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Regelwerk

Leitlinie 1 der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e.V. 2 und des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Prüfung von chemischen Desinfektionsmitteln auf Wirksamkeit gegen Viren in der Humanmedizin

Vom 1. August 2008
(Bundesgesundheitsbl. Nr. 8 vom August 2008 S. 937)



1 Einleitung

Die Fassung der Leitlinie vom Juni 2005 [1] wurde überarbeitet, da sich seit ihrem Inkrafttreten aufgrund erster Erfahrungen gezeigt hat, dass einige Abschnitte der Konkretisierung bzw. Ergänzung bedürfen. So wurde die Durchführung der Interferenzkontrolle in Anlehnung an die europäische Norm konkretisiert. Weiterhin war es erforderlich, spezielle Kontrollen für die Prüfung von chemothermischen Desinfektionsverfahren zu formulieren, die sich bereits in der Praxis bewährt hatten.

Nach wie vor ist die Frage des Ersatzes des Poliovirus (aufgrund der geplanten Eradikation der Poliomyelitis [3]) durch ein entsprechend geeignetes Testvirus nicht abschließend geklärt, sodass vorläufig das Poliovirus (Polio-Impfstamm Typ I, Stamm LSczab) aktuelles Prüfvirus bleibt.

Da die europäische Norm [2] für den quantitativen Suspensionstest zur Prüfung der Viruswirksamkeit bisher weder eine biometrische Auswertung der Teste noch eine Auslobung der begrenzt viruziden Wirksamkeit erlaubt, behält die nun ergänzte Fassung der Leitlinie weiterhin Gültigkeit für die Vergabe von entsprechenden Zertifikaten der DVV.

In dieser Leitlinie wird die Durchführung von Suspensionsversuchen beschrieben. Die Versuche zur Viruzidie sind sowohl ohne als auch mit zusätzlicher Belastung durch Eiweiß im Testansatz durchzuführen. Eine ausreichende Titerreduktion lässt den Schluss zu, dass das Mittel unter den geprüften Bedingungen die mit dieser Prüfmethode nachweisbaren viruziden Eigenschaften besitzt.

Aus den Ergebnissen von Suspensionsversuchen können Anwendungsempfehlungen für die Mittel nur in begrenztem Umfange abgeleitet werden. Derart günstige Wirkungsbedingungen, wie sie in einer homogenen Suspension herrschen, liegen in der Anwendungspraxis zumeist nicht vor. Das heißt, es ist zu berücksichtigen, dass der Suspensionsversuch nicht in jedem Fall praxisnah ist. Er bietet jedoch Aussagen über die Effizienz des getesteten Desinfektionsmittels und ermöglicht somit den Vergleich der Wirksamkeit verschiedener Desinfektionsmittel.

Verschiedene Parameter des Invitro-Tests (u. a. verwendetes Virus, verwendete Zellen, Passagenzahl, Zytotoxizität) können die Ergebnisse beeinflussen. Weiterhin bestimmen die Titrationsbedingungen (u. a. Probenverdünnungsfaktor für die Titration und Anzahl der getesteten Replikate pro Verdünnung) die Genauigkeit der Prüfung und haben damit zusammen mit den vorgenannten Parametern Einfluss auf die Aussage über die viruzide Wirksamkeit des zu testenden Desinfektionsmittels. In der vorliegenden Leitlinie finden daher biometrische Aspekte besondere Aufmerksamkeit. Damit soll sichergestellt werden, dass der ermittelte Reduktionsfaktor (s. u.) mit hoher Wahrscheinlichkeit die "wahre Wirksamkeit" widerspiegelt.

In dieser Leitlinie werden die Begriffe "begrenzt viruzid" (wirksam gegen behüllte Viren) und "viruzid" (wirksam gegen unbehüllte Viren; die Wirksamkeit gegen unbehüllte Viren schließt eine Wirksamkeit gegen behüllte Viren ein) im Sinne der Definition der Stellungnahme des Arbeitskreises Viruzidie am RKI [41 verwendet.

Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Begriff "viruzid" nicht alle bekannten pathogenen Viren einbezieht, da bestimmte Viren, insbesondere Hepatitis-A-Virus (HAV) oder Parvoviren, ggf. eine höhere Resistenz aufweisen als die eingesetzten Testviren.

Praxisnahe Prüfungen für die Hände-, Flächen- und Instrumentendesinfektion sind nicht Inhalt dieser Leitlinie; weitere Leitlinien dieses Inhaltes sind vorgesehen.

2 Testviren

Es sind folgende Viren zu verwenden:

2.1 Chemische Desinfektion

2.1.1 Wirkungsbereich "begrenzt viruzid"

2.1.2 Wirkungsbereich "viruzid"

2.2 Chemothermische Desinfektion (Temperatur > 40 °C)

Bezugsquellen für die Virusstämme bzw. Virussuspensionen sind auf der DVV-Homepage (http://www.dvvev.de - Fachausschuss "Virusdesinfektion") angegeben. Sie können auch bei der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten (DVV) e.V., Institut für Virologie und Antivirale Therapie, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Hans-Knöll-Straße 2, 07745 Jena erfragt werden.

3 Bereitung der Virussuspensionen

Viren sind in Zellkulturen oder anderen geeigneten Systemen zu vermehren. Die Methoden, die zur Herstellung der Virussuspension eingesetzt werden, können in Abhängigkeit vom Testvirus differieren. Der Gehalt der Suspensionen an Viren sollte nicht weniger als 108 TCID50/ml betragen.

Dies kann u. a. wie folgt gewährleistet werden: Die mit dem Virus infizierten Kulturen können mit dem gesamten Medium und Zelldetritus mindestens einmalig eingefroren und aufgetaut werden. Abweichend hiervon wird bei Zellkulturen, in denen Adenovirus vermehrt wird, vor dem Einfrieren und Auftauen das Anzuchtmedium abgegossen und die Kultur mit neuem Medium in 1/10 des ursprünglichen Volumens beschickt.

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