Wachstum, Sterblichkeit und Krankheit.
  4. Die Anlagen sollten regelmäßig gereinigt und, falls möglich, vorübergehend stillgelegt werden, um die Gefahr der Akkumulation von Krankheitserregern zu mindern, welche die Fische schädigen oder Krankheiten verursachen können und um zu verhindern, dass eine Krankheit von einer Produktionsgruppe auf eine andere übertragen wird.
  5. Mit Ausnahme von Substanzen für therapeutische oder prophylaktische Zwecke darf keine andere Substanz einem Tier verabreicht werden, es sei denn, wissenschaftliche Erkenntnisse oder langjährige Erfahrung haben gezeigt, dass diese Substanz keine schädliche Auswirkung auf das Wohlbefinden, einschließlich der Gesundheit, des Tieres hat.
  6. Der routinemäßige Einsatz von Medikamenten als Teil des Managements zum Ausgleich schlechter Hygienebedingungen oder Haltungsmethoden oder um Anzeichen von schlechtem Wohlbefinden zu verdecken, wie z.B. Schmerzen oder Leiden, ist nicht zulässig.

Artikel 10

Wenn das Wohlbefinden, einschließlich der Gesundheit der Fische, von automatischen oder sonstigen mechanischen Systemen abhängt, sind diese mindestens einmal am Tag zu inspizieren. Werden Mängel festgestellt, müssen diese sofort behoben werden oder es müssen - falls dies nicht möglich ist (z.B. bei schwerem Seegang) - andere geeignete Maßnahmen zur Gewährleistung von Gesundheit und Wohlbefinden der Fische getroffen werden, bis der Fehler behoben werden kann.

Artikel 11

  1. Alle Fische müssen entsprechend ihren physiologischen Bedürfnissen Zugang zu einer angemessenen Menge an nahrhaftem, ausgewogenem und hygienisch einwandfreiem Futter haben. Das Futter sollte so verteilt werden, dass starke Auseinandersetzungen zwischen den Fischen vermieden werden.
  2. Vor bestimmten Haltungsverfahren, Transport, Schlachtung oder aus therapeutischen Gründen sollen die Fische nicht gefüttert werden, um den Stoffwechsel sowie die Ausscheidung von Abfallprodukten zu reduzieren. Der Zeitraum des Futterentzugs vor bestimmten Haltungsverfahren oder der Schlachtung soll an die betreffende Fischart angepasst sein und die Umweltbedingungen, insbesondere die Temperatur, berücksichtigen. Auf jeden Fall soll dieser Zeitraum so kurz wie möglich sein. Artspezifische Informationen zum Futterentzug sind in den Anhängen aufgeführt.
  3. Die Fütterung der Fische, insbesondere der Brut und der Jungfische, soll überwacht werden.
  4. Plötzliche Änderungen der Futterart oder -menge ebenso wie der Fütterungsverfahren sind zu vermeiden, sofern es nicht für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Fische erforderlich ist. Fütterungsmethoden, welche den Fischen Schaden zufügen oder die Wasserqualität beeinträchtigen könnten, dürfen nicht verwendet werden.

