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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.25. In vivo-Säuger-Translokationstest

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.25. 1. Methode

B.25. 1.1. Einleitung

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B.

B.25. 1.2. Definitionen

Siehe allgemeine Einleitung Teil B; B

B.25. 1.3. Bezugssubstanzen

Keine.

B.25. 1.4. Prinzip der Methode

Mit dem Translokationstest der Maus lassen sich strukturelle und numerische Chromosomenveränderungen, die in Säugetier-Keimzellen auftreten, unter Nachkommen der ersten Generation ermitteln. Bei den beobachteten Chromosomenveränderungen handelt es sich um reziproke Translokationen und - bei weiblichen Nachkommen - um X-Chromosomenverlust. Träger von Translokationen und XO-Weibchen weisen eine verringerte Fertilität auf, die man zur Auswahl von F1-Nachkommen für die zytogenetische Analyse nutzt. Bestimmte Translokationstypen (X-Autosomentranslokation und Zentromer/Telomer-Translokation) verursachen vollständige Sterilität. Translokationen werden zytogenetisch in meiotischen Zellen in der Diakinese-Meraphase I männlicher Tiere (entweder F1-Männchen oder Söhne von F1-Weibchen) beobachtet. Die XO-Weibchen lassen sich zytogenetisch aufgrund der Anwesenheit von 39 statt 40 Chromosomen in Knochenmarksmitosen identifizieren.

B.25. 1.5. Qualitätskriterien

Keine.

B.25. 1.6. Beschreibung der Methode

Vorbereitung

Die Prüfsubstanz wird in isotonischer Kochsalzlösung gelöst. Wasserunlösliche Substanzen werden in geeigneten Lösungsmitteln gelöst oder suspendiert.

Es sind frisch zubereitete Lösungen oder Suspensionen der Prüfsubstanzen zu verwenden. Wird zur Erleichterung der Dosierung ein Lösungsmittel verwendet, darf dieses weder die Wirkung der Prüfsubstanz beeinträchtigen noch eine toxische Wirkung ausüben.

Verabreichungsweg

Die Prüfsubstanz wird normalerweise per os oder intraperitoneal verabreicht. Auch andere Verabreichungswege können geeignet sein.

Versuchstiere

Die Versuche werden an Mäusen durchgeführt, da deren Zucht und zytologische Untersuchung relativ einfach sind. Ein bestimmter Stamm ist nicht vorgeschrieben. Bei Anwendung der Fertilitätsuntersuchung sollte jedoch die durchschnittliche Wurfgröße des verwendeten Stammes mehr als acht Junge betragen und relativ konstant sein. Es werden gesunde, geschlechtsreife Tiere verwendet.

Anzahl der Tiere

Die erforderliche Anzahl der Versuchstiere hängt von der spontanen Translokationshäufigkeit und der für ein positives Ergebnis erforderlichen Erhöhung der Translokationshäufigkeit ab.

Normalerweise umfaßt der Test die Untersuchung der männlichen F1-Nachkommen. Pro Dosierungsgruppe sind mindestens 500 männliche F1-Nachkommen zu testen. Werden auch weibliche F1-Nachkommen berücksichtigt, sind 300 Männchen und 300 Weibchen erforderlich.

Verwendung von Negativ- und Positivkontrollen

Geeignete Daten gleichzeitig durchgeführter und historischer Kontrollen sollten vorliegen. Stehen Ergebnisse von Positivkontrollen zur Verfügung, die in letzter Zeit im selben Labor erhoben wurden, so können diese Ergebnisse anstelle einer gleichzeitigen Positivkontrolle verwendet werden.

Dosierung

Getestet wird eine Dosierung. Dabei handelt es sich normalerweise um die höchste Dosis, die eine minimale toxische Wirkung ausübt, ohne jedoch das reproduktive Verhalten oder die Überlebensrate der behandelten Tiere zu beeinträchtigen. Zur Erstellung einer Dosis-Wirkungs-Beziehung sind zwei zusätzliche niedrigere Dosierungen erforderlich. Bei nichttoxischen Substanzen sollte die Behandlung mit der höchstmöglichen Dosierung erfolgen.

Versuchsdurchführung

Behandlung und Paarung

Es stehen zwei Behandlungspläne zur Verfügung. Am häufigsten wird die einmalige Verabreichung der Prüfsubstanz gewählt. Auch die Verabreichung an 7 Tagen/Woche während 35 Tagen ist möglich. Die Anzahl der Paarungen nach der Behandlung richtet sich nach dem gewählten Behandlungsplan; es ist sicherzustellen, daß alle behandelten Keimzellstadien erfaßt werden. Nach dem Ende der Paarungsperiode werden die Weibchen einzeln in Käfigen untergebracht. Für jeden Wurf werden Geburtsdatum, Wurfgröße und Geschlecht der Jungen aufgezeichnet. Alle männlichen Jungen werden abgesetzt, alle weiblichen Jungen ausgesondert, sofern sie nicht in dem Versuch verwendet werden.

Untersuchung auf Translokationsheterozygotie

Es stehen zwei Verfahren zur Auswahl:

a) Fertilitätsuntersuchung

Die verringerte Fertilität eines F1-Tieres läßt sich durch Beobachtung der Wurfgrüße bzw. Analyse des Uterusinhalts des mit diesem Tier gepaarten Weibchens feststellen.

Die Kriterien für die Bestimmung der normalen und reduzierten Fertilität sind jeweils für den verwendeten Mäusestamm festzulegen.

