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Regelwerk; Bau- & Planungsrecht

Privilegierung von Biomasseanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB
- Bayern -

Vom 4. Dezember 2021
(Quelle: https://www.stmb.bayern.de)



Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Sehr geehrte Damen und Herren,

das damalige Staatsministerium des Innern hat letztmalig mit Rundschreiben vom 04.08.2005, 17.07.2009 und 03.08.2012 Hinweise zu bauplanungsrechtlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Biomasseanlagen, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 Baugesetzbuch (BauGB) privilegiert sind, veröffentlicht.

Die Fachkommission Städtebau der ARGE-Bau Ministerkonferenz hat zuletzt am 23.03.2012 Hinweise zur Privilegierung von Biomasseanlagen (nachfolgend: "Hinweise") beschlossen (veröffentlicht im öffentlichen Teil der IS ARGE Bau: https://www.bauministerkonferenz.de/verzeichnis.aspx?id=986&o=759O986 ).

Mit diesem Rundschreiben soll im Hinblick auf neue Rechtsprechung und Literatur die aktuelle Rechtslage unter Berücksichtigung dieser " Hinweise" dargestellt werden, wobei sich - der besseren Übersicht halber - die Gliederungsnummern entsprechen.

Besonders hinzuweisen sind auf die Aktualisierungen im Hinblick auf das Verhältnis des Basisbetriebs zu einer etwaigen Betreibergesellschaft (nachfolgend Gl.-Nr. 1b) und zur Zulässigkeit von Satelliten-Blockheizkraftwerken ( Gl.-Nr. 8).

Die Rundschreiben vom 04.08.2005, 17.07.2009 und 03.08.2012 werden durch nachfolgende - zusammenfassende - Hinweise gegenstandslos.

Für Rechtsfragen außerhalb des Bauplanungsrechts darf auf die umfassenden Erläuterungen und Vollzugshinweisen im Energieatlas Bayern hingewiesen werden (www.energieatlas.bayern.de/thema_biomasse/genehmigung.html).

1. Energetische Nutzung der Biomasse im Rahmen eines Betriebes nach § 35 Abs. 1 Nr. 6, 1. Halbsatz BauGB

§ 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erfasst "Anlagen zur energetischen Nutzung von Biomasse". Einen Anhaltspunkt dafür, was unter "Biomasse" zu verstehen ist, gibt § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Erzeugung von Strom aus Biomasse - Biomasseverordnung (BiomasseV vom 21.07.2001; BGBl. I S. 1234):

Danach erfasst Biomasse u. a. Pflanzen und Pflanzenbestandteile sowie Abfälle und Nebenprodukte pflanzlicher und tierischer Herkunft aus der Land-, Forst- und Fischwirtschaft.

Erfasst sind aber nicht nur "klassische" Biogasanlagen, sondern etwa auch Hackschnitzelheizanlagen oder Anlagen für nachwachsende Rohstoffe, spezielle Energiepflanzen usw.

Auch Gülle aus der Tierhaltung ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 BiomasseV Biomasse und kann daher im Rahmen einer privilegierten Biogasanlage zur Energiegewinnung verwandt werden.

Diese Biomassemuss zur Energieerzeugung genutzt werden, wobei das aus Biomasse erzeugte Gas sowohl zur Wärmegewinnung als auch zur Erzeugung von Strom verwendet werden kann - sei es innerhalb des (Basis-) Betriebs, sei es außerhalb z.B. durch Einspeisung in allgemeine Versorgungsnetze ( § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB erfasst ausdrücklich auch den"Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz", d.h. z.B. Leitungen in das Stromnetz).

Der in § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB verwendete Anlagenbegriff ist im übrigen nutzungsbezogen: Privilegiert zulässig sind daher jedenfalls alle zum Betrieb einer solchen Anlage erforderlichen Teilanlagen wie z.B. der Fermenter oder der Gärrerestbehälter, aber gegebenenfalls auch das zur Verstromung erforderliche Blockheizkraftwerk (BHKW) oder ein Fahrsilo zur Aufbewahrung der Biomasse (zum sog. Satelliten-BHKW vgl. aber nachfolgend Gl.-Nr. 8)

  1. Durch die Formulierung "im Rahmen eines Betriebes" hat der Gesetzgeber klargestellt, dass er die Zuordnung der Biomasseanlage zu einem sog. Basisbetrieb als Voraussetzung der Privilegierung ansieht. Als Basisbetrieb kommen Betriebe der Land- und Forstwirtschaft ( § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB), Gartenbaubetriebe ( § 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB) und gewerbliche Tierhaltungsbetriebe, die unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB fallen, in Betracht. Das Erfordernis des Basisbetriebs stellt den für die Privilegierung der Anlagen erforderlichen besonderen Bezug zum Außenbereich sicher. Die Voraussetzung ist auch erfüllt, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb ausschließlich Biomasse erzeugt (BVerwG, Urt. v. 11.12.2008 -7 C 6.08-). Dabei ist auch kein bestimmter Eigenbedarf erforderlich; vielmehr genügt es, wenn Zweck des Vorhabens die energetische (Fremd-) Nutzung von Biomasse als solche ist.
  2. Die Zuordnung der Biomasseanlage zu einem solchen Basisbetrieb ist ohne weiteres gegeben, wenn der Inhaber des Basisbetriebs und der Inhaber der Biomasseanlageidentisch sind.
    Die Zuordnung ist aber auch nicht bereits deshalb zu verneinen, weil die Biomasseanlage nicht im Alleineigentum des Inhabers des Basisbetriebs steht:
    Eine Biomasseanlage kann dem Basisbetrieb vielmehr auch dann noch zugeordnet werden, wenn sie sich im Eigentum einer Betreibergesellschaft (z.B. Gesellschaftlich bürgerlichen Rechts, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaft) befindet. Zu denken ist dabei insbesondere an den Fall, dass diese Betreibergesellschaft dauerhaft nur aus Gesellschaftern nahegelegener Betriebe im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b BauGB besteht, die die Anlage beschicken (vgl." Hinweise" Gl.-Nr. 1 a.E.)
    Kritisch

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