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Regelwerk Arbeits- und Sozialrecht ILO

Übereinkommen 134 - Übereinkommen über die Unfallverhütung (Seeleute)
Übereinkommen über den Schutz der Seeleute gegen Arbeitsunfälle, 1970

Vom 30.10.1970
(BGBl II vom 10.02.2010 S. 939; 26.06.2013 S. 763 13; 10.09.2014 S. 891aufgehoben)



hier nicht mehr gültig; wird durch Seearbeitsübereinkommen ersetzt Inkrafttreten)


Dieses Übereinkommen ist am 17. Februar 1973 in Kraft getreten.

Ort: Genf

Tagung: 55

Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,

die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes nach Genf einberufen wurde am 14. Oktober 1970 zu ihrer fünfundfünfzigsten Tagung zusammengetreten ist,

nimmt Kenntnis von den Bestimmungen der bestehenden internationalen Arbeitsübereinkommen und Empfehlungen, die für die Arbeit an Bord und im Hafen gelten und für den Schutz der Seeleute gegen Arbeitsunfälle von Belang sind, insbesondere der Empfehlung betreffend Arbeitsaufsicht (Schiffsleute), 1926, der Empfehlung betreffend die Verhütung von Arbeitsunfällen, 1929, des

Übereinkommens über den Unfallschutz der Hafenarbeiter (abgeänderter Wortlaut), 1932, des Übereinkommens über die ärztliche Untersuchung der Schiffsleute, 1946, und des Übereinkommens und der Empfehlung über den Maschinenschutz, 1963;

nimmt Kenntnis von den Bestimmungen des Übereinkommens zum Schutz des menschlichen Lebens auf See, 1960, und von den Vorschriften im Anhang zum Internationalen Freibord-Übereinkommen in seiner Neufassung von 1966, die eine Anzahl von Sicherheitsvorkehrungen an Bord zum Schutz der dort beschäftigten Personen vorsehen;

hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen betreffend die Unfallverhütung an Bord von Schiffen, auf See und im Hafen, eine Frage, die den fünften Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und

dabei bestimmt, daß diese Anträge die Form eines internationalen Übereinkommens erhalten sollen.

Die Konferenz stellt fest, daß es für den Erfolg der Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfallverhütung an Bord wichtig ist, daß die Internationale Arbeitsorganisation und die Zwischenstaatliche Beratende Seeschiffahrts-Organisation in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen eng zusammenarbeiten,

stellt weiter fest, daß die nachstehenden Normen demzufolge unter Mitwirkung der Zwischenstaatlichen Beratenden Seeschiffahrts-Organisation ausgearbeitet wurden und daß beabsichtigt ist, die Mitarbeit dieser Organisation bei der Durchführung dieser Normen fortlaufend in Anspruch zu nehmen.

Die Konferenz nimmt heute, am 30. Oktober 1970, das folgende Übereinkommen an, das als Übereinkommen über die Unfallverhütung (Seeleute), 1970, bezeichnet wird.

Artikel 1

  1. Als "Seemann" im Sinne dieses Übereinkommens gilt jede Person, die in irgendeiner Eigenschaft an Bord eines Schiffes beschäftigt ist, sofern das Schiff kein Kriegsschiff ist, in einem Gebiet eingetragen ist, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, und regelmäßig in der Seeschiffahrt verwendet wird.
  2. Im Zweifelsfalle hat die zuständige Stelle jedes Landes nach Anhörung der beteiligten Berufsverbände der Reeder und der Seeleute zu entscheiden, ob bestimmte Personengruppen als Seeleute im Sinne dieses Übereinkommens anzusehen sind oder nicht.
  3. Als "Arbeitsunfälle" im Sinne dieses Übereinkommens gelten Unfälle von Seeleuten, die sich infolge oder bei ihrer Beschäftigung ereignen.

Artikel 2

  1. Die zuständige Stelle jedes Seeschiffahrtslandes hat durch die erforderlichen Maßnahmen dafür zu sorgen, daß Arbeitsunfälle in angemessener Weise gemeldet und untersucht und daß umfassende Statistiken über solche Unfälle geführt und ausgewertet werden.
  2. Alle Arbeitsunfälle sind zu melden, wobei sich die Statistiken nicht auf tödliche Unfälle oder auf Unfälle des Schiffes beschränken dürfen.
  3. Die Statistiken haben Aufschluß zu geben über die Zahl, die Art, die Ursachen und die Folgen von Arbeitsunfällen, wobei klar anzugeben ist, in welchem Schiffsteil -- z.B. auf Deck, im Maschinenraum oder in Wirtschafts- und Speiseräumen -- und an welchem Ort, z.B. auf See oder im Hafen, sich der Unfall ereignet hat.
  4. Die zuständige Stelle hat eine Untersuchung über die Ursachen und Begleitumstände von Arbeitsunfällen, die Verluste an Menschenleben oder schwere Verletzungen zur Folge haben, sowie gegebenenfalls von anderen von der innerstaatlichen Gesetzgebung bezeichneten Unfällen durchzuführen.

Artikel 3

Um eine feste Grundlage für die Verhütung von Unfällen zu schaffen, die auf die besonderen Berufsrisiken der seemännischen Arbeit zurückzuführen sind, sind Forschungen über die allgemeinen Unfalltendenzen und die an Hand der Statistiken erkennbaren Risiken durchzuführen.

Artikel 4

  1. Durch die Gesetzgebung, Sammlungen von Richtlinien für die Praxis oder andere geeignete Mittel sind Bestimmungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen festzusetzen.
  2. Diese Bestimmungen haben auf alle allgemeinen Arbeitsschutz-Bestimmungen zu verweisen, die gegebenenfalls für die Arbeit der Seeleute gelten, und Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen anzugeben, die nur bei der seemännischen Arbeit vorkommen.
  3. Diese Bestimmungen haben insbesondere folgende Sachgebiete zu behandeln:
    1. allgemeine und grundlegende Vorschriften;
    2. bautechnische Merkmale des Schiffes;
    3. Maschinenanlagen;
    4. besondere Sicherheitsmaßnahmen an Deck und unter Deck;
    5. Lade- und Löschvorrichtungen;
    6. Feuerschutz und Feuerbekämpfung;
    7. Anker, Ketten und Trossen;
    8. gefährliche Fracht und Ballast;
    9. persönliche Schutzausrüstung für Seeleute.

Artikel 5

  1. Die in Artikel 4 erwähnten Arbeitsschutz-Bestimmungen haben klar anzugeben, daß die Reeder, die Seeleute und die anderen beteiligten Personen zu ihrer Einhaltung verpflichtet sind.
  2. Im allgemeinen ist jede dem Reeder auferlegte Verpflichtung zur Bereitstellung von Schutzausrüstung und anderen der Unfallverhütung dienenden Mitteln mit Bestimmungen zu verbinden, wonach die Seeleute verpflichtet sind, diese Ausrüstung und diese Mittel zu verwenden und sich an die einschlägigen Unfallverhütungsmaßnahmen zu halten.

Artikel 6

  1. Durch geeignete Maßnahmen im Wege einer angemessenen Aufsicht oder sonstiger Mittel ist für die ordnungsgemäße Durchführung der in Artikel 4 erwähnten Bestimmungen zu sorgen.
  2. Es sind zweckentsprechende Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung dieser Bestimmungen zu gewährleisten.
  3. Durch alle erforderlichen Maßnahmen ist dafür zu sorgen, daß die Aufsichtsstellen sowie die für die Durchführung der in Artikel 4 erwähnten Bestimmungen verantwortlichen Stellen mit der seemännischen Arbeit und ihren Gepflogenheiten vertraut sind.
  4. Zur Erleichterung der Durchführung sind die in Artikel 4 erwähnten Bestimmungen den Seeleuten im Wortlaut oder in zusammenfassender Form zur Kenntnis zu bringen, z.B. durch Anschlag an gut sichtbarer Stelle an Bord.

Artikel 7

Es sind Vorkehrungen zu treffen, um unter den Mitgliedern der Besatzung eine oder mehrere geeignete Personen oder einen geeigneten Ausschuß zu bestellen, die unter der Autorität des Kapitäns für die Unfallverhütung verantwortlich sind.

Artikel 8

  1. Programme zur Verhütung von Arbeitsunfällen sind von der zuständigen Stelle in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden der Reeder und der Seeleute aufzustellen.
  2. Die Durchführung dieser Programme ist so zu organisieren, daß die zuständige Stelle, die Reeder und die Seeleute oder deren Vertreter sowie andere geeignete Stellen daran aktiv teilnehmen können.
  3. Insbesondere sind auf gesamtstaatlicher oder örtlicher Ebene paritätische Unfallverhütungsausschüsse oder besondere Arbeitsgruppen zu errichten, in denen die Berufsverbände der Reeder und der Seeleute vertreten sind.

