Beschluss (GASP) 2018/1544 des Rates vom 15. Oktober 2018 über restriktive Maßnahmen gegen die Verbreitung und den Einsatz chemischer Waffen
(ABl. Nr. L 259 vom 16.10.2018 S. 25, ber. 2019 L 68 S. 16;
Beschl. (GASP) 2019/86 - ABl. LI 18 vom 21.01.2019 S. 10A;
Beschl. (GASP) 2019/1722 - ABl. L 262 vom 15.10.2019 S. 66A;
Beschl. (GASP) 2020/1466 - ABl. L 335 vom 13.10.2020 S. 16;
Beschl (GASP) 2020/1482 - ABl. L 341 vom 15.10.2020 S. 9)
Der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 29,
auf Vorschlag der Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Die Europäische Union unterstützt die internationalen Verträge und Regelungen für Abrüstung, Nichtverbreitung und Rüstungskontrolle.
(2) Die Union tritt für die effektive Umsetzung und weltweite Anwendung des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (im Folgenden "CWÜ") ein und betont ihre Unterstützung für die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) und ihr Technisches Sekretariat sowie deren Bedeutung. Die Union verurteilt entschieden die Verbreitung und den Einsatz chemischer Waffen gleich an welchem Ort, gleich durch wen und gleich unter welchen Umständen. Um das im CWÜ festgelegte Verbot des Einsatzes chemischer Waffen zu unterstützen, welcher eine ernste Bedrohung der internationalen Sicherheit darstellt, erachtet es die Union als erforderlich, besondere Maßnahmen gegen jene zu ergreifen, die auf solche Waffen zurückgreifen oder zu ihrer Entwicklung oder ihrem Einsatz beitragen. Die Union ist entschlossen, dazu beizutragen, dass die für den Einsatz von chemischen Waffen verantwortlichen Personen, Organisationen, Gruppen und Regierungen sowie jene Personen, die ihnen bei solchen Aktivitäten behilflich sind oder sie dazu anspornen, ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden.
(3) Vor diesem Hintergrund hat die Union ihre Unterstützung für den am 27. Juni 2018 angenommenen Beschluss der Konferenz der Vertragsstaaten des CWÜ im Hinblick auf die Bewältigung der vom Einsatz chemischer Waffen ausgehenden Bedrohung bekundet.
(4) Die Union und ihre Mitgliedstaaten unterstützen andere internationale Initiativen zur Bewältigung der von chemischen Waffen ausgehenden Bedrohung; dazu zählen unter anderem die Australische Gruppe, die durch die Koordinierung und Harmonisierung nationaler Ausfuhrkontrollmaßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem CWÜ und dem Übereinkommen über das Verbot biologischer Waffen und von Toxinwaffen beiträgt, sowie die Sicherheitsinitiative zur Unterbindung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die Internationale Partnerschaft gegen Straffreiheit beim Einsatz chemischer Waffen. Ferner unterstützen die Union und ihre Mitgliedstaaten die Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrats, insbesondere der Resolutionen 1540 (2004), 2118 (2013), 2209 (2015), 2235 (2015) und 2325 (2016).
(5) Am 22. März 2018 ist der Europäische Rat zu dem Schluss gekommen, dass der Einsatz chemischer Waffen einschließlich des Einsatzes jeglicher toxischer Chemikalien als Waffe, gleich unter welchen Umständen, völlig unannehmbar ist, systematisch und streng verurteilt werden muss und eine Sicherheitsbedrohung für uns alle darstellt. Am 28. Juni 2018 hat der Europäische Rat dazu aufgerufen, so bald wie möglich eine neue EU-Regelung für restriktive Maßnahmen gegen den Einsatz und die Verbreitung chemischer Waffen anzunehmen.
(6) Dieser Beschluss ist Teil der Bemühungen der Union zur Bekämpfung der Verbreitung und des Einsatzes chemischer Waffen. Hinsichtlich des Geltungsbereichs und der Definition chemischer Waffen sollte dieser Beschluss mit dem CWÜ übereinstimmen.
(7) Für die Durchführung bestimmter Maßnahmen ist ein weiteres Tätigwerden der Union erforderlich
- hat folgenden Beschluss erlassen:
"Chemische Waffen" bezeichnen chemische Waffen im Sinne des Artikels II des Chemiewaffenübereinkommens (CWÜ).
(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um die Einreise in oder die Durchreise durch ihr Hoheitsgebiet folgender Personen zu verhindern:
wie im Anhang aufgeführt.
(2) Absatz 1 verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht dazu, ihren eigenen Staatsangehörigen die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu verweigern.
