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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

BGI 898 / DGUV Information 201-034 - Handlungsanleitung Tauchereinsätze in kontaminiertem Wasser
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) Information

(Ausgabe 01/2007aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung


Berufsgenossenschaftliche Informationen (BG-Informationen) enthalten Hinweise und Empfehlungen, die die praktische Anwendung von Regelungen zu einem bestimmten Sachgebiet oder Sachverhalt erleichtern sollen.

Diese BG-Information wurde von der BG BAU unter Mitwirkung des Fachausschusses "Bauwesen" der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung - DGUV erarbeitet und in das Sammelwerk der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung aufgenommen.

Vorbemerkung

BG-Informationen richten sich in erster Linie an den Unternehmer und sollen ihm Hilfestellung bei der Umsetzung seiner Pflichten aus staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften und gegebenenfalls Regeln geben sowie Wege aufzeigen, wie Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren vermieden werden können.

Der Unternehmer kann bei Beachtung der in diesen BG-Informationen enthaltenen Empfehlungen, insbesondere den beispielhaften Lösungsmöglichkeiten, davon ausgehen, dass er damit geeignete Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren getroffen hat. Andere Lösungen sind möglich, wenn Sicherheit und Gesundheitsschutz in gleicher Weise gewährleistet sind. Sind zur Konkretisierung staatlicher Arbeitsschutzvorschriften von den dafür eingerichteten Ausschüssen technische Regeln ermittelt worden, sind diese vorrangig zu beachten.

Die in dieser BG-Information enthaltenen technischen Lösungen schließen andere, mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in technischen Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ihren Niederschlag gefunden haben können.

1 Anwendungsbereich

Diese BG-Information findet Anwendung auf Taucherarbeiten in kontaminiertem Wasser. Sie ergänzen die in der Unfallverhütungsvorschrift "Taucherarbeiten" (BGV C23) enthaltenen Regelungen um die zusätzlichen Anforderungen, die sich aus der Gefährdung durch eine Kontamination des Wassers ergeben.

Bei Arbeiten in den nachstehend aufgeführten Anlagen ist in der Regel mit einer Kontamination des Wassers zu rechnen:

Im Zweifelsfall ist immer eine vorherige Erkundung erforderlich.

2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser BG-Information werden - zusätzlich zu den Begriffsbestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift "Taucherarbeiten" (BGV C23) - folgende Begriffe bestimmt:

1. Kontaminiertes Wasser ist Wasser, von dem zu vermuten oder bekannt ist, dass dieses mit Gefahrstoffen oder biologischen Arbeitsstoffen so stark verunreinigt ist, dass es zu einer gesundheitlichen Gefährdung der Mitglieder der eingesetzten Tauchergruppe führen kann.

Im Weiteren wird die Kontamination chemischer und biologischer Art vereinfachend als "Kontamination" bezeichnet; siehe auch Gefahrstoffverordnung und Biostoffverordnung.

2. Auftraggeber ist jede natürliche oder juristische Person, die als Eigentümer oder Besitzer eines kontaminierten Bereiches Taucherarbeiten durchführen lässt.

3. Auftragnehmer ist diejenige natürliche oder juristische Person, die im Auftrag eines Auftraggebers Taucherarbeiten durchführt.

4. Helmtauchgerät ist ein Tauchgerät, bei dem ein Helm mit einem Trockentauchanzug verbunden ist. Die Luftversorgung kann atemgesteuert über einen Lungenautomaten (DIN EN 15333-1; 2005) oder konstant dosiert (Helmtauchgerät gemäß BGV C23) erfolgen.

5. Atemanschluss ist die Verbindung zwischen dem Tauchgerät und dem Taucher. Dieser wird in der Regel ein Taucherhelm sein.

3 Auftragsvergabe

3.1 Auswahl der Auftragnehmer

Der Auftraggeber darf Aufträge nur an solche Auftragnehmer vergeben, die nachweislich

Als Nachweis ist z.B. eine Referenzliste vorzulegen.

