Beschluss (GASP) 2022/266 des Rates vom 23 Februar 2022 über restriktive Maßnahmen als Reaktion auf die Anerkennung der nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk und die Anordnung der Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete
(ABl. LI 42 vom 23.02.2022 S. 109)
Der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 29,
auf Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Europäische Union unterstützt nach wie vor uneingeschränkt die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine.
(2) Der Europäische Rat hat Russland in seinen Schlussfolgerungen vom 24. und 25. Juni 2021 aufgefordert, als Grundvoraussetzung für jede grundlegende Änderung des Standpunkts der Union seiner Verantwortung für die Sicherstellung der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen in vollem Umfang nachzukommen. Der Europäische Rat ersuchte die Kommission und den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden "Hoher Vertreter") auch, Optionen für zusätzliche restriktive Maßnahmen einschließlich Wirtschaftssanktionen vorzulegen.
(3) Der Europäische Rat betonte in seinen Schlussfolgerungen vom 16. Dezember 2021, dass Russland dringend eine Deeskalation der Spannungen herbeiführen muss, die durch den Truppenaufmarsch entlang seiner Grenze zur Ukraine und seine aggressive Rhetorik verursacht wurden. Er bekräftigte seine uneingeschränkte Unterstützung für die Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine. Der Europäische Rat ermutigte zu diplomatischen Bemühungen und unterstützte das Normandie-Format bei der vollständigen Umsetzung der Minsker Vereinbarungen und erklärte, dass jede weitere militärische Aggression gegen die Ukraine massive Konsequenzen und hohe Kosten nach sich ziehen würde, einschließlich mit Partnern abgestimmter restriktiver Maßnahmen.
(4) Der Rat hat am 24. Januar 2022 Schlussfolgerungen genehmigt, in denen er die fortgesetzten aggressiven Handlungen und Drohungen Russlands gegen die Ukraine verurteilt und Russland aufgefordert hat, eine Deeskalation der Lage herbeizuführen, sich an das Völkerrecht zu halten und über die bestehenden internationalen Mechanismen in einen konstruktiven Dialog einzutreten. Der Rat wies auf die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 16. Dezember 2021 hin und bekräftigte, dass jede weitere militärische Aggression seitens Russlands gegen die Ukraine massive Konsequenzen und hohe Kosten nach sich ziehen werde, einschließlich eines breiten Spektrums an gegen bestimmte Bereiche und gegen einzelne Personen und Einrichtungen gerichteten restriktiven Maßnahmen, die in Abstimmung mit den Partnern erlassen würden.
(5) Am 21. Februar 2022 unterzeichnete der Präsident der Russischen Föderation ein Dekret zur Anerkennung der Unabhängigkeit und Souveränität der selbsternannten "Volksrepublik Donezk" und der "Volksrepublik Luhansk" und ordnete die Entsendung russischer Streitkräfte in diese Gebiete an.
(6) Der Hohe Vertreter hat am 22. Februar 2022 eine Erklärung im Namen der Union abgegeben, in der er die Entscheidung des Präsidenten der Russischen Föderation, die nicht von der Regierung kontrollierten Gebiete der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk als unabhängig anzuerkennen, und die daraus folgende Entscheidung, russische Truppen in diese Gebiete zu entsenden, verurteilt. Durch diese rechtswidrige Handlung wird die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine weiter untergraben, und sie stellt einen schweren Verstoß gegen das Völkerrecht und internationale Übereinkünfte dar, darunter die Charta der Vereinten Nationen, die Schlussakte von Helsinki, die Charta von Paris und das Budapester Memorandum sowie die Minsker Vereinbarungen und die Resolution 2202 (2015) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Der Hohe Vertreter forderte Russland als Konfliktpartei nachdrücklich auf, die Anerkennung rückgängig zu machen, seine Zusagen einzuhalten, das Völkerrecht zu achten und zu den Beratungen im Normandie-Format und in der trilateralen Kontaktgruppe zurückzukehren. Er kündigte an, dass die Union auf diese jüngsten Verstöße Russlands reagieren werde, indem sie so schnell wie möglich zusätzliche restriktive Maßnahmen erlassen wird.
(7) Angesichts dieser Umstände ist der Rat der Ansicht, dass die Einfuhr von Waren mit Ursprung in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk in die Europäische Union verboten werden sollte, wobei Waren, für die ein Ursprungszeugnis der ukrainischen Regierung ausgestellt worden ist, von diesem Verbot ausgenommen werden sollten.
(8) Außerdem sollte der Handel mit Waren und Technologien zur Nutzung in bestimmten Bereichen in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk beschränkt werden. Dienstleistungen in den Bereichen Verkehr, Telekommunikation, Energie oder Prospektion, Exploration und Förderung von Öl-, Gas- und Mineralressourcen sowie Dienstleistungen in Zusammenhang mit Tourismusaktivitäten in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk sollten verboten werden.
(9) Für die Durchführung bestimmter Maßnahmen ist ein weiteres Tätigwerden der Union erforderlich
- hat folgenden Beschluss erlassen:
(1) Die Einfuhr von Waren mit Ursprung in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Region Donezk oder den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Region Luhansk in die Union ist verboten.
(2) Es ist verboten, hinsichtlich der Einfuhr von Waren mit Ursprung in den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Region Donezk oder den nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten der ukrainischen Region Luhansk unmittelbar oder mittelbar Finanzmittel oder Finanzhilfe sowie Versicherungen und Rückversicherungen bereitzustellen.
