umwelt-online: BAM-GGR 007 Leitlinie zur Verwendung von Gußeisen mit Kugelgraphit für Transport- und Lagerbehälter für radioaktive Stoffe (2)
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4.4.4 Festlegung der Fehlergröße

Die Festlegung von zulässigen bzw. relevanten Werkstofffehlergrößen im Bauteil erfolgt im Zusammenhang mit dendurchzuführenden zerstörungsfreien Prüfungen (s. Abschnitt 6) in entsprechenden Prüfvorschriften. Die registrierpflichtigen Anzeigen und Nachweisgrenzen sind darin in Abhängigkeit von der Bauteilgeometrie (z.B. der Wanddicke) zu spezifizieren.

Der bei der bruchmechanischen Auslegung zugrunde zu legende Werkstofffehlerist so groß zu wählen, dass die Existenz eines Fehlers dieser Größe durch das gewählte Verfahren für diezerstörungsfreie Prüfung ausgeschlossen wird. Die daraus abgeleitete, in die bruchmechanische Bewertung eingehende Rissgröße muss denauszuschließenden Werkstofffehler in konservativer Weise abdecken.Die Genauigkeit des Verfahrens für die zerstörungsfreie Prüfung ist mit einem Sicherheitsfaktor zu bewerten.

4.4.5 Ermittlung bruchmechanischer Werkstoffkennwerte

Die Bruchzähigkeit duktiler Gusseisenwerkstoffe wird vomGefügezustand, den Beanspruchungsgrößen Temperatur und Belastungsgeschwindigkeit sowie von der Geometrie des Bauteiles bzw. der Probe und einer daraus resultierenden Dehnungsbehinderung beeinflusst [31,56, 92, 93, 94]. In Abhängigkeit vom Zähigkeitsverhalten, das aus dem Komplex dieser Beanspruchungsbedingungen resultiert, müssen bei der Ermittlung der Werkstoffkennwerte die entsprechenden Bruchmechanikkonzepte angewendet werden. Während das J-Integral-Konzept sowohl im Gültigkeitsbereich der linear-elastischen Bruchmechanik als auch der Fließbruchmechanik einsetzbar ist, gilt das Spannungsintensitätsfaktor-Konzept (oder K-Konzept) nur im Bereich des linear-elastischen Werkstoffverhaltens. Beide Konzepte sind durch die Beziehungen

(10)

für den ebenen Verzerrungszustand und

KJ = (J E)0,5    (11)

für den ebenen Spannungszustand unter Verwendung des Elastizitätsmoduls E und der Poisson-Zahlv miteinander verknüpft.

Im Gegensatz zur uneingeschränkt zulässigen Umrechnung von Bruchzähigkeitswerten K in J-Integralwerte ist die Umrechnung von Kennwertendes J-Integral-Konzeptes in Bruchzähigkeiten KJ nur bis zugeringer Plastifizierung im Rissspitzenbereich (Kleinbereichsfließen)statthaft. Anderenfalls können bei Anwendung der Gleichungen (10) bzw.(11) auf Gusseisen mit Kugelgraphit auch nichtkonservative Ergebnisseresultieren, in deren Folge eine Überschätzung tolerierbarer Spannungen bzw. Fehlergrößen möglich ist [95].

Bruchmechanische Kennwerte bei dynamischer Beanspruchung werden in Analogie zur statischen Beanspruchung unter Berücksichtigung der Vorgaben in ASTM E 399 [96] (linear-elastisch) sowie ESIS P2 [97] und ASTM E 1820 [98](elastisch-plastisch) ermittelt. Quasistatische Beanspruchungsbedingungen werden dabei für Dehngeschwindigkeiten ε< 0,1 s-1 definiert. In Abhängigkeit von der fürden jeweils vorliegenden Nachweisfall relevanten Beanspruchungsgeschwindigkeit müssen dementsprechend statische oder dynamische bruchmechanische Werkstoffkennwerte ermittelt und verwendet werden, wobei insbesondere im dynamischen Beanspruchungsfall die Anwendung zuverlässiger messtechnischer Verfahren zur Erfassung der Last, der Verschiebung in der Lastangriffslinie und zur Detektion der Rissinitiierung vorauszusetzen ist.

Im Gültigkeitsbereich des K-Konzeptes der linear-elastischen Bruchmechaniksetzt die Bestimmung der statischen Bruchzähigkeit KIc bzw.der dynamischen Bruchzähigkeit KId nach ASTM E 399 [96] die Prüfung von ausreichend großen Proben voraus, die in der Praxis einen erhöhten Prüfaufwand darstellen. An kleineren Proben können im allgemeinen nur elastisch-plastische Zähigkeitskennwerte bestimmt werden wie der werkstoffspezifische Risseinleitungswiderstand nach dem J-Integral-Konzept auf der Grundlage der Prüfstandards ESIS P2 [97] bzw. ASTM E 1820 [98].

Im Rahmen der Behälterbegutachtung erfolgt die Ermittlung von Werkstoffkennwerten im allgemeinen an kleinen Bruchmechanikproben, die auf grund ihrer geringen Probengröße und des elastisch-plastischen Werkstoffverhaltens von Gusseisen mit Kugelgraphit die Anwendung des J-Integral-Konzeptes mit Aufnahme der Risswiderstandskurve (J -Δa bzw. Jd-Da) und die Festlegung von statischen bzw. dynamischen Risseinleitungszähigkeiten gemäß ESIS P2 (Ji bzw. Jid) und ASTM E 1820 (JIc bzw. JId) erfordern.

Bei Anwendung des J-Integral-Konzeptes für die Kennwertermittlung isteine Umrechnung in entsprechende K-Werte gemäß der Gln. (10) und(11) nicht erforderlich, falls die Berechnung der bruchmechanischen Beanspruchungfür den Sicherheitsnachweis rissbehafteter Bauteile mit der FE-Methodeunter Berücksichtigung des beanspruchungsabhängigen Festigkeits-und Verformungsverhaltens ebenfalls auf der Basis des J-Integral-Konzeptes erfolgt (vgl. Abschnitt 4.4.3).

4.4.6 Bruchmechanische Gewährleistungswerte

Im Ergebnis umfangreicher Werkstoffuntersuchungen im Rahmen der Behälterbegutachtung durch die BAM sowie in Forschungsarbeiten [59] gilt für Werkstoffe, die dem Basisgutachten [2] genügen, bei der niedrigsten Auslegungstemperatur von -40 °C der statische WerkstoffkennwertKIc = 50 MPa × m1/2 als abgesichert.

Im Vergleich zur bruchmechanischen Charakterisierung von Behälterwerkstoffen bei statischer Beanspruchung liegen für daskomplexe Beanspruchungsverhalten unter dynamischen Beanspruchungsbedingungen (Dehngeschwindigkeit ε> 0,1-1

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(Stand: 29.08.2018)

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