(3) Absatz 1 lässt die Fälle unberührt, in denen für einen Mitgliedstaat eine völkerrechtliche Verpflichtung besteht, und zwar:
(4) Absatz 3 gilt auch in den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat Gastland der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist.
(5) Der Rat wird in allen Fällen, in denen ein Mitgliedstaat eine Ausnahme aufgrund der Absätze 3 oder 4 gewährt, ordnungsgemäß unterrichtet.
(6) Die Mitgliedstaaten können Ausnahmen von den Maßnahmen nach Absatz 1 zulassen, wenn die Reise aufgrund einer humanitären Notlage oder aufgrund der Teilnahme an zwischenstaatlichen Treffen und an Tagungen gerechtfertigt ist, die von der Union unterstützt oder ausgerichtet werden oder von einem Mitgliedstaat als amtierendem OSZE-Vorsitz ausgerichtet werden, wenn dort ein politischer Dialog geführt wird, der den politischen Zielen der restriktiven Maßnahmen, einschließlich der Durchführung gesetzlicher Verbote chemischer Waffen und der Verwirklichung der Abrüstung im Chemiewaffenbereich, unmittelbar dient. Mitgliedstaaten können auch dann Ausnahmen von den Maßnahmen nach Absatz 1 zulassen, wenn die Einreise oder Durchreise für die Teilnahme an einem Gerichtsverfahren notwendig ist.
(7) Ein Mitgliedstaat, der Ausnahmen nach Absatz 6 zulassen möchte, unterrichtet den Rat schriftlich hiervon. Die Ausnahme gilt als gewährt, wenn nicht von einem oder mehreren Mitgliedern des Rates innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Mitteilung über die vorgeschlagene Ausnahme schriftlich Einwände erhoben werden. Sollte von einem oder mehreren Mitgliedern des Rates ein Einwand erhoben werden, so kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, die vorgeschlagene Ausnahme zu gewähren.
(8) In den Fällen, in denen ein Mitgliedstaat den im Anhang aufgeführten Personen die Einreise in sein Hoheitsgebiet oder die Durchreise durch sein Hoheitsgebiet nach den Absätzen 3, 4, 6 oder 7 genehmigt, gilt die Genehmigung ausschließlich für den Zweck, für den sie erteilt wurde, und für die davon unmittelbar betroffenen Personen.
(1) Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen im Besitz, im Eigentum, in der Verfügungsgewalt oder unter der Kontrolle
wie im Anhang aufgeführt, werden eingefroren.
(2) Den im Anhang aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen keine Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.
(3) Abweichend von Absatz 1 und 2, kann die zuständige Behörde eines Mitgliedstaats unter den ihr angemessen erscheinenden Bedingungen die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen oder die Bereitstellung bestimmter Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, nachdem sie festgestellt hat, dass die betreffenden Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen
Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission von jeder Genehmigung, die er nach Maßgabe dieses Absatzes erteilt hat.
(4) Abweichend von Absatz 1 können die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, sofern die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission von jeder Genehmigung, die er nach Maßgabe dieses Absatzes erteilt hat.
(5) Absatz 1 hindert eine im Anhang aufgeführte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung nicht daran, Zahlungen aufgrund eines Vertrags zu leisten, der vor dem Zeitpunkt eingegangen wurde, zu dem eine solche natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in den Anhang aufgenommen wurde, sofern der jeweilige Mitgliedstaat festgestellt hat, dass die Zahlung weder unmittelbar noch mittelbar von einer natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung im Sinne von Absatz 1 entgegengenommen wird.
(6) Absatz 2 gilt nicht für eine auf eingefrorenen Konten erfolgte Gutschrift von
sofern diese Zinsen, sonstigen Erträge und Zahlungen weiterhin den Maßnahmen nach Absatz 1 unterliegen.
(1) Auf Vorschlag eines Mitgliedstaats oder des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik erstellt und ändert der Rat einstimmig die Liste im Anhang.
(2) Der Rat setzt die betreffende natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entweder auf direktem Weg, falls ihre Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung von dem Beschluss nach Absatz 1 und den Gründen für die Aufnahme in die Liste in Kenntnis und gibt dabei dieser Person, Organisation oder Einrichtung Gelegenheit zur Stellungnahme.
(3) Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden stichhaltige neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat den Beschluss nach Absatz 1 und unterrichtet die betreffende natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entsprechend.
(1) Im Anhang werden die Gründe für die Aufnahme der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen nach Artikel 2 und 3 in die Liste angegeben.