Artikel 9

  1. Die zuständige Stelle hat die Aufnahme eines Arbeitsschutz-Unterrichts in die Lehrpläne der Berufsausbildungsanstalten für alle Kategorien und Dienstgrade von Seeleuten zu fördern und, soweit dies nach den innerstaatlichen Verhältnissen angebracht ist, zu gewährleisten; dieser Unterricht hat einen Bestandteil des Unterrichts über die beruflichen Pflichten zu bilden.
  2. Ferner sind alle zweckdienlichen und durchführbaren Maßnahmen zu treffen, um die Seeleute auf bestimmte Gefahren aufmerksam zu machen, z.B. durch amtliche Mitteilungen mit entsprechenden Weisungen.

Artikel 10

Die Mitglieder haben sich, nötigenfalls mit Unterstützung zwischenstaatlicher und anderer internationaler Organisationen, in Zusammenarbeit miteinander um die größtmögliche Vereinheitlichung aller anderen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen zu bemühen.

Artikel 11

Die förmlichen Ratifikationen dieses Übereinkommens sind dem Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes zur Eintragung mitzuteilen.

Artikel 12

  1. Dieses Übereinkommen bindet nur diejenigen Mitglieder der Internationalen Arbeitsorganisation, deren Ratifikation durch den Generaldirektor eingetragen ist.
  2. Es tritt in Kraft zwölf Monate nachdem die Ratifikationen zweier Mitglieder durch den Generaldirektor eingetragen worden sind.
  3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen für jedes Mitglied zwölf Monate nach der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.

Artikel 13

  1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat, kann es nach Ablauf von zehn Jahren, gerechnet von dem Tag, an dem es zum erstenmal in Kraft getreten ist, durch Anzeige an den Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes kündigen. Die Kündigung wird von diesem eingetragen. Ihre Wirkung tritt erst ein Jahr nach der Eintragung ein.
  2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen ratifiziert hat und innerhalb eines Jahres nach Ablauf des im vorigen Absatz genannten Zeitraumes von zehn Jahren von dem in diesem Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt für einen weiteren Zeitraum von zehn Jahren gebunden. In der Folge kann es dieses Übereinkommen jeweils nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Maßgabe dieses Artikels kündigen.

Artikel 14

  1. Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern der Internationalen Arbeitsorganisation Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen und Kündigungen, die ihm von den Mitgliedern der Organisation mitgeteilt werden.
  2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder der Organisation, wenn er ihnen von der Eintragung der zweiten Ratifikation, die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf den Zeitpunkt aufmerksam machen, in dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.

Artikel 15

Der Generaldirektor des Internationalen Arbeitsamtes übermittelt dem Generalsekretär der Vereinten Nationen zwecks Eintragung nach Artikel 102 der Charta der Vereinten Nationen vollständige Auskünfte über alle von ihm nach Maßgabe der vorausgehenden Artikel eingetragenen Ratifikationen und Kündigungen.

Artikel 16

Der Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes hat, sooft er es für nötig erachtet, der Allgemeinen Konferenz einen Bericht über die Durchführung dieses Übereinkommens zu erstatten und zu prüfen, ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen Abänderung auf die Tagesordnung der Konferenz gesetzt werden soll.

Artikel 17

  1. Nimmt die Konferenz ein neues Übereinkommen an, welches das vorliegende Übereinkommen ganz oder teilweise abändert, und sieht das neue Übereinkommen nichts anderes vor, so gelten folgende Bestimmungen:
    1. Die Ratifikation des neugefaßten Übereinkommens durch ein Mitglied schließt ohne weiteres die sofortige Kündigung des vorliegenden Übereinkommens in sich ohne Rücksicht auf Artikel 13, vorausgesetzt, daß das neugefaßte Übereinkommen in Kraft getreten ist.
    2. Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des neugefaßten Übereinkommens an kann das vorliegende Übereinkommen von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert werden.
  2. Indessen bleibt das vorliegende Übereinkommen nach Form und Inhalt jedenfalls in Kraft für die Mitglieder, die dieses, aber nicht das neugefaßte Übereinkommen ratifiziert haben.

Artikel 18

Der französische und der englische Wortlaut dieses Übereinkommens sind in gleicher Weise maßgebend.


ENDE

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