Regelwerk

Richtwerte für Phenol in der Innenraumluft

(Bundesgesundh Bl. Nr. 11 vom November 2011 S. 1262)


Mitteilung der Adhoc-Arbeitsgruppe Innenraumrichtwerte der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes und der Obersten Landesgesundheitsbehörden

1 Stoffidentifikation [ 1, 2]

IUPAC-Name: Phenol

Synonyme: Monohydroxybenzol, Phenylalkohol, Karbolsäure

CLP-Index-Nr.: 604-001-00-2

EG-Nr: 203-632-7

CAS-Nr.: 108-95-2

Summenformel: C6H6O

Strukturformel:

1.1 Stoffeigenschaften, Produktion und Anwendung

Phenol ist eine farblose bis schwach rosa kristalline Substanz mit einem charakteristischen, unangenehmen und durchdringenden Geruch [ 1]. Die weltweite Phenolproduktion betrug 1994 ca. 5 Millionen Tonnen, davon ca. 1,9 Millionen Tonnen aus 12 Anlagen in der EU [ 3]. Der Phenolverbrauch in der EU liegt bei etwa 1,6 Millionen Tonnen pro Jahr [ 1].

Phenol dient hauptsächlich als Ausgangsstoff für die Herstellung von Bis phenol A, Diphenylethern, Salizylsäure, Capro lactam, Phenolharzen, Chlorphenolen und anderen Chemikalien [ 1]. Die früher in Deutschland weit verbreitete Anwendung von Phenol als Desinfektionsmittel z.B. in Wäschereien oder Pflegeprodukten ist seit mehr als einem Jahrzehnt aufgegeben worden [ 1].

2 Exposition

Phenol entsteht bei einer Vielzahl organischer Verbrennungsprozesse, beispielsweise bei Waldbränden, bei der Verbrennung von Motorkraftstoffen und beim Tabak rauchen. Beim Abbrand einer Zigarette werden 0,3 - 0,45 mg Phenol freigesetzt [ 4].

Aktuelle Angaben zum Vorkommen von Phenol in der Außenluft liegen nicht vor. Zum Vorkommen von Phenol in Lebensmitteln oder Verbraucherprodukten liegen nur vereinzelte Angaben vor [ 1]. Phenol ist in Lebensmitteln wie geräucherten Würstchen, geräuchertem Schweinebauch, Bergkäse, gebratenem Schinken, Huhn oder schwarzem Tee nachweisbar [ 6]. Die derzeitige tägliche Phenol-Aufnahme über Lebensmittel in der EU wird auf 0,18 µg/kg KG geschätzt [ 5].

2.1 Innenraumluft

Phenol lässt sich in der Luft vieler Innenräume bei einer Nachweisgrenze um 1 µg/m3 nachweisen. Tabelle 1 enthält überwiegend anlassbezogene Messungen auf Phenol aus Deutschland, die in verschiedenen, zumeist 8 Stunden lang ungelüfteten Innenräumen (Wohnungen, Büros, Schulen u. a.) stattfanden. Die Probe nahmen erfolgten hierbei mit unterschiedlichen Sammelmedien (Tenax, Aktivkohle, XAD-2 bzw. -7 oder Anasorb) und entsprechend wurden in den Laboren unterschiedliche Trenn- und Detektionsverfahren eingesetzt [ 7, 8, 9].

3 Toxikokinetik

Phenol wird schnell über die Lunge, den Darm und die Haut resorbiert. Bei Untersuchungen an 8 Probanden, die Phenol über eine Atemmaske in Konzentrationen von 6,3 -- 20 mg/m3 über 8 Stunden einatmeten, betrug die Phenol-Aufnahmerate 60-88% [ 10]. Nach oraler Gabe von 25 mg Phenol/kg Körpergewicht an Ratten/Schafe/Schweine wurden innerhalb von 8 Stunden 90%/85%/84% der verabreichten Dosis absorbiert. Nach dermaler Exposition wurden bei Ratten nach 4 Stunden, 12 Stunden oder 24 Stunden 40%, 70% bzw. 75% der verabreichten Dosis über den Urin ausgeschieden [ 1]. Nach intratrachealer Gabe von radioaktiv markiertem Phenol fanden sich nach 3 Tagen nur noch 1-5% des eingesetzten Phenols, davon 0,13% jeweils in Lunge und Haut, 0,07% im Blut, 0,3% im Muskelgewebe und 0,02% in der Leber von Ratten [ 11].

Die Konjugation von Phenol mit Glucuronsäure oder Sulfat bildet die wesentlichen Entgiftungswege für Phenol. In geringem Umfang entstehen aus Phenol auch die ortho- bzw. parahydroxylierten Verbindungen Phendiol-1,2 (Catechol) und Phendiol-1,4 (Hydrochinon) (s. Abb. 1). Beide Phendiole werden wiederum mit Glucuronsäure oder Sulfat konjugiert, möglich ist aber auch eine weitere Oxidation zu den reaktiven 1,2- bzw. 1,4-Benzochinonen oder zu einer dreifach hydroxylierten Verbindung [ 12, 13]. Über eine Peroxidationsreaktion konnte in vitro auch die Bildung von Dihydroxybiphenyl-Verbindungen aus Phenol beobachtet werden. Die Konjugationsreaktion erfolgt hauptsächlich in der Lunge, im Darm, in der Leber und den Nieren, in geringem Maße in der Haut.

Die Halbwertszeit von Phenolkonjugaten in den Urin beträgt im Menschen zwischen 1 und 4,5 Stunden [ 14]. Eine Untersuchung an Bakelitproduzierenden Beschäftigten, die Phenol-Konzentrationen von 0,6 - 125 mg/m3 ausgesetzt waren, ergab, dass das eingeatmete Phenol nach einem Tag praktisch vollständig über den Urin ausgeschieden war [ 15]. Auch Ratten hatten nach einer 1-8-tägigen Exposition gegenüber 98 mg 14C-Phenol/ m3 über 6 Stunden/Tag nach einem Tag 94,5% bzw. 90,2% (männlich/weiblich) und nach 8 Tagen 97,4% über den Urin ausgeschieden [ 16]. Nach oraler Gabe von 0,01 mg 14C-markiertem Phenol/kg Körpergewicht waren bei 3 männlichen Probanden ca. 90% des eingenommenen Phenols innerhalb von 14 Stunden mit dem Urin wieder ausgeschieden.

Bei üblicher Ernährung scheidet der Mensch täglich etwa 8,7±2,0 mg Phenol in freier bzw. konjugierter Form im Urin aus [ 10]. Beim Übergang zu einer Veganer-Ernährung sank die Phenol-Konzentration 2 Wochen nach der Ernährungsumstellung von 0,75 mg/l auf 0,5 mg/l im Serum bzw. von 7 mg/l auf 3 mg/l im Urin [ 17].

Tab. 1 Vorkommen von Phenol in der Luft ausgewählter Innenräume in Deutschland
Innenraum N BG
[µg/m3]
n >BG
(% >BG)
Median
[µg/m3]
95. Percentil
[µg/m3]
Maximalwert
[µg/m3]

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