umwelt-online: Bestimmung der Toxizität

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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.2. Akute Toxizität (Inhalation)

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.2. 1. Methode

B.2. 1.1. Einleitung

Es ist vorteilhaft, vorläufige Angaben zur Partikelgrößenverteilung, zum Dampfdruck, Schmelzpunkt, Siedepunkt, Flammpunkt und zur Explosivität (falls zutreffend) der Substanz zu haben.

Siehe auch allgemeine Einleitung - Teil B.

B.2. 1.2. Definitionen

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B; B.I.

B.2. 1.3. Bezugssubstanzen

Keine.

B.2. 1.4. Prinzip der Methode

Mehrere Versuchstiergruppen werden mit der Prüfsubstanz in abgestuften Konzentrationen für eine bestimmte Zeit exponiert, und zwar eine Konzentration je Gruppe. Anschließend werden die beobachteten Auswirkungen und Todesfälle registriert. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

Tiere mit schweren und anhaltenden Anzeichen von Leiden und Schmerzen können vorzeitig getötet werden. Substanzen, von denen bekannt ist, daß sie auf diesem Wege aufgrund ihrer ätzenden oder stark reizenden Wirkungen ausgeprägte Schmerzen und Leiden verursachen, brauchen nicht geprüft zu werden.

B.2. 1.5. Qualitätskriterien

Keine.

B.2. 1.6. Beschreibung der Methode

B.2. 1.6.1. Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor dem Versuch werden gesunde junge erwachsene Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungsgruppen zugeordnet. Eine simulierte Exposition ist nur dann erforderlich, wenn es die verwendete apparative Expositionsbedingung notwendig macht.

Bei festen Prüfsubstanzen kann eine Mikronisierung erforderlich sein, um Partikel einer geeigneten Größe zu erhalten.

Falls erforderlich, kann der Prüfsubstanz ein geeignetes Vehikel zugefügt werden, um die erforderliche Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen. In diesem Fall muß jedoch eine Kontrollgruppe, die nur das Vehikel enthält, eingesetzt werden. Wird der Dosierung zur Vereinfachung der Verabreichung ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz eingefügt, müssen deren relevante toxische Eigenschaften bekannt sein. Es können ggf. Daten aus früheren Versuchen herangezogen werden.

B.2. 1.6.2. Prüfbedingungen

B.2. 1.6.2.1. Versuchstiere

Sofern nicht besondere Gründe vorliegen, ist die Ratte zu bevorzugen. Es sind bekannte Versuchstierstämme zu verwenden. Für jedes Geschlecht sollte die Schwankung des Körpergewichts der Tiere des jeweiligen Versuchs bei Versuchsbeginn nicht mehr als ± 20 % vom entsprechenden Mittelwert betragen.

B.2. 1.6.2.2. Anzahl und Geschlecht

Mindestens 10 Nagetiere (5 weibliche und 5 männliche) sind für jede Konzentration zu verwenden. Die weiblichen Tiere dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein.

Anmerkung: Bei Prüfungen der akuten Toxizität an Tieren, die einer höheren Ordnung angehören als Nagetiere, sollte die Verwendung einer geringeren Anzahl an Tieren in Betracht gezogen werden. Die Dosierungen sollten sorgfältig ausgewählt und großer Wert darauf gelegt werden, mäßig toxische Dosierungen nicht zu überschreiten. Bei solchen Versuchen sollte die Verabreichung der Prüfsubstanz in letalen Dosen vermieden werden.

B.2. 1.6.2.3. Expositionskonzentrationen

Die Dosisgruppen (mindestens 3) müssen ausreichen, um nach entsprechenden Abstufungen Versuchsgruppen mit toxischen Wirkungen und Mortalitätsraten zu erhalten. Die erhaltenen Daten sollen ausreichend sein, um eine Konzentration-Mortalitäts-Kurve aufzuzeigen und - soweit möglich - eine annehmbare Bestimmung der LC50 erlauben.