Beobachtung der Wurfgröße: Die zu untersuchenden F1-Männchen werden einzeln mit Weibchen aus dem gleichen Versuch oder aus der Kolonie gepaart. Die Käfige werden ab dem 18. Tag nach der Paarung täglich inspiziert. Wurfgröße und Geschlecht der F2-Nachkommen werden bei der Geburt aufgezeichnet; die Würfe werden danach ausgesondert. Bei der Untersuchung weiblicher F1-Nachkommen behält man die F2-Nachkommen kleiner Würfe zur weiteren Untersuchung. Weibliche Translokationsträger werden durch zytogenetischen Nachweis einer Translokation in wenigstens einem ihrer männlichen Nachkommen identifiziert. XO-Weibchen erkennt man daran, daß sich bei ihren Nachkommen das Geschlechtsverhältnis von 1:1 zu 1:2 (Männchen:Weibchen) ändert. Bei einem sequentiellen Verfahren werden normale F1-Tiere nicht weiter untersucht, wenn der erste F2-Wurf einen vorher festgelegten Normalwert erreicht oder überschreitet. Anderenfalls wird ein zweiter oder dritter F2-Wurf untersucht. F1-Tiere, die nach Inspektion von bis zu drei F2-Würfen nicht als normal eingestuft werden können, werden entweder durch Analyse des Uterusinhaltes der mit ihnen gepaarten Weibchen weiter untersucht oder direkt einer zytogenetischen Analyse unterzogen.

Analyse des Uterusinhalts: Die Verringerung der Wurfgröße bei Translokationsträgern ist auf das Absterben von Embryonen zurückzuführen. Eine hohe Anzahl toter Implantate weist also auf eine Translokation in dem Versuchstier hin. Die zu untersuchenden F1-Männchen werden jeweils mit zwei oder drei Weibchen gepaart. Ob eine Empfängnis stattgefunden hat, wird durch tägliche Untersuchung auf Vaginalpfropf zwischen 8 und 10 Uhr morgens festgestellt. 14 bis 16 Tage danach werden die Weibchen getötet; die Anzahl der lebenden und toten Implantate in ihren Uteri wird aufgezeichnet.

b) Zytogenetische Analyse

Es werden luftgetrocknete Hodenpräparate hergestellt. Translokationsträger lassen sich durch das Vorhandensein von Multivalentkonfigurationen in der Diakinese-Metaphase I in primären Spermatozyten identifizieren. Werden mindestens zwei Zellen mit Translokationsmultivalenten beobachtet, ist damit der erforderliche Nachweis erbracht, daß es sich bei dem untersuchten Tier um einen Translokationsträger handelt.

Erfolgt keine Zuchtauswahl, werden F1-Männchen zytogenetisch untersucht. Mindestens 25 Diakinese-Metaphasen I pro Männchen sind mikroskopisch auszuwerten. Bei F1-Männchen mit kleinen Hoden und Zusammenbruch der Meiose vor der Diakinese oder bei F1-Weibchen, bei denen XO-Verdacht besteht, ist eine Untersuchung der mitotischen Metaphasen in Spermatogonien oder im Knochenmark erforderlich. Das Vorhandensein eines ungewöhnlich langen und/oder kurzen Chromosoms in jeder von 10 Zellen beweist, daß eine bestimmte, für Männchen steril wirkende Translokation (Typ c/t) vorliegt. Einige X-Autosomentranslokationen, die männliche Sterilität verursachen, lassen sich nur durch Bandenanalyse mitotischer Chromosomen ermitteln. Das Vorhandensein von 39 Chromosomen in jeder von 10 Mitosen ist ein Beweis dafür, daß es sich um ein XO-Weibchen handelt.

B.25. 2. Daten
Die Daten werden in tabellarischer Form dargestellt.

Für jeden Paarungsabschnitt sind die durchschnittliche Wurfgröße und das Geschlechtsverhältnis bei der Geburt und beim Absetzen anzugeben. Die Angaben der Fertilitätsuntersuchung von F1-Tieren müssen die durchschnittliche Wurfgröße aus allen normalen Paarungen und die jeweiligen Wurfgrößen bei F1-Translokationsträgern umfassen. Zur Analyse des Uterininhalts sind die durchschnittliche Anzahl der lebenden und toten Implantate aus normalen Paarungen und die Anzahl der lebenden und toten Implantate aus jeder Paarung von F1-Transloka-tionsträgern anzugeben.

Die Angaben zur zytogenetischen Analyse der Diakinese-Metaphase I sollten für jeden Translokationsträger die Anzahl der Multivalentkonfigurationstypen sowie die Gesamtzahl der Zellen umfassen.

Für sterile F1-Tiere sind die Gesamtzahl der Paarungen und die Dauer der Paarungsperiode anzugeben, ebenso die Hodengewichte und nähere Einzelheiten über die zytogenetische Analyse.

Für XO-Weibchen sind die durchschnittliche Wurfgröße, das Geschlechtsverhältnis unter den F2-Nachkommen und die Ergebnisse der zytogenetischen Analyse aufzuführen.

Erfolgt eine Vorauswahl möglicher F1-Translokationsträger aufgrund von Fertilitätsuntersuchungen, müssen die Tabellen auch Angaben darüber enthalten, bei wievielen dieser Tiere die Translokationsheterozygotie bestätigt wurde.

Auch die Daten aus Negativkontrollen und die Positivkontrollversuche sind anzuführen.

B.25. 3. Abschlußbericht

B.25. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

B.25. 3.2. Interpretation

Siehe allgemeine Einhaltung Teil B.

B.25. 4. Literatur

Siehe allgemeine Einleitung Teil B; H

weiter .

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