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Regelwerk, Arbeitsschutz, Arbeits- und Sozialrechts

Hautkrebs durch UV-Licht - Berufskrankheiten-Verordnung
Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten"

Vom 01. Juli 2013
(GMBl. Nr. 35 vom 12.08.2013 S. 671, ber. 2014 S. 118)



Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seiner Sitzung am 29. November 2012 empfohlen, in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung folgende neue Berufskrankheit aufzunehmen:

"Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung"

Die hierzu vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat erarbeitete wissenschaftliche Begründung lautet wie folgt:

1. Vorbemerkungen

Plattenepithelkarzinome der Haut zählen in Deutschland bei Männern und Frauen zu den häufigsten Krebserkrankungen überhaupt. Sie nehmen in den letzten fünf Jahrzehnten deutlich zu (Breitbart et al. 2004). 1992 wurden Sonnenstrahlen von der IARC als kausal für bösartige Hauterkrankungen eingestuft (International Agency for Research on Cancer [IARC] 1992).

In der DDR war unter BK-Nr. 90 "Bösartige Neubildungen der Haut und zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen" die Möglichkeit gegeben, auch UV-Strahlen zugewiesene Veränderungen bei "besonders ungünstigen arbeitshygienischen Bedingungen" als Berufskrankheit anzuerkennen (Konetzke et al. 1987). Es wurde eine jahrzehntelange Exposition und die Existenz der aktinischen Elastose gefordert (Zschunke et al. 1985). Auch in anderen Ländern, z.B. der Schweiz, Österreich, Dänemark besteht die Möglichkeit zur Anerkennung eines Hautkrebses durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit. In der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Berufskrankheitenliste wurde diese Möglichkeit nicht aufgenommen.

Künstliche UV-Strahlung ist nicht Gegenstand dieser Begründung. Ein Zusammenhang zwischen arbeitsbedingter Belastung mit künstlicher UV-Strahlung und dem Auftreten von Malignomen an der Haut kann aus epidemiologischen Studien derzeit nicht abgeleitet werden. Eine weitere Prüfung der möglichen Verursachung der Erkrankung durch künstliche UV-Strahlung behält sich der Ärztliche Sachverständigenbeirat vor.

2. Charakterisierung der ursächlich schädigenden Einwirkung

UV-Strahlung ist die bedeutendste Ursache für Plattenepithelkarzinome der Haut (Saladi & Persaud 2005). Die kanzerogene Wirkung der UV-Strahlung auf Haut und Augen ist sowohl experimentell als auch epidemiologisch gut belegt (Saladi & Persaud 2005). Dabei wirkt die UV-Strahlung direkt kanzerogen durch die Induktion von Zellschädigungen (DNA-Mutationen) und indirekt kanzerogen durch die Induktion von Immunsuppression (Suppression von T-Lymphozyten). Der Wellenlängenbereich der UV-Strahlung umfasst 100-400 nm und liegt unterhalb des sichtbaren Lichtes (400-780 nm). Die UV-Strahlung wird nach ihrer Wellenlänge in UVa (315-400 nm), UVB (280-315 nm) und UVC (100-280 nm) eingeteilt, wobei wir auf der Erde aus natürlichen Quellen nur der von der Sonne emittierten UVA- und UVB-Strahlung ausgesetzt sind. Bei der natürlichen, solaren UV-Strahlung auf der Erde macht der Anteil der UVA-Strahlung ≥ 95 % und der UVB-Strahlung ≤ 5 % aus. Es ist gut belegt, dass die UVB-Strahlung direkt spezifische Veränderungen in Onkogenen und p53 Tumorsuppressorgenen bewirkt, die für die Initiierung und Progression von Hautkrebs verantwortlich sind. UV-Strahlung, und hier insbesondere UVB-Strahlung, führt zur Bildung von Pyrimidin-Dimeren in Desoxyribonukleinsäure (DNS) und Ribonukleinsäure (RNS). Dies führt zu Mutationen in Keratinozyten und damit zur neoplastischen Transformation. Besonders bedeutsame Mutationen betreffen dabei das Telomerasegen und das Tumorsuppressorgen p53. Diese Mutationen sind ein wichtiger Schritt zur neoplastischen Transformation.

Es konnte gezeigt werden, dass Mutationen des Tumorsuppressorgens p53 nicht nur von prognostischer Bedeutung sein können, sondern auch einen evtl. Rückschluss auf die ätiopathogenetischen Faktoren zulassen können.

Insgesamt gibt es plausible Mechanismen zu den Beziehungen zwischen UV-Strahlung und Plattenepithelkarzinomen der Haut. Sie sind auf verschiedenen Ebenen durch Epidemiologie, klinische Verteilung und molekularbiologische Untersuchungen gut belegt. Die grundsätzliche Geeignetheit von natürlichen UV-Strahlen für die Entwicklung von Plattenepithelkarzinomen der Haut ist daher zweifelsfrei. Bedeutsam für diese Wirkungen sind die Intensität, die Wellenlänge und die spektrale Zusammensetzung der UV-Strahlung, nicht jedoch die Quelle (solar oder künstlich). Die Relevanz der spektralen Zusammensetzung für eine berufliche Gefährdung kann in Bezug auf die UV-Strahlung aus künstlichen Quellen nicht abschließend beurteilt werden.

3. Kenntnisse zu den Wirkungen am Menschen - Krankheitsbilder und Diagnosen

Die wesentlichen durch UV-Strahlung beeinflussten Hautkrebsarten sind Plattenepithelkarzinome, Basalzellkarzinome (auch Basaliome genannt) und maligne Melanome. Plattenepithelkarzinome und Basalzellkarzinome werden in der angloamerikanischen Literatur häufig unter dem Begriff "Non-Melanoma Skin Cancer" (NMSC) zusammengefasst, um diese epithelialen Hauttumoren von den Melanomen abzugrenzen. Diese Zusammenfassung bedeutet jedoch nicht, dass für die Entstehung von Basalzellkarzinomen und Plattenepithelkarzinomen die gleichen Risikofaktoren verantwortlich sind. Des Weiteren können durch UV-Strahlung Carcinomata in situ induziert werden, wie beispielsweise aktinische Keratosen und Morbus Bowen. Aktinische Keratosen werden inzwischen als Plattenepithelkarzinom in situ angesehen und sind damit Gegenstand dieser Berufskrankheit (DDG Leitlinie Aktinische Keratosen, AWMF-Leitlinien-Register Nr. 013/041).

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