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Regelwerk

Arbeitskampfrichtlinie des Bundes
Hinweise für den Fall eines Arbeitskampfes

Vom 26. Juli 2007
(GMBl. Nr. 38/39 vom 23.08.2007 S. 767;aufgehoben)


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A. Allgemeines

I. Zweck der Hinweise

Mit den folgenden Erläuterungen sollen den Dienststellen der Bundesverwaltung Hinweise für die Fälle gegeben werden, in denen sie von Arbeitskampfmaßnahmen betroffen sind.

II. Arbeitskampfmaßnahmen und ihre rechtlichen Voraussetzungen

1 Rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahmen

Arbeitskampfmaßnahmen sind kollektive Maßnahmen, die darauf abzielen, eine bestimmte tarifliche Regelung der Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Sie sind mit Arbeitszeitausfall für die sich daran beteiligenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (im Folgenden: Beschäftigte) verbunden. Gegebenenfalls kann Arbeitszeitausfall auch bei Beschäftigten eintreten, die sich zwar nicht am Arbeitskampf beteiligen, die aber wegen des Arbeitskampfes nicht beschäftigt werden können.

Arbeitskampfmaßnahmen sind rechtmäßig, wenn sie von einer zuständigen Gewerkschaft nach Ablauf der Friedenspflicht und nach Ausschöpfung aller Verständigungsmöglichkeiten unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel als kollektive Maßnahmen mit dem Ziel eingeleitet und durchgeführt werden, das Arbeitsentgelt oder sonstige Arbeitsbedingungen der Mitglieder zu verbessern oder Verschlechterungen zu verhindern. Rechtmäßig sind unter diesen Voraussetzungen auch Arbeitskampfmaßnahmen, die zwar nicht von der Gewerkschaft eingeleitet, von dieser aber nach Beginn übernommen werden.

2 Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen

Arbeitskampfmaßnahmen dürfen grundsätzlich erst nach Ablauf der Friedenspflicht, also in der Regel erst nach Ablauf der Kündigungsfrist/sonstigem Außerkrafttreten des Tarifvertrags ergriffen werden. Besteht die Friedenspflicht nicht mehr, so bestimmt sich die Rechtmäßigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen, der Rechtsprechung des Großen Senats des BAG (BAG vom 21. Juni 1988 - 1 AZR 651/86 = AP Nr. 108 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -) folgend, nach dem "ultimaratio"-Prinzip. So setzt die Zulässigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme voraus, dass zuvor Forderungen für den Inhalt des abzuschließenden Tarifvertrags erhoben worden sind und dass in der Regel über diese Forderungen auch Tarifvertragsverhandlungen geführt wurden; eine Ausnahme gilt dann, wenn die andere Seite Verhandlungen über eine Forderung überhaupt ablehnt. Einer offiziellen Erklärung des Scheiterns der Tarifvertragsverhandlungen bedarf es nicht. In der Einleitung der Arbeitskampfmaßnahme liegt die maßgebende Erklärung der Tarifvertragspartei, dass sie Verständigungsmöglichkeiten ohne Ausübung von Druck als ausgeschöpft ansieht. Diese Grundsätze gelten auch für so genannte "Warnstreiks".

Allerdings ergibt sich für den Bereich des Bundes und der VKa eine Friedenspflicht, während der alle Arbeitskampfmaßnahmen unzulässig sind, aus der "Vereinbarung über ein Schlichtungsverfahren vom 30. September 2002". Danach kann, wenn die Tarifvertragsverhandlungen von einer Tarifvertragspartei förmlich für gescheitert erklärt werden, jede Seite innerhalb von 24 Stunden nach der förmlichen Erklärung des Scheiterns ein Schlichtungsverfahren einleiten. Die Einleitung des Schlichtungsverfahrens bewirkt vom Beginn des dritten Kalendertages an, der auf den Tag der Anrufung der Schlichtung folgt, das Wiederaufleben der Friedenspflicht. Die Friedenspflicht endet, wenn die Einigungsempfehlung nicht fristgerecht (24 Stunden nach der Beschlussfassung) zugestellt wird, oder wenn die wieder aufgenommenen

Tarifverhandlungen von mindestens einer Tarifvertragspartei für gescheitert erklärt werden (vgl. die Vereinbarung über ein Schlichtungsverfahren vom 30. September 2002).

3 Rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen

Zunächst rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahmen können rechtswidrig werden, wenn Art und Umfang der Maßnahmen dazu führen, dass die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, die für eine rechtmäßige Arbeitskampfmaßnahme maßgebend sind.

