Dieses Übereinkommen ist am 6. Juli 1991 in Kraft getreten.
Ort: Genf
Tagung: 74
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde und am 24. September 1987 zu ihrer vierundsiebzigsten Tagung zusammengetreten ist,
stellt fest, daß es die seit der Annahme des Übereinkommens über die Heimschaffung der Schiffsleute, 1926, und der Empfehlung betreffend die Heimschaffung der Schiffsführer und Schiffslehrlinge, 1926, in der Seeschiffahrt eingetretenen Entwicklungen erforderlich machen, das Übereinkommen unter Einbeziehung der entsprechenden Teile der Empfehlung neuzufassen,
stellt ferner fest, daß durch die innerstaatliche Gesetzgebung und Praxis erhebliche Fortschritte bei der Heimschaffung der Seeleute in verschiedenen Fällen erzielt worden sind, die durch das Übereinkommen über die Heimschaffung der Schiffsleute, 1926, nicht erfaßt sind,
ist der Auffassung, daß in Anbetracht der weitverbreiteten Zunahme der Beschäftigung ausländischer Seeleute in der Seeschiffahrt weitere Maßnahmen mittels einer neuen internationalen Urkunde in bezug auf bestimmte zusätzliche Aspekte der Heimschaffung der Seeleute infolgedessen wünschenswert wären,
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Neufassung des Übereinkommens (Nr. 23) über die Heimschaffung der Schiffsleute, 1926, und der Empfehlung (Nr. 27) betreffend die Heimschaffung der Schiffsführer und Schiffslehrlinge, 1926, eine Frage, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 9. Oktober 1987, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Heimschaffung der Seeleute (Neufassung), 1987, bezeichnet wird.
Dieses Übereinkommen gilt für alle Seeschiffe, gleich ob in öffentlichem oder privatem Eigentum, die im Hoheitsgebiet eines Mitglieds, für das das Übereinkommen in Kraft ist, eingetragen sind und die gewöhnlich in der gewerblichen Seeschiffahrt verwendet werden, sowie für die Reeder und die Seeleute solcher Schiffe.
Die zuständige Stelle hat die Bestimmungen dieses Übereinkommens, soweit sie dies nach Beratung mit den repräsentativen Verbänden der Reeder von Fischereifahrzeugen und der Fischer als praktisch möglich erachtet, auf die gewerbliche Seefischerei anzuwenden.
Im Zweifelsfall hat die zuständige Stelle nach Beratung mit den in Betracht kommenden Verbänden der Reeder, der Seeleute und der Fischer zu entscheiden, ob Schiffe in der gewerblichen Seeschiffahrt oder in der gewerblichen Seefischerei im Sinne dieses Übereinkommens verwendet werden.
Als "Seemann" im Sinne dieses Übereinkommens gilt jede Person, die in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Seeschiffes beschäftigt ist, für das dieses Übereinkommen gilt.
Ein Seemann hat in den folgenden Fällen Anspruch auf Heimschaffung:
wenn ein für eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Reise abgeschlossenes Arbeitsverhältnis im Ausland endet;
nach Ablauf der Kündigungsfrist gemäß den allgemeinen Bestimmungen oder denjenigen des Heuervertrags oder Arbeitsvertrags des Seemanns;
falls eine Krankheit oder ein Unfall oder ein anderer medizinischer Grund die Heimschaffung des Seemanns erforderlich macht und er aus ärztlicher Sicht reisetauglich ist;
im Falle eines Schiffbruchs;
falls der Reeder wegen Konkurs, Veräußerung des Schiffes, Änderung der Schiffseintragung oder aus irgendeinem ähnlichen Grund nicht mehr in der Lage ist, seine gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen als Arbeitgeber des Seemanns zu erfüllen;
falls ein Schiff nach einem Kriegsgebiet im Sinne der innerstaatlichen Gesetzgebung oder der Gesamtarbeitsverträge unterwegs ist, in das sich der Seemann nicht begeben will;
falls das Arbeitsverhältnis gemäß einem Schiedsspruch oder einem Gesamtarbeitsvertrag beendigt oder unterbrochen wird oder das Arbeitsverhältnis aus irgendeinem anderen ähnlichen Grund beendigt wird.
Die innerstaatliche Gesetzgebung oder die Gesamtarbeitsverträge haben die Höchstdauer der Dienstzeiten an Bord vorzuschreiben, nach denen ein Seemann Anspruch auf Heimschaffung hat; diese Zeiten müssen weniger als zwölf Monate betragen. Bei der Festlegung der Höchstzeiten ist den Faktoren Rechnung zu tragen, die sich auf die Arbeitsumwelt der Seeleute auswirken. Jedes Mitglied hat sich, wenn möglich, zu bemühen, diese Zeiten unter Berücksichtigung technologischer Veränderungen und Entwicklungen zu verkürzen, und kann sich dabei von einschlägigen Empfehlungen des Paritätischen Seeschiffahrtsausschusses leiten lassen.
Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, hat durch die innerstaatliche Gesetzgebung die Bestimmungsorte vorzuschreiben, nach denen Seeleute heimgeschafft werden können.
Zu den so vorgeschriebenen Bestimmungsorten haben der Ort, an dem der Seemann sich bereit erklärt hat, das Arbeitsverhältnis einzugehen, der durch Gesamtarbeitsvertrag festgesetzte Ort, das Land des Wohnorts des Seemanns oder jeder andere zum Zeitpunkt der Anheuerung einvernehmlich vereinbarte Ort zu gehören. Der Seemann hat das Recht, aus den vorgeschriebenen Bestimmungsorten den Ort auszuwählen, nach dem er heimgeschafft werden soll.
Der Reeder hat dafür verantwortlich zu sein, Vorkehrungen für die Heimschaffung mit geeigneten und schnellen Mitteln zu treffen. Die Beförderung hat normalerweise auf dem Luftweg zu erfolgen.
Die Kosten der Heimschaffung sind vom Reeder zu tragen.
Ist die Heimschaffung eines Seemanns deshalb erfolgt, weil er gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung oder gemäß den Gesamtarbeitsverträgen einer schweren Verletzung seiner beruflichen Pflichten für schuldig befunden worden ist, so beeinträchtigt keine Bestimmung dieses Übereinkommens das Recht, von dem Seemann die Erstattung der Heimschaffungskosten oder eines Teils davon gemäß der innerstaatlichen Gesetzgebung oder gemäß den Gesamtarbeitsverträgen zu fordern.
Die vom Reeder zu tragenden Kosten haben folgendes zu umfassen:
die Beförderung zu dem gemäß Artikel 3 für die Heimschaffung ausgewählten Bestimmungsort;
die Unterbringung und Verpflegung des Seemanns in der Zeit vom Verlassen des Schiffes bis zu seiner Ankunft am Bestimmungsort der Heimschaffung;
die Heuern und Zulagen des Seemanns in der Zeit vom Verlassen des Schiffes bis zu seiner Ankunft am Bestimmungsort der Heimschaffung, falls dies durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder die Gesamtarbeitsverträge vorgesehen ist;
die Beförderung von 30 kg persönlichem Gepäck des Seemanns bis zum Bestimmungsort der Heimschaffung;
ärztliche Behandlung, falls erforderlich, bis der Seemann aus ärztlicher Sicht in der Lage ist, zu dem Bestimmungsort der Heimschaffung zu reisen.
Der Reeder darf von dem Seemann zu Beginn seiner Beschäftigung keine Vorauszahlung zur Deckung der Heimschaffungskosten verlangen, und er darf die Heimschaffungskosten nicht von den Heuern oder sonstigen Ansprüchen des Seemanns abziehen, außer unter den in Absatz 3 vorgesehenen Umständen.