3.2 Leitung und Aufsicht

Taucherarbeiten in kontaminiertem Wasser müssen von einem fachlich geeigneten Tauchereinsatzleiter geleitet werden. Dieser muss mit den besonderen Gefahren bei Taucherarbeiten in kontaminiertem Wasser vertraut sein und die sich hieraus ergebenden Sicherheitsmaßnahmen treffen können.

3.3 Erkundung, Ermittlung und Dokumentation von Kontaminationen

Vor dem Beginn von Taucherarbeiten in kontaminierten Bereichen hat der Auftraggeber eine Erkundung der vermuteten Kontamination und eine Abschätzung der von dieser möglicherweise ausgehenden Gefährdung vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Die Erkundung hat die Art und - wenn im Vorfeld der Arbeiten möglich - auch die im Wasser anzutreffende Konzentration der Kontamination zu umfassen.

Der Auftraggeber hat die Ergebnisse der Erkundung und der Gefährdungsabschätzung zu dokumentieren und dem (den) mit den Taucherarbeiten beauftragten Auftragnehmer(n) zur Verfügung zu stellen.

4 Verpflichtungen des Auftragnehmers

4.1 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, vor Aufnahme der Arbeiten die ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten und dokumentierten Ergebnisse hinsichtlich der vom kontaminierten Wasser ausgehenden Gefährdungen auf offensichtliche Unstimmigkeiten zu prüfen. Er hat den Auftraggeber auf entdeckte oder vermutete Mängel hinzuweisen. Gegebenenfalls hat der Auftragnehmer den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass weitere Untersuchungen notwendig und zu veranlassen sind.

Die Pflichten des Auftragnehmers nach der Gefahrstoffverordnung bleiben davon unberührt, insbesondere die Ermittlungs- und Unterweisungspflicht nach § 7 und § 14 Gefahrstoffverordnung.

4.2 Bei Taucherarbeiten in Wasser mit Infektionsgefahr ist in Abhängigkeit vom Ergebnis der Erkundung nach Abschnitt 3.3 zusätzlich eine medizinische Vorsorgeuntersuchung nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 42 "Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung" durch einen hierfür ermächtigten Arzt durchzuführen.

5 Durchführung von Taucherarbeiten

Der Auftragnehmer darf - auch als Subunternehmer - Taucherarbeiten in kontaminiertem Wasser nur durchführen, wenn ihm das Ergebnis der unter Abschnitt 3 geforderten Erkundung vorliegt. Unter Berücksichtigung der dort aufgeführten Gefährdungen hat der Tauchunternehmer in einer Betriebsanweisung entsprechend der Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS 555 "Betriebsanweisung und Unterweisung nach § 14 nach GefStoffV" die im Zusammenhang mit den vorhandenen Gefahrstoffen erforderlichen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln festzulegen.

Die Betriebsanweisung muss - in Anlehnung an TRGS 555 - folgende Angaben enthalten:

6 Tauchausrüstung

6.1 Die Tauchausrüstung muss für den Einsatz in kontaminierten Flüssigkeiten geeignet sein.

Dies ist der Fall, wenn die Tauchausrüstung einen direkten Kontakt des Tauchers mit dem kontaminierten Wasser mit ausreichender Sicherheit verhindert. Dies wird zum Beispiel mit einem Helmtauchgerät mit konstanter Luftzufuhr ("freeflow") erreicht, bei dem sich das Auslassventil nicht im Mundbereich befindet.

6.2 Das Material des Tauchanzugs - einschließlich Handschuhe und Füßlinge - sowie des Atemanschlusses muss gegen die auftretende Kontamination ausreichend beständig sein und zusätzlich eine ausreichende Barriere gegen Penetration und Permeation durch die Kontamination sein.

Gegebenenfalls ist der Widerstand des Materials des Taucheranzugs gegen Penetration (Durchdringung durch Löcher, Nähte) und Permeation (Durchtritt auf molekularer Ebene) durch die vorhandene Kontamination durch eine Prüfung des Anzugmaterials gemäß DIN EN 368 bzw. DIN EN 369 (Bestimmung der Durchbruchszeit) nachzuweisen.

