Bauaufsichtliche Anforderungen an Rettungswege in Gebäuden (Treppenräume und allgemein zugängliche Flure) Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz
Vom 17. März 1989 (Min Bl. 1989 S. 155) (61 - 3 - 459)
Sämtliche Verweise beziehen sich auf die Bauordnung vom 28.11.1986
Aus Gründen des Brandschutzes sind an Rettungswege in Gebäuden besondere Anforderungen zu stellen. Die Regelanforderungen über die Beschaffenheit von Rettungswegen in Gebäuden ergeben sich in Anknüpfung an § 15 Abs. 4 LBauO insbesondere aus den §§ 30, 31 und 32 LBauO in Abhängigkeit von der Gebäudeklasse. Einige dieser Bestimmungen beinhalten Zulässigkeitstatbestände bzw. Ausnahmeregelungen unter Voraussetzungen wie "wenn der Brandschutz gewährleistet ist" oder ähnlichen Formulierungen. Damit wird den Bauaufsichtsbehörden ein gewisser Spielraum eröffnet, die notwendigen Anforderungen auch unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung im Einzelfall festzulegen.
Nach § 48 Abs. 1 LBauO können bei baulichen Anlagen oder Räumen besonderer Art oder Nutzung zur Abwehr von Gefahren im Einzelfall über bestimmte Regelanforderungen hinausgehende Anforderungen gestellt oder Erleichterungen gestattet werden. Diese Anforderungen bzw. Erleichterungen können sich u. a. erstrecken auf den Brandschutz (Abs. 1 Satz 3 Nr. 4), Brandschutzeinrichtungen und Brandschutzvorkehrungen (Abs. 1 Satz 3 Nr. 5), die Anordnung und Herstellung der Treppen, Ausgänge und sonstigen Rettungswege (Abs. 1 Satz 3 Nr. 7).
Im Interesse eines möglichst einheitlichen Vollzugs der einschlägigen Bestimmungen der Landesbauordnung geben wir folgende Hinweise:
Innenliegende Treppenräume können gestattet werden, wenn der zweite Rettungsweg entsprechend § 15 Abs. 4 LBauO gesichert ist und wenn die Benutzung durch Raucheintritt nicht gefährdet werden kann. Eine Gefährdung durch Raucheintritt ist nicht befürchten, wenn bei den nachstehenden Gebäuden die jeweiligen Anforderungen erfüllt werden.
1.1.1 Gebäude der Gebäudeklasse 4 mit nicht mehr als fünf Geschossen über der Geländeoberfläche
Der Treppenraum darf aus den Geschossen nur über einen Vorraum oder einen höchstens 10 m langen allgemein zugänglichen Flur oder Flurabschnitt zugänglich sein,
die Tür zwischen dem Treppenraum und dem Vorraum bzw. dem allgemein zugänglichen Flur muß mindestens feuerhemmend (Feuerwiderstandsklasse T 30) und selbstschließend sein; eine rauchdichte und selbstschließende Tür genügt, wenn auch die aus den Nutzungseinheiten in den Vorraum oder den allgemein zugänglichen Flur führenden Ausgänge rauchdichte und selbstschließende Türen haben,
die nach § 31 Abs. 10 LBauO notwendigen Rauchabzugseinrichtungen müssen in Abständen von höchstens drei Geschossen bedient werden können und im Erdgeschoß eine gleich große Zuluftöffnung haben; die Zuluftöffnung kann die Haustür sein, wenn sie die entsprechende Größe und eine Feststellvorrichtung hat.
1.1.2 Gebäude der Gebäudeklasse 4 mit mehr als fünf Geschossen über der Geländeoberfläche
Der Treppenraum darf aus den Geschossen nur über einen Vorraum zugänglich sein. Der Vorraum soll mindestens 3 m2 Grundfläche bei 1 m Mindestbreite haben; er darf weitere Öffnungen nur zu allgemein zugänglichen Fluren, Aufzügen und Sanitärräumen haben. Die Wände des Vorraums sind feuerbeständig aus nichtbrennbaren Baustoffen (Feuerwiderstandsklasse F 90-A), Lüftungsschächte in der Feuerwiderstandsklasse L 90 herzustellen.
Türen zwischen Treppenraum und Vorraum müssen feuerhemmend und selbstschließend (Feuerwiderstandsklasse T 30), zwischen Treppenraum und Sicherheitsschleuse (S. Nr. 2.2.1 Satz 2 und 3) rauchdicht und selbstschließend sein. Diese Türen müssen untereinander einen Abstand von mindestens 3 m einhalten.
Die Vorräume sind mit einer Lüftungsanlage mit Ventilatoren so zu be- und entlüften, daß in sämtlichen zu den Treppenräumen gehörenden Vorräumen ein mindestens 30facher stündlicher Außenluftwechsel gewährleistet ist. Die Lüftungsanlage muß über Rauchmelder, die in dem Raum vor dem Vorraum anzubringen sind, automatisch in Betrieb gesetzt werden. Die Lüftungsanlage kann auch für einen mindestens 30-fachen stündlichen Außenwechsel in mindestens drei zu einem Treppenraum gehörenden, unmittelbar übereinanderliegenden Vorräumen bemessen werden, wenn die für die Be- und Entlüftung erforderlichen beiden Öffnungen in jedem Vorraum mit dichtschließenden Klappen versehen sind, die bei Rauchentwicklung durch Auslösen der Rauchmelder und gleichzeitiger Inbetriebsetzung der Lüftungsanlage nur in dem jeweiligen Geschoß automatisch geöffnet werden.
Es muß eine Ersatzstromversorgungsanlage (Ersatzstromanlage) vorhanden sein, die sich bei Ausfall der allgemeinen Stromversorgung selbsttätig innerhalb von 15 Sekunden einschaltet und die Stromversorgung für die Sicherheitseinrichtungen der innenliegenden Rettungswege übernimmt; die Ersatzstromanlage kann durch Batterien gespeist werden. Die Beleuchtungsstärke in den Achsen der Rettungswege muß mindestens ein Lux betragen. Die Ersatzstromanlage muß für einen mindestens einstündigen Betrieb aller Sicherheitseinrichtungen bemessen sein.
Für die erforderlichen Rauchabzugseinrichtungen gilt Nr. 1.1.1 c) entsprechend.