umwelt-online: Vergleichende Bewertung der biologischen Wirksamkeit verschiedener ionisierender Strahlungen (1)
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Stellungnahme der Strahlenschutzkommission
Vergleichende Bewertung der biologischen Wirksamkeit verschiedener ionisierender Strahlungen

Vom 26. Oktober 2004
(BAnz. Nr. 32a vom 16.02.2005 S. 4)



Nachfolgend wird die Stellungnahme der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 186. Sitzung der Kommission am 11./12. September 2003, bekannt gegeben.

1 Einleitung

Die vergleichende Bewertung der biologischen Wirksamkeit verschiedener ionisierender Strahlungen und der damit verbundenen Risiken hat in den letzten Jahren erneut und zunehmend an Interesse gewonnen. Dieses konzentrierte sich zunächst auf Neutronen im Zusammenhang mit dem Transport von abgebrannten Brennelementen aus Kernkraftwerken und von Reststoffen aus der Wiederaufarbeitung. Neutronen stellen auch eine wesentliche Komponente des Strahlungsfeldes bei Flügen in größerer Höhe dar. Im Zusammenhang mit der bemannten Raumfahrt spielen auch Protonen, Alpha-Teilchen und schwerere Ionen eine besondere Rolle. Alpha-Teilchen sind außerdem bedeutsam für das Lungenkrebsrisiko durch die Inhalation von Radon und seinen Folgeprodukten. Unterschiede in der biologischen Wirksamkeit von Photonenstrahlungen verschiedener Energien haben in der Strahlenschutzdiskussion bisher eine vergleichsweise geringe Rolle gespielt, neuerdings jedoch an Interesse gewonnen, z.B. in Zusammenhang mit Risikobetrachtungen bei Mammographie-Screening-Programmen.

Alle diese Fragen sowie internationale Diskussionen, die bisherigen Konzepte des Strahlenschutzes neu zu überdenken, geben Anlass, die vergleichende Bewertung verschiedener ionisierender Strahlungen im Hinblick auf ihre biologische Wirksamkeit erneut detailliert zu betrachten. In den letzten Jahren hat die Strahlenschutzkommission (SSK) zu einzelnen Fragen Stellung genommen, z.B. zur Bewertung des Risikos von Neutronenstrahlung sowie zur Bewertung weicher Röntgenstrahlung im Rahmen der Stellungnahme "Mammographie-Screening in Deutschland: Bewertung des Strahlenrisikos".

Die vergleichende Bewertung der biologischen Wirksamkeit verschiedener ionisierender Strahlungen interessiert im Strahlenschutz insbesondere in Bezug auf die Festlegung von Wichtungsfaktoren für die Dosisgrößen des Strahlenschutzes. Von besonderer Bedeutung ist dabei der niedrige Dosis- und Dosisleistungsbereich, in dem deterministische Schäden praktisch nicht auftreten. Hier stehen die stochastischen Schäden, d. h. die Tumorinduktion und die genetischen Schäden, im Vordergrund, die Letzteren allerdings mit geringerem Anteil, da die Wahrscheinlichkeit eines derartigen Schadens erheblich kleiner ist als die der Tumorinduktion. Auch Augenkatarakte, obwohl sie zumeist zu den deterministischen Schäden gezählt werden, werden in diesem Zusammenhang betrachtet.

Die hier vorgelegte Stellungnahme der SSK einschließlich der wissenschaftlichen Begründung diente der Prüfung, ob neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die eine Änderung der Zahlenwerte einzelner Wichtungsfaktoren oder sogar eine Änderung des Systems der Wichtungsfaktoren wünschenswert oder notwendig machen. Die Stellungnahme der SSK richtet sich in erster Linie an die Bundesregierung. Sie wendet sich aber auch an alle Fachleute des Strahlenschutzes sowie die interessierte Öffentlichkeit. Darüber hinaus soll sie einen Beitrag zur Diskussion in nationalen und internationalen Gremien leisten.

2 Begriffe

In der experimentellen Forschung wird die unterschiedliche Wirkung verschiedener ionisierender Strahlungen durch die "relative biologische Wirksamkeit" (RBW) beschrieben. Die RBW ist der Quotient aus den Energiedosen, die bei der Referenzstrahlung und der untersuchten Strahlung zu einem quantitativ gleichen biologischen Effekt führen. Die RBW-Werte hängen von dem untersuchten biologischen Objekt und dem biologischen Endpunkt (Art der biologischen Reaktion) ab; sie können daher für eine gegebene Strahlung durchaus verschiedene Werte annehmen. Für die Festlegung von Strahlungs-Wichtungsfaktoren sind vor allem RBW-Werte für die Karzinogenese von Bedeutung. Da diese aus epidemiologischen Untersuchungen unmittelbar für den Menschen nichtbekannt sind, spielen hier RBW-Werte aus Tierversuchen eine entscheidende Rolle.

Die Referenzstrahlung für RBW-Angaben ist nicht weltweit einheitlich festgelegt. Vielmehr sind als Referenzstrahlungen sowohl harte Röntgenstrahlung als auch60Co-Gammastrahlung im Gebrauch. Da zwischen diesen beiden Photonenstrahlungen, ja bereits zwischen verschieden stark gefilterten harten Röntgenstrahlungen gleicher Röhrenspannung, erhebliche biologische Wirkungsunterschiede bestehen können, muss bei allen RBW-Angaben die jeweilige Referenzstrahlung angegeben werden.

Sind die Kurven, die die Dosis-Wirkungs-Beziehungen für die untersuchte Strahlung und für die Referenzstrahlung darstellen, unterschiedlich gekrümmt (z.B. lineare Beziehung für Neutronen und linear-quadratische Beziehung für Gammastrahlung als Referenzstrahlung), so wird die RBW dosisabhängig. Einen maximalen RBW-Wert erhält man im Grenzfall sehr niedriger Dosen. Die RBWM ist dann das Verhältnis der Anfangssteigungen beider Dosis-Wirkungs-Beziehungen.

Für den Strahlenschutz hat man zum einen Dosisgrößen definiert, mit denen auf der Basis von strahlenbiologischen Erkenntnissen und Risikoüberlegungen Dosisgrenzwerte für die Exposition von Organen und des gesamten Körpers festgelegt werden können ("Körperdosisgrößen", z.B. die effektive Dosis E). Zum anderen wurden Dosisgrößen geschaffen, die für Messungen im Rahmen der Strahlenschutz-Überwachung geeignet sind ("Dosis-Messgrößen", z.B. für die Ortsdosimetrie die Umgebungs-Äquivalentdosis H* (10)).

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