umwelt-online: Bestimmung der Toxizität

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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.8. Toxizität nach 28-tägiger Gabe (Inhalation)

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.8. 1. Methode

B.8. 1.1. Einleitung

Es ist vorteilhaft, vorher Angaben zur Partikelgrößenverteilung, zum Dampfdruck, Schmelzpunkt, Siedepunkt, Flammpunkt und zur Explosivität (falls zutreffend) der Substanz zu haben.

Siehe auch allgemeine Einleitung - Teil B

B.8. 1.2. Definitionen

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B

B.8. 1.3. Bezugssubstanzen

Keine.

B.8. 1.4. Prinzip der Methode

Mehrere Versuchstiergruppen werden täglich über einen bestimmten Zeitraum der Prüfsubstanz in abgestuften Konzentrationen für 28 Tage ausgesetzt, wobei eine Konzentration für jede Gruppe verwendet wird. Wird ein Vehikel herangezogen, um eine geeignete Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, ist eine Vehikel-Kontrollgruppe einzusetzen. Während des Versuchszeitraums werden die Tiere täglich beobachtet, um Symptome toxischer Wirkungen festzustellen. Tiere, die während des Versuchs sterben, und die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

B.8. 1.5. Qualitätskriterien

Keine.

B.8. 1.6. Beschreibung der Methode

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- oder Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor dem Versuch werden gesunde junge Tiere randomisiert und der erforderlichen Zahl von Gruppen zugeordnet. Falls notwendig kann der Prüfsubstanz ein geeignetes Vehikel beigegeben werden, um die gewünschte Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen. Wird zur Vereinfachung der Verabreichung ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz verwendet, muß dessen nichttoxische Wirkung gesichert sein. Dazu können ggf. Daten aus früheren Versuchen herangezogen werden.

B.8. 1.6.2. Versuchsbedingungen

B.8. 1.6.2.1. Versuchstiere

Sofern nicht besondere Gründe vorliegen, sollten die Versuche mit Ratten durchgeführt werden. Es sind gesunde junge Tiere bekannter Versuchstierstämme zu verwenden.

Die Schwankung im Körpergewicht der Tiere des jeweiligen Versuchs sollte zu Beginn des Versuchs nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

B.8. 1.6.2.2. Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Tiere (5 weibliche und 5 männliche) sind für jede Testkonzentration zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muß die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 10 Tieren (5 Tiere pro Geschlecht) über 28 Tage mit der höchsten Konzentration exponiert werden. Während der darauffolgenden behandlungsfreien 14 Tage wird auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen geachtet. Eine Satellitengruppe von 10 Kontrolltieren (5 Tiere pro Geschlecht) wird ebenfalls verwendet.

B.8. 1.6.2.3. Expositionskonzentrationen

Es sind mindestens drei Konzentrationen sowie eine Kontrollgruppe oder - sofern ein Vehikel benutzt wurde - eine Vehikel-Kontrollgruppe (entsprechend der Konzentration des Vehikels bei der höchsten Expositionskonzentration) zu wählen. Abgesehen von der Exposition mit der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Die höchste Konzentration sollte so gewählt werden, daß auf jeden Fall toxische Effekte auftreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Konzentration diesen Wert überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Konzentration nur geringe feststellbare toxische Effekte verursachen. Werden mehrere Zwischenkonzentrationen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, daß es zu einer graduellen Abstufung der toxischen Wirkungen kommt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Konzentration sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl der Todesfälle gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

B.8. 1.6.2.4. Expositionszeit

Die tägliche Expositionszeit sollte 6 Stunden betragen; aufgrund spezifischer Erfordernisse können sich ggf. andere Zeiten als notwendig erweisen.

B.8. 1.6.2.5. Ausrüstung

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die einen dynamischen Luftstrom mit einem Luftwechsel von mindestens 12 mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßig verteilte Expositionsatmosphäre zu gewährleisten. Wird eine Kammer verwendet, so ist sie so zu gestalten, daß die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden und die Exposition durch Inhalation der Prüfsubstanz maximiert wird. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das "Gesamtvolumen" der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten. Es sind Expositionen des oronasalen Bereichs, des Kopfes oder des ganzen Körpers in Inhalationskammern zu verwenden; die beiden ersten Expositionsarten dienen dazu, die Aufnahme der Prüfsubstanz auf anderen Wegen einzuschränken.

B.8. 1.6.2.6. Beobachtungszeitraum

Die Versuchstiere sind während des gesamten Behandlungszeitraumes und der behandlungsfreien Phase täglich auf Symptome toxischer Wirkungen zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Symptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

B.8. 1.6.3. Versuchsdurchführung

Die Tiere werden der Prüfsubstanz täglich an 5-7 Tagen pro Woche über einen Zeitraum von 28 Tagen ausgesetzt. Die Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 14 Tage ohne Exposition gehalten werden, um die Reversibilität von toxischen Effekten bzw. deren Fortbestehen festzustellen. Die Temperatur soll während des Versuchs 22 °C ± 3 °C betragen.

Die relative Feuchtigkeit soll zwischen 30 % und 70 % liegen, ausgenommen in den Fällen, wo dies nicht durchführbar ist (z.B. Versuche mit bestimmten Aerosolen). Die Aufrechterhaltung eines leichten Unterdrucks in der Kammer (< 5 mm Wasser) verhindert ein Entweichen der Prüfsubstanz in die Umgebung. Während der Exposition werden weder Futter noch Wasser verabreicht.

Es soll ein dynamisches Inhalationssystem mit einem geeigneten analytischen Verfahren zur Bestimmung der Konzentration benutzt werden. Um brauchbare Expositionskonzentrationen zu erhalten, wird ein Vorversuch empfohlen. Die Luftdurchflußrate ist so einzustellen, daß die Bedingungen in der gesamten Expositionskammer einheitlich sind. Das System soll gewährleisten, daß konstante Expositionsbedingungen so schnell wie möglich erreicht werden.

Die folgenden Messungen oder Überwachungen sollten durchgeführt werden:

  1. Messung der Luftdurchflußrate (kontinuierlich)
  2. Die tatsächliche Konzentration der Prüfsubstanz wird im Atembereich gemessen. Während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht mehr als ± 15 % vom Mittelwert abweichen. Bei einigen Aerosolen ist dieses Prüfniveau möglicherweise nicht erreichbar. In diesem Fall wird ein größerer Streubereich akzeptiert. Während der gesamten Versuchsdauer ist die Konzentration von Tag zu Tag so konstant wie möglich zu halten. Für Aerosole ist mindestens einmal pro Woche eine Analyse der Partikelgröße für jede Versuchsgruppe durchzuführen.
  3. Temperatur und Luftfeuchtigkeit (wenn möglich kontinuierlich).

Während und nach der Exposition werden die Tiere beobachtet und die Befunde für jedes Tier aufgezeichnet. Alle Tiere sollen täglich beobachtet und Zeichen toxischer Wirkungen aufgezeichnet werden, darunter der Zeitpunkt des Auftretens sowie Grad und Dauer. Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen und Schleimhäuten, Atmung, Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster erstrecken. Futteraufnahme und Gewicht der Tiere sind wöchentlich zu bestimmen. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um so weit wie möglich sicherzustellen, daß Tiere während des Versuchs nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe oder Fehler beim Umsetzen verloren gehen. Nach Abschluß des Versuchszeitraumes werden alle überlebenden Tiere mit Ausnahme der Satellitengruppe seziert. Sterbende Tiere sowie Tiere, bei denen Anzeichen von starkem Leiden und Schmerzen festgestellt werden, sollten daraufhin sofort ausgesondert und unter Verwendung einer tierschutzgerechten Methode getötet und seziert werden.

Am Ende des Versuchs werden alle Tiere, einschließlich der Kontrolltiere, folgenden Untersuchungen unterzogen:

  1. Die Hämatologie sollte mindestens die Bestimmung des Hämatokritwertes und der Hämoglobinkonzentration, der Erythrozytenzahl, der Gesamt- und Differential-Leukozytenzahl sowie die Messung der Gerinnungsfähigkeit umfassen.
  2. Klinisch-biochemische Analyse des Blutes: Zur Beurteilung der Leber- und Nierenfunktion sollte zumindest je einer der folgenden Parameter bestimmt werden: Alanin-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Pyruvat-Transaminase), Aspartat-Aminotransferase (früher bekannt als Serum-Glutamat-Oxalazetat-Transaminase), Harnstoff-Stickstoff, Albumin, Kreatinin, Gesamt-Bilirubin und Gesamt-Serum-Protein.

Bestimmungen weiterer blutchemischer Parameter, die ggf. für eine adäquate toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose, Lipide, Hormone, Säuren-basen-Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität.

Zusätzliche klinisch-biochemische Analysen können ggf. notwendig sein, um die Untersuchung der beobachteten Effekte zu vertiefen.

B.8. 1.6.3.1. Autopsie

An allen am Versuch beteiligten Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zumindest die Leber, die Nieren, die Nebennieren, die Lunge und die Hoden werden sobald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Organe und Gewebe (Atemtrakt, Leber, Niere, Milz, Hoden, Nebennieren, Herz sowie alle Organe mit makroskopischen Veränderungen bzw. Größenveränderungen) sind im Hinblick auf spätere histopathologische Untersuchungen in einem geeigneten Medium aufzubewahren. Die Lungen sind in intaktem Zustand zu entfernen, zu wiegen und mit einem geeigneten Fixativ zu behandeln, um die Lungenstruktur zu erhalten.

B.8. 1.6.3.2. Histopathologische Untersuchung

Bei allen Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung sowie bei den Tieren der Kontrollgruppe(n) ist eine histologische Untersuchung der konservierten Organe und Gewebe durchzuführen. Alle Organe und Gewebe, die in der Gruppe mit der höchsten Dosierung prüfsubstanzbedingte Schädigungen aufweisen, müssen auch bei allen anderen Gruppen bei geringerer Dosierung untersucht werden. Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe mit besonderer Aufmerksamkeit zu untersuchen, bei denen in den anderen behandelten Gruppen toxische Effekte auftraten.

B.8. 2. Daten

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Dosisgruppe und Kontrollgruppe die Anzahl der Tiere zu Beginn des Versuchs und die Anzahl der Tiere mit den einzelnen Schädigungsformen zu entnehmen sein.

Alle ermittelten Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Dazu kann jede anerkannte statistische Methode herangezogen werden.

B.8. 3. Abschlußbericht

B.8. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

Beschreibung des Expositionsapparates einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und ggf. Art der Unterbringung der Tiere in einer Versuchskammer. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und ggf. der Konstanz der Aerosolkonzentration oder Teilchengrößenverteilung sind zu beschreiben.

Expositionsdaten:

Diese Daten sind in tabellarischer Form zusammenzustellen und unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankungen (z.B. Standardabweichung) darzustellen. Sie sollen, wenn möglich, folgende Angaben enthalten:

  1. Luftdurchflußrate in der Inhalationsanlage;
  2. Temperatur und Luftfeuchtigkeit;
  3. nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wurde, dividiert durch das Luftvolumen);
  4. ggf. die Art des Vehikels;
  5. tatsächliche Konzentrationen im Atembereich;
  6. der mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter - MMAD) und die geometrische Standardabweichung (Geometric Standard Deviation - GSD);

3.2. Bewertung und Interpretation

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B; G

4. Literatur

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B; H

weiter .

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