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Regelwerk

Übereinkommen 170 - Übereinkommen über Sicherheit bei der Verwendung chemischer Stoffe bei der Arbeit *

Vom 15. Februar 2007
(BGBl. II Nr. 4 vom 22.02.2007 S. 130 **)


Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 6. Juni 1990 zu ihrer siebenundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist,

verweist auf die einschlägigen internationalen Arbeitsübereinkommen und -empfehlungen, insbesondere auf das Übereinkommen und die Empfehlung über Benzol, 1971, das Übereinkommen und die Empfehlung über Berufskrebs, 1974, das Übereinkommen und die Empfehlung über die Arbeitsumwelt (Luftverunreinigung, Lärm und Vibrationen), 1977, das Übereinkommen und die Empfehlung über den Arbeitsschutz, 1981, das Übereinkommen und die Empfehlung über die betriebsärztlichen Dienste, 1985, das Übereinkommen und die Empfehlung über Asbest, 1986, sowie die dem Übereinkommen über Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, 1964, beigefügte Liste der Berufskrankheiten in der 1980 abgeänderten Fassung,

stellt fest, dass der Schutz der Arbeitnehmer vor den schädlichen Auswirkungen von chemischen Stoffen auch den Schutz der Allgemeinheit und der Umwelt erhöht,

stellt fest, dass die Arbeitnehmer Informationen über die von ihnen bei der Arbeit verwendeten chemischen Stoffe benötigen und dass sie ein Recht auf solche Informationen haben,

ist der Auffassung, dass es wesentlich ist, das Auftreten von durch chemische Einwirkungen verursachten Erkrankungen und Verletzungen bei der Arbeit zu verhüten oder zu verringern, indem

  1. sichergestellt wird, dass alle chemischen Stoffe im Hinblick auf die von ihnen ausgehenden Gefahren bewertet werden;
  2. den Arbeitgebern ein Verfahren an die Hand gegeben wird, das es ihnen gestattet, von den Lieferanten Informationen über die bei der Arbeit verwendeten chemischen Stoffe zu erhalten, damit sie wirksame Programme zum Schutz der Arbeitnehmer vor chemischen Gefahren durchführen können;
  3. den Arbeitnehmern Informationen über die an ihren Arbeitsstätten verwendeten chemischen Stoffe und über geeignete Verhütungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, damit sie sich wirksam an den Schutzprogrammen beteiligen können; und
  4. Grundsätze für solche Programme festgelegt werden, um zu gewährleisten, dass die chemischen Stoffe sicher verwendet werden;

verweist auf die Notwendigkeit der Zusammenarbeit im Rahmen des Internationalen Programms für chemische Sicherheit zwischen der Internationalen Arbeitsorganisation, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation sowie mit der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung, und weist auf die einschlägigen, von diesen Organisationen veröffentlichten Übereinkünfte, Regeln und Richtlinien hin,

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend Sicherheit bei der Verwendung chemischer Stoffe bei der Arbeit, eine Frage, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und

dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz nimmt heute, am 25. Juni 1990, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über chemische Stoffe, 1990, bezeichnet wird.

Teil I
Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen

Artikel 1

  1. Dieses Übereinkommen gilt für alle Wirtschaftszweige, in denen chemische Stoffe verwendet werden.
  2. Die zuständige Stelle eines Mitglieds, das dieses Übereinkommen ratifiziert,

    nach Anhörung der in Betracht kommenden maßgebenden Verbände der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und auf Grund einer Beurteilung der bestehenden Gefahren und der anzuwendenden Schutzmaßnahmen,

    1. kann bestimmte Wirtschaftszweige, Betriebe oder Erzeugnisse von der Anwendung des Übereinkommens oder einzelner seiner Bestimmungen ausnehmen, wenn
      1. besondere Probleme von erheblicher Bedeutung auftreten; und
      2. der gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis insgesamt gebotene Schutz nicht geringer ist, als er sich bei voller Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens ergeben würde;
    2. hat besondere Vorkehrungen zum Schutz von vertraulichen Informationen zu treffen, deren Weitergabe an einen Wettbewerber dem Betrieb eines Arbeitgebers voraussichtlich Schaden zufügen würde, soweit die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer dadurch nicht gefährdet werden.
  3. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Artikel, die bei normalen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Verwendungsbedingungen die Arbeitnehmer keinem gefährlichen chemischen Stoff aussetzen.
  4. Dieses Übereinkommen gilt nicht für Organismen, gilt aber für aus Organismen gewonnene chemische Stoffe.

Artikel 2

Im Sinne dieses Übereinkommens

  1. bezeichnet der Ausdruck "chemische Stoffe" chemische Elemente und Verbindungen sowie Mischungen davon, gleich ob es sich um natürliche oder synthetische Stoffe handelt;
  2. umfasst der Ausdruck "gefährlicher chemischer Stoff" jeden chemischen Stoff, der gemäß Artikel 6 als gefährlich klassifiziert worden ist oder für den einschlägige Informationen vorliegen, denen zufolge der chemische Stoff gefährlich ist;
  3. bedeutet der Ausdruck "Verwendung chemischer Stoffe bei der Arbeit" jede Arbeitstätigkeit, bei der ein Arbeitnehmer einem chemischen Stoff ausgesetzt werden kann, einschließlich
    1. der Herstellung von chemischen Stoffen;
    2. der Handhabung von chemischen Stoffen;
    3. der Lagerung von chemischen Stoffen;
    4. des Transports von chemischen Stoffen;
    5. der Beseitigung und Behandlung von chemischen Abfallstoffen;
    6. der arbeitsbedingten Freisetzung von chemischen Stoffen;

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