Nach vierjähriger Tätigkeit hat der Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) Ende 2002 seine Empfehlungen vorgestellt. Der AkEnd, dem 14 Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen angehörten, wurde Anfang 1999 vom Bundesumweltministerium (BMU) eingerichtet und hatte die Aufgabe, ein Verfahren und Kriterien für die Suche und Auswahl eines Endlagerstandortes für alle Arten radioaktiver Abfälle (schwach-, mittel- und hochradioaktive Abfälle) in tiefen geologischen Formationen in Deutschland zu entwickeln. Die ILK hat sich mit den Empfehlungen des AkEnd beschäftigt und begrüßt grundsätzlich dessen Versuch, ein systematisches Verfahren zu entwickeln, um das Problem der Endlagerung radioaktiver Abfälle in Deutschland zu lösen; sie ist allerdings der Ansicht, dass die Randbedingungen, die dem AkEnd vom BMU vorgegeben wurden, ungeeignet sind und dass der Verfahrensvorschlag des AkEnd in wesentlichen Punkten Mängel aufweist und begründet dies im Folgenden. Die ILK stützt sich dabei auf die Beratungsergebnisse einer Gruppe internationaler Experten [1], die in ihrem Auftrag die Ergebnisse des AkEnd ausgewertet haben. Die ILK geht in ihrer Stellungnahme ausdrücklich nicht auf verfassungsrechtliche und juristische Fragestellungen ein, die durch das vom AkEnd empfohlene Auswahlverfahren berührt werden. Diese sollten Gegenstand einer gesonderten Untersuchung sein.
Grundlage für die nachfolgenden Ausführungen war die als Broschüre veröffentlichte Zusammenfassung der AkEnd-Empfehlungen [2] bzw. deren offizielle englische Übersetzung [3]. Die im folgenden Text aufgeführten Seiten bzw. Kapitelangaben beziehen sich auf diese Zusammenfassung, Zitate sind kursiv geschrieben. Einige Punkte wurden mit dem ausführlichen Abschlussbericht [4] verglichen.
2. Randbedingungen und Grundlagen der Arbeit des AkEnd
Die Empfehlungen des AkEnd sind wesentlich geprägt von den beiden nachfolgenden Vorgaben des BMU:
Der AkEnd sollte in seinem Verfahren vorhandene Standorte nicht berücksichtigen. Entsprechend war von einer sog. weißen Deutschlandkarte auszugehen und in mehreren Stufen aus grundsätzlich allen Gebieten Deutschlands der schließlich zu verwendende Standort auszuwählen. Diese Festlegung erlaubt zwar ein methodisch konsistentes Vorgehen, entspricht aber nicht der realen Situation. In Deutschland gibt es ein bereits genehmigtes Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (Konrad) sowie einen bereits sehr weitgehend und bisher mit positiven Ergebnissen erkundeten Standort für hochradioaktive Abfälle (Gorleben). In beide Vorhaben wurden bis heute insgesamt ca. 2,1 Mrd. Euro investiert. Die ILK ist der Ansicht, dass diese erheblichen Mittel nicht von vornherein grundlos abgeschrieben werden sollten und empfiehlt nachdrücklich, eine umfassende Sicherheitsanalyse für Gorleben durchzuführen, wie sie bereits in ihrer Stellungnahme zur möglichen Eignung des Standortes Gorleben als geologisches Endlager für radioaktive Abfälle ausgeführt hat [5]. Sie empfiehlt weiterhin, ein Auswahlverfahren zu definieren, das die genannten Fakten betreffend Gorleben mit einbezieht und das Endlager Konrad möglichst bald in Betrieb zu nehmen.
Dem AkEnd wurde vorgegeben, dass ein einziges Endlager für alle Arten und Mengen radioaktiver Abfälle ausreichen soll. Diese politische Zielsetzung hat nach Ansicht der ILK auf technischer Ebene beträchtliche Auswirkungen auf das Auswahlverfahren und das Endlager selbst. Es erschwert die Standortauswahl erheblich, da schwach- und mittelradioaktive Abfälle einerseits und hochradioaktive andererseits zum Teil unterschiedliche Anforderungen an ein Endlager stellen. Daher ist es durchaus denkbar, dass ein für die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle sehr gut geeigneter Standort für eine gemeinsame Endlagerung nicht infrage kommt, da er beispielsweise für die Endlagerung der gasentwickelnden schwach- und mittelradioaktiven Abfälle nicht geeignet ist. Generell ist die Endlagerung kurzlebiger schwach- und mittelradioaktiver Abfälle eine separat viel leichter zu lösende Aufgabe als die der hochradioaktiven Abfälle, da der erforderliche Isolationszeitraum in diesem Fall drastisch reduziert werden kann. Außerdem besteht ein realer Bedarf, ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle früher zur Verfügung zu haben. Der AkEnd selbst äußert sich zum Ein-Endlager-Konzept zwar zurückhaltend, aber dennoch eindeutig negativ. Der ILK ist kein anderes Land bekannt, das versucht, eine derartige Strategie zu realisieren. Dies ist besonders schwer zu verstehen, da es in Deutschland mit Konrad bereits ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle gibt, dessen Errichtung und Betrieb genehmigt sind. Die ILK empfiehlt daher, getrennte Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle einerseits und für hochradioaktive Abfälle andererseits vorzusehen, wie bereits in ihrer Stellungnahme zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen [6] dargestellt.
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