Rechtswidrig sind grundsätzlich so genannte Sympathie- oder Solidaritätsarbeitskampfmaßnahmen, mit denen eine Gewerkschaft die Arbeitskampfmaßnahmen einer anderen Gewerkschaft unterstützen will (BAG vom 12. Januar 1988 - 1 AZR 219/86 = AP Nr. 90 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -). Entsprechendes gilt für Arbeitskampfmaßnahmen einer Gewerkschaft in einem Tarifbereich mit Friedenspflicht zur Unterstützung von Arbeitskampfmaßnahmen derselben Gewerkschaft in einem Tarifbereich, in dem die Friedenspflicht abgelaufen ist.

Bestehen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Arbeitskampfmaßnahme, sollte zur Klärung dieser Frage, weil sie für die Rechtsfolgen und die zu treffenden Abwehrmaßnahmen von Bedeutung ist, Verbindung mit vorgesetzten Dienststellen aufgenommen werden.

Der Zutritt eines externen Gewerkschaftsbeauftragten zum Zwecke des Streikaufrufs im Betrieb ist nur ausnahmsweise zu gestatten (LAG Hamm vom 23. April 1997 - 18 Sa 164/97 = LAGE Nr. 66 zu Art. 9 Arbeitskampf).

Die eigenmächtige Benutzung von Räumlichkeiten und Gegenständen (z.B. Fahrzeuge und Geräte) der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers im Zusammenhang mit Arbeitskampfmaßnahmen ist rechtswidrig und daher unzulässig. Die eigenmächtige Benutzung von Kraftfahrzeugen stellt sich darüber hinaus als unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen im Sinne von § 248b des Strafgesetzbuches (StGB) dar (LAG Düsseldorf vom 24. Januar 1990 - 12 Sa 1169/89 -). Rechtswidrig sind Streikausschreitungen, z.B. die Blockade der Zugangs-/ Zufahrtswege bzw. Abgangs-/Abfahrtswege durch Menschenketten, Fahrzeuge usw., die Behinderung von arbeitswilligen Beschäftigten oder Besucher/innen sowie tätliche Übergriffe oder Angriffe auf arbeitswillige Beschäftigte oder Besucher/innen (z.B. Körperverletzungen oder Beleidigungen) und die Beschädigungen von betrieblichen Einrichtungen (BAG vom 21. Juni 1988 - 1 AZR 651/86 = AP Nr. 108 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, ZTR 1988 S. 464 - und vom 8. November 1988 - 1 AZR 417/86 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, ZTR 1989 S. 276 -).

Wegen der Folgen der Beteiligung an rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen wird auf Abschnitt J verwiesen.

B. Vorbereitung auf Arbeitskampfmaßnahmen

I. Vorsorgliche Maßnahmen

1 Aufgabenverteilung innerhalb der Dienststelle

Die besonderen Aufgaben, die bei Arbeitskampfmaßnahmen auf die Dienststelle zukommen, sollen in einem eindeutigen Aufgabenverteilungsplan auf verantwortliche, nicht am Arbeitskampf beteiligte, Beschäftigte aufgeteilt werden. Auch die Vertretung dieser Beschäftigten ist zu regeln.

Die eingeteilten Beschäftigten sollen sich auf ihre Aufgaben besonders vorbereiten.

Im Aufgabenverteilungsplan sollen insbesondere folgende Zuständigkeiten geregelt werden:

  1. Festlegung, Vorbereitung, Durchführung und Beaufsichtigung der Notdienstarbeiten einschließlich der Vorbereitung der Notdienst- und Sonderausweise (vgl. Nummern 2 und 3, Unterabschn. III und Abschnitt D Unterabschn. II),
  2. Verbindung zur vorgesetzten Dienststelle (vgl. Abschnitt D Unterabschn. I Nr. 1),
  3. Verbindung zu anderen Behörden (vgl. Abschnitt D Unterabschn. I Nrn. 2 und 3),
  4. Information der Mitarbeiter/innen über die jeweilige Arbeitskampfsituation (vgl. Nummer 4, Unterabschn. II und Abschnitt D Unterabschn. III),
  5. Aufrechterhaltung des Informationsflusses, insbesondere ständige Besetzung der Telefonzentrale (vgl. Nummer 4, Unterabschn. Il und Abschnitt D Unterabschn. III),
  6. Dokumentation des Verlaufs des Arbeitskampfes und schriftliche Niederlegung aller Vorkommnisse von besonderer Bedeutung (vgl. Abschnitt E),
  7. ggf. Angelegenheiten ausländischer Beschäftigter (vgl. Nummer 4),
  8. Unterrichtung der Agentur für Arbeit und der Krankenkassen (vgl. Abschnitt D Unterabschn. I Nr. 2),
  9. Kontakt mit dem Personal-/Betriebsrat (vgl. Abschnitt H).

2 Vorbereitung der Notdienstarbeiten

Die Notdienstarbeiten müssen so vorbereitet sein, dass sie bei Beginn von Arbeitskampfmaßnahmen, soweit notwendig, unverzüglich aufgenommen werden können. Wichtig ist die rechtzeitige Festlegung der erforderlichen Arbeiten nach Art und Umfang. Zu den Notdienstarbeiten sollen grundsätzlich die Beschäftigten herangezogen werden, die auch sonst die Arbeiten verrichten, die im Notdienst zu leisten sind.

Notdienstarbeiten im Sinne dieser Richtlinie sind Erhaltungsarbeiten, also Arbeiten, die erforderlich sind, um während des Arbeitskampfes die sachlichen Betriebsmittel in dem Zustand zu erhalten, in dem sie sich bei Beginn des Arbeitskampfes befanden, sowie Arbeiten, deren Sicherstellung der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber durch öffentlich-rechtliche Vorschriften aufgegeben ist. Zu den Notdienstarbeiten gehören auch Notstandsarbeiten, also Arbeiten, die die Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Diensten und Gütern (z.B. Wasser- und Energieversorgung) während des Arbeitskampfes sicherzustellen haben (BAG vom 30. März 1982 - 1 AZR 265/80 = AP Nr. 74 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Zu den Notdienstarbeiten gehören also insbesondere Arbeiten, die notwendig sind

  1. zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Diensten und Gütern,
  2. zur zivilen und militärischen Verteidigung sowie für die innere Sicherheit,
  3. zur Gewährung der Funktionsfähigkeit der Verfassungsorgane,
  4. im öffentlichen Interesse, z.B. zur Sicherung von Anlagen, von denen ohne Sicherung Gefahren ausgehen können,
  5. zur Sicherung und Erhaltung der Anlagen oder von Gütern und zur Gewährleistung der unverzüglichen Wiederaufnahme der Arbeit nach Ende des Arbeitskampfes (BAG a. a. 0.),
  6. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie des öffentlichen Gesundheitsdienstes und zur Durchführung von Arbeiten, deren Sicherstellung der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber durch öffentlich-rechtliche Vorschriften aufgegeben ist.

Welche Arbeiten als Notdienstarbeiten anzusehen sind, richtet sich im Einzelfall nach der Art und den Aufgaben der Dienststelle.

Auf Unterabschnitt III wird hingewiesen.

3 Vorbereitung des Notdienstes und der Ausstellung von Notdienst- und Sonderausweisen

Die notwendigen Formulare sind rechtzeitig herzustellen.

Beschäftigte, die für den Notdienst vorgesehen sind, sollen vor Beginn von Arbeitskampfmaßnahmen schriftlich zum Notdienst verpflichtet werden. Es kann notwendig werden, Notdienstausweise auszustellen. Ferner kann es zweckmäßig sein, an Beschäftigte, die kein Streikrecht haben (z.B. Beamte/innen sowie Auszubildende, wenn es nicht um ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen geht) und an Beschäftigte, die außerhalb des Arbeitskampfes stehen, Sonderausweise auszugeben. Die Ausgabe von Sonderausweisen unterliegt nicht der Mitbestimmung des Personalrats (BAG vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 35/85 = AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes -). Im Einzelnen wird hierzu auf Nr. 2, auf Unterabschnitt III und auf Abschnitt G Unterabschn. II und III verwiesen.

Muster für eine Notdienstvereinbarung (Anlage 1), für ein Verpflichtungsschreiben zum Notdienst (Anlage 2), für einen Notdienstausweis (Anlage 3) und für einen Sonderausweis (Anlage 4) sind beigefügt.

4 Vorbereitung der Information der Beschäftigten

Über die Auswirkungen von Arbeitskampfmaßnahmen auf das einzelne Arbeitsverhältnis sollten die Beschäftigten schriftlich, z.B. durch ein Rundschreiben oder einen Mitarbeiterbrief, zