Beschluss (GASP) 2019/797 des Rates vom 17. Mai 2019 über restriktive Maßnahmen gegen Cyberangriffe, die die Union oder ihre Mitgliedstaaten bedrohen

(ABl. LI 129 vom 17.05.2019 S. 13, ber. 2020 L 230 S. 36;
Beschl. (GASP) 2020/651 - ABl. L 153 vom 15.05.2020 S. 4;
Beschl. (GASP) 2020/1127 - ABl. L 246 vom 30.07.2020 S. 12;
Beschl. (GASP) 2020/1537 - ABl. LI 351 vom 22.10.2020 S. 5;
Beschl. (GASP) 2020/1748 - ABl. L 393 vom 23.11.2020 S. 19;
Beschl. (GASP) 2021/796 - ABl. LI 174 vom 18.05.2021 S. 1;
Beschl. (GASP) 2022/754 - ABl. L 138 vom 17.05.2022 S. 16;
Beschl. (GASP) 2023/964 - ABl. L 129 vom 16.05.2023 S. 16;
Beschl. (GASP) 2023/2686 - ABl. L 2023/2686 vom 28.11.2023;
Beschl. (GASP) 2024/1391 - ABl. L 2024/1390 vom 17.05.2024)


=> Zur nachfolgenden Fassung

Der Rat der Europäischen Union -

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 29,

auf Vorschlag der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Am 19. Juni 2017 hat der Rat Schlussfolgerungen zu einem Rahmen für eine gemeinsame diplomatische Reaktion auf böswillige Cyberaktivitäten (Cyber Diplomacy Toolbox) angenommen, in denen er seine Besorgnis über die zunehmende Fähigkeit und Bereitschaft staatlicher und nichtstaatlicher Akteure, ihre Ziele durch böswillige Cyberaktivitäten zu verfolgen, zum Ausdruck brachte und bekräftigt, dass es mehr und mehr notwendig ist, die Integrität und Sicherheit der Union, ihrer Mitgliedstaaten sowie ihrer Bürgerinnen und Bürger vor Bedrohungen aus dem Cyberraum und böswilligen Cyberaktivitäten zu schützen.

(2) Der Rat betonte zudem, dass ein deutlicher Hinweis auf die absehbaren Konsequenzen einer gemeinsamen diplomatischen Reaktion der Union auf böswillige Cyberaktivitäten das Verhalten potenzieller Angreifer im Cyberraum beeinflusst und damit die Sicherheit der Union und ihrer Mitgliedstaaten erhöht. Er bekräftigte ferner, dass Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), erforderlichenfalls einschließlich restriktiver Maßnahmen, die gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Verträge angenommen werden, für einen Rahmen für eine gemeinsame diplomatische Reaktion auf böswillige Cyberaktivitäten geeignet sind und dazu dienen, die Zusammenarbeit zu fördern, unmittelbare und langfristige Bedrohungen einzudämmen und auf lange Sicht Einfluss auf das Verhalten potenzieller Angreifer zu nehmen.

(3) Am 11. Oktober 2017 hat das Politische und Sicherheitspolitische Komitee Umsetzungsleitlinien für die Cyber Diplomacy Toolbox gebilligt. Diese Umsetzungsleitlinien beziehen sich auf fünf Kategorien von Maßnahmen, einschließlich restriktiver Maßnahmen, im Rahmen der Cyber Diplomacy Toolbox und das Verfahren zur Inanspruchnahme dieser Maßnahmen.

(4) In den am 16. April 2018 angenommenen Schlussfolgerungen des Rates zu böswilligen Cyberaktivitäten wurde die böswillige Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) entschieden verurteilt und betont, dass der Missbrauch von IKT für böswillige Zwecke nicht hingenommen werden kann, da er die Stabilität, Sicherheit und die Vorteile untergräbt, die das Internet und die Nutzung von IKT bieten. Der Rat verwies darauf, dass die Cyber Diplomacy Toolbox einen Beitrag zur Konfliktprävention, Zusammenarbeit und Stabilität im Cyberraum leistet und dass in ihr Maßnahmen im Rahmen der GASP, einschließlich restriktiver Maßnahmen, dargelegt werden, mit denen böswillige Cyberaktivitäten verhindert werden können bzw. darauf reagiert werden kann. Er erklärte, dass die Union sich auch weiterhin entschieden dafür einsetzen werde, dass das geltende Völkerrecht auf den Cyberraum Anwendung findet, und betonte, dass die Achtung des Völkerrechts, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen, von wesentlicher Bedeutung ist, um Frieden und Stabilität zu erhalten. Der Rat hob ferner hervor, dass die Staaten keine Stellvertreter einsetzen dürfen, um mittels IKT völkerrechtswidrige Handlungen zu begehen, und nach bestem Bemühen dafür Sorge tragen sollten, dass nichtstaatliche Akteure von ihrem Hoheitsgebiet aus keine derartigen Handlungen begehen, wie es im Bericht der von den Vereinten Nationen eingesetzten Gruppe von Regierungssachverständigen für Entwicklungen auf dem Gebiet der Information und Telekommunikation im Kontext der internationalen Sicherheit von 2015 beschrieben wurde.

(5) Am 28. Juni 2018 hat der Europäische Rat Schlussfolgerungen angenommen, in denen er betonte, dass die Fähigkeiten zur Abwehr von Cybersicherheitsbedrohungen, die ihren Ursprung außerhalb der Union haben, gestärkt werden müssen. Der Europäische Rat forderte die Institutionen und Mitgliedstaaten auf, die in der Gemeinsamen Mitteilung der Kommission und der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 13. Juni 2018 mit dem Titel "Stärkung der Resilienz und Ausbau der Kapazitäten zur Abwehr hybrider Bedrohungen" genannten Maßnahmen umzusetzen, einschließlich der praktischen Anwendung der Cyber Diplomacy Toolbox.

(6) Am 18. Oktober 2018 hat der Europäische Rat Schlussfolgerungen angenommen, in denen er dazu aufforderte, die Arbeit an der Fähigkeit, mit restriktiven Maßnahmen der Union auf Cyberangriffe zu reagieren und diese zu verhindern, anknüpfend an die Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juni 2017 voranzubringen.

(7) In diesem Zusammenhang wird mit dem vorliegenden Beschluss ein Rahmen für gezielte restriktive Maßnahmen zur Verhinderung von Cyberangriffen und zur Reaktion auf Cyberangriffe mit erheblichen Auswirkungen, die eine externe Bedrohung für die Union oder ihre Mitgliedstaaten darstellen, geschaffen. Sofern dies für notwendig erachtet wird, um die in den einschlägigen Bestimmungen des Artikels 21 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der GASP zu erreichen, ermöglicht es der vorliegende Beschluss, restriktive Maßnahmen auch zur Reaktion auf gegen Drittstaaten oder internationale Organisationen gerichtete Cyberangriffe mit erheblichen Auswirkungen anzuwenden.

(8) Um eine abschreckende und vorbeugende Wirkung zu erreichen, sollten gezielte restriktive Maßnahmen vor allem auf diejenigen in den Anwendungsbereich dieses Beschlusses fallenden Cyberangriffe ausgerichtet sein, die vorsätzlich durchgeführt werden.

(9) Es sollte zwischen gezielten restriktiven Maßnahmen und der Feststellung der Verantwortung eines Drittstaats für einen Cyberangriff unterschieden werden. Die Anwendung gezielter restriktiver Maßnahmen bedeutet nicht, dass diese Verantwortung festgestellt wurde, da es sich dabei um eine souveräne politische Entscheidung handelt, die von Fall zu Fall getroffen wird. Jeder Mitgliedstaat kann seine eigene Entscheidung in Bezug auf die Feststellung der Verantwortung für einen Cyberangriff treffen.

(10) Für die Durchführung bestimmter Maßnahmen ist ein weiteres Tätigwerden der Union erforderlich

- hat folgenden Beschluss erlassen:

Artikel 1

(1) Dieser Beschluss gilt für Cyberangriffe mit erheblichen Auswirkungen, einschließlich versuchter Cyberangriffe mit potenziell erheblichen Auswirkungen, die eine äußere Bedrohung für die Union oder ihre Mitgliedstaaten darstellen.

(2) Zu Cyberangriffen, die eine äußere Bedrohung darstellen, zählen Cyberangriffe, die

  1. ihren Ausgang außerhalb der Union haben oder von dort durchgeführt werden,
  2. außerhalb der Union befindliche Infrastrukturen nutzen,
  3. von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die außerhalb der Union ansässig oder tätig sind, durchgeführt werden oder
  4. mit Unterstützung, auf Anweisung oder unter der Kontrolle von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die außerhalb der Union tätig sind, durchgeführt werden.

(3) Zu diesem Zweck sind Cyberangriffe Handlungen, die

  1. den Zugang zu Informationssystemen,
  2. den Eingriff in Informationssysteme,
  3. den Eingriff in Daten oder
  4. das Abfangen von Daten

umfassen, wenn diese Handlungen vom Eigentümer oder einem anderen Rechtsinhaber des Systems oder der Daten oder eines Teils des Systems oder der Daten nicht ordnungsgemäß gestattet wurden oder nach dem Recht der Union oder des betreffenden Mitgliedstaats nicht zulässig sind.

(4) Zu Cyberangriffen, die eine Bedrohung für die Mitgliedstaaten darstellen, zählen Cyberangriffe auf Informationssysteme, u. a. in den folgenden Bereichen:

  1. kritische Infrastrukturen, einschließlich Seekabel und in den Weltraum gestarteter Gegenstände, die von wesentlicher Bedeutung für die Aufrechterhaltung wichtiger gesellschaftlicher Funktionen oder der Gesundheit, der Sicherheit und des wirtschaftlichen oder sozialen Wohlergehens der Bevölkerung sind;
  2. Dienstleistungen, die für die Aufrechterhaltung wesentlicher sozialer und/oder wirtschaftlicher Tätigkeiten erforderlich sind, insbesondere in den Sektoren: Energie (Elektrizität, Öl und Gas), Verkehr (Luft, Schiene, Wasser und Straße), Bankenwesen, Finanzmarktinfrastrukturen, Gesundheitswesen (Gesundheitsdienstleister, Krankenhäuser und Privatkliniken), Trinkwasserlieferung und -versorgung oder digitale Infrastruktur und in anderen Sektoren, die für den betreffenden Mitgliedstaat von wesentlicher Bedeutung sind;
  3. kritische staatliche Funktionen, insbesondere in den Bereichen Verteidigung, Staatsführung und Funktionieren der Institutionen, u. a. im Zusammenhang mit Wahlen oder dem Wahlvorgang, Funktionieren der wirtschaftlichen und der zivilen Infrastruktur, innere Sicherheit sowie Außenbeziehungen, einschließlich mittels diplomatischer Missionen;
  4. Speicherung oder Verarbeitung von Verschlusssachen oder
  5. Katastrophenstäbe der Regierungen.

(5) Zu Cyberangriffen, die eine Bedrohung für die Union darstellen, zählen Cyberangriffe, die gegen ihre Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, ihre Delegationen in Drittstaaten oder bei internationalen Organisationen, ihre Operationen und Missionen im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und ihre Sonderbeauftragten geführt werden.

(6) Sofern dies für notwendig erachtet wird, um die in den einschlägigen Bestimmungen des Artikels 21 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der GASP zu erreichen, können restriktive Maßnahmen gemäß diesem Beschluss auch zur Reaktion auf gegen Drittstaaten oder internationale Organisationen gerichtete Cyberangriffe mit erheblichen Auswirkungen angewandt werden.