Liegen keine Daten zum Permeationsverhalten des Taucheranzugsystems gegen die vorhandenen Kontaminationen vor, sollte unter Einbeziehung des Herstellers geprüft werden, ob sich die betreffenden Kontamination im Material des Tauchanzugsystems anreichern kann und dadurch eine Gefährdung für den Taucher bestehen könnte.

6.3 Die Verbindung der Handschuhe mit dem Taucheranzug muss gegen den Zutritt des kontaminierten Wassers dicht sein.

Dies ist gegeben, wenn die Handschuhe z.B. angeschweißt, angeklebt oder mit doppelten O-Ringen am Tauchanzug befestigt sind.

6.4 Das Auslassventil des Atemanschlusses und - falls vorhanden - das Auslassventil des Tauchanzugs muss in allen Tauchlagen den Eintritt von Wasser sicher verhindern.

6.5 Die über Wasser befindlichen Mitglieder der Tauchergruppe müssen durch technische oder organisatorische Maßnahmen vor den Gefahren durch die im Wasser enthaltenen Kontaminationen geschützt werden. Sind keine derartigen Maßnahmen durchführbar, sind geeignete persönliche Schutzausrüstungen zu tragen.

Ein Schutz kann z.B. durch automatisch wirkende Dekontaminationseinrichtungen für den Einsatztaucher oder durch räumliche Abgrenzung der Ausstiegsstelle des Tauchers erreicht werden.

7 Betrieb

7.1 Der Tauchereinsatzleiter hat durch entsprechende Absprachen sicherzustellen, dass während der Taucherarbeiten jederzeit ein mit den Gefährdungen beim geplanten Tauchereinsatz vertrauter Arzt erreichbar ist. Diesem sind die in der Erkundung nach Abschnitt 3.3 und Abschnitt 4 festgestellten Kontaminationen und gegebenenfalls Konzentrationen mitzuteilen. Mit diesem Arzt ist vor Aufnahme der Taucherarbeiten grundsätzlich abzuklären, wie in Notfällen (siehe Abschnitt 10) zu verfahren ist.

Der Arzt muss ausreichende Kenntnisse sowohl bezüglich der tauchspezifischen, als auch bezüglich der Gefährdung durch die vorhandenen Kontaminationen besitzen.

7.2 Der Tauchereinsatzleiter hat die Mitglieder seiner Tauchergruppe vor jedem Einsatz nachweislich über die mit dem Tauchereinsatz verbundenen Gefahren zu unterweisen.

7.3 Bei der Aufstellung der Luftversorgungsanlage ist sicherzustellen, dass keine Schadstoffe angesaugt werden.

Hierbei sind neben den aus dem kontaminierten Wasser als Gas oder Aerosol (Nebel) freiwerdenden Kontaminationen auch Emissionen diesel-, benzin- oder gasbetriebener Aggregate zu berücksichtigen.

7.4 Der Tauchgang ist unabhängig von den in § 24 der Unfallverhütungsvorschrift "Taucherarbeiten" (BGV C23) genannten Gründen sofort abzubrechen, wenn

7.5 An der Tauchstelle müssen geeignete Dekontaminationsmittel und -ausrüstung in ausreichender Menge vorhanden sein.

Die geeigneten Dekontaminationsmittel und -ausrüstung sind in Absprache mit dem in Abschnitt 7.1 genannten Arzt festzulegen. Hierbei sind Art und Konzentration der tatsächlich vorhandenen Kontamination zu berücksichtigen.

8 Dekontamination

8.1 Die Grobdekontamination des Tauchers hat unmittelbar nach Verlassen des Wassers zu erfolgen. Der Taucher wird hierzu bei Atmung über das Tauchgerät mit Schwallwasser abgespült. Hierbei ist darauf zu achten, dass kein Wasser in die Auslassventile eindringt.

8.2 Nach der Grobdekontamination ist die Dekontamination unter Zugabe von Reinigungs- oder Dekontaminationsmitteln fortzuführen.

