zurück


Bestimmung der Ökotoxizität

Toxizität für Regenwürmer
C.8. - Prüfung in künstlichem Boden

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

C.8. 1. Methode

C.8. 1.1. Einleitung

Bei dieser Laborprüfung wird die Prüfsubstanz einem künstlichen Boden zugesetzt; in diesem Boden werden die Würmer 14 Tage lang gehalten. Nach 14 Tagen (wahlweise nach 7 Tagen) wird die tödliche Wirkung der Substanz auf die Regenwürmer überprüft. Dieser Test ist eine Methode zur relativ schnellen Überprüfung der Wirkung von Chemikalien auf Regenwürmer bei Aufnahme über die Haut und die Nahrung.

C.8. 1.2. Definition und Meßgröße

LC50: Die Konzentration einer Substanz, durch die 50 % der Versuchstiere während der Versuchszeit getötet werden.

C.8. 1.3. Referenzsubstanz

Mit einer Referenzsubstanz wird regelmäßig überprüft, daß sich die Empfindlichkeit des Prüfsystems nicht wesentlich geändert hat. Als Referenzsubstanz wird Chloracetamid p.a. empfohlen.

C.8. 1.4. Prinzip der Prüfmethode

Der Boden ist ein sehr variables Medium; daher wird bei dieser Prüfung ein sorgfältig definierter künstlicher Lehmboden verwendet. Adulte Regenwürmer der Art Eisenia foetida (siehe Anmerkung in der Anlage) werden in einem definierten künstlichen Boden gehalten, der mit verschiedenen Konzentrationen der Prüfsubstanz behandelt wird. 14 Tage (wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn wird der Gefäßinhalt in einer flachen Schale ausgebreitet. Die bei der jeweiligen Konzentration überlebenden Regenwürmer werden gezählt.

C.8. 1.5. Qualitätskriterien

Die Prüfmethode muß hinsichtlich Prüfsubstanz und Prüforganismus so reproduzierbar wie möglich sein. Die Mortalität in den Kontrollen darf am Ende der Prüfung 10% nicht überschreiten oder aber die Prüfung ist ungültig.

C.8. 1.6. Beschreibung des Prüfverfahrens

C.8. 1.6.1. Material

C.8. 1.6.1.1. Prüfsubstrat

Ein definierter künstlicher Boden wird als Grundprüfsubstrat eingesetzt.

  1. Grundsubstrat (in Prozent des Trockengewichts)
  2. Prüfsubstrat

    Das Prüfsubstrat enthält das Grundsubstrat, die Prüfsubstanz und deionisiertes Wasser. Der Wassergehalt beträgt etwa 25 bis 42 % des Trockengewichts des Grundsubstrats. Der Wassergehalt des Substrats wird bestimmt, indem eine Probe bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet wird. Es ist eine wichtige Voraussetzung, daß der künstliche Boden durchnäßt ist, aber kein Wasser darauf steht. Um eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz im Substrat zu erzielen, muß sorgfältig gemischt werden. Es muß im Prüfbericht angegeben werden, wie die Prüfsubstanz in das Substrat eingebracht wird.

  3. Kontrollsubstrat

    Das Kontrollsubstrat enthält das Grundsubstrat und Wasser. Wird ein Trägerstoff verwendet, so muß eine zusätzliche Kontrolle die gleiche Menge an Trägerstoff enthalten.

C.8. 1.6.1.2. Prüfgefäße

Glasgefäße mit perforierten Kunststoffdeckeln, -platten oder -folien von ca. 1 Liter Inhalt werden mit einer Menge an feuchtem Prüf- oder Kontrollsubstrat gefüllt, die 500 g Trockengewicht des Substrats entspricht.

C.8. 1.6.2. Prüfbedingungen

Die Gefäße werden in Klimakammern bei einer Temperatur von 20 °C ± 2 °C und Dauerlicht gehalten Die Lichtintensität beträgt 400 bis 800 Lux.

Die Versuchszeit beträgt 14 Tage, aber die Mortalität kann wahlweise 7 Tage nach Versuchsbeginn bewertet werden.

C.8. 1.6.3. Prüfverfahren

Prüfkonzentration

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden als Gewicht der Substanz pro Trockengewicht des Grundsubstrats (mg/kg) ausgedrückt.

Vorversuch

In einer Vorprüfung wird der Konzentrationsbereich bestimmt, in dem 0 bis 100 % Mortalität auftritt. Der Vorversuch liefert Informationen zu dem in der Hauptprüfung zu verwendenden Konzentrationsbereich.