Die innerstaatliche Gesetzgebung darf in keiner Weise das Recht des Reeders beeinträchtigen, sich die Kosten für die Heimschaffung von Seeleuten, die nicht von ihm beschäftigt werden, von deren Arbeitgeber erstatten zu lassen.
Unterläßt es ein Reeder, Vorkehrungen für die Heimschaffung eines Seemanns zu treffen, der Anspruch auf Heimschaffung hat, oder die Kosten seiner Heimschaffung zu tragen,
hat die zuständige Stelle des Mitglieds, in dessen Hoheitsgebiet das Schiff eingetragen ist, die Heimschaffung des betreffenden Seemanns zu veranlassen und die entsprechenden Kosten zu tragen; unterläßt sie dies, kann der Staat, aus dessen Hoheitsgebiet der Seemann heimgeschafft werden soll, oder der Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, seine Heimschaffung veranlassen und sich die Kosten von dem Mitglied erstatten lassen, in dessen Hoheitsgebiet das Schiff eingetragen ist;
kann sich das Mitglied, in dessen Hoheitsgebiet das Schiff eingetragen ist, die ihm im Zusammenhang mit der Heimschaffung des Seemanns entstandenen Kosten von dem Reeder erstatten lassen;
dürfen die Kosten der Heimschaffung in keinem Fall zu Lasten des Seemanns gehen, außer unter den in Artikel 4 Absatz 3 vorgesehenen Umständen.
Seeleute, die heimgeschafft werden sollen, müssen in der Lage sein, ihren Paß und ihre sonstigen Ausweispapiere für die Zwecke der Heimschaffung zu erhalten.
Die Wartezeit bis zur Heimschaffung und die Dauer der Heimschaffungsreise dürfen nicht von dem dem Seemann zustehenden bezahlten Urlaub abgezogen werden.
Die Heimschaffung eines Seemanns gilt als vollzogen, wenn er an einem gemäß Artikel 3 vorgeschriebenen Bestimmungsort angelangt ist oder wenn der Seemann seinen Anspruch auf Heimschaffung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, die durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder durch die Gesamtarbeitsverträge festzusetzen ist, geltend macht.
Die Bestimmungen dieses Übereinkommens sind, soweit sie nicht durch Gesamtarbeitsverträge oder auf eine andere den innerstaatlichen Gepflogenheiten entsprechende Art und Weise durchgeführt werden, durch die innerstaatliche Gesetzgebung durchzuführen.
Jedes Mitglied hat die Heimschaffung von Seeleuten, die auf Schiffen Dienst tun, die seine Häfen anlaufen oder seine Hoheits- oder Binnengewässer durchfahren, sowie ihre Ersetzung an Bord zu erleichtern.
Die zuständige Stelle jedes Mitglieds hat durch eine angemessene Aufsicht dafür zu sorgen, daß die Reeder der in seinem Hoheitsgebiet eingetragenen Schiffe die Bestimmungen des Übereinkommens einhalten, und hat dem Internationalen Arbeitsamt einschlägige Informationen zu übermitteln.
Der Wortlaut dieses Übereinkommens hat den Besatzungsmitgliedern jedes Schiffes, das im Hoheitsgebiet eines Mitglieds eingetragen ist, für das es in Kraft ist, in einer geeigneten Sprache zugänglich zu sein.
Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen ist.
Es tritt, zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes eingetragen worden sind, in Kraft.
In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung wirksam.
Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und binnen eines Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 genannten zehn Jahre von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere zehn Jahre gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zur Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.
Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen Konferenz, wann immer er es für nötig erachtet, einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens und prüft, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Neufassung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.
Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise neufaßt, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gilt folgendes:
Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied hat ungeachtet des Artikels 16 ohne weiteres die Wirkung einer sofortigen Kündigung des vorliegenden Übereinkommens, sofern das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.
Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
In jedem Fall bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt für diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses, nicht jedoch das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.