Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an. Regelwerk, Arbeitsschutz, Arbeits- und Sozialrecht, BKV |
Empfehlung des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Berufskrankheiten" - Harnblasenkrebs durch PAK -
Berufskrankheiten-Verordnung
Vom 1. Juli 2016
(GMBl Nr. 33/34 vom 26.08.2016 S. 659)
Zur Übersicht in der Anlage 1 der BKV
Wissenschaftliche Stellungnahme ( 08/2020)
Der Ärztliche Sachverständigenbeirat "Berufskrankheiten" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seiner Sitzung am 12. Februar 2016 empfohlen, in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung folgende neue Berufskrankheit aufzunehmen:
" Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 80 Benzo(a)pyren-Jahren [(µgm3) x Jahre]"
Die hierzu vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat erarbeitete wissenschaftliche Begründung lautet wie folgt:
1. Vorkommen und Gefahrenquellen
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind eine Gruppe von Substanzen mit drei bis sieben aromatischen Ringsystemen. Als Leitkomponente für die toxikologische Bewertung und die messtechnische Überwachung dient Benzo(a)pyren (BaP) (Bolm-Audorff 1998, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung 2013). Tabelle 1 sind Arbeitsplätze zu entnehmen, u.a. an denen in der Vergangenheit eine PAK-Einwirkung bestand.
2. Kenntnisse über die Wirkung
2.1 Aufnahme Metabolisierung und Ausscheidung
PAK werden inhalativ und über die Haut aufgenommen. Als Maß für die innere Einwirkung kann im Rahmen des Biomonitorings die Konzentration von 1-Hydroxypyren im Harn bestimmt werden (Deutsche Forschungsgemeinschaft 2008 und 2015).
PAK werden durch Cytochrom-P-450 Monooxygenasen oxidiert und durch mikrosomale Epoxidhydrolasen hydrolysiert. Die entstehenden Diole können nach Glucuronidierung mit dem Stuhlgang oder dem Urin ausgeschieden werden. Eine andere Metabolisierungsmöglichkeit ist die weitere Oxydierung durch Cytochrom-P-450 Monooxygenasen zu Diolepoxiden. Bestimmte Diolepoxyde, z.B. 9,10-Epoxy-7,8-dihydroxy-7,8-dihydrobenzo(a)pyren, können eine kovalente Bindung mit der DNa eingehen und gelten als ultimales Kanzerogen der PAK. Andererseits können die Diolepoxide durch verschiedene Enzyme aus der Familie der Glutathion-S-Transferasen, insbesondere die Glutathion-S-Transferasen M1 (GSTM1), P1 (GSTP1) und T1 (GSTT1), mit Glutathion konjugiert und ausgeschieden werden. Die Giftung und Entgiftung von PAK ist somit von der interindividuell unterschiedlichen Enzymausstattung der exponierten Individuen abhängig. Eine wesentliche Bedeutung spielen hier insbesondere die verschiedenen Enzyme aus der Familie der Glutathion-S-Transferasen und Cytochrom-P-450 1A1 (IARC 2010). PAK werden hauptsächlich als GSH-, Glucuronsäure- und Schwefelsäure-Konjugate im Stuhlgang, in der Gallenflüssigkeit sowie über den Harn ausgeschieden (IARC 2010). Bei Kokerei- und Straßenbauarbeitern konnte jedoch auch unkonjugiertes BaP und andere PAK im Urin nachgewiesen werden (Haugen et al. 1986, Campo et al. 2006, 2009 2010, 2011 und 2014, Rossella et al. 2009, Sobus et al. 2009 und Fustinoni et al. 2010).
Tabelle 1: Branchen und Tätigkeiten mit PAK-Einwirkung (nach Bolm-Audorff 1998, Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1998 und Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung 2013)
Branche 1 | Tätigkeiten mit PAK-Einwirkung |
Abbruchbetriebe | Abbruch und Schneidbrennen von Metallteilen, die mit SKTP2 beschichtet sind. |
Aluminiumindustrie | Verarbeitung von SKTP2 in der Elektrographit-Herstellung und in der Söderbergelektrolyse |
Bauindustrie | Abdichten von Fundamenten mit SKTP2 |
Bootsbauer | Abdichten mit SKTP2 |
Bötchereibetriebe | Abdichten mit SKTP2 |
Braunkohlenteer-Raffinerien | Destillation von Braunkohlenschwelteer |
Braunkohlenschwelereien | Herstellung von Braunkohlenschwelteer |
Brikettherstellung | Steinkohlenteerpech als Binder |
Chemieindustrie | Herstellung von PAK-haltigen Beschichtungsstoffen |
Dachpappenherstellung | Verarbeitung von SKTP2 |
Dachdeckerbetriebe | Verlegung und Abriss von SKTP2-haltigen Dachbahnen |
Druckindustrie | Verarbeitung von PAK-haltigen Druckfarben |
Elektrographitindustrie | Verarbeitung von SKTP2 zur Elektrographitherstellung |
Feuerfestindustrie | Herstellung von SKTP2-haltigen Feuerfeststeinen sowie Stopf- und Spritzmassen |
Fischnetzherstellung | Herstellung von Netzen, die mit SKPT2 imprägniert wurden. |
Gaserzeugung | Steinkohlenteer- und Teeröl als Beiprodukt, Einwirkung von Kokereirohgasen |
Gießereiindustrie | Verarbeitung von SKTP2-haltigen Feuerfeststeinen sowie Stopf- und Spritzmassen, Pyrolyse von Kohlenstoffhaltigen Glanzbildnern |
Gummiindustrie | Verarbeitung von Kokerölen; Überführung von Altreifen zu aromatischen Rohstoffen (Recycling) |
Hafenbetriebe | Hafenumschlag von SKTP2 |
Holzimprägnierung | Imprägnierung mit Steinkohlenteeröl |
Hüttenindustrie | Verarbeitung von SKTP2-haltigen Feuerfeststeinen sowie Stopf- und Spritzmassen |
(Stand: 18.02.2022)
Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)
(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)
Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt
? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion