Regelwerk

Begründung und Auslegungshinweise zur GIRL
(in der Fassung vom 29. Februar 2008)



Die GIRL und die dazugehörigen Auslegungshinweise berücksichtigen den derzeit besten Erkenntnisstand. Dies spiegelt sich auch im Umweltgutachten 2004 des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) wider, in dem der SRU den zuständigen Behörden empfiehlt, "der Geruchsimmissionsrichtlinie des LAI die wesentlichen Anhaltspunkte für die Genehmigungsverfahren zu entnehmen" (SRU, 2004, Tz. 587).

Die GIRL ist eine Fortentwicklung des nicht mehr gültigen Gem. RdErl. d. Ministers für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft u. d. Ministers für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie vom 14.10.1986 "Durchführung der technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft" (SMBl.NW. 7130). In der ersten ergänzten Fassung der GIRL vom 21.09.2004 wurde zusätzlich die Berücksichtigung der Hedonik ausführlicher beschrieben. Anlass waren die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt "Untersuchungen zur Auswirkung von Intensität und hedonischer Geruchsqualität auf die Ausprägung der Geruchsbelästigung" ("Hedonik-Projekt" (2003)). Hieraus ergaben sich erweiterte Kenntnisse für die Berücksichtigung der Hedonik bei der Bewertung von Geruchsimmissionen. In der Fassung der GIRL vom 21.09.2004 wurden alle umsetzbaren Anregungen aus diesem Forschungsprojekt berücksichtigt.

Die vorliegende zweite ergänzte Fassung der GIRL berücksichtigt das unterschiedliche Belästigungspotential tierartspezifischer Geruchsimmissionen, die Ortsüblichkeit landwirtschaftlicher Gerüche und die Privilegierung der Landwirtschaft im Außenbereich. Die Änderungen beruhen auf den Ergebnissen des Forschungsprojektes "Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft" (2006).

Zu Nr. 1 GIRL:

Bewertung von Gerüchen

Die Bewertung, ob eine Geruchsbelästigung als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkung anzusehen ist, wird von einer Vielzahl von Kriterien beeinflusst. Es sind dies u. a. die Geruchsqualität (es riecht nach ...), Hedonik (angenehm, neutral oder unangenehm), die Geruchsintensität, die tages- und jahreszeitliche Verteilung der Einwirkungen, der Rhythmus, in dem die Belastungen auftreten, die Nutzung des Gebietes, die Ortsüblichkeit landwirtschaftlicher Gerüche. Nach der Methode der GIRL werden zur Beurteilung Immissionswerte (s. Nr. 3.1 GIRL) in Form von Geruchshäufigkeiten festgelegt. Ein Vergleich mit den Immissionswerten reicht jedoch nicht immer aus. Regelmäßiger Bestandteil der Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung ist deshalb im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit die Prüfung, ob Anhaltspunkte für ein Vorgehen nach Nr. 5 der GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.

Ableitung der Immissionswerte

Die Immissionswerte wurden auf der Basis der Geruchshäufigkeit festgelegt. Eine der Grundlagen dieser Festlegung waren Felduntersuchungen des "Medizinischen Instituts für Umwelthygiene an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf" zur Geruchsbelästigung von Anwohnerinnen und Anwohnern verschiedener Geruchsemittenten ("MIU-Studie" (1992)). Diese Untersuchungen zeigten u. a. auch, dass die Intensitätsbetrachtung zusätzlich zur alleinigen Häufigkeitsermittlung keinen deutlichen Erkenntnisgewinn für die Geruchsbeurteilung bringt. Für die regelmäßige quantitative Einbeziehung der Hedonik lagen damals noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Grundlagen vor. Letzteres war auch Ergebnis einer vom Baden-Württembergischen Ministerium für Umwelt und Verkehr am 02.10.1997 durchgeführten Anhörung zur GIRL mit Sachverständigen und Gutachtern. In der "MIUStudie" (1992) wird zur Berücksichtigung der Hedonik ausgeführt:

"Mögliche Auswirkungen der angenehmunangenehm-Qualität der Geruchsimmissionen auf die Ausprägung der Belästigungsreaktion konnten von uns nicht untersucht werden. Ausdrücklich sei deshalb darauf hingewiesen, dass die Verallgemeinerungsfähigkeit der hier dargestellten Befunde und der aus ihnen abgeleiteten Immissionswerte in dieser Hinsicht nicht ohne weiteres als gegeben gelten kann, da das Spektrum der berücksichtigten Quellen relativ eng war.

(...) Weiterhin unterscheiden sich Geruchsimmissionen verschiedener industrieller Quellen hinsichtlich ihres Belästigungspotenzials, da anscheinend die hedonische Qualität des Geruchsstoffes (angenehm vs. unangenehm) den Grad der Geruchsbelästigung (...) beeinflusst: Ein Vergleich der Belästigungswirkung einer Isolatorenfabrik, einer Teeröl-Raffinerie, einer Brauerei und einer Schokoladenfabrik zeigte eine geringere Belästigungswirkung der Schokoladenfabrik im Vergleich zu den anderen Quellen, obwohl es keine quantitativen Belastungsunterschiede gab. Trotz dieser Vorbehalte können die hier abgeleiteten Immissionswerte im Regelfall als gut fundierte Anhaltspunkte für die Abgrenzung 'erheblicher' von 'unerheblichen' Geruchsbelästigungen gelten."

Der Expositions-Wirkungszusammenhang zwischen der Belastung mit Industriegerüchen, objektiviert durch die Geruchshäufigkeit nach dem Geruchsstunden-Konzept, und dem Grad der Geruchsbelästigung der Anwohnerinnen und Anwohner wurde in dem "Hedonik-Projekt" (2003) an industriellen Anlagen bestätigt.

Darüber hinaus erwies sich die hedonische Qualität von Immissionen Geruchsstoff emittierender Anlagen als stark wirkungsrelevant. Es ergab sich ein deutlicher Unterschied in der Belästigungswirkung zwischen "angenehmen" Anlagengerüchen einerseits sowie den "unangenehmen" und "neutralen" Anlagengerüchen andererseits. Eine weitergehende Unterscheidung ließ sich nicht begründen. Anders als die hedonische Geruchsqualität hat sich die ergänzende Berücksichtigung der Intensität von Geruchsimmissionen, wie auch schon in der "MIU-Studie" (1992), als nicht oder als nur marginal wirkungsrelevant erwiesen.

Zur Berücksichtigung der Hedonik bei der Bewertung von Gerüchen wird im Bericht zum "Hedonik-Projekt" (2003) beispielhaft die Verwendung von Zu- bzw. Abschlägen angeführt. Zur Ableitung des Ausmaßes des Abschlages für als "angenehm" klassifizierte und verifizierte Geruchsquellen wird die Verwendung der ermittelten Expositions-Wirkungskurven empfohlen.

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