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Regelwerk

Allgemeinverfügung gemäß § 49 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes
Abweichende Arbeitszeitregelungen in der saisonalen Ausflugsschifffahrt vom 21.12.2021

Vom 21. Dezember 2021
(VKBl. Nr. 2 vom 31.01.2022 S. 30,aufgehoben =>)



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I. Zweck und Anwendungsbereich

Zweck der vorliegenden Allgemeinverfügung ist es, die Einrichtung von Jahresarbeitszeitkonten für Besatzungsmitglieder sowie eine Verlängerung der Regelarbeitszeit (Seearbeits- und Hafenarbeitszeit) auf Fahrgastschiffen in der saisonalen Ausflugsschifffahrt an der Nord- und Ostseeküste ohne Tarifvertrag zu ermöglichen.

Die Allgemeinverfügung gilt für Fahrgastschiffe, die

II. Abweichende Regelungen für die Vergütung von Mehr- und Nachtarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit und den Sonntags- und Feiertagsausgleich nach den §§ 51 und 52 des Seearbeitsgesetzes sowie für die Verlängerung der Seearbeitszeit und Hafenarbeitszeit nach den §§ 43 und 44 des Seearbeitsgesetzes

1. Die Vergütung von Mehr-/Nacht-/Sonntags- und Feiertagsarbeit nach § 51 des Seearbeitsgesetzes sowie der Sonntags- und Feiertagsausgleich nach § 52 des Seearbeitsgesetzes kann durch die Einrichtung von Jahresarbeitszeitkonten für die Besatzungsmitglieder oder vergleichbarer Instrumente erfolgen.

2. Die tägliche Arbeitszeit darf abweichend von den §§ 43 und 44 des Seearbeitsgesetzes auf bis zu zehn Stunden täglich verlängert werden. Die Regelungen der §§ 43 und 44 des Seearbeitsgesetzes zur Sonn- und Feiertagsarbeit sowie zur Lage der Arbeitszeiten gelten nicht.

3. Wird über die zulässigen Arbeitszeiten nach §§ 43 und 44 des Seearbeitsgesetzes hinaus Mehrarbeit geleistet, so ist für jeweils volle acht Stunden Mehrarbeit ein freier Tag zu gewähren.

4. Für jeden Sonntag und für jeden Feiertag, an dem Arbeit geleistet wurde, ist zusätzlich zu dem Ausgleich nach Nummer 3 ein freier Tag zu gewähren.

5. Der Reeder hat den Ausgleich spätestens nach Abschluss der Saison zu gewähren. Dieser Ausgleich ist rechtsverbindlich in den einzelnen Heuerverträgen der Besatzungsmitglieder zu vereinbaren. In jedem Fall sind in das Arbeitszeitkonto eingestellte Arbeitsstunden spätestens innerhalb von 12 Kalendermonaten nach ihrer monatlichen Erfassung auszugleichen. Der Ausgleich ist innerhalb des bestehenden Arbeitsverhältnisses vorzunehmen. Das gilt auch für Fälle der befristeten Beschäftigung.

6. Die auf das Arbeitszeitkonto eingestellten Arbeitsstunden dürfen monatlich jeweils 50 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit nicht übersteigen.

III. Geltungsdauer

Die Regelungen der Allgemeinverfügung gelten vom 01.01.2022 bis zum 31.12.2023.

IV. Sonstiges

1. Diese Allgemeinverfügung gilt nicht für jugendliche Besatzungsmitglieder.

2. Die übrigen Regelungen des Seearbeitsgesetzes und anderer Rechtsvorschriften sowie die Vorschriften des Mindestlohngesetzes bleiben hiervon unberührt.

3. Eine Kopie dieser Allgemeinverfügung ist an Bord der betroffenen Schiffe mitzuführen.

V. Begründung

§ 49 Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 3 und 5 des Seearbeitsgesetzes eröffnet die Möglichkeit, abweichende Regelungen von den §§ 43, 44, 51 und 52 des Seearbeitsgesetzes per Allgemeinverfügung oder im Einzelfall zu bewilligen. Die Abweichungen müssen in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Besatzungsmitglieder stehen und aus technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen erforderlich sein.

Die Voraussetzungen des § 49 Absatz 3 und Absatz 4 des Seearbeitsgesetzes liegen für die saisonale Ausflugsschifffahrt vor:

1. Für Besatzungsmitglieder auf Fahrgastschiffen in der saisonalen Ausflugsschifffahrt werden üblicherweise keine Tarifverträge geschlossen. Zwar haben vereinzelt Reedereien, die Linienfahrgastschifffahrt betreiben, Tarifverträge abgeschlossen, diese Tarifverträge beinhalten aber keine spezifischen Regelungen für die Ausflugschifffahrt.

Außerdem werden von diesen Tarifverträgen deutlich weniger als 10 % der in der Ausflugschifffahrt tätigen Besatzungsmitglieder erfasst.

2. Die Bewilligung abweichender Regelungen ist durch die spezifischen und arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen in der Ausflugschifffahrt geboten und notwendig:

  1. Der Betrieb der Ausflugsschiffe an der Nord- und Ostseeküste ist fast ausschließlich saisongebunden. Vor allem in der Sommersaison sowie in abgeschwächter Form in der Vor- und Nachsaison im Frühjahr und Herbst ist die Nachfrage nach Ausflugs- und Angelfahrten durch die Touristen am stärksten. Damit einhergehend ist eine Verlängerung der Seearbeitszeit und Hafenarbeitszeit notwendig, da die täglichen Einsatzzeiten während der Hauptsaison regelmäßig über acht Stunden hinausgehen. Im Winter finden wegen des Wetters und wegen der sehr geringen touristischen Auslastung nur sehr vereinzelt Ausflugsfahrten statt. Diese starken Nutzungsschwankungen der Ausflugschiffe gibt es in der ganzjährig betriebenen Linienfahrgastschifffahrt (Insel- und Halligversorgung) oder in der sonstigen Fahrgastschifffahrt nicht.
  2. Die Verlagerung des Ausgleichs für die von den Besatzungsmitgliedern während der Saison geleisteten Mehr-, Nacht-, Sonntags- und Feiertagsarbeit auf die Nachsaison stellt sicher, dass die Besatzungsmitglieder auch über den tatsächlichen Einsatzzeitraum der Schiffe hinaus beschäftigt werden. Ohne den Erlass der vorliegenden Allgemeinverfügung würde die Arbeitslosigkeit vieler Besatzungsmitglieder nach der Saison drohen.
  3. Die Struktur der Ausflugsschifffahrt ist durch Kleinbetriebe geprägt, die sich überwiegend im Familienbesitz befinden. Die Ausflugschiffe werden nur mit wenigen Besatzungsmitgliedern gefahren; bei kleineren Ausflugsschiffen ist häufig der Kapitän zugleich der Eigner des Schiffes. Das notwendige Kapital zur Erhaltung des Betriebs muss innerhalb der Saison erwirtschaftet werden.

3. Die Abweichungen stimmen mit den allgemeinen Grundsätzen für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Besatzungsmitglieder überein. Sie führen zu keiner unvertretbaren dauerhaften Belastung der Besatzungsmitglieder von Ausflugschiffen, da insbesondere die Mehrarbeit und Nachtarbeit sowie die Arbeit an Sonn- und Feiertagen in der Saison (im Sommer) durch eine geringere Arbeitsbelastung sowie zahlreiche arbeitsfreie Tage nach der Saison (vor allem im Winter) ausgeglichen wird.

4. Die generellen Regelungen zu den Arbeits- und Ruhezeiten nach dem Seearbeitsgesetz bleiben von dieser Allgemeinverfügung unberührt. Bei der Erfassung der Zeiten für die Jahresarbeitszeitkonten nach Ziffer II Nummer 1 sind die Zuschläge für geleistete Mehr-/Nacht-/Sonntags- und Feiertagsarbeit nach § 51 des Seearbeitsgesetzes durch den Reeder entsprechend zu berücksichtigen.

5. Die Ausnahmen sind im Wege der Allgemeinverfügung zu erteilen. Bei über 70 betroffenen Ausflugschiffen würde die Erteilung von Verwaltungsakten einen unvertretbaren hohen Verwaltungsaufwand bedeuten. Die Regelung im Wege der Allgemeinverfügung stellt zudem ein einheitliches Verwaltungshandeln sicher und vermeidet Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der Branche der Ausflugsschifffahrt.

6. Die Festlegung des Ausgleichs anstelle der Vergütung für Mehr-/Nacht-/Sonntags- und Feiertagsarbeit sowie des Zeitausgleichs für Sonntags- und Feiertagsausgleich orientiert sich an den Regelungen des § 14 der Offshore-Arbeitszeitverordnung.

7. Die in Ziffer II Nummer 5 Satz 3 sowie Nummer 6 vorgesehenen Regelungen zur Gestaltung der Jahresarbeitszeitkonten entsprechen den gesetzlichen Vorgaben des § 2 Absatz 2 des Mindestlohngesetzes.

VI. Widerrufsvorbehalt

Der Widerruf dieser Allgemeinverfügung wird vorbehalten.

VII. Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift bei der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, Ottenser Hauptstraße 54, 22765 Hamburg, Widerspruch erhoben werden.

Die Frist wird auch gewahrt, wenn der Widerspruch innerhalb der Monatsfrist bei der Dienststelle Schiffssicherheit, Brandstwiete 1, 20457 Hamburg, erhoben wird.

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Bekanntmachung der Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation zu abweichenden Arbeitszeitregelungen für Fahrgastschiffe in der saisonalen Ausflugsschifffahrt

Vom 21. Dezember 2021
(VKBl. Nr. 2 vom 31.01.2022 S. 30)

Die Berufsgenossenschaft Verkehrswirtschaft Post-Logistik Telekommunikation, Dienststelle Schiffssicherheit hat auf Grundlage des § 49 Absatz 3 des Seearbeitsgesetzes eine Allgemeinverfügung zu abweichenden Arbeitszeitregeln für Fahrgastschiffe in der saisonalen Ausflugsschifffahrt erlassen.

Nachfolgend wird die Allgemeinverfügung veröffentlicht.
Hamburg, den 21. Dezember 2021

ENDE

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