Artikel 2

Für die Zwecke dieses Beschlusses bezeichnet der Ausdruck

  1. "Informationssysteme" eine Vorrichtung oder eine Gruppe miteinander verbundener oder zusammenhängender Vorrichtungen, die einzeln oder zu mehreren auf der Grundlage eines Programms die automatische Verarbeitung von digitalen Daten durchführen, sowie die von ihr oder ihnen zum Zwecke des Betriebs, der Nutzung, des Schutzes und der Pflege gespeicherten, verarbeiteten, abgerufenen oder übertragenen digitalen Daten;
  2. "Eingriff in Informationssysteme" eine Behinderung oder Störung des Betriebs eines Informationssystems durch Eingeben von digitalen Daten, durch Übermitteln, Beschädigen, Löschen, Beeinträchtigen, Verändern oder Unterdrücken von digitalen Daten oder durch Unzugänglichmachen von digitalen Daten;
  3. "Eingriff in Daten" das Löschen, Beschädigen, Beeinträchtigen, Verändern, Unterdrücken oder Unzugänglichmachen von digitalen Daten eines Informationssystems; hierunter fällt auch der Diebstahl von Daten, Geldern, wirtschaftlichen Ressourcen oder geistigem Eigentum;
  4. "Abfangen von Daten" das mit technischen Hilfsmitteln bewirkte Abfangen nichtöffentlicher digitaler Datenübermittlungen an ein Informationssystem, aus einem Informationssystem oder innerhalb eines Informationssystems, einschließlich elektromagnetischer Abstrahlungen aus einem Informationssystem, das Träger solcher digitaler Daten ist.

Artikel 3

Zu den Faktoren, anhand deren festgestellt wird, ob ein Cyberangriff erhebliche Auswirkungen im Sinne von Artikel 1 Absatz 1 hat, gehören die folgenden:

  1. Umfang, Ausmaß, Wirkung oder Schwere der verursachten Störung, einschließlich für wirtschaftliche und gesellschaftliche Tätigkeiten, wesentliche Dienste, kritische staatliche Funktionen, die öffentliche Ordnung oder die öffentliche Sicherheit;
  2. die Zahl der betroffenen natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen;
  3. die Zahl der betroffenen Mitgliedstaaten;
  4. die Höhe des wirtschaftlichen Schadens, der z.B. durch einen groß angelegten Diebstahl von Geldern, wirtschaftlichen Ressourcen oder geistigem Eigentum verursacht wurde;
  5. der vom Täter für sich selbst oder für andere erlangte wirtschaftliche Nutzen;
  6. die Menge oder Art der gestohlenen Daten oder das Ausmaß der Datenschutzverstöße oder
  7. die Art der wirtschaftlich sensiblen Daten, auf die zugegriffen wurde.

Artikel 4

(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um folgende Personen an der Einreise in oder der Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet zu hindern:

  1. natürliche Personen, die für Cyberangriffe oder versuchte Cyberangriffe verantwortlich sind,
  2. natürliche Personen, die finanzielle, technische oder materielle Unterstützung für Cyberangriffe oder versuchte Cyberangriffe leisten oder auf andere Weise, einschließlich durch Planung, Vorbereitung, Mitwirkung, Steuerung, Unterstützung oder Ermutigung, daran beteiligt sind oder sie durch Handlung oder Unterlassung erleichtern,
  3. natürliche Personen, die mit den unter den Buchstaben a und b genannten natürlichen Personen in Verbindung stehen,

wie im Anhang aufgeführt.

(2) Absatz 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht dazu, ihren eigenen Staatsangehörigen die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu verweigern.

(3) Absatz 1 lässt die Fälle unberührt, in denen für einen Mitgliedstaat eine völkerrechtliche Verpflichtung besteht, und zwar

  1. als Gastland einer internationalen zwischenstaatlichen Organisation,
  2. als Gastland einer internationalen Konferenz, die von den Vereinten Nationen einberufen wurde oder unter ihrer Schirmherrschaft steht,
  3. im Rahmen eines multilateralen Übereinkommens, das Vorrechte und Immunitäten verleiht, oder
  4. im Rahmen des 1929 zwischen dem Heiligen Stuhl (Staat Vatikanstadt) und Italien geschlossenen Lateranvertrags.

