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Regelwerk

Richtlinien für die Überwachung der Schiffsstabilität

Vom 15. Dezember 2006
(VkBl. Nr. 2 vom 31.01.2007 S. 14)



Archiv: 2003

Die vorliegenden Richtlinien für die Überwachung der Schiffsstabilität sollen die Schiffsführung hinsichtlich der Wechselwirkungen von der Stabilität eines Schiffes und des herrschenden Seegangs sensibilisieren. Der Zusammenhang zwischen der Glattwasser-Hebelarmkurve eines Schiffes und dessen möglichen Verhalten im Seegang werden beschrieben. Der Schiffsführung soll die Gelegenheit zu einer gezielten Beobachtung von Seegang und Seegangsverhalten des Schiffes in einem konkreten Beladungszustand gegeben werden um daraus Erkenntnisse über eine potentielle Gefährdung ableiten zu können.

Die Auswirkungen von quereinkommender See auf die Stabilität eines Schiffes werden beschrieben sowie die Stabilität in längslaufender See. Gefahren durch Verlust der Stabilität auf dem Wellenberg werden erläutert sowie die Auswirkungen durch Resonanz zwischen der Rollzeit eines Schiffes und der Begegnungsperiode zwischen Schiff und Wellen.

Gerade die Abläufe im Bereich der Gefährdung durch Resonanz sind derartig komplex, so dass trotz weltweiter Forschung derzeit keine gesicherte Möglichkeit besteht, mit geeigneter Software mit ausreichender Sicherheit rechtzeitig vor einer derartigen Gefährdung warnen zu können.

Die in den Richtlinien angegebenen Formeln können auf Grund der komplexen Zusammenhänge nur als grobe Anhaltswerte gesehen werden. Die letztendliche Entscheidung liegt nach wie vor bei der Schiffsführung.

Die Richtlinien sind in verbindlicher deutscher und in englischer Sprache in diesem Sonderband veröffentlicht.

Stabilität und Rollbewegungen im Seegang

1.1 Mögliche Einwirkungen des Seegangs auf die Stabilität

Das Stabilitätsmoment des Schiffes ist das Produkt aus Hebelarm und Gewichtskraft. In glattem Wasser hängt die Stabilität bei einem gegebenen Beladungszustand nur vom Neigungswinkel ab, weil sich mit diesem der Hebelarm ändert, während die Gewichtskraft keiner Veränderung unterworfen ist. Dies ist die Glattwasserstabilität. Im Seegang unterliegt die Gewichtskraft wegen der dort auftretenden Beschleunigungen periodischen Veränderungen. Solche Veränderungen der Gewichtskraft sind begrenzt und haben keinen großen Einfluss auf die wirksame Stabilität.

Von wesentlicher Bedeutung für die Stabilität im Seegang sind mögliche Änderungen der Hebelarme. Diese können auftreten, wenn in längslaufendem Seegang die Verteilung des Auftriebs über die Schifflänge stark von der in glattem Wasser gegebenen Auftriebsverteilung abweicht (siehe 1.3).

1.2 Stabilität in quereinkommender See

Die wechselnde Wellenschräge besteht über die ganze Schiffslänge hinweg in gleicher Weise und verursacht nur eine Veränderung des Neigungswinkels. Die bei den wirksamen Neigungswinkeln entstehenden Hebelarme sind gleich denen in glattem Wasser. Abgesehen von geringen dynamischen Einflüssen bleibt die Glattwasserstabilität erhalten.

1.3 Stabilität in längslaufender See

In längslaufender See unterliegen die Auftriebsverteilung in Schiffslängsrichtung und der entsprechende wirksame Hebelarm periodischen Schwankungen.

Dies wird bei Handelsschiffen herkömmlicher Bauart verursacht durch:

Beide Ursachen treten meistens gleichzeitig auf. Zum besseren Verständnis werden sie nachstehend getrennt beschrieben.

1.3.1 Entlangziehen von Wellenbergen am Schiffsrumpf

Wenn die Wellenlänge die Größenordnung der Schiffslänge hat (ca. 0,7 * Lpp bis ca. 1,4 * Lpp) und die Wellenhöhe ausreichend groß ist, hängt die Größe der wirksamen Hebelarme von der jeweiligen Position des Wellenberges am Schiffsrumpf ab. Das ergibt sich aus der Auftriebsverteilung bei Handelsschiffen üblicher Bauart, besonders bei modernen Schiffsformen mit großer Decksladekapazität. Die hinteren und vorderen Teile des Schiffsrumpfes tragen wegen ihrer ausfallenden Spanten und etwa dort angeordneter Aufbauten (Back und Poop) wesentlich zum Entstehen der Hebelarme bei.

Wenn der Wellenberg den mittleren Teil der Schiffslänge durchläuft, tauchen die Schiffsenden zu den Wellentälern hin aus. Die Hebelarme sind dann kleiner mit einem Minimum bei Position des Wellenberges etwa beim Hauptspant (Wellenberglage). Wenn der Wellenberg zum Ende des Schiffes läuft und der nachfolgende Wellenberg sich dem anderen Ende des Schiffes nähert, tauchen die Schiffsenden deutlich tiefer ein als in ruhigem Wasser. Die Hebelarme sind dann gröl3er mit einem Maximum bei Lage des Hauptspants etwa im Wellental (Wellentallage).

Bild 1.1: Hebelarmkurven auf dem Wellenberg, im Wellental und in Glattwasser

Wellenlänge gleich Schiffslänge, Wellenhöhe 9 m am Beispiel eines Mehrzweckfrachters mit langer Back und Poop. Lpp= 135 m, Tiefgang 8,20 m (abgeladen), GMC in Glattwasser = 1,50 m.

Grundsätzlich wächst die Größe der Schwankung der Hebelarme mit der Schiffsgröße an, solange das Größenverhältnis zwischen Schiff und Wellen ähnlich bleibt (Maßstabseffekt). Dies gilt für Schiffe aller Größen.

Trotzdem wird gerade auch bei kleinen Schiffen die Schwankung der Hebelarme durch steile am Rumpf entlangziehende Wellen gefährlich groß. Die Hebelarme von kleinen Schiffen mit geringem Freibord hängen bei größeren Neigungen vom Zuwasserkommen der Back und der Poop ab, besonders weil das Volumen dieser Aufbauten im Verhältnis zum gesamten Verdrängungsvolumen groß ist. Tauchen Back und Poop in der Wellenberglage aus, reduzieren sich bei großen Neigungswinkeln die Hebelarme eines kleinen Schiffes erheblich.

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