Die Verbote gemäß Artikel 1 gelten nicht für Waren mit Ursprung in den in Artikel 1 genannten nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten, die den ukrainischen Behörden zur Prüfung bereitgestellt und von diesen kontrolliert worden sind und für die ein Ursprungszeugnis der ukrainischen Regierung ausgestellt worden ist.
Die Verbote gemäß Artikel 1 gelten bis zum 24. Mai 2022 unbeschadet der Erfüllung von vor dem 23. Februar 2022 geschlossenen Verträgen oder von akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind und bis spätestens 24. Mai 2022 zu schließen und zu erfüllen sind.
Es ist verboten, wissentlich und vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Verbote gemäß Artikel 1 bezweckt oder bewirkt wird.
(1) Folgendes ist verboten:
(2) Die Verbote gemäß Absatz 1
(3) Es ist verboten, wissentlich oder vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Verbote gemäß Absatz 1 bezweckt oder bewirkt wird.
(4) Die Verbote und Beschränkungen dieses Artikels gelten nicht für rechtmäßige Geschäfte mit Einrichtungen in den in Artikel 1 genannten nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten, sofern die betreffenden Investitionen nicht für Einrichtungen in den in Artikel 1 genannten nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten bestimmt sind.
(1) Der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr von Waren oder Technologien durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus oder durch Schiffe oder Luftfahrzeuge, die der Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats unterliegen, unabhängig davon, ob diese Waren und Technologien ihren Ursprung im Hoheitsgebiet dieser Mitgliedstaaten haben oder nicht, sind verboten
in einem der folgenden Bereiche:
(2) Die Bereitstellung von
ist verboten.
(3) Es ist verboten, wissentlich oder vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Verbote gemäß den Absätzen 1 und 2 bezweckt oder bewirkt wird.
(4) Die Union ergreift die notwendigen Maßnahmen zur Festlegung der relevanten Gegenstände, die von diesem Artikel erfasst werden.
(1) Es ist verboten, technische Hilfe oder Vermittlungsdienste, Bau- oder Ingenieurleistungen in direktem Zusammenhang mit Infrastrukturen in den in Artikel 1 genannten nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten in den in Artikel 6 Absatz 1 genannten Bereichen zu erbringen, und zwar unabhängig vom Ursprungsort der Waren oder Technologien.
(2) Die Verbote gemäß Absatz 1 gelten unbeschadet der Erfüllung - bis zum 24. August 2022 - von vor dem 23. Februar 2022 geschlossenen Verträgen oder akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind.
(3) Es ist verboten, wissentlich oder vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Verbote gemäß den Absätzen 1 und 2 bezweckt oder bewirkt wird.
(1) Die zuständigen Behörden können im Zusammenhang mit in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 7 Absatz 1 aufgeführten Tätigkeiten und hinsichtlich Waren und Technologien nach Artikel 6 Absatz 1 eine Genehmigung erteilen, sofern sie
(2) Die zuständigen Behörden können außerdem unter ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen eine Transaktion im Zusammenhang mit den in Artikel 5 Absatz 1 aufgeführten Tätigkeiten genehmigen, sofern diese Transaktion der Instandhaltung und somit der Gewährleistung der Sicherheit der bestehenden Infrastruktur dient.
(3) Die zuständigen Behörden können ferner eine Genehmigung im Zusammenhang mit den in Artikel 6 Absatz 1 aufgeführten Waren und Technologien und mit den in Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 7 aufgeführten Tätigkeiten erteilen, sofern der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr der Gegenstände und Technologien oder die Durchführung der Tätigkeiten zur dringenden Abwendung oder Eindämmung eines Ereignisses erforderlich ist, das voraussichtlich schwerwiegende und wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheit und Sicherheit von Menschen, einschließlich der Sicherheit vorhandener Infrastruktur, oder die Umwelt haben wird. In hinreichend begründeten dringenden Fällen kann der Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung erfolgen, sofern der Ausführer die zuständige Behörde innerhalb von fünf Arbeitstagen nach dem Verkauf, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr davon unterrichtet und die einschlägigen Gründe für den Verkauf, die Lieferung, die Weitergabe oder die Ausfuhr ohne vorherige Genehmigung ausführlich darlegt.
Die Kommission und die Mitgliedstaaten informieren einander über die nach diesem Absatz getroffenen Maßnahmen und übermitteln einander die ihnen vorliegenden sonstigen sachdienlichen Informationen.
(1) Die Erbringung von Dienstleistungen in direktem Zusammenhang mit Tourismusaktivitäten in den in Artikel 1 genannten nicht von der Regierung kontrollierten Gebieten durch Staatsangehörige der Mitgliedstaaten oder vom Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aus oder durch Schiffe oder Luftfahrzeuge, die der Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaats unterliegen, ist verboten.
(2) Die Verbote gemäß Absatz 1 gelten unbeschadet der Erfüllung - bis zum 24. August 2022 - von vor dem 23. Februar 2022 geschlossenen Verträgen oder akzessorischen Verträgen, die für die Erfüllung dieser Verträge erforderlich sind.
(3) Es ist verboten, wissentlich oder vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Verbote gemäß Absatz 1 bezweckt oder bewirkt wird.
Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Dieser Beschluss gilt bis zum 24. Februar 2023.
Dieser Beschluss wird fortlaufend überprüft. Er wird gegebenenfalls verlängert oder geändert, wenn der Rat der Auffassung ist, dass seine Ziele nicht erreicht wurden.
Geschehen zu Brüssel am 23. Februar 2022.
ENDE |
(Stand: 14.04.2022)
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