(4) Absatz 3 gilt auch in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat Gastland der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist.

(5) Der Rat ist in allen Fällen, in denen ein Mitgliedstaat eine Ausnahme aufgrund von Absatz 3 oder 4 gewährt, ordnungsgemäß zu unterrichten.

(6) Die Mitgliedstaaten können Ausnahmen von den Maßnahmen nach Absatz 1 in den Fällen zulassen, in denen die Reise aufgrund einer humanitären Notlage oder aufgrund der Teilnahme an Tagungen auf zwischenstaatlicher Ebene oder an Tagungen, die von der Union unterstützt oder ausgerichtet werden oder aber von einem Mitgliedstaat, der zu dem Zeitpunkt den OSZE-Vorsitz inne hat, ausgerichtet werden, gerechtfertigt ist, wenn dort ein politischer Dialog geführt wird, der die politischen Zielen der restriktiven Maßnahmen, einschließlich der Sicherheit und Stabilität im Cyberraum, unmittelbar fördert.

(7) Mitgliedstaaten können auch dann Ausnahmen von den Maßnahmen nach Absatz 1 zulassen, wenn die Einreise oder Durchreise für die Teilnahme an einem Gerichtsverfahren notwendig ist.

(8) Ein Mitgliedstaat, der Ausnahmen nach Absatz 6 oder 7 zulassen möchte, unterrichtet den Rat schriftlich hiervon. Die Ausnahme gilt als gewährt, wenn nicht von einem oder mehreren Mitgliedern des Rates innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Mitteilung über die vorgeschlagene Ausnahme schriftlich Einwand erhoben wird. Wenn von einem oder mehreren Mitgliedern des Rates Einwand erhoben wird, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, die vorgeschlagene Ausnahme zu gewähren.

(9) In den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat den im Anhang aufgeführten Personen die Einreise in sein Hoheitsgebiet oder die Durchreise durch sein Hoheitsgebiet nach Absatz 3, 4, 6, 7 oder 8 genehmigt, gilt die Genehmigung nur für den Zweck, für den sie erteilt wurde, und für die davon unmittelbar betroffenen Personen.

Artikel 5

(1) Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen im Besitz, im Eigentum, in der Verfügungsgewalt oder unter der Kontrolle von

  1. natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die für Cyberangriffe oder versuchte Cyberangriffe verantwortlich sind,
  2. natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die finanzielle, technische oder materielle Unterstützung für Cyberangriffe oder versuchte Cyberangriffe leisten oder auf andere Weise, einschließlich durch Planung, Vorbereitung, Mitwirkung, Steuerung, Unterstützung oder Ermutigung, daran beteiligt sind oder sie durch Handlung oder Unterlassung erleichtern,
  3. natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die mit den unter den Buchstaben a und b genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Verbindung stehen,

wie im Anhang aufgeführt, werden eingefroren.

(2) Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 können die zuständigen Behörde der Mitgliedstaaten die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen oder die Zurverfügungstellung bestimmter Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen unter ihnen angemessen erscheinenden Bedingungen genehmigen, nachdem festgestellt wurde, dass die betreffenden Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen

  1. zur Befriedigung der Grundbedürfnisse der im Anhang genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, und der unterhaltsberechtigten Familienangehörigen jener natürlichen Personen, unter anderem für die Bezahlung von Nahrungsmitteln, Mieten oder Hypotheken, Medikamenten und medizinischer Behandlung, Steuern, Versicherungsprämien und Gebühren öffentlicher Versorgungseinrichtungen, erforderlich sind;
  2. ausschließlich der Bezahlung angemessener Honorare oder der Rückerstattung von Ausgaben im Zusammenhang mit der Bereitstellung rechtlicher Dienste dienen;
  3. ausschließlich der Bezahlung von Gebühren oder Kosten für die routinemäßige Verwahrung oder Verwaltung eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen dienen;
  4. für die Deckung außerordentlicher Ausgaben erforderlich sind, vorausgesetzt, dass die relevante zuständige Behörde den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mindestens zwei Wochen vor Erteilung der Genehmigung mitgeteilt hat, aus welchen Gründen sie der Auffassung ist, dass eine spezifische Genehmigung erteilt werden sollte; oder
  5. auf Konten oder von Konten einer diplomatischen Vertretung oder einer Konsularstelle oder einer internationalen Organisation überwiesen werden sollen, die Immunität nach dem Völkerrecht genießt, sofern diese Zahlungen für amtliche Zwecke dieser diplomatischen Vertretung oder Konsularstelle oder internationalen Organisation bestimmt sind.

Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über jede nach diesem Absatz erteilte Genehmigung.

(4) Abweichend von Absatz 1 können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, wenn die nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen sind Gegenstand einer schiedsgerichtlichen Entscheidung, die vor dem Datum ergangen ist, an dem die in Absatz 1 genannte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in den Anhang aufgenommen wurde, oder Gegenstand einer vor oder nach diesem Datum in der Union ergangenen gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung oder einer in dem betreffenden Mitgliedstaat vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung;
  2. die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen werden im Rahmen der anwendbaren Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften über die Rechte des Gläubigers ausschließlich zur Erfüllung der Forderungen verwendet, die durch eine solche Entscheidung gesichert sind oder deren Bestehen in einer solchen Entscheidung bestätigt worden ist;
  3. die Entscheidung begünstigt nicht eine im Anhang aufgeführte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung; und
  4. die Anerkennung der Entscheidung steht nicht im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des betreffenden Mitgliedstaats.

Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über jede nach diesem Absatz erteilte Genehmigung.

(5) Absatz 1 hindert eine im Anhang aufgeführte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung nicht daran, Zahlungen aufgrund eines Vertrags zu leisten, der vor dem Zeitpunkt eingegangen wurde, zu dem diese natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in den Anhang aufgenommen wurde, sofern der jeweilige Mitgliedstaat festgestellt hat, dass die Zahlung weder unmittelbar noch mittelbar von einer natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung im Sinne von Absatz 1 entgegengenommen wird.

(6) Absatz 2 gilt nicht für die auf eingefrorenen Konten eingehenden

  1. Zinsen und sonstigen Erträge dieser Konten,
  2. Zahlungen aufgrund von Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die vor dem Zeitpunkt eingegangen wurden, ab dem diese Konten den Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 unterliegen, oder
  3. Zahlungen aufgrund von in der Union ergangenen oder in dem betreffenden Mitgliedstaat vollstreckbaren gerichtlichen, behördlichen oder schiedsgerichtlichen Entscheidungen,

sofern solche Zinsen, sonstigen Erträge und Zahlungen weiterhin den Maßnahmen nach Absatz 1 unterliegen.

(7) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf die Bereitstellung von Geldern oder wirtschaftlichen Ressourcen, die notwendig sind, um die rasche Bereitstellung humanitärer Hilfe zu gewährleisten oder andere Tätigkeiten zur Deckung grundlegender menschlicher Bedürfnisse zu unterstützen, wenn die Hilfe bzw. die anderen Tätigkeiten durchgeführt werden von

