Eine vorsätzliche Handlungsweise ist nur dann Voraussetzsung für die Qualifizierung einer geahndeten Zuwiderhandlung als "Schwerster Verstoß", wenn die in Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 aufgeführten Merkmale des Verstoßes eine besondere Schuldform fordern. Dies gilt etwa für Nummer 6 des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 ("Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte, einer Karte eines anderen Fahrers oder einer Karte, die auf der Grundlage falscher Angaben und/oder gefälschter Dokumente erlangt worden ist."). Ansonsten knüpft die Vermutung für die Unzuverlässigkeit nicht an ein besonderes Verschulden des Betroffenen an, sodass grundsätzlich auch ein fahrlässig begangener Gesetzesverstoß als "Schwerster Verstoß" i. S. d. Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 gewertet werden kann.
Die Qualifizierung einer Straftat als "Schwerster Verstoß" i. S. d. Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 setzt regelmäßig das Vorliegen besonderer Tatumstände voraus. Eine Verurteilung wegen Fälschung beweiserheblicher Daten ( § 269 Abs. 1 StGB) stellt beispielsweise für sich allein noch keinen "Schwersten Verstoß" nach Nummer 6 Alternative 1 des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 (Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte) dar, sondern nur dann, wenn die Tat bei oder im Zusammenhang mit der Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte begangen worden ist. Teilnahme ( §§ 26, 27 StGB) und Versuch ( §§ 22, 23 StGB) sind regelmäßig ausreichend.
Bußgeldentscheidungen lassen sich nur dann als "Schwerster Verstoß" i. S. d. Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 qualifizieren, wenn die Geldbuße mehr als 200 EUR beträgt. Dies führt dazu, dass die Merkmale eines benannten "Schwersten Verstoßes" in vielen Fällen nur bei Verwirklichung bestimmter Begehungsvarianten erfüllt sind, die zu einer Erhöhung des Regelsatzes führen. Existiert für das relevante Rechtsgebiet ein Bußgeldkatalog, orientiert sich die vorgenommene Klassifizierung an der dort bei fahrlässiger Begehung und gewöhnlichen Tatumständen vorgesehenen Regelgeldbuße.
Bei Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten ist die Verwirklichung sämtlicher Begehungsvarianten umfasst, die gemäß § 3 Abs. 3, 4, 4a BKatV zu einer Erhöhung des Regelsatzes führen.
Eine Mitführungs- oder allgemeine Vorlagepflicht besteht für die nach §§ 29, 47a StVZO erstellten Untersuchungsberichte und Prüfprotokolle oder der nach Artikel 3 der Richtlinie 96/96/EG erstellten Bescheinigungen in der Bundesrepublik nicht. Dementsprechend existiert auf nationaler Ebene auch keine Sanktionsnorm, die die Voraussetzungen des Regeltatbestandes der Nummer 3 Alternative 1 des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 erfüllt (Fahren ohne gültigen Nachweis der technischen Überwachung, falls ein solches Dokument nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist).
Bei Auslegung des in Nummer 4 des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 verwendeten Begriffs "Beförderung" ist die für das Gefahrgutrecht geltende Legaldefinition des § 2 Abs. 2 Satz 1 GGBefG heranzuziehen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GGBefG umfasst die Beförderung nicht nur den Vorgang der Ortsveränderung, sondern auch die Übernahme und die Ablieferung des Gutes sowie zeitweilige Aufenthalte im Verlauf der Beförderung, Vorbereitungs- und Abschlusshandlungen (Verpacken und Auspacken der Güter, Be- und Entladen), Herstellen, Einführen und Inverkehrbringen von Verpackungen, Beförderungsmitteln und Fahrzeugen für die Beförderung gefährlicher Güter, auch wenn diese Handlungen nicht vom Beförderer ausgeführt werden.
Da der Regeltatbestand der Nummer 4 des Anhangs IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 eine "solche Gefahr für Menschleben und Umwelt" voraussetzt, "dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird", kommen ausschließlich Rechtsverstöße der Gefahrgutkategorie I i. S. d. Anlage 3 der GGKontrollV in Betracht. Diese sind in Anlage 7 der Richtlinien zur Durchführung der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt ( GGVSEB) und weiterer gefahrgutrechtlicher Verordnungen (RSEB) gesondert gekennzeichnet.