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Regelwerk

Stoffmonographie Thallium - Referenz- und Human-Biomonitoring-(HBM)-Werte für Thallium im Urin -
- Stellungnahme der Kommission "Human Blomonitoring" des Umweltbundesamtes -

(Bundesgesundheitsbl. Nr. 4/2011 S. 516)



Einleitung

Thallium ist ein weiches, metallisches Element, das in Form verschiedener Verbindungen ubiquitär in geringen Konzentrationen in Gesteinen, in kaliumhaltigen Tonen und Böden vorkommt, und in sulfidischen Erzen häufig mit anderen Schwermetallen wie Eisen und Zink vergesellschaftet ist. Die Wasserlöslichkeit von Thallium-Verbindungen ist relativ hoch, so dass vor allem einwertige Thallium-Verbindungen über den Wasserpfad verbreitet werden und von Pflanzen aufgenommen werden können. Thallium kann deshalb überall in Umweltkompartimenten in geringen Konzentrationen nachgewiesen werden [1].

Thallium und seine Verbindungen sind außerordentlich toxisch; sie sind giftiger als die Verbindungen von Blei, Cadmium oder Quecksilber und waren vor allem in der Vergangenheit Anlass akzidenteller, suizidaler oder homizidaler Vergiftungen. Thalliumsalze, insbesondere Thalliumsulfat, wurden früher häufig als Rodentizide zur Schädlingsbekämpfung und Thallium(I)acetat als kosmetisches Enthaarungsmittel eingesetzt. Aus der nicht sachgerechten Anwendung dieser Präparate resultierte überwiegend die derzeit gut dokumentierte Kenntnis der akuten Toxizität. Thallium und seine Verbindungen wirken überwiegend als allgemeine Zellgifte und können Leber-, Nieren- und Nervenschäden auslösen und Hör- und Sehstörungen verursachen. Physiologische Funktionen von Thallium sind derzeit nicht bekannt.

In den 1970er Jahren kam es in der Umgebung von Zement- und Hüttenwerken zu gesundheitlich relevanten Thallium-Emissionen, die in der Folge zu umfangreichen Umweltschutzmaßnahmen führten. Ende 2004 wurde Thallium auch in natürlichen Mineralwässern in Konzentrationen bis zu 15 µg/l nachgewiesen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 2006 in einer aktualisierten Stellungnahme die Toxikologie des Thalliums erneut bewertet [2]. Ebenso gibt es einen rezenten Entwurf zur toxikologischen und umweltmedizinischen Beurteilung von Thallium durch die US-amerikanische Umweltbehörde aus dem Jahre 2008 [3]. Weitere zusammenfassende Übersichten zur arbeits- und umweltmedizinischtoxikologischen Bedeutung finden sich bei WHO-IIPCS [4], DFG [5], Kazantzis [6], ATSDR [7], Fischer et al. [8], Hoffmann [9] und Bertram et al. [10].

1 Vorkommen und Verwendung, Verbreitung in der Umwelt

Thalliumhaltige Mineralien, zum Beispiel Crookesit (Schweden, Russland) und Lorandit (USA), sind selten. Entsprechend gibt es nur wenige Gebiete mit geogenen Thallium-Vorkommen, zum Beispiel im ehemaligen Jugoslawien, in China oder

Israel. Thallium-Verbindungen werden wegen ihrer Flüchtigkeit bei Verhüttungsprozessen anderer Metalle, bei der Zementfabrikation sowie bei der Kohle- und Müllverbrennung freigesetzt. Vor allem die Verwendung eisenoxidhaltiger Kiesabbrände bei der Zementherstellung trägt zu einer lokal erhöhten Thallium-Belastung bei [11]. Thalliumhaltige Flugstäube wurden in Deutschland in der Umgebung von Zementwerken, zum Beispiel in Lengerich [12], Leimen, Erwitte sowie in Mittel- und Unterfranken [13] gemessen. In diesen Zementwerken wurden thalliumhaltige Zusatzstoffe eingesetzt. Thallium kommt zum Einsatz bei der Herstellung von Spezialgläsern und bei elektronischen Geräten mit Hochtemperatur-Supraleitfähigkeitsfilmen. Thalliumhaltige Dünnschichten finden heute breite Anwendung, zum Beispiel auch in Mobilfunkgeräten.

Derzeit ist keine Gefahr einer allgemein zunehmenden Kontamination der Umwelt durch Thallium zu erkennen. Lokale Probleme können allerdings nach wie vor nicht ausgeschlossen werden, da Thallium-Verbindungen relativ flüchtig sind und bei thermischen Prozessen (zum Beispiel in Hüttenwerken, Zementfabriken, Müllverbrennungsanlagen und Kohlekraftwerken) emittiert werden.

2 Aufnahmemengen

Als ubiquitäres Element lässt sich Thallium auch in Lebensmitteln, Trinkwasser und Luft in unterschiedlichen Mengen nachweisen. In Regionen fernab von erkennbaren Kontaminationsquellen sind die Gehalte sehr gering. Die inhalative Aufnahme durch den Menschen ist in diesen Regionen völlig zu vernachlässigen. Die Gehalte im Trinkwasser liegen in solchen Regionen häufig unterhalb der Nachweisgrenze. Im Wasser kommt Thallium vor allem in einwertiger Form vor. Die gemessenen Konzentrationen für gelöstes Thallium im Süßwasser liegen unter 0,01 [µg/l [1, 14]. In Rheinwasserproben wurden mit ICP-MS (inductively coupled plasma mass spectrometry) Thallium Konzentrationen zwischen 0,004 und 0,006 !agil nachgewiesen [15]. Trinkwasser trägt in der Regel nur wenig zur Thallium-Aufnahme bei.

Quantitative Angaben über die alimentäre Thalliumaufnahme der Normalbevölkerung sind spärlich und allenfalls punktuell. Die nahrungsbedingte Thalliumaufnahme wird in nicht kontaminierten Regionen auf etwa zwei bis fünf Mikrogramm pro Tag geschätzt, wobei Gemüse den größten Beitrag liefert [4]. Einige Pilze und Kohlsorten akkumulieren Thallium (bis 50 mg/kg Frischmasse).

Repräsentative Angaben über Thalliumgehalte aller Lebensmittel des Warenkorbes gibt es bisher nicht [2]. Aus Untersuchungen in Deutschland geht ebenfalls hervor, dass Lebensmittel, insbesondere Gemüse, die Hauptquelle der Thalliumaufnahme darstellen. Demnach können in Deutschland täglich durchschnittlich etwa 2 µg Thallium aufgenommen werden [11].

Die vom Menschen verursachte Verbreitung erfolgt vor allem durch Flugstäube bei Röstung von Thalliumhaltigen Erzen. Auch Braunkohle kann bis zu 2 mg Thallium/kg enthalten, die bei der Verbrennung freigesetzt werden [16].

3 Toxikokinetik

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