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Regelwerk, Energienutzung, Strahlenschutz

Maßnahmen bei illegalem Umgang mit radioaktiven Stoffen
- Schleswig Holstein -

Vom 15. Juli 2015
(Amtsbl. Schl.-H. Nr. 32 vom 10.08.2015 S. 958 aufgehoben)
Gl.Nr. 7510.7



Zur Nachfolgeregelung

1 Die zuständigen Behörden haben sich auf Maßnahmen der radiologischen Gefahrenabwehr bei illegalem Umgang mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen (nachfolgend "radioaktive Stoffe" genannt) einzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich bei unsachgemäßem Umgang mit diesen Stoffen erhebliche Gefahren für die Einsatzkräfte, die Bevölkerung und die Umwelt ergeben können. Maßnahmen dieser Art kommen in Betracht bei:

  1. Fehlbestand an radioaktiven Stoffen durch
  2. Zufälligem Auffinden von radioaktiven Stoffen
  3. Illegalem Handel mit radioaktiven Stoffen einschließlich illegaler Einfuhr
  4. Drohung mit

Soweit in den o.g. Fällen auch Maßnahmen zur Erforschung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durchgeführt werden, sind die nachfolgenden Hinweise und Regelungen ebenfalls zu beachten.

2 Koordinierung von besonderen Lagen

Federführendes Ministerium bei der Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit Kernbrennstoffen und sonstigen radioaktiven Stoffen ist das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume.

Erforderlichenfalls werden die Führungsentscheidungen des federführenden Ministeriums und der übrigen betroffenen Ressorts sowie die einheitliche Durchführung von Maßnahmen von der für die Abarbeitung von besonderen Lagen vorgesehenen besonderen Aufbauorganisation (BAO) der Landesregierung Schleswig-Holstein koordiniert.

Das Verfahren zur Einrichtung einer BAO der Landesregierung für besondere Lagen wird auf Grundlage eines Kabinettsbeschlusses geregelt.

3 Meldewege und Informationspflichten

Erkenntnisse über Gefahren und Straftaten der in Nummer 1 genannten Art sind sofort über die bestehenden Meldewege der jeweils obersten Landesbehörde mitzuteilen, wobei eine erste eigene Bewertung vorzunehmen ist, soweit dies möglich ist.

Die Behörden der Polizei melden diese Erkenntnisse nach dem Runderlass betr. Meldung wichtiger Ereignisse (WE-Meldungen); besondere Meldedienste bleiben unberührt. Das Lagezentrum des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten teilt die bei ihm hierüber eingehenden Meldungen sowohl den betroffenen Ministerien der Landesregierung, dem Lagezentrum des Bundesinnenministeriums und dem Landeskriminalamt mit. Bei Verdacht des illegalen Handels mit radioaktiven Stoffen erfolgt die weitere Unterrichtung der betroffenen Ministerien und des Lagezentrums des Bundesinnenministeriums spätestens bei begründetem Verdacht auf das Vorhandensein radioaktiver Stoffe.

4 Hinzuziehung von Fachkräften des Strahlenschutzes

Das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume gewährleistet über seinen Rufbereitschaftsdienst eine Alarmierung seiner Strahlenschutzfachkräfte für den Fall, dass diese vom Lagezentrum des Ministeriums für Inneres und Bundesangelegenheiten nicht unterrichtet worden sind. Diese Fachkräfte sind frühzeitig einzuschalten, um erforderlichenfalls messtechnische Maßnahmen und Grobanalysen durchzuführen; sie treffen die nach Atomrecht/Strahlenschutzrecht erforderlichen fachlichen Entscheidungen.

Die Behörden der Polizei bzw. die Staatsanwaltschaften fordern bereits im Rahmen der Durchführung unaufschiebbarer Maßnahmen Fachkräfte des Strahlenschutzes über das Lagezentrum des Innenministeriums und dieses über die Rufbereitschaft nach Absatz 1 an, sobald sich die Gefahrenlage örtlich eingrenzen lässt.

Die Fachkraft für Strahlenschutz entscheidet über das Hinzuziehen der zentralen Unterstützungsgruppe des Bundes (ZUB). Soweit bereits eine BAO der Landesregierung zur Bewältigung besonderer Lagen zusammengetreten ist, entscheidet diese über das Hinzuziehen der ZUB.

5 Sofortmaßnahmen von Polizei und Feuerwehr

Vor Eintreffen einer Fachkraft des Strahlenschutzes haben sich Polizei oder Feuerwehr im Falle der örtlichen Eingrenzung der Gefahrenlage auf diejenigen unaufschiebbaren Maßnahmen zu beschränken, die lagebedingt unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Eigensicherung (Strahlenschutz) nach Leitfaden der Polizei (LF) 450 bzw. Feuerwehrdienstvorschrift (FwDV) 500 zwingend notwendig und vertretbar sind. Dies sind insbesondere die Maßnahmen Messungen, Absperrung, Räumung, Verhinderung einer wesentlichen Schadensausweitung, Rettung gefährdeter Personen.

