Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk, Strahlenschutz

Einsatz partikelfiltrierender Halbmasken im Notfallschutz
- Empfehlung der Strahlenschutzkommission -

Vom 31. Oktober 2019
(BAnz. AT vom 29.01.2020 B4)



Verabschiedet in der 300. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 27./28. Juni 2019

Vorwort

Frühe Maßnahmen des Notfallschutzes, d. h. Evakuierung, Aufenthalt in Gebäuden und Iodblockade, werden ergriffen, um bei einem radiologischen Notfall, insbesondere bei einem schweren Kernkraftwerksunfall, deterministische Schäden zu vermeiden und die Wahrscheinlichkeit stochastischer Schäden zu reduzieren. Die vorliegende Empfehlung befasst sich mit der Frage, ob und unter welchen Umständen das Instrumentarium der frühen Schutzmaßnahmen um die Anwendung von handelsüblichen partikelfiltrierenden Halbmasken erweitert werden sollte.

Die Strahlenschutzkommission (SSK) beantwortet mit dieser Empfehlung einen Teil der Fragen, die im Jahr 2018 im Rahmen eines Beratungsauftrags des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zu speziellen Aspekten des Notfallschutzes gestellt wurden.

An ihrer Erarbeitung haben als Mitglieder einer Arbeitsgruppe des Ausschusses "Notfallschutz" mitgewirkt:

Prof. Dr. Rolf Michel
Vorsitzender der Arbeitsgruppe
"Radiologischer Notfallschutz"
Dipl.-Phys. Jürgen Kopp
Vorsitzender des Ausschusses
"Notfallschutz"
Prof. Dr. Joachim Breckow
Vorsitzender der Strahlenschutzkommission

1 Hintergrund

Frühe Maßnahmen des Notfallschutzes, d. h. Evakuierung, Aufenthalt in Gebäuden und Iodblockade, werden ergriffen, um bei einem radiologischen Notfall, hier einem schwerem Kernkraftwerksunfall, deterministische Schäden zu vermeiden und die Wahrscheinlichkeit stochastischer Schäden zu reduzieren. Das BMU hat deshalb in der Notfall-Dosiswerte-Verordnung in Übereinstimmung mit der Empfehlung der SSK zu den Radiologischen Grundlagen (SSK 2014) Dosiswerte für frühe Schutzmaßahmen festgelegt (NDWV 2018). Von besonderer Bedeutung ist bei den frühen Schutzmaßnahmen die Vermeidung hoher Schilddrüsendosen bei Kindern, Jugendlichen und Schwangeren als Folge der Inhalation radioaktiver Iodisotope. Die Erfahrungen des Unfalls von Tschernobyl haben gezeigt, dass hohe Schilddrüsendosen in der Folge besonders bei Personen, die zum Zeitpunkt des Unfalls Kleinkinder und Kinder waren, zu einem Anstieg von Schilddrüsenkrebs führen, z.B. UNSCEAR (2000, 2018). Die Iodblockade der Schilddrüse durch Einnahme von tabletten mit stabilem Kaliumiodid stellt eine wirksame Methode zur Vermeidung hoher Schilddrüsendosen durch Inhalation von radioaktiven Iodisotopen dar (SSK 2011).

Die vorliegende Empfehlung befasst sich damit, ob und unter welchen Umständen das Instrumentarium der frühen Schutzmaßnahmen um die Anwendung von handelsüblichen partikelfiltrierenden Halbmasken (im Folgenden Atemschutzmasken genannt) erweitert werden sollte. Partikelfiltrierende Atemschutzmasken schützen in drei unterschiedlichen FFP-Klassen vor wässrigen und öligen Aerosolen, Feinstaub sowie Rauch. Diese partikelfiltrierenden Halbmasken sind gemäß der DIN EN 149 (2009) genormt und werden in FFP1, FFP2 und FFP3 unterteilt.

Das Kürzel FFP steht dabei für "Filtering face Piece". Die Klassifizierung ergibt sich neben der Filterleistung der Maske auch anhand der maximal zulässigen Leckage. Diese ergibt sich aus der Durchlässigkeit des Filtermaterials und Öffnungen an Stellen, an denen die Maske nicht genau auf dem Gesicht aufsitzt.

In dieser Empfehlung steht die Frage nach der Wirksamkeit solcher Masken zur Reduzierung der Schilddrüsendosis im Vergleich zur Wirksamkeit der Iodblockade im Vordergrund. Die Frage nach der Wirksamkeit von Atemschutzmasken bei sonstigen radiologischen Notfällen wird am Rande mitbetrachtet, da Kernkraftwerksunfälle infolge der betrachteten Szenarien und Nuklidvektoren die Thematik der partikelfiltrierenden Halbmasken auch für andere radiologischen Notfälle abdecken.

2 Beratungsauftrag

Am 23. Januar 2018 beauftragte das BMU die SSK, die Zweckmäßigkeit einer möglichen Bevorratung von handelsüblichen partikelfiltrierenden Halbmasken (Atemschutzmasken) zur Reduzierung der in einem radiologischen Notfall anfallenden Dosisbelastung durch Inhalation von luftgetragener Kontamination zum Schutz der Bevölkerung in radiologischen Notfällen einschließlich der Empfehlung zu deren Nutzung zu bewerten. Dabei sollten insbesondere folgende Einzelaspekte betrachtet werden:

  1. Wie sind die Filterwirkung verschiedener infrage kommender Atemschutzmaskentypen (z.B. FFP l-3) bzw. die zu erwartende Verringerung der inhalationsbedingten effektiven Dosis und Schilddrüsendosis bei Tragen einer solchen Atemschutzmaske auch in möglicher Abhängigkeit vom vorliegenden Nuklidvektor und dessen chemischer Form zu beurteilen?
  2. Für welche Bevölkerungs- und Altersgruppen ist das Tragen der infrage kommenden Atemschutzmasken grundsätzlich zumutbar oder nicht zumutbar und welche maximalen Tragedauern sind anzunehmen?
  3. Wie ist die Wirksamkeit von Atemschutzmasken in Verbindung mit den üblichen Schutzmaßnahmen in der Frühphase radiologischer Notfälle wie z.B. dem "Aufenthalt in Gebäuden" zu bewerten? Welche Kombinationen mit anderen Schutzmaßnahmen erscheinen sinnvoll?

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 19.08.2020)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion