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Regelwerk, Gefahrgut/Transport, Gefahrenabwehr

Allgemeinverfügung Kampfmittel *
Allgemeinverfügung zur Klassifizierung von Kampfmitteln für die innerstaatliche Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße durch die staatlichen Kampfmittelräumdienste der Länder

Vom 9. September 2010
(VkBl. Nr. 18 vom 30.09.2010 S. 386aufgehoben)



1. Rechtsgrundlage

1.1 Diese Allgemeinverfügung wird auf der Basis des § 8 Nummer 1. Buchstaben a) bis c) der GGVSEB in Verbindung mit Absatz 2.2.1.1.3, Kapitel 3.3 Sondervorschrift 178 und Abschnitt 4.1.4.1 Verpackungsanweisung P 101 des ADR als Anleitung für die Klassifizierung von Kampfmitteln, die durch die staatlichen Kampfmittelräumdienste der Länder gemäß den Vorschriften des ADR befördert werden sollen, erlassen.

1.2 Nach dieser Allgemeinverfügung dürfen nur Kampfmittel befördert werden, die von einer Fachkundigen Person eines staatlichen Kampfmittelräumdienstes als sicher für die Beförderung im Straßenverkehr bewertet worden sind.

1.3 Diese Allgemeinverfügung gilt ausschließlich für die unter den Begriffsbestimmungen aufgeführten Kampfmittel und darf nur angewendet werden, wenn die unter Verpackungen und sonstigen Umschließungen angegebenen Bedingungen sowie die in dieser Allgemeinverfügung aufgeführten Nebenbestimmungen eingehalten werden.

2. Begriffsbestimmungen

2.1Kampfmittel: Im Sinne dieser Allgemeinverfügung sind Kampfmittel gewahrsamslos gewordene, zur Kriegsführung bestimmte Stoffe und Gegenstände militärischer Herkunft und Teile solcher Gegenstände die

2.1.1 Explosivstoffe oder Rückstände von Explosivstoffen enthalten oder daraus bestehen,

2.1.2 Nebel-, Brand- und/oder Reizstoffe sowie chemische Kampfstoffe oder Rückstände dieser Stoffe enthalten,

2.1.3 Kriegswaffen oder wesentliche Teile von Kriegswaffen sind.

Bem. 1
Unbeschadet dazu können unterschiedliche Begriffsbestimmungen der Länder für deren Vollzug bestehen. Auf Kampfmittel, die nach Begriffsbestimmungen der Länder nicht den in dieser Allgemeinverfügung beschriebenen Kampfmitteln entsprechen, ist diese Allgemeinverfügung nicht anwendbar.
Bem. 2
Auf Kampfmittel mit chemischen Kampfstoffen ist diese Allgemeinverfügung nur in Bezug auf die Klassifizierung anzuwenden. Die Beförderungsbedingungen von Kampfmitteln mit chemischen Kampfstoffen sind im Rahmen einer Einzelausnahme festzulegen.

2.2Fachkundige Person: Die Fachkundige und mit den Aufgaben der Kampfmittelräumung beauftragte Person eines staatlichen Kampfmittelräumdienstes.

3. Klassifizierung

3.1 Die Kampfmittel sind von der Fachkundigen Person zu identifizieren, in Bezug auf eine sichere Beförderung im Straßenverkehr zu bewerten und auf Transportfähigkeit zu untersuchen. Auf nicht als transportfähig erklärte Kampfmittel ist diese Allgemeinverfügung nicht anwendbar.

3.2 Die Fachkundige Person entscheidet, ob und welche geeigneten Verfahren vor Ort eingesetzt werden müssen, bevor über eine Klassifizierung entschieden wird. Die Bewertung muss zeitnah vor der Beförderung erfolgen.

3.3 Die Fachkundige Person hat für transportfähig erklärte Kampfmittel dahingehend zu beurteilen, ob sie gesammelt in einer Beförderungseinheit befördert werden dürfen, oder einzeln befördert werden müssen.

3.4 Da eine Prüfung nach dem Handbuch Prüfungen und Kriterien (siehe Begriffsbestimmungen unter Abschnitt 1.2.1 ADR) bei Kampfmitteln unmöglich ist, hat abweichend von den in Absatz 2.2.1.1.2 ADR vorgeschriebenen Methoden für die Klassifizierung von explosiven Stoffen und Gegenständen mit Explosivstoff der Klasse 1, die Zuordnung nach folgender Reihenfolge zu erfolgen:

3.4.1 wenn es nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um Kampfmittel mit chemischen Kampfstoffen handelt, zur UN-Nummer 0020, MUNITION, GIFTIG, Klasse 1.2, Verträglichkeitsgruppe K,

3.4.2 wenn es nicht ausgeschlossen werden kann, dass es sich um Kampfmittel, die weißen Phosphor enthalten, handelt, zur UN-Nummer 0243, MUNITION, BRAND, WEISSER PHOSPHOR, Klasse 1.2, Verträglichkeitsgruppe H, oder

3.4.3 in allen anderen Fällen, zur UN-Nummer 0465, GEGENSTÄNDE MIT EXPLOSIVSTOFF, N.A.G., Klasse 1.1, Verträglichkeitsgruppe F.

3.5 Die Zuordnung zur UN-Nummer 0020 befreit nicht vom Beförderungsverbot gemäß Absatz 2.2.1.2.2 ADR; für die Beförderung ist jeweils eine Einzelausnahme nach § 5 GGVSEB der zuständigen Behörde erforderlich, allerdings ist diese Allgemeinverfügung in diesem Zusammenhang als das für die Erteilung einer Einzelausnahme notwendige Gutachten anzusehen.

4. Verpackungen und sonstige Umschließungen

4.1 Zulässige Verpackungen

4.1.1 Folgende Verpackungsarten dürfen verwendet werden:
Kampfmittel, die der UN-Nummer 0243 zugeordnet wurden, wie Brandbomben, sind ausschließlich in Fässern aus Stahl mit abnehmbarem Deckel der Codierung 1A2 sowie in Kisten aus Stahl (4A) oder Aluminium (4B) zu verpacken.

4.1.2 Freiliegender weißer Phosphor ist unter Wasser oder nassem Sand in geschlossenen, dichten Metallverpackungen zu verpacken.

4.1.3 Rauchentwickler und pyrotechnische Sätze, die sich bei Feuchtigkeit entzünden können, müssen trocken gehalten werden.

4.1.4 Kampfmittel, die der UN-Nummer 0465 zugeordnet wurden, sind zu verpacken in:

4.1.4.1 Fässer aus Stahl, Aluminium oder Kunststoff mit abnehmbarem Deckel der Codierungen 1A2, 1B2 oder 1H2 oder

4.1.4.2 Kisten aus Stahl (4A), Aluminium (4B), Naturholz (4C1 oder 4C2), Sperrholz (4D), Holzfaserwerkstoff (4F), Pappe (4G), Kunststoff (4H1 oder 4H2) oder

4.1.4.3 Säcke aus Kunststofffolie der Codierung 5H4.

4.1.5 Freiliegende explosive Stoffe sind zu verpacken in:

4.1.5.1 Fässer aus Kunststoff mit abnehmbarem Deckel der Codierung 1H2 oder

4.1.5.2 Kisten aus Naturholz (4C1 oder 4C2), Sperrholz (4D), Holzfaserwerkstoff (4F).

4.1.6 Die Verpackungen müssen für Gegenstände geprüft und zugelassen sein sowie den Prüfvorschriften des Abschnitts 6.1.5 für die Verpackungsgruppe II genügen.

4.1.7 Übergangsweise dürfen auch Verpackungen verwendet werden, die vor dem Inkrafttreten dieser Allgemeinverfügung bei den Kampfmittelräumdiensten vorhanden waren, soweit sie den vorgenannten Verpackungsarten entsprechen und die in dieser Allgemeinverfügung aufgeführten Anforderungen an die Verpackungen erfüllen.

4.2 Zulässige sonstige Umschließungen

4.2.1 Als sonstige Umschließungen dürfen Boxpaletten aus Metall oder Kunststoff sowie beidseitig verschließbare Kunststoffröhren verwendet werden.

4.2.2 Die sonstigen Umschließungen dürfen eine Bruttomasse von 1000 kg nicht überschreiten.

4.2.3 In Abstimmung mit der BAM dürfen auch besondere für den jeweiligen Anwendungsfall geeignete Umschließungen verwendet werden.

5. Anforderungen an Verpackungen und sonstige Umschließungen

5.1 Alle Verpackungen und sonstigen Umschließungen müssen so ausgelegt und ausgeführt sein, dass:

5.1.1 die Kampfmittel geschützt werden, ihr Austreten verhindert wird und unter normalen Beförderungsbedingungen, einschließlich vorhersehbarer Temperatur-, Feuchtigkeits- oder Druckänderungen, keine Erhöhung der Gefahr einer unbeabsichtigten Auslösung eintritt;

5.1.2 das Versandstück unter normalen Beförderungsbedingungen sicher gehandhabt werden kann;

5.1.3 die Versandstücke den bei der Beförderung zu erwartenden Belastungen, z.B. durch vorhersehbare Stapelung, standhalten, ohne dass die von den Kampfmitteln ausgehenden Gefahren erhöht, die Tauglichkeit der Verpackungen für die Aufnahme von Gütern beeinträchtigt und die Versandstücke so verformt werden, dass sich ihre Festigkeit verringert oder dies zu einer Instabilität eines Stapels von Versandstücken führen kann.

5.2 Um eine übermäßige Verdämmung zu verhindern, dürfen Verpackungen aus Metall, die die Prüfkriterien der Verpackungsgruppe I erfüllen, nicht verwendet werden.

5.3 Die Verschlusseinrichtung von Fässern aus Metall muss eine geeignete Dichtung enthalten; weist die Verschlusseinrichtung ein Gewinde auf, muss das Eindringen von explosiven Stoffen in das Gewinde verhindert werden.

5.4 Nägel, Klammern und andere Verschlusseinrichtungen aus Metall ohne Schutzüberzug dürfen nicht in das Innere der Außenverpackung eindringen, es sei denn, die explosiven Stoffe und Gegenstände mit Explosivstoff sind durch die Innenverpackung vor einem Kontakt mit dem Metall wirksam geschützt. Dies gilt nicht für zusammengepackte Bruchteile von Kampfmitteln, denen noch Reste des Inhalts anhaften können; die dafür verwendeten Verpackungen und sonstigen Umschließungen sind nach jeder Beförderung zu reinigen.

5.5 Die Kampfmittel sind in den Verpackungen und sonstigen Umschließungen so zu sichern, z.B. durch Verwendung von Innenverpackungen, Abstandshaltern oder Polsterstoffen, dass sie ihre Lage in der Außenverpackung unter normalen Beförderungsbedingungen nicht in gefährlicher Weise verändern können und es nicht zu einem Austreten der Kampfmittel kommen kann. Die metallenen Teile der Gegenstände dürfen mit Verpackungen oder Verpackungsteilen aus Metall nicht in Berührung kommen.

5.6 Kampfmittel, die nicht in einer äußeren Umhüllung eingeschlossen sind, müssen so voneinander getrennt werden, dass Reibung und Stöße verhindert werden. Zu diesem Zweck dürfen Polsterstoffe, Horden, unterteilende Trennwände in der Innen- oder Außenverpackung, Formpressteile oder Behälter verwendet werden.

5.7 Die Verpackungen und sonstigen Umschließungen müssen aus Werkstoffen, die mit den im Versandstück enthaltenen Kampfmitteln verträglich und gegenüber diesen undurchlässig sind, so hergestellt sein, dass weder eine Wechselwirkung zwischen den Kampfmitteln und den Werkstoffen der Verpackung noch ein Austreten aus der Verpackung dazu führt, dass die Kampfmittel die Sicherheit der Beförderung beeinträchtigen oder sich die Gefahrenunterklasse oder die Verträglichkeitsgruppe ändert.

5.8 Das Eindringen von Kampfmitteln in die Zwischenräume der Verbindungsstellen von gefalzten Metallverpackungen muss verhindert werden.

5.9 Bei Kunststoffverpackungen darf nicht die Gefahr der Erzeugung oder der Ansammlung solcher Mengen elektrostatischer Ladung gegeben sein, dass eine Entladung die Zündung, die Entzündung oder das Auslösen des verpackten Kampfmittels verursachen könnte.

5.10 Kampfmittel dürfen nicht in Innen- oder Außenverpackungen verpackt werden, in denen Unterschiede zwischen Innen- und Außendruck z.B. auf Grund thermischer oder anderer Wirkungen eine Explosion oder ein Zubruchgehen des Versandstücks zur Folge haben können.

5.11 Sofern freie explosive Stoffe oder explosive Stoffe eines nicht oder nur teilweise mit einer Umhüllung versehenen Gegenstands mit der inneren Oberfläche der Metallverpackungen (1A2, 1B2, 4A, 4B und Behälter aus Metall) in Kontakt kommen können, muss die Metallverpackung mit einer Innenauskleidung oder -beschichtung ausgestattet sein, die jedoch durch diese explosiven Stoffe nicht angegriffen oder erheblich geschwächt wird und keinen gefährlichen Effekt auslösen darf, z.B. eine katalytische Reaktion oder eine Reaktion mit den explosiven Stoffen.

5.12 Verpackungen und sonstige Umschließungen für pulverförmige oder körnige Stoffe müssen staubdicht oder mit einem staubdichten Innensack versehen sein.

6. Zusammenpacken

6.1 Beim Zusammenpacken der Kampfmittel in einem Versandstück ist das Risiko einer Zündübertragung möglichst gering zu halten. Kampfmittel, bei deren Zusammenpacken dieses Risiko erhöht würde, sind in getrennten Versandstücken zu befördern. Insbesondere dürfen die folgenden Arten von Kampfmitteln nicht untereinander und nicht mit anderen Kampfmitteln in einem Versandstück zusammengepackt werden:

6.1.1 freiliegende explosive Stoffe, die gemäß Begriffsbestimmungen nach Abschnitt 1.2.1 des ADR gefährlich miteinander reagieren können,

6.1.2 sprengkräftige Zünder,

6.1.3 Gegenstände mit Leucht- oder Signalmitteln,

6.1.4 erkennbare Brandmunition mit selbstentzündlichen Stoffen.

6.2 Kampfmittel dürfen nicht mit sonstigen Gütern, wie Arbeitsgeräten, in einem Versandstück zusammengepackt werden.

7. Nebenbestimmungen

7.1 Folgende Nebenbestimmungen sind zu beachten:

7.1.1 Während der Beförderung dürfen an der Außenseite der Verpackungen oder sonstigen Umschließungen keine gefährlichen Reste von Kampfmittel anhaften.

7.1.2 Es sind EX/II- oder EX/III-Fahrzeuge zu verwenden.

7.1.3 Die Fachkundige Person hat dafür zu sorgen, dass Versandstücke mit Kampfmitteln und große unverpackte Kampfmittel auf dem Fahrzeug durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass die Anforderungen gemäß Abschnitt 7.5.7 ADR erfüllt sind.

Bem.
Für Kampfmittel, die als große Gegenstände unverpackt befördert werden, ist jeweils eine Einzelausnahme nach § 5 GGVSEB der zuständigen Behörde erforderlich, allerdings ist diese Allgemeinverfügung in diesem Zusammenhang als das für die Erteilung einer Einzelausnahme notwendige Gutachten anzusehen.

8. Angaben im Beförderungspapier

8.1 Wird diese Allgemeinverfügung in Anspruch genommen, so ist im Beförderungspapier auf diese Allgemeinverfügung zu verweisen oder eine Kopie dieser Allgemeinverfügung beizufügen.

8.2 Weiterhin ist der offiziellen Benennung für die Beförderung gemäß Absatz 5.4.1.1.3 des ADR der Ausdruck "ABFALL" voranzustellen. Bezüglich der Schreibweise gilt Absatz 5.4.1.1.2 des ADR.

8.3 Auf die gemäß Kapitel 3.3 Sondervorschrift 274 vorgeschriebene technische Benennung darf verzichtet werden.

9. Widerrufsvorbehalt

9.1 Diese Allgemeinverfügung wird unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilt.


Nr. 114 Bekanntmachung einer Allgemeinverfügung zur Klassifizierung von Kampfmitteln

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hat auf der Basis von § 8 Nummer 1 der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn, Binnenschifffahrt (GGVSEB) eine Allgemeinverfügung zur Klassifizierung von Kampfmitteln für die innerstaatliche Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße durch die staatlichen Kampfmittelräumdienste der Länder erlassen (Allgemeinverfügung Kampfmittel).

Die Allgemeinverfügung wurde in einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe mit Beteiligung von für die Kampfmittelbeseitigung zuständigen Behörden der Länder, des Bundesministeriums des Innern (vertreten durch die Bundespolizei), des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeitet.

Die Allgemeinverfügung wird nachstehend bekannt gegeben. Nach ihr kann ab dem Tage der Verkündung verfahren werden. Die BAM wird die Allgemeinverfügung auf ihrer Internetseite bereitstellen.

Bonn, den 09. September 2010 Az.: UI 33/3642.71/2009-7

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Dienstsitz Bonn

ENDE

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