Für Absperrmaßnahmen sind die Regelungen des LF 450 bzw. der FwDV 500 entsprechend anzuwenden. Kann der für Absperrmaßnahmen geltende Richtwert von 0,025 mSv/h (25 µSv/h) nicht bestimmt werden, ist ein Gefahrenbereich von mindestens 25 Meter Radius anzunehmen. Im Falle einer Kombination aus radioaktivem Stoff mit einer Spreng- oder Brandvorrichtung muss der Gefahrenbereich auch in Abstimmung mit einem verantwortlichen Entschärfer des Kampfmittelräumdienstes Schleswig-Holstein (KRD SH) festgelegt werden.

6 Gefahrenabwehr/Strafverfolgung

Da aus einer strafprozessualen Sicherstellung und Beschlagnahme von radioaktivem Material weder für die Polizei noch für die Staatsanwaltschaft die Befugnis folgt, radioaktive Stoffe außerhalb der Vorschriften des Atomrechts und des Strahlenschutzrechts zu transportieren und zu verwahren, trifft die Polizei auch in diesen Fällen lediglich die unaufschiebbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwehr. Im Übrigen entscheiden die Fachkräfte des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume in Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden über den Verbleib des radioaktiven Materials. Lassen sich in diesem Zusammenhang die Interessen der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr nicht gleichzeitig verwirklichen, gehen die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr vor.

7 Maßnahmen der Fachkräfte des Strahlenschutzes sowie der Ordnungsbehörden und der Polizei

Nach Eintreffen einer Fachkraft des Strahlenschutzes trifft sie die erforderlichen fachlichen Entscheidungen für das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume über folgende Maßnahmen bzw. in folgenden Angelegenheiten:

  1. Ortsdosisleistungs-, Kontaminations- und Inkorporationsmessungen,
  2. Beurteilung von Art und Ausmaß einer möglichen Gefährdung durch radioaktive Stoffe und der Dringlichkeit von Gefahrenabwehrmaßnahmen; Stoffbewertung in radiologischer Hinsicht,
  3. Festlegung der Gefahrenabwehrmaßnahmen einschließlich des Umfangs der Warnung und Information der Bevölkerung, Einschaltung von fachlich qualifizierten Ärzten und anderen Fachkräften,
  4. Festlegung von Schutzmaßnahmen vor Ort, soweit die auf der Grundlage des LF 450 bzw. der FwDV 500 vorgenommenen Maßnahmen nicht ausreichen und ergänzt werden müssen,
  5. soweit möglich, zerstörungsfreie (Grob-) Analyse der radioaktiven Stoffe oder der Kernbrennstoffe,
  6. Dekontamination,
  7. Handhabung und sichere Verpackung der sichergestellten radioaktiven Stoffe,
  8. Transport der sichergestellten radioaktiven Stoffe in einen sicheren Bereich nach detaillierten Vorgaben.

Die zur Ausführung erforderlichen Maßnahmen werden von der örtlichen Ordnungsbehörde bzw. der Behörde der Polizei angeordnet.

Ist nicht auszuschließen, dass eine Sprengvorrichtung in Verbindung mit radioaktiven Stoffen vorhanden ist, entscheidet der verantwortliche Entschärfer des KRD SH im Zusammenwirken mit einer Strahlenschutzfachkraft über das weitere Vorgehen.

8 Ergänzende Hinweise für den Umgang mit sichergestellten radioaktiven Stoffen

1. Sicherstellung

Materialverlagerungen und Standortveränderungen sichergestellter radioaktiver Stoffe sind zu vermeiden. Soweit in Ausnahmefällen aus polizeitaktischen Gründen die Entscheidung einer Strahlenschutzfachkraft nicht abgewartet werden kann, gilt Ziffer 5.

Da in den meisten Fällen der Sicherstellungen nicht gewiss ist, ob es sich bei dem Material tatsächlich um radioaktive Stoffe handelt, erfolgt die Sicherstellung vorrangig zur Gefahrenabwehr. Gefahrenabwehr hat Vorrang vor Strafverfolgung.

Führen Einsatzkräfte der Polizei und/oder der Feuerwehr zur Feststellung der Radioaktivität
die ersten Messungen durch, muss berücksichtigt werden, dass beim Einsatz der bei der Polizei bzw. der Feuerwehr üblicherweise vorhandenen Geräte eine negative messtechnische Aussage noch keine Gewähr dafür ist, dass kein radioaktiver Stoff vorhanden ist. Weitere Vorsicht ist geboten.

Ein im ersten Zugriff nach §§ 94, 98 StPO zur Beweissicherung begründetes Verwahrungsverhältnis muss in einen Zustand überführt werden, der den Anforderungen des Atomrechts/Strahlenschutzrechts entspricht. Die hierzu notwendigen Maßnahmen sind zwischen den beteiligten Behörden zu klären.

2. Analyse

Soweit sichergestellte radioaktive Materialien zum Zwecke der Gefahrenabwehr zu analysieren sind, sind die hierzu erforderlichen Maßnahmen zwischen der atomrechtlichen/strahlenschutzrechtlichen Behörde und der Polizei - bei einem Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen mit Einschaltung der Staatsanwaltschaft - abzusprechen. Über Art und Umfang der Analyse entscheidet die Fachbehörde gegebenenfalls im Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft.

9 Inkrafttreten

Dieser Erlass tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und ist gültig bis zum 30. Juni 2020. Der Erlass vom 31. Januar 1995 (Amtsbl. Schl.-H. S. 81) wird zeitgleich aufgehoben.


ENDE

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