(2) Der Anhang enthält ferner die zur Identifizierung der betreffenden natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen erforderlichen Angaben, soweit diese verfügbar sind. Bei natürlichen Personen können diese Angaben Namen, einschließlich Aliasnamen, Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit, Reisepass- und Personalausweisnummern, Geschlecht, Anschrift, soweit bekannt, und Funktion oder Beruf umfassen. Bei juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen können diese Angaben Namen, Ort und Datum der Registrierung, Registriernummer und Geschäftssitz umfassen.
Ansprüche im Zusammenhang mit Verträgen oder Transaktionen, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit diesem Beschluss verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar ganz oder teilweise berührt wird, einschließlich Schadensersatzansprüchen oder ähnlichen Ansprüchen, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Obligation, einer Garantie oder eines Schadensersatzanspruchs, insbesondere einer finanziellen Garantie oder eines finanziellen Schadensersatzanspruchs in jeder Form, werden nicht erfüllt, sofern sie geltend gemacht werden von:
Damit die in diesem Beschluss vorgesehenen Maßnahmen größtmögliche Wirkung entfalten können, empfiehlt die Union Drittstaaten, restriktive Maßnahmen zu ergreifen, die mit den in diesem Beschluss vorgesehenen restriktiven Maßnahmen vergleichbar sind.
Artikel 819 20
Dieser Beschluss gilt bis zum 16. Oktober 2021. Dieser Beschluss wird fortlaufend überprüft. Er wird gegebenenfalls verlängert oder geändert, wenn der Rat der Auffassung ist, dass seine Ziele nicht erreicht wurden.
Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Geschehen zu Luxemburg am 15. Oktober 2018.
Liste der in Artikel 2 und 3 genannten Natürlichen und Juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen | Anhang |
A. Natürliche Personen19 20 20a
B. Juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen20
Name | Angaben zur Identität | Gründe für die Benennung | Zeitpunkt der Aufnahme in die Liste |
1. Zentrum für wissenschaftliche Studien und Forschung (SSRC) | alias Centre d'Études et de Recherches Scientifiques (CERS), Centre de Recherche de Kaboun
Adresse: Barzeh Street, |
Das Zentrum für wissenschaftliche Studien und Forschung (SSRC) ist die zentrale Organisation des syrischen Regimes für die Entwicklung chemischer Waffen.
Das SSRC ist für die Entwicklung und Herstellung chemischer Waffen und der Raketen als deren Trägermittel zuständig und auf mehrere Standorte in Syrien verteilt. |
21.1.2019 |
2. Staatliches wissenschaftliches Forschungsinstitut für organische Chemie und Technologie (GosNIIOKhT) | Adresse: Shosse Entuziastov 23, 11124 Moscow, Moscow Oblast, Russia;
Telefon: +7 (495) 673 7530; Fax: +7 (495) 673 2218; Internet: http://gosniiokht.ru E-Mail: dir@gosniiokht.ru |
Das staatliche wissenschaftliche Forschungsinstitut für organische Chemie und Technologie (GosNIIOKhT) ist ein staatliches Forschungsinstitut und hat die Verantwortung für die Vernichtung der von der Sowjetunion übernommenen chemischen Waffenbestände.
In seiner ursprünglichen Rolle vor 1994 war das Institut an der Entwicklung und Herstellung chemischer Waffen, einschließlich des jetzt als "Nowitschok" bekannten toxischen Nervenkampfstoffs, beteiligt. Nach 1994 nahm dieselbe Einrichtung am Regierungsprogramm für die Vernichtung der von der Sowjetunion übernommenen Bestände chemischer Waffen teil. Am 20. August 2020 ist Alexej Nawalny schwer erkrankt und wurde in ein Krankenhaus in Omsk, Russische Föderation, eingeliefert. Am 22. August 2020 wurde er in ein Krankenhaus in Berlin, Deutschland, verlegt. Ein Fachlabor in Deutschland hat anschließend eindeutige Beweise, die auch von Laboren in Frankreich und Schweden bestätigt wurden, gefunden, dass Alexej Nawalny mit einem toxischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet wurde. Dieser toxische Nervenkampfstoff steht in der Russischen Föderation nur staatlichen Stellen zur Verfügung. Der Einsatz eines toxischen Nervenkampfstoffs der Nowitschok-Gruppe ist daher nur möglich, wenn das Institut seiner Verantwortung, Bestände an chemischen Waffen zu vernichten, nicht nachgekommen ist. |
15.10.2020 |
ENDE |
(Stand: 12.10.2021)
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