B.2. 1.6.2.4. Limit-Test

Wenn eine Exposition an fünf männlichen und fünf weiblichen Tieren nach 20 mg/l eines Gases oder von 5 mg/l bei Aerosolen oder Stäuben über vier Stunden oder - in den Fällen, in denen dies wegen der physikalischen oder chemischen Eigenschaften einschließlich der Explosionsgefahr der Prüfsubstanz nicht möglich ist - die maximale erreichbare Konzentration bei Anwendung innerhalb von 14 Tagen keine substanzbedingte Mortalität herbeiführt, werden weitere Versuche nicht als notwendig erachtet.

B.2. 1.6.2.5. Expositionszeit

Die Expositionszeit sollte vier Stunden betragen.

B.2. 1.6.2.6. Ausrüstung

Für die Tierversuche soll eine Inhalationsanlage benutzt werden, die einen dynamischen Luftstrom mit einem Luftwechsel von mindestens 12 mal pro Stunde sowie einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßig verteilte Expositionsatmosphäre gewährleistet. Wird eine Kammer verwendet, so ist sie so zu gestalten, daß die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden und die Exposition durch Inhalation der Prüfsubstanz maximiert wird. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das "Gesamtvolumen" der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten. Für Expositionen des Mund-Nasen-Bereichs, des Kopfes oder des Ganzkörpers sind spezielle Inhalationskammern zu verwenden. Die beiden ersten Expositionsarten sollen dazu beitragen, die Aufnahme der Prüfsubstanz auf anderen Wegen soweit wie möglich einzuschränken.

B.2. 1.6.2.7. Beobachtungszeitraum

Der Beobachtungszeitraum sollte mindestens 14 Tage betragen. Die Dauer der Beobachtung soll jedoch nicht starr festgelegt werden. Sie soll von der Art des Vergiftungsbildes, dem zeitlichen Auftreten der Symptome und der Dauer der Erholungsphase abhängig gemacht werden. Die Beobachtungszeit ist zu verlängern, falls es sich als notwendig erweist. Der Zeitpunkt, bei dem Vergiftungserscheinungen auftreten und wieder abklingen, sowie der Zeitpunkt des Todes sind von Bedeutung, vor allem dann, wenn Anzeichen für eine verzögerte Mortalität erkennbar sind.

B.2. 1.6.3. Versuchsdurchführung

Die Tiere werden unmittelbar vor der Exposition gewogen und nach Einstellung des Gleichgewichts der Kammerkonzentration der Prüfsubstanz in der dazu bestimmten Apparatur über einen Zeitraum von vier Stunden ausgesetzt. Die Einstellung des Gleichgewichts sollte nur wenig Zeit in Anspruch nehmen. Die Temperatur soll während des Versuchs 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll zwischen 30 und 70 % gehalten werden, ausgenommen in den Fällen, wo dies nicht durchführbar ist (z.B. Versuche mit einigen Aerosolen). Das Aufrechterhalten eines leichten Unterdrucks in der Kammer (5 mm Wasser) verhindert das Entweichen der Prüfsubstanz in die Umgebung. Während der Exposition werden weder Futter noch Wasser verabreicht. Es soll ein geeignetes System zur Erzeugung und Überwachung der Prüfatmosphäre benutzt werden. Das System soll gewährleisten, daß konstante Expositionsbedingungen so schnell wie möglich erreicht werden. Die Kammer sollte so angelegt sein und bedient werden, daß eine homogene Verteilung der Prüfatmosphäre in der Kammer aufrechterhalten wird.

Die folgenden Messungen oder Überwachungen sollten durchgeführt werden:

  1. Messungen der Luftdurchflußrate (kontinuierlich)
  2. Die tatsächliche Konzentration der Prüfsubstanz wird während der Exposition im Atembereich mindestens dreimal gemessen (in einigen Atmosphärenarten, z.B. Aerosolen in hohen Konzentrationen, kann eine häufigere Überwachung notwendig sein). Während der Expositionsdauer sollte die Konzentration um nicht mehr als ± 15 % vom Mittelwert abweichen. Bei einigen Aerosolen ist dieses Prüfniveau möglicherweise nicht erreichbar. In diesem Fall wird ein größerer Streubereich akzeptiert. Für Aerosole ist eine Analyse der Partikelgröße so oft wie möglich durchzuführen (mindestens einmal pro Versuchsgruppe).
  3. Temperatur und Luftfeuchtigkeit (möglichst ständig).

Während und nach der Exposition werden die Tiere beobachtet und die Befunde für jedes Tier aufgezeichnet. Die Beobachtungen sind während des ersten Tages häufig durchzuführen. Mindestens einmal an jedem Werktag sollte eine sorgfältige klinische Untersuchung erfolgen. Andere tägliche Beobachtungen und entsprechende Vorkehrungen sollen dem Ziel dienen, den Verlust an Tieren für die Studie weitestgehend einzuschränken, z.B. durch Autopsie oder Kühlung tot aufgefundener Tiere bzw. durch Isolierung oder Tötung schwacher oder sterbender Tiere.

Diese Beobachtungen beinhalten Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, Atmung und Kreislauf, autonomem und zentralem Nervensystem sowie an der Somatomotorik und am Verhaltensmuster. Besonderes Augenmerk ist auf Tremor, Atmung, Konvulsionen, Salivation, Diarrhö, Lethargie, Schlaf und Koma zu richten. Der Zeitpunkt des Todes ist so genau wie möglich festzuhalten. Das Gewicht der Einzeltiere soll nach der Exposition wöchentlich und zum Zeitpunkt des Todes festgestellt werden.

Die während des Versuchs gestorbenen und die bis zum Abschluß des Versuchs überlebenden Tiere werden seziert unter besonderer Berücksichtigung aller Veränderungen im oberen und unteren Atmungstrakt. Alle pathologischen Veränderungen sind zu protokollieren. Falls erforderlich, sollten Gewebe für eine histopathologische Untersuchung entnommen werden.

B.2. 2. Daten

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus müssen für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, der Zeitpunkt des Todes der einzelnen Tiere, die Zahl der Tiere mit weiteren Anzeichen der Giftwirkung, die Beschreibung der toxischen Auswirkungen und die Sektionsbefunde hervorgehen. Gewichtsveränderungen sind zu bestimmen und aufzuzeichnen, sofern die Tiere länger als einen Tag überleben. Tiere, die aufgrund substanzbedingter Leiden und Schmerzen vorzeitig getötet werden, werden als substanzbedingte Todesfälle registriert. Die LC50 ist mit einer anerkannten Methode zu berechnen. Die Auswertung sollte auch - soweit möglich - die Beziehung zwischen Verabreichungsdosis sowie Auftreten und Grad aller Abnormitäten einschließlich Verhaltensänderungen, klinischer Symptome, schwerer Schädigungen, Körpergewichtsveränderungen, Mortalität und sonstiger toxikologischer Auswirkungen umfassen.

B.2. 3. Abschlußbericht

B.2. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

Beschreibung des Expositionsapparates einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem und Art der Unterbringung der Tiere in der Versuchskammer (wenn verwendet). Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Aerosolkonzentration sowie Teilchengrößenverteilung sind zu beschreiben.

Expositionsdaten

Diese Daten sind in tabellarischer Form zusammenzustellen und unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankungen (z.B. Standardabweichung) darzustellen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

  1. Luftdurchflußrate in der Inhalationsanlage;
  2. Temperatur und Luftfeuchtigkeit;
  3. nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wurde, dividiert durch das Luftvolumen);
  4. ggf. Art des Vehikels;
  5. tatsächliche Konzentrationen im Atembereich;
  6. der mittlere aerodynamische Massendurchmesser (Mass Median Aerodynamic Diameter - MMAD) und die geometrische Standardabweichung (Geometric Standard Deviation - GSD);
  7. Zeit für die Gleichgewichtseinstellung;
  8. Expositionsdauer;

B.2. 3.2. Bewertung und Interpretation

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B; G

B.2. 4. Literatur

Siehe allgemeine Einleitung - Teil B; H.

weiter .

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