Die Prüfsubstanz sollte bei folgenden Konzentrationen getestet werden: 1000; 100; 10; 1; 0,1 mg Substanz/kg Prüfsubstrat (Trockengewicht).

Wird eine vollständige Hauptprüfung durchgeführt, reichen 1 Prüfansatz pro Konzentration und 1 pro unbehandelte Kontrolle mit je 10 Würmern für die Vorprüfung aus.

Hauptprüfung

Die Ergebnisse des Vorversuchs werden eingesetzt, um mindestens 5 Konzentrationen in einer geometrischen Reihe zu wählen, die den Bereich von 0 bis 100 % Mortalität umfassen, und die sich durch einen konstanten Faktor unterscheiden, der 1,8 nicht überschreitet.

Über diese Konzentrationsreihe sollten sich der C50-Wert und sein Vertrauensbereich so genau wie möglich bestimmen lassen.

In der Hauptprüfung werden mindestens 4 Prüfansätze pro Konzentration und 4 unbehandelte Kontrollen mit je 10 Würmern eingesetzt. Die Ergebnisse dieser Parallelansätze werden als Mittelwert und Standardabweichung angegeben.

Ergeben zwei aufeinanderfolgende Konzentrationen, die sich um den Faktor 1,8 unterscheiden, 0 und 100 % Mortalität, so reichen diese beiden Werte aus, um den Bereich anzugeben, in dem der LC50-Wert liegt.

Mischung des Grundprüfsubstrats und der Prüfsubstanz

Das Prüfsubstrat sollte möglichst immer ohne andere Trägerstoffe als Wasser angesetzt werden. Unmittelbar vor Prüfbeginn wird die in deionisiertem Wasser oder einem anderen Lösungsmittel emulgierte oder dispergierte Prüfsubstanz mit dem Grundprüfsubstrat gemischt oder aber sie wird mit einem feinen chromatographischen Sprüher oder etwas Ähnlichem gleichmäßig aufgesprüht.

Wenn die Prüfsubstanz wasserunlöslich ist, wird sie in dem kleinstmöglichen Volumen eines geeigneten organischen Lösungsmittels (z.B. Hexan, Aceton oder Chloroform) gelöst. Um die Prüfsubstanz zu lösen, zu dispergieren oder zu emulgieren, dürfen nur leicht flüchtige Lösungsmittel verwendet werden. Das Prüfsubstrat muß vor Gebrauch belüftet werden. Verdunstetes Wasser muß ersetzt werden. Die Kontrolle muß die gleiche Menge jeden Trägerstoffes enthalten.

Ist die Prüfsubstanz in organischen Lösungsmitteln nicht löslich, dispergierbar oder emulgierbar, werden 10 g eines Gemischs von fein gemahlenem Quarzsand und der zur Behandlung von 500 g künstlichem Boden (Trockengewicht) benötigten Menge an Prüfsubstanz mit 490 g Prüfsubstrat (Trockengewicht) gemischt.

Für jeden Prüfansatz wird feuchtes Prüfsubstrat in einer Menge, die 500 g Trockengewicht entspricht, in die einzelnen Glasgefäße gefüllt. Je 10 Würmer, die 24 Stunden lang zur Gewöhnung in einem entsprechend feuchten Grundsubstrat gehalten, dann schnell gewaschen und mit Filterpapier abgetupft wurden, werden auf das Prüfsubstrat gesetzt.

Um ein Austrocknen des Substrats zu vermeiden, werden die Gefäße mit perforierten Kunststoffdeckeln, -platten oder -folien zugedeckt und 14 Tage lang unter Versuchsbedingungen belassen.

Die Auswertung wird 14 Tage (und wahlweise 7 Tage) nach Prüfbeginn durchgeführt. Das Substrat wird auf einer Platte aus Glas oder rostfreiem Stahl ausgebreitet. Die Würmer werden untersucht und die Überlebenden gezählt. Regenwürmer gelten als tot, wenn sie nicht auf einen leichten mechanischen Reiz am Vorderende reagieren.

Anschließend an eine Untersuchung nach 7 Tagen wird das Substrat wieder in das Prüfgefäß eingefüllt und die überlebenden Regenwürmer werden wieder auf dasselbe Prüfsubstrat gesetzt.