Artikel 12

  1. Die sich auf die Wasserqualität auswirkenden Parameter, wie z.B. Sauerstoff, Ammoniak, CO2, pH-Wert, Temperatur, Salzgehalt und Wasserfluss, stehen in einer Wechselbeziehung zueinander. Veränderungen dieser Parameter werden sich auf die Wasserqualität auswirken und somit das Wohlbefinden der Fische beeinflussen. Die Wasserqualitätsparameter müssen stets innerhalb des akzeptablen Bereichs liegen, der die normale Bewegung und Physiologie einer bestimmten Art unterstützt, es sei denn, dass der Tierhalter bestimmte Parameter in Ausnahmesituationen nicht steuern kann, vorausgesetzt, dass der Standort der Anlage gemäß Artikel 7 ausgewählt wurde. Bei den Wasserqualitätsparametern ist auch zu berücksichtigen, dass die Bedürfnisse der einzelnen Arten je nach Entwicklungsstadium, z.B. Larven, Jungfische, erwachsene Fische, oder entsprechend dem physiologischen Zustand, z.B. Metamorphose oder Ablaichen, variieren können. Artspezifische Wasserqualitätsparameter sind in den Anhängen aufgeführt. In Kreislaufanlagen sollte der Kontrolle und Sicherung der Wasserqualität besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.
  2. Fische können sich unterschiedlich gut an wechselnde Wasserqualitätsbedingungen anpassen. Ein gewisses Maß an Eingewöhnung kann erforderlich sein und sollte solange ermöglicht werden, wie es für die betreffende Fischart geeignet ist. Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um plötzliche Änderungen in den verschiedenen Parametern, die sich auf die Wasserqualität auswirken, zu vermeiden.
  3. Die Sauerstoffkonzentration sollte für die Fischart und das Umfeld, in dem diese gehalten werden, angepasst sein. Sie wird abhängig von abiotischen Faktoren (Temperatur, Salzgehalt, Luftdruck, Kohlendioxidgehalt usw.) variieren und wird von den Haltungsverfahren (Fütterung, Handhabung usw.) beeinflusst. In Teichen sollte der Sauerstoffgehalt bei hoher Besatzdichte und warmem Wasser genau beobachtet werden. In Kreislaufanlagen sollte die Sauerstoffkonzentration kontinuierlich durch ein System überwacht werden, das den für die Fische verfügbaren Sauerstoff genau anzeigt. Ein Alarmsystem sollte vorhanden sein. Der Sauerstoffgehalt kann auf verschiedene Art und Weise angehoben werden, wie z.B. durch Belüftung, direkten Eintrag von reinem Sauerstoff, erhöhten Durchfluss oder Senkung der Temperatur.
  4. Ammoniak und Nitrit sind für Fische sehr giftig, weshalb ihre Anreicherung auf schädliche Konzentrationen vermieden werden sollte. Die giftige Form von Ammoniak ist nichtionisiertes Ammoniak, wobei der nichtionisierte Anteil am gesamten Ammoniak-Stickstoffgehalt vom pH-Wert, der Salinität und der Temperatur abhängt. Die Anreicherung von Ammoniak und Nitrit kann je nach Haltungssystem auf verschiedene Art und Weise vermieden werden, z.B. durch eine erhöhte Fließgeschwindigkeit, weniger Futter, Biofiltration, geringere Besatzdichte oder niedrigere Temperatur.
  5. Kohlendioxid wird von den Fischen durch die Atmung gebildet, löst sich im Wasser, bildet dort Kohlensäure und reduziert dadurch den pH-Wert. Der Kohlendioxidgehalt kann vom Stoffwechsel der Pflanzen und Bakterien sowie von der Temperatur, dem Salzgehalt und der Alkalinität des Wassers beeinflusst werden. Eine Anreicherung von Kohlendioxid auf eine schädliche Konzentration ist zu vermeiden, z.B. durch die Verwendung von Belüftungssystemen oder mit chemischen Mitteln, je nach dem verwendeten Haltungssystem.
  6. Der pH-Wert hängt von vielen Faktoren der Wasserqualität ab, unter anderem dem Gehalt an Huminsäuren, an CO2 und an gelösten Calciumsalzen. Der pH-Wert sollte soweit wie möglich konstant gehalten werden, da jede Veränderung des pH-Wertes komplexe Veränderungen der Wasserqualität verursacht, welche die Fische schädigen könnten.
  7. Zufluss und Wasseraustausch sollten je nach dem verwendeten Haltungssystem eine für die Fische angemessene Wasserqualität sicherstellen, sobald anderen Faktoren, z.B. Temperatur und Besatzdichte, so Rechnung getragen wurde, dass die Ausscheidungs- und Stoffwechselprodukte unterhalb der giftigen Konzentration bleiben.

Artikel 13

  1. Bei der Zucht von Fischen in Aquakultur soll das Gewinnen von Rogen und Sperma (Abstreifen) von ausgebildeten und sachkundigen Personen durchgeführt werden.
  2. Zur Kontrolle der Fische vor der Laichgewinnung ist gegebenenfalls eine Betäubung erforderlich. Die Handhabung der Fische und die Anzahl der Sedierungen sollen auf ein Mindestmaß beschränkt werden, um Verletzungen und Stress zu reduzieren.
  3. Werden lebende Fische abgestreift oder gemolken, sollte eine Narkose oder Sedierung durchgeführt werden, wie für die jeweilige Art erforderlich.
  4. Wird Druckluft zur Unterstützung des Abstreif- und Melkvorgangs bei lebenden Fischen verwendet, müssen die Fische voll narkotisiert sein.
  5. Werden Keimdrüsen (Gonaden) von den Fischen entnommen, müssen die Tiere vor der Entnahme getötet werden.

Artikel 14

  1. Ist eine Handhabung der Fische erforderlich, sollte sie die hiervon betroffenen Fische und andere Fische nur geringfügig belasten oder stören und so kurz wie möglich andauern. Gegebenfalls ist eine Sedierung oder Narkose angebracht.
  2. Die für den Umgang mit Fischen verwendeten Verfahren und Ausrüstungsgegenstände sollten so gewartet und eingesetzt werden, dass Stress und Verletzungen auf ein Mindestmaß reduziert werden. Während des Umgangs sollte der Körper des Fisches ausreichend gestützt werden. Der Fisch sollte nicht an einzelnen Körperteilen hochgehoben werden, wie z.B. den Kiemendeckeln. Beim Umgang mit den Fischen sollten sie am besten im Wasser belassen werden (z.B. Größensortierung durch Maschinen, die Wasser entlang des Schwarms spülen). Müssen die Fische für den Umgang aus dem Wasser herausgenommen werden, muss dies in kürzestmöglicher Zeit erfolgen. Alle in direkten Kontakt mit den Fischen kommenden Geräte sollten zuvor angefeuchtet werden.
  3. Bei Verfahren, die mit Pumpen der Fische verbunden sind, sollte die Gefahr von Verletzungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Insbesondere sollte sichergestellt werden, dass Pumphöhe, -druck und -geschwindigkeit sowie die Fallhöhe der Fische nach Austritt aus der Pumpe diesem Ziel angepasst sind. Alle Gerätschaften müssen frei von rauen Oberflächen sein, die Verletzungen verursachen könnten.
  4. Werden die Fische zur Unterstützung ihrer Handhabung auf engem Raum zusammengeholt, sollten die Wasserqualität und insbesondere der Sauerstoffgehalt überwacht und innerhalb akzeptabler Grenzwerte gehalten werden. Der Zeitraum, in dem die Fische auf engem Raum zusammengeholt sind, sollte so kurz wie möglich sein. Sollten die Fische Anzeichen von übermäßigem Stress während des Zusammentreibens zeigen, müssen gegebenenfalls sofortige Maßnahmen ergriffen werden, z.B. indem den Fischen mehr Raum zur Verfügung gestellt oder zusätzlicher Sauerstoff zugeführt wird.
  5. Während des Umgangs mit Fischen in einer Anlage sollten die Wasserqualitätsparameter überwacht und innerhalb von Grenzwerten gehalten werden, die für die betreffenden Arten angemessen sind.
  6. Es ist nicht zulässig, lebende Fische auf dem fischhaltenden Betrieb in Eis zu packen.

Artikel 15

Für den Transport von Fischen innerhalb eines Betriebs gelten die folgenden Bestimmungen:

  1. Die Fische sind vor dem Transport zu untersuchen. Transportunfähige oder kranke Fische dürfen nicht transportiert werden. außer für therapeutische Zwecke. Fische, die während des Transports sterben, sind so schnell wie möglich von den lebenden Fischen zu trennen, sofern sich diese Maßnahme nicht nachteilig auf das Wohlbefinden der verbleibenden Fische auswirkt.
  2. Die Fische sind regelmäßig zu überwachen. Es ist unbedingt notwendig, das :
  3. Die für den Transport verwendete Ausrüstung ist gegebenenfalls zu reinigen und zu desinfizieren, um eine Weiterverbreitung von Krankheiten zu verhindern. Dies hat so zu erfolgen, dass den Fischen kein Schaden zugefügt wird.

Artikel 16

Im Interesse eines guten Managements soll die Verantwortung für die Führung von betrieblichen Aufzeichnungen beim Tierhalter liegen. Es sind Aufzeichnungen zu führen über Einzelheiten der Futterung, Anzahl und Gewicht der Fische, Besatzdichte, Wachstum und Wasserqualitätsmaßnahmen sowie über das Verbringen befruchteter Eier, Keimzellen, Fischbrut und lebender Fische das Gelände und heraus, aufgetretene Verluste der Fische, diagnostizierte Krankheiten und verabreichte Arzneimittel.

Änderung des Genotyps

Artikel 17

  1. Natürliche oder künstliche Zuchtverfahren, die den betreffenden Tieren tatsächlich oder wahrscheinlich Leiden oder Verletzungen zufügen, dürfen nicht durchgeführt werden. Kein Tier darf für Zuchtzwecke gehalten werden, sofern nicht vernünftigerweise auf Grund seines Phänotyps oder Genotyps zu erwarten ist, dass eine Haltung ohne Beeinträchtigung der Gesundheit oder des Wohlbefindens möglich ist.
  2. Bei Zuchtprogrammen soll nicht nur auf Produktionskriterien geachtet, sondern auch ein besonderes Augenmerk auf Kriterien gelegt werden, die zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Gesundheit der Fische beitragen. Deshalb soll die Erhaltung oder Entwicklung von Rassen oder Zuchtlinien von Fischen gefördert werden, bei denen Tierschutzprobleme begrenzt oder vermindert werden.

Änderung der äußeren Erscheinung

Artikel 18

  1. Im Sinne dieser Empfehlung bedeutet "Eingriff" ein Verfahren, das zu anderen als therapeutischen Zwecken durchgeführt wird und zur Schädigung oder zum Verlust eines reizempfindlichen Körperteils oder zur Veränderung der Knochenstruktur führt.
  2. Eingriffe an Fischen müssen verboten werden.
  3. Ungeachtet von Absatz 2 können Kennzeichnungsverfahren verwendet werden, aber nur, wenn die Beeinträchtigung der Fische dabei geringstmöglich ist.

Tötung im Notfall

Artikel 19

  1. Sind Fische krank oder so verletzt, dass eine Behandlung nicht mehr vernünftig möglich ist und ein Transport zusätzliches Leiden verursachen würde, müssen die Tiere unverzüglich vor Ort von einer in den Tötungsverfahren ordnungsgemäß ausgebildeten und erfahrenen Person getötet werden, außer im Notfall, wenn eine solche Person nicht unmittelbar verfügbar ist.
  2. Die Wahl des Verfahrens für die Tötung im Notfall hängt ab vom Haltungssystem, von der Art, Größe und Anzahl der zu tötenden Fische. Die Notwendigkeit einer schnellen Tötung einer großen Menge von Fischen aus Gründen der Krankheitsbekämpfung sollte auch in Betracht gezogen werden.

    Die angewandten Methoden müssen entweder

    1. zum sofortigen Tod führen oder
    2. den Fisch schnell unempfindlich für Schmerzen und Leiden machen, bis der Tod eintritt,
    3. oder zum Tod des narkotisierten oder effektiv betäubten Fisches führen.
  3. Die Wirksamkeit der Verfahrens für die Tötung im Notfall muss überwacht werden. Diese Überwachung sollte auf der Basis verlässlicher Indikatoren erfolgen, wie z.B.:

    Müssen große Gruppen von Fischen getötet werden, sollte die Wirksamkeit des Verfahrens anhand einer Stichprobe bestimmt werden.

  4. Kohlendioxid darf nicht angewandt werden. Eine Ausnahme ist dann gegeben, wenn eine größere Anzahl von Fischen schnell getötet werden muss, aus Tierschutzgründen oder um eine Krankheit zu bekämpfen.
  5. Ein Schnitt durch die Kiemen oder Kiemenbögen ohne vorhergehende Betäubung ist nicht zulässig.

Forschung

Artikel 20

Die Vertragsparteien bemühen sich, die Forschung über Entwicklungen von Haltungssystemen zu fördern, die den biologischen Bedürfnissen und dem Wohlbefinden der Fische, einschließlich ihrer Gesundheit, voll und ganz gerecht werden. Die Studien sollten insbesondere folgende Themen behandeln:

Artikel 21

Diese Empfehlung wird innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Inkrafttreten überprüft. Sie soll ergänzt werden durch:


Vierte Bekanntmachung der deutschen
Übersetzung von Empfehlungen des Ständigen Ausschusses
des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen

Vom 25. Juli 2006
(BAnz. Nr. 161 vom 26.08.2006 S. 5929)

Nach Nummer 1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes vom 9. Februar 2000 (BAnz. Nr. 36a vom 22. Februar 2000) gibt das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz die deutsche Übersetzung der in der englischen und in der französischen Sprache * verbindlichen, am 5. Dezember 2005 vom Ständigen Ausschuss des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 10. März 1976 (BGBl. 1978 II S. 113) angenommenen Empfehlung für die Haltung von Fischen in Aquakultur bekannt (Anlage).

*) Die englischen oder französischen Sprachfassungen sind beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Postfach 14 02 70, 53.107 Bonn, zu beziehen.

**) Gemäß Artikel 9 Abs. 3 des Übereinkommens tritt diese Empfehlung am 5. Juni 2006 in Kraft.

ENDE

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