  1. den Vereinten Nationen (VN), einschließlich ihrer Programme, Gelder und sonstigen Einrichtungen und Stellen, sowie ihren Sonderorganisationen und verwandten Organisationen,
  2. internationalen Organisationen,
  3. humanitäre Hilfe leistenden Organisationen mit Beobachterstatus in der Generalversammlung der VN und Mitgliedern dieser Organisationen,
  4. bilateral oder multilateral finanzierten nichtstaatlichen Organisationen, die sich an den Plänen der VN für humanitäre Maßnahmen, den Plänen der VN für Flüchtlingshilfemaßnahmen oder anderen Appellen der VN oder an vom Amt der VN für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten koordinierten humanitären "Clustern" beteiligen,
  5. Organisationen und Agenturen, denen die Union das Zertifikat für humanitäre Partnerschaft erteilt hat oder die von einem Mitgliedstaat als Partner für humanitäre Hilfe nach nationalen Verfahren zertifiziert oder anerkannt sind,
  6. spezialisierten Agenturen der Mitgliedstaaten oder
  7. den Beschäftigten, Zuschussempfängern, Tochtergesellschaften oder Durchführungspartnern der unter den Buchstaben a bis f genannten Einrichtungen, während und soweit sie in dieser Eigenschaft tätig sind.

(8) Unbeschadet des Absatzes 7 können die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten abweichend von den Absätzen 1 und 2 unter ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen oder die Bereitstellung bestimmter Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, nachdem sie festgestellt haben, dass die Zurverfügungstellung dieser Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen notwendig ist, um die rasche Bereitstellung humanitärer Hilfe zu gewährleisten oder andere Tätigkeiten zur Deckung grundlegender menschlicher Bedürfnisse zu unterstützen.

(9) Ergeht innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Eingang des Genehmigungsantrags nach Absatz 8 keine ablehnende Entscheidung, kein Auskunftsersuchen oder keine Mitteilung über eine Fristverlängerung der einschlägigen zuständigen Behörde, so gilt die Genehmigung als erteilt.

(10) Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über nach den Absätzen 8 und 9 erteilte Genehmigungen innerhalb von vier Wochen nach einer solchen Erteilung.

Artikel 6

(1) Auf Vorschlag eines Mitgliedstaats oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erstellt und ändert der Rat einstimmig die im Anhang enthaltene Liste.

(2) Der Rat setzt die betreffende natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entweder auf direktem Weg, falls ihre Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung von dem Beschluss nach Absatz 1 und den Gründen für die Aufnahme in die Liste in Kenntnis und gibt dabei dieser natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3) Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat den Beschluss nach Absatz 1 und unterrichtet die betreffende natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entsprechend.

Artikel 7

(1) Im Anhang werden die Gründe für die Aufnahme der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen nach den Artikeln 4 und 5 in die Liste angegeben.

(2) Der Anhang enthält die zur Identifizierung der betreffenden natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen erforderlichen Angaben, soweit diese verfügbar sind. Bei natürlichen Personen können diese Angaben Namen und Aliasnamen, Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit, Reisepass- und Personalausweisnummern, Geschlecht, Anschrift, soweit bekannt, und Funktion oder Beruf umfassen. Bei juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen können diese Angaben Namen, Ort und Datum der Registrierung, Registriernummer und Geschäftssitz umfassen.

Artikel 8

Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen oder Transaktionen, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit diesem Beschluss verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise betroffen ist, einschließlich Schadensersatzansprüchen und ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer insbesondere finanziellen Garantie oder Gegengarantie in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, sofern sie geltend gemacht werden von

  1. den benannten, im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen,
  2. natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die über eine der unter Buchstabe a genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen oder in deren Namen handeln.

Artikel 9

Damit die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen größtmögliche Wirkung entfalten können, empfiehlt die Union Drittstaaten, restriktive Maßnahmen zu ergreifen, die mit den in diesem Beschluss vorgesehenen restriktiven Maßnahmen vergleichbar sind.

Artikel 1024

Dieser Beschluss gilt bis zum 18. Mai 2025 und wird fortlaufend überprüft.

Artikel 11

Dieser Beschluss tritt am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 17. Mai 2019.


.

Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen gemäß den Artikeln 4 und 5 Anhang24

A. Natürliche Personen

=> als PDF-Datei öffnen

B. Juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen

=> als PDF-Datei öffnen

ENDE

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