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Regelwerk

Risikoabschätzung für Hautkrebs durch ionisierende Strahlung
Stellungnahme der Strahlenschutzkommission

Vom 6. Februar 2024
(BAnz AT 18.11.2024 B4)


Verabschiedet in der 329. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 7./8. Dezember 2023

Vorwort

Die Berücksichtigung von Hautkrebs durch ionisierende Strahlung spielt im Strahlenschutz eine besondere Rolle. In der Grundsatzempfehlung der ICRP-Publikation 103 (ICRP 2007) handelt es sich bei Hautkrebs um die Krebsart mit dem größten Unterschied zwischen Inzidenzrisiko und Mortalitätsrisiko. Bezüglich der Inzidenz ist ihr Beitrag zum Gesamtkrebsrisiko größer als der aller anderen Krebsarten zusammen, während die Mortalität weniger als 1 % zum Gesamtrisiko beiträgt.

Auch die Wahl der Parameter, die in die Berechnung des Detriments eingehen, sowie die Modellverfahren zur Übertragung von Risikoschätzungen auf andere Bevölkerungsgruppen weicht für Hautkrebs vom Verfahren für andere Krebsarten deutlich ab. Diese Modelle und die zugrunde liegenden Risikoschätzungen stützen sich auf eine Datenbasis, die noch aus den 1990er Jahren stammt.

Dieser Sachverhalt veranlasste das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), die Strahlenschutzkommission (SSK) zu bitten, den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Forschung darzustellen und zu überprüfen, ob die dem gegenwärtigen Strahlenschutz für Hautkrebs zugrunde liegenden Daten, Parameter und Modelle noch dem aktuellen Wissensstand entsprechen.

Die vorliegende Stellungnahme stellt das Ergebnis der Bearbeitung dieses Beratungsauftrags dar und wurde durch eine Arbeitsgruppe der SSK formuliert, der die folgenden Mitglieder angehörten:

Unterstützt wurde die Arbeitsgruppe durch wesentliche Zuarbeit von Luca Caramenti M.Sc., der als Gast der Gruppe zugeordnet war.

Prof. Dr. Joachim Breckow
Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Risikoabschätzung für strahleninduzierten Hautkrebs"
Prof. Dr. Daniel Wollschläger
Vorsitzender des Ausschusses "Strahlenrisiko"
Prof. Dr. Ursula Nestle
Vorsitzende der Strahlenschutzkommission

1 Einleitung

Die Haut als größtes Organ des Menschen ist einer Vielzahl von Umweltnoxen ausgesetzt und spielt auch im Strahlenschutz eine besondere Rolle. So ist die weltweit hohe Inzidenz von Hautkrebs hauptsächlich auf die Exposition durch solare und künstliche UV-Strahlung zurückzuführen. Doch auch bei der Risikobewertung der Exposition durch ionisierende Strahlung findet die Haut besondere Berücksichtigung. Gegenwärtig wird davon ausgegangen, dass vor allem das Basalzellkarzinom (BCC) als ein Subtyp des Hautkrebses 1 durch ionisierende Strahlung verursacht werden kann. Für das Auftreten des Plattenepithelkarzinoms (SCC) gibt es nur eine schwache Assoziation, während das maligne Melanom (MM) in Bezug auf ionisierende Strahlung als nicht induzierbar gilt. Im folgenden Text dieser Stellungnahme bezieht sich der Begriff "Strahlung", wenn nicht anders angegeben, auf ionisierende Strahlung.

Bei der Bestimmung der effektiven Dosis wird der Beitrag des strahleninduzierten Hautkrebsrisikos zum gesamten stochastischen Risiko, wie für andere Organe auch, durch den Gewebe-WichtungsfaktorwT ausgedrückt. Der Gewebe-Wichtungsfaktor wird vom Inzidenz-Risikokoeffizienten für das entsprechende Organ und der nachfolgenden Berechnung des Detriments (Schadensmaß) abgeleitet. Für fast alle Organe unterscheiden sich der Risikokoeffizient und das Detriment, in das vor allem die Letalität eingeht, um nicht mehr als einen Faktor 2. Hautkrebs dagegen hat nicht nur den mit Abstand größten Inzidenz-Risikokoeffizienten aller Organe (größer als alle anderen zusammen), sondern aufgrund der sehr geringen Letalität des dominierenden BCC nur ein sehr kleines Detriment. Dies führt zu einem Unterschied zwischen Detriment und Risikokoeffizient um den bemerkenswert hohen Faktor 250, das heißt mehr als das Hundertfache gegenüber den anderen Organen (ICRP-Publikation 103 (ICRP 2007, Annex A, Tabelle A.4.1)). Während der Beitrag des Haut-Risikokoeffizienten zum Gesamt-Risikokoeffizienten unter den getroffenen Annahmen von ICRP-Publikation 103 etwa 60 % beträgt, macht das Haut-Detriment zum Gesamt-Detriment lediglich 0,7 % aus. Dieser Umstand ist vor allem dann von weitreichender Bedeutung, wenn ein Vergleich des strahleninduzierten Risikos für Hautkrebs mit dem durch andere Agenzien verursachten Hautkrebsrisiko hergestellt werden soll. Das Detriment für Hautkrebs durch ionisierende Strahlung ist um den Faktor 250 niedriger als der Inzidenz-Risikokoeffizient (vergleiche Tabelle A.4.1, ICRP 2007). Bei der Risikobewertung von ionisierender Strahlung wird im Allgemeinen auf das Detriment Bezug genommen. Jedoch wird bei anderen Risikofaktoren, wie z.B. UV-Strahlung, dafür die Erhöhung der Inzidenz in Abhängigkeit von der Exposition herangezogen. Dieser Umstand führt bei einem Risikovergleich dazu, dass der ionisierenden Strahlung eine 250-fach geringere Bedeutung beigemessen wird als beispielsweise der UV-Strahlung, der keine Schadensgewichtung zugeordnet wird und die sich nur auf die Erhöhung der Inzidenz bezieht.

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