Der Schiffssicherheitsausschuss behandelte auf seiner einundsiebzigsten Tagung (19. bis 28. Mai 1999) das Thema Fatigue und einigte sich auf die Ausarbeitung einer praktischen Anleitung, die allen Parteien geeignete Informationen über Fatigue zur Verfügung stellen würde.
Daraufhin nahm der Ausschuss auf seiner vierundsiebzigsten Tagung (30. Mai bis 8. Juni 2001) das MSC/Rundschreiben 1014 Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management an.
Der Ausschuss vereinbarte auf seiner vierundneunzigsten Tagung (17. bis 21. November 2014), eine Überarbeitung der Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management vorzunehmen und forderte den Unterausschuss "Human Element, Training and Watchkeeping" (HTW) auf, diese Überarbeitung durchzuführen.
Dementsprechend nahm der Ausschuss auf seiner 100. Tagung (3. bis 7. Dezember 2018) die diesem Dokument beigefügten Richtlinien zu Fatigue (Übermüdung) an, die vom HTW-Unterausschuss auf seiner fünften Tagung (16. bis 20. Juli 2018) abgeschlossen wurden.
Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert:
die Richtlinien ihren Schifffahrtsverwaltungen und allen beteiligten Parteien, einschließlich Seeleuten, Unternehmen, Schiffbauingenieuren/ Schiffskonstrukteuren und Ausbildungs- und Schulungsanbietern, zur Kenntnis zu bringen;
die Richtlinien als Grundlage für die Verbreitung von Informationen über das Thema Fatigue zu nutzen (zum Beispiel mittels Broschüren, Video-Schulungsmodulen, Seminaren und Workshops); und
sich bei der Festsetzung der Mindestbesatzungsstärke an die Richtlinien zu halten.
Unternehmen werden mit Nachdruck aufgefordert, bei der Entwicklung, Umsetzung und Verbesserung der Sicherheitsmanagement-Systeme gemäß dem ISM-Code das Thema Fatigue zu berücksichtigen.
Dieses Rundschreiben ersetzt MSC.1/Rundschreiben 1014 Richtlinie zur Linderung von Fatigue (Übermüdung) und Fatigue-Management, das am 12. Juni 2001 angenommen wurde.
Für die Zwecke dieser Richtlinien gilt folgende Begriffsbestimmung für Fatigue: "Ein Zustand körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigung, die von Faktoren hervorgerufen wird wie unzureichendem Schlaf, langen Wachperioden, Arbeits-/Ruhezeiten, die nicht dem zirkadianen Rhythmus entsprechen, sowie körperlicher, geistiger oder emotionaler Belastung, die zu einer Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und der Fähigkeit zur Aufrechterhaltung eines sicheren Schiffsbetriebs oder einer Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Ausführung sicherheitsrelevanter Aufgaben führen kann."
Fatigue stellt eine Gefahr dar, da es die Fähigkeit von Seeleuten, ihre Arbeit effektiv und sicher durchzuführen, beeinträchtigen kann. Wichtig ist dabei, dass Fatigue jeden betrifft, unabhängig von seinen Fähigkeiten, seines Wissens und seiner Ausbildung. Die Auswirkungen von Fatigue können besonders im Transportsektor, einschließlich der Schifffahrtsindustrie, besonders gefährlich sein. Alle Beteiligten müssen wachsam den Faktoren gegenüber sein, die zu Fatigue beitragen, und sich bemühen, die Risiken, die von Fatigue ausgehen, zu mindern und zu kontrollieren.
Um Fatigue in der Seeschifffahrt wirksam begegnen zu können, bedarf es eines umfassenden und ganzheitlichen Ansatzes, der den Schiffsentwurf und die Aufgaben und Verantwortlichkeiten aller Beteiligten bei der Linderung von Fatigue und beim Fatigue-Management berücksichtigt. Eine wirksame Fatigue-Management-Strategie beginnt damit, die Anforderungen bezüglich der Arbeitsbelastung zu ermitteln und die Besatzungsstärke an Bord und die Unterstützungskapazitäten an Land entsprechend anzupassen, kombiniert mit einer wirksamen Steuerung der Arbeitsbelastung und der Arbeits- und Ruhezeiten an Bord. Es gibt nicht nur einen einzigen Weg zur Auseinandersetzung mit Fatigue, sondern man muss sich mit bestimmten grundsätzlichen Fragen auseinandersetzen, um das nötige Wissen und Verständnis zur Bewältigung dieses menschlichen Phänomens zur erlangen.
Die Organisation hat diese Richtlinien entwickelt, um allen Beteiligten zu einem besseren Verständnis ihrer Aufgaben und Verantwortlichkeiten bei der Minderung und Bewältigung des Fatigue-Risikos zu verhelfen.
Die Richtlinien stellen Informationen über die Ursachen und Auswirkungen von Fatigue bereit sowie über die Risiken, die davon für die Sicherheit und Gesundheit der Seeleute, den sicheren Schiffsbetrieb, die Gefahrenabwehr und den Schutz der Meeresumwelt ausgehen. Sie sollen alle Beteiligten dabei unterstützen, einen Beitrag zur Linderung von Fatigue und zum Fatigue-Management zu leisten.