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Neue und aktualisierte Referenzwerte für Schädlingsbekämpfungsmittel: Organophosphat- und Pyrethroid-Metabolite im Urin von Kindern in Deutschland
- Stellungnahme der Kommission "Human-Biomonitoring" des Umweltamtes -
(Bundesgesundheitsbl. Nr. 10/2009 S. 964)
Einleitung
Nach dem Verbot zahlreicher Organochlorpestizide werden heute im Wesentlichen - neben Carbamaten - Organophosphate und Pyrethroide im Pflanzenschutz und zur Schädlingsbekämpfung in der Landwirtschaft, im Gartenbau und in privaten Haushalten eingesetzt. Insbesondere eine nicht sachgemäße Anwendung kann zu erhöhten Expositionen der Verbraucherinnen und Verbraucher führen, sei es durch belastete Lebensmittel oder durch Aufenthalt in entsprechend behandelten Räumen. Organophosphatpestizide und Pyrethroide haben neurotoxische Wirkungen auch auf den Menschen. Pyrethroide verfügen zusätzlich über endokrinähnliche Wirkungen. Darüber hinaus kommt es immer wieder zu akzidentellen Vergiftungen mit Organophosphaten, Pyrethroiden oder Pyrethroidhaltigen Pestizid-Mischungen.
Da bereits vor einigen Jahren ein Bedarf an Referenzwerten zur Beurteilung der Organophosphat- und Pyrethroid-Belastung der Bevölkerung bestand und die Daten zur Ausscheidung von Organophosphat- und Pyrethroidmetaboliten aus verschiedenen Untersuchungen in Deutschland mit Daten aus anderen industrialisierten Ländern recht gut übereinstimmten, hatte die Kommission im Jahr 2003 [1, 2, 3] und 2005 [2, 3, 4] aus den damals vorliegenden Angaben Referenzwerte abgleitet. Referenzwerte gestatten die Beurteilung der inneren Schadstoffbelastung von einzelnen Personen oder von Bevölkerungsgruppen im Vergleich zur ubiquitären Hintergrundbelastung. Das Konzept zur Ableitung von Referenzwerten hat die Kommission Human-Biomonitoring 1996 in dieser Zeitschrift publiziert [5]. Vor dem Hintergrund sich wandelnder Umweltbelastungen sind Referenzwerte ständig zu überprüfen und bei Vorliegen neuer Daten gegebenenfalls zu revidieren.
Auf der Basis des bevölkerungsrepräsentativen Kinder-Umwelt-Surveys 2003-06 [6, 7, 8, 9, 10] hat die Kommission für eine Reihe von Schadstoffen beziehungsweise deren Metaboliten in Blut und/oder Urin die bisherigen Referenzwerte für Kinder in Deutschland [11,12,13] aktualisiert, bestätigt oder modifiziert. Der vorliegende Beitrag gibt die neuen und aktualisierten Referenzwerte bekannt für die Dialkylphosphat-Metabolite: Dimethylphosphat (DMP), Dirnethylthiophosphat (DMTP), Dimethyldithiophosphat (DMDTP), Diethylphosphat (DEP) und Diethylthiophosphat (DETP) sowie für die folgenden Pyrethroidmetabolite: cis-Cl2 CA, trans-Cl2 Ca (cis- und trans-3-(2,2-Dichlorvinyl)-2,2-dimethylcyclopropan-lcarbonsäure) und 3-PBa (3-Phenoxybenzoesäure) im Urin der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland.
Die Kommission weist ausdrücklich darauf hin, dass Referenzwerte rein statistisch abgeleitete Werte sind, denen per Definition keine gesundheitliche Bedeutung zukommt [5]. Das heißt, eine Überschreitung des Referenzwertes muss keine Gesundheitsgefahr bedeuten, ebenso wie eine Unterschreitung des Wertes nicht beweist, dass keine Gesundheitsgefahr besteht. Referenzwerte werden für die Beurteilung, ob bestimmte Personengruppen oder Einzelpersonen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung besonders stark mit einem Schadstoff belastet sind, eingesetzt und bei anlassbezogenen oder regional begrenzten Studien sowie für die Bewertung von Untersuchungen bei Einzelpersonen zum Beispiel von Gesundheitsämtern herangezogen. Mit der Aktualisierung der Referenzwerte werden zeitliche Trends aufgezeigt, die Hinweise auf die Notwendigkeit oder den Erfolg umweltpolitischer Maßnahmen geben.
Datenbasis
Der Kinder-Umwelt-Survey (KUS) ist wie die vorangegangenen Umwelt-Surveys [14] eine bevölkerungsrepräsentative Querschnittsuntersuchung, bei der die Auswahl der Probanden nach einem gestuften mehrfach geschichteten Zufallsverfahren erfolgte. Der KUS ist das Umweltmodul des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert Koch-Instituts (RKI) [15,16,17], welches die Stichprobenziehung und die Feldarbeit auch für den KUS übernommen hat. Die Untersuchung der aus 150 Studienorten zufällig ausgewählten drei- bis 14-jährigen Kinder erfolgte zwischen Mai 2003 und Mai 2006. Die angewandten Methoden (Stichprobenziehung, Fragebogen, Probenahme, Analytik, Statistik) sind bei Becker et al. [6] und Schulz et al. [8, 10] beschrieben.
Die Berechnung der 95. Populationsperzentile und ihrer 95 %-Konfidenzintervalle erfolgte je Analyt nach dem parametrischen Verfahren unter Annahme einer log-Normalverteilung mit der Software SPSS für Windows, Version 14, oder nach dem Bootstrapping-Verfahren, sofern keine log-Normalverteilung vorlag, mit der Software R für Windows, Version 2.40.
Ergebnisse und Diskussion
Im Folgenden werden die für die Ableitung der Referenzwerte wesentlichen Ergebnisse zusammenfassend vorgestellt. Im KUS wurden bei einem repräsentativ ausgewählten Unterkollektiv von N=600 Kindern im Alter zwischen drei und 14 Jahren unter anderem die folgenden Dialkylphosphat-Metabolite im Morgenurin untersucht: DMP, DMTP, DMDTP, DEP, DETP und DEDTP (Diethyldithiophosphat) sowie die folgenden Pyrethroidmetabolite im Morgenurin bestimmt: cis-Cl2 CA, trans-Cl2CA, Br2 Ca (3-(2,2-Dibromvinyl)-2,2-dimethylcyclopropan-icarbonsäure), 3-PBa und F-PBa (4-Fluor-3-phenoxybenzoesäure).
Metabolite von Organophosphaten im Urin
Die Metabolite mißt den relativ höchsten mittleren Gehalten im Urin der drei- bis 14-jährigen Kinder in Deutschland sind die beiden Dimethylphosphate DMP mit 15,8 µg/l und DMTP mit 16,8 µg/l sowie das Diethylphosphat (DEP) mit 5,92 µg/l. Die mittleren Gehalte der weiteren gemessenen Metabolite betragen 1,09 µg/l bei DETP, 0,56 µg/1 bei DMDTP und 0,023 µg/l bei DEDTP (Tabelle 1.1
(Stand: 06.07.2018)
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