8.3 Nach dem gründlichen Abspülen des Reinigungs-/Dekontaminationsmittels mit Klarwasser darf der Taucher aus dem Anzug aussteigen.

8.4 Anschließend ist die Tauchausrüstung gegebenenfalls entsprechend der vorhandenen Kontamination zu desinfizieren.

8.5 Ist die Benutzung technischer oder organisatorischer Schutzmaßnahmen nicht möglich, hat die Hilfsmannschaft bei der Dekontamination bzw. Desinfektion nach den Abschnitten 8.1 bis 8.4 geeignete persönliche Schutzausrüstungen zu tragen.

Siehe auch Abschnitt 6.5.

9 Prüfung

Nach § 3 Abs.3 der Betriebssicherheitsverordnung hat der Arbeitgeber Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen der Arbeitsmittel zu ermitteln. Bei diesen Prüfungen sollen sicherheitstechnische Mängel systematisch erkannt und abgestellt werden.

Der Arbeitgeber legt ferner die Voraussetzungen fest, welche die von ihm beauftragten Personen zu erfüllen haben (befähigte Personen).

Nach derzeitiger Auffassung ist davon auszugehen, dass die Aufgaben der befähigten Personen für die nachstehend aufgeführten Prüfungen durch die dort genannten Personen wahrgenommen werden. Art, Umfang und Fristen der Prüfungen sind bisherige Praxis und entsprechen den Regeln der Technik.

9.1 Vor jedem Tauchereinsatz hat der Taucher die gesamte Tauchausrüstung umfassend auf Dichtigkeit und augenscheinliche Veränderungen zu prüfen, die Dichtigkeit und Barrierewirkung der Tauchausrüstung beeinflussen könnten.

9.2 Vor jedem Tauchgang hat der Taucher seinen Lungenautomaten und gegebenenfalls vorhandene Auslassventile des Tauchanzuges gründlich auf Dichtigkeit zu prüfen.

9.3 Ist auf Grund der vorliegenden Informationen nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass Kontaminationen in das Material der Tauchausrüstung eindringen können, so ist der Anzug in vom Unternehmer festzulegenden Abständen durch eine befähigte Person auf seine Kontaminations-Dichtigkeit untersuchen zu lassen.

9.4 Ist anhand Herstellerangaben damit zu rechnen, dass sich Kontaminationen aus Tauchgängen in kontaminiertem Wasser im Material der Tauchausrüstung anreichern, sind die betroffenen Ausrüstungsteile vor dem nächsten Einsatz entsprechend zu prüfen.

Soll die Tauchausrüstung nach Tauchgängen in kontaminiertem Wasser weiter verwendet werden, wird empfohlen, Materialproben betroffener Ausrüstungsbestandteile im Hinblick auf die bei den Tauchgängen vorhanden gewesenen Kontaminationen analysieren zu lassen.

10 Verhalten bei Notfällen

10.1 Nach Kontakt des Tauchers mit dem kontaminierten Wasser hat der Tauchereinsatzleiter in Abhängigkeit von den vorhandenen Kontaminationen sowie der Art und Dauer des Kontaktes mit dem Gefahrstoff im Einzelfall zu entscheiden, ob die Dekompression unter Abweichung von der Austauchtabelle der Unfallverhütungsvorschrift "Taucherarbeiten" (BGV C23) durchgeführt werden muss.

10.2 Das weitere Vorgehen richtet sich nach der Absprache mit dem in Abschnitt 7.1 genannten Arzt.

11 Festlegungen für den Reservetaucher

Die Festlegungen der Abschnitte 6 bis 10 dieser BG-Information gelten sinngemäß auch für Ausrüstung und Verhalten des Reservetauchers.


.

Vorschriften und Regeln Anhang


Nachstehend sind die insbesondere zu beachtenden einschlägigen Vorschriften und Regeln zusammengestellt:

1. Gesetze, Verordnungen

2. Berufsgenossenschaftliche Vorschriften und Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit


ENDE

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