C.8. 1.6.4. Prüforganismen

Als Prüforganismen werden adulte Eisenia foetida (siehe Anlage) (mindestens 2 Monate alt mit Clitellum) von 300 bis 600 mg Feuchtgewicht eingesetzt (zur Anzucht siehe Anlage).

C.8. 2. Daten

C.8. 2.1. Verarbeitung und Auswertung der Ergebnisse

Die Konzentrationen der Prüfsubstanz werden zusammen mit dem jeweils entsprechenden Prozentsatz an toten Regenwürmern angegeben.

Wenn die Daten es zulassen, lassen sich der LC50-Wert und der Vertrauensbereich (p = 0,05) nach Standardmethoden bestimmen (Litchfield und Wilcoxon, 1949, oder entsprechende Methode). Die LC50 wird in mg Prüfsubstanz pro kg Trockengewicht des Prüfsubstrats angegeben.

Ist die Konzentrationskurve zu steil, um eine Berechnung der LC50 zuzulassen, dann genügt es, den Wert aufgrund der graphischen Darstellung abzuschätzen.

Ergeben 2 aufeinanderfolgende Konzentrationen, die sich um den Faktor 1,8 unterscheiden, 0 und 100 % Mortalität, so reichen diese beiden Werte aus, um den Bereich anzugeben, in dem die LC50 liegt.

C.8. 3. Abschlußbericht

C.8. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

C.8. 4. Literatur

(1) OECD, Paris, 1981, Test Guideline 207, Beschluß des Rates C(81)30 final.

(2) Edwards, C. A. and Lofty, J. R., 1977, Biology of Earthworms. Chapman and Hall, London, 331 pp.

(3) Bouche, M. B., 1972, Lombriciens de France, Ecologie et Systematique, Institut National de la Recherche Agronomique, 671 pp.

(4) Litchfield, J. T. and Wilcoxon, F., a simplified method of evaluaring dose-effect experiments. J. Pharin. Exp. Therap., Band 96, 1949, Seite 99.

(5) Commission of the European Communities, Development of a standardized Iaboratory method for assessing the toxicity of chemical substances to earthworms, Report EUR 8714 EN, 1983.

(6) Umweltbundesamt/Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft, Berlin, 1984, Verfahrensvorschlag "Toxizitätsrest am Regenwurm Eisenia foetida in künstlichem Boden", in: Rudolph/Boje: Ökotoxikologie, ecomed, Landsberg, 1986.

Anlage
zur RL 67/548/EWG Anhang V C.8.

Anzucht und Haltung der Würmer vor der Prüfung

Zur Anzucht werden 30 bis 50 adulte Würmer 14 Tage lang in einem Brutkasten mit frischem Substrat gehalten. Diese Tiere können für weitere Anzuchten verwendet werden. Die aus den Kokons geschlüpften Würmer werden für die Prüfung eingesetzt, wenn sie geschlechtsreif sind (nach 2 bis 3 Monaten bei den vorgeschriebenen Bedingungen).

Anzucht und Haltungsbedingungen

Klimakammer: 20 °C ± 2 °C vorzugsweise mit Dauerlicht (400 bis 800 Lux).
Brutkasten: Geeignete flache Behälter von10 bis 20 Liter Inhalt.
Substrat: Eisenia foetida kann in verschiedenen tierischen Exkrementen angezogen werden. Es wird empfohlen, ein Gemisch von 50 Vol. % Torf und 50 Vol. % Kuh- oder Pferdedung zu verwenden. Der pH-Wert sollte bei 6 bis 7 liegen (er wird mit Kalziumcarbonat eingestellt); die Ionenleitfähigkeit sollte niedrig sein (weniger als 6 mmhos oder 0,5 % Salzkonzentration). Das Substrat sollte feucht, aber nicht zu naß sein.
Neben der oben angegebenen Methode können auch andere bewährte Verfahren eingesetzt werden.
Anmerkung:
Eisenia foetida gibt es in 2 Rassen, die von einigen Taxonomen als 2 verschiedene Arten bezeichnet werden (Bouche, 1972). Morphologisch sind sie ähnlich, doch zeigt Eisenia foetida foetida typische Querstreifen oder Bänder auf den Segmenten, während Eisenia foetida andrei diese nicht aufweist und fleckig rötlich gefärbt ist. Es sollte möglichst Eisenia foetida andrei verwendet werden. Andere Arten können eingesetzt werden, wenn das nötige Verfahren zur Verfügung steht.


weiter .

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 04.08.2022)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion