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Regelwerk

Stoffmonographie für Phthalate - Neue und aktualisierte Referenzwerte für Monoester und oxidierte Metabolite im Urin von Kindern und Erwachsenen
Stellungnahme der Kommission "Human Blomonitoring" des Umweltbundesamtes

(Bundesgesundheitsbl. Nr 6. vom Juni 2011 S. 770)



Einleitung

Phthalate (Alkyl- oder Aryldiester der 1,2-Benzoldicarbonsäure) stellen trotz anhaltender Diskussionen bezüglich ihrer Toxizität (Endokrine Disruptoren) weiterhin wichtige Industriechemikalien dar. Die Gesamtproduktion an Phthalaten wird über absehbare Zeit stabil bei circa i Million Tonnen pro Jahr in Westeuropa liegen [1, 2]. Aufgrund von Toxizitätseinstufungen und Verwendungsbeschränkungen beziehungsweise -verboten hat sich jedoch das Spektrum der eingesetzten Phthalate in den letzten Jahren deutlich verändert [3]. So hat zum Beispiel das Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP), für das 2005 von der Kommission eine Stoffmonographie erstellt wurde, an Bedeutung verloren und wurde in den verschiedensten industriellen Prozessen durch Phthalate wie Diiso-Nonylphthalate (DiNP) und Diisodecylphthalate (DiDP) substituiert. Ähnliche Substitutionsprozesse haben für das Di-nbutylphthalat (DBP beziehungsweise DnBP) stattgefunden. Fortschritte im Humanbiomonitorring der Phthalate erlauben nun, anhand spezifischer und aussagekräftiger Human-Metabolite für eine immer größer werdende Zahl von Phthalaten das breite Spektrum der Phthalatbelastungen zu erfassen und zu quantifizieren. Mit dem Kinder-Umwelt Survey des Umweltbundesamtes (Kinder zwischen drei und 14 Jahre) sowie der Umweltprobenbank, Teil Humanproben (Studierende zwischen 20 und 29 Jahre) liegen nun aussagekräftige Daten zur inneren Phthalatbelastung für zwei Populationen vor, die eine erstmalige Ableitung beziehungsweise Aktualisierung von Referenzwerten für die Ausscheidung von Monoestern und oxidierten Phthalatmetaboliten bei Kindern und Erwachsenen erlauben. Für folgende fünf Phthalate (beziehungsweise deren Metabolite) werden Referenzwerte abgeleitet: DnBP, DiBP (Diisobutylphthalat), BBzP (Butylbenzylphthalat), DEHP und DiNP.

Vorkommen und Verwendung der Phthalate

Phthalate werden industriell als so genannte Weichmacher verwendet, um Kunststoffen (hauptsächlich Polyvinylchlorid) die gewünschte Flexibilität zu verleihen. Sie finden auch aufgrund ihrer Lösemittel- beziehungsweise Lösungsvermittler-Eigenschaften Verwendung in einer Vielzahl anderer Produkte, vor allem verbrauchernaher Konsumgüter, einschließlich Kosmetika und Körperpflegemittel. Die Einsatzgebiete der Phthalate hängen von ihren physikochemischen Eigenschaften ab, die hauptsächlich in der Länge ihrer Alkyl-/Aryl-Seitenketten und ihrem Verzweigungsgrad begründet sind (siehe Tabelle 1). Man unterscheidet grundsätzlich zwischen Phthalaten mit kurzen Alkylseitenketten Clow molecular weight phthalates' (LMW), und Phthalaten mit langen Alkylseitenketten Chigh molecular weight phthalates' (HMW). Phthalate mit langen Alkylseitenketten (4 bis 10 Kohlestoffatome (C) werden als universelle Weichmacher in Kunststoffen (hauptsächlich Polyvinylchlorid-PVC) eingesetzt, während Phthalate mit kurzen Alkylseitenketten (1, 2 oder 4 Kohlenstoffatome) auch oder hauptsächlich außerhalb des Kunststoffsektors als Lösemittel in unterschiedlichsten Bereichen Anwendung finden [4, 5, 6, 7, 8].

Der weltweite Verbrauch von Weichmachern lag 2008 bei circa 6 Millionen

Tabelle 1: Die wichtigsten Phthalate, geordnet nach aufsteigender Länge der Alkylseitenkette beziehungsweise Molekulargewicht.

Die in dieser Stellungnahme bearbeiteten Phthalate sind fettgedruckt dargestellt.

Phthalat     Kettenlänge
(backbone, ohne Verzweigung)
Gesamt C-Gehalt
(einer Seitenkette)
Molekülgewicht
(g/mol)
CAS-Nr.
DMP Dimethylphthalat LMW-Phthalate 1 1 194 131-11-3
DEP Diethylphthalat 2 2 222 84-66-2
DiBP Diisobutylphthalat 3 4 278 84-69-5
DnBP Di-nbutylphthalat 4 4 278 84-74-2
DPP Dipentylphthalat 5 5 306 131-18-0 /84777-06-0
BBzP Butylbenzylphthalat HMW- Phthalate 4/6 4/6 312 85-68-7
DEHP Di(2-ethylhexyl)phthalat 6 8 390 117-81-7
DiNP Diisononylphthalat 6-9 8-10 circa 419 28553-12-0 / 68515-48-0
DnOP Di-noctylphthalat 8 8 390 117-84-0
DPHP Di(2-propylheptyl)phthalat 7 10 circa 447 53306-54-0
DiDP Diisodecylphthalat 7-9 9-11 circa 447 26761-40-0 / 68515-49-1

Tonnen [1]. Phthalate sind demnach die bei weitem bedeutendste Stoffgruppe in diesem Segment mit einem Anteil von 87 %, also deutlich über 5 Millionen Tonnen Verbrauch pro Jahr. Weltweit werden circa 50 % der Phthalate in Asien verbraucht, circa 20 % in Westeuropa und 16 % in Nordamerika. In Westeuropa wurden 1998 circa i Million Tonnen Phthalate verbraucht, 2008 fiel der Verbrauch leicht auf 906 Tausend Tonnen. Sehr deutlich änderte sich jedoch in diesem Zeitraum das Spektrum der Phthalate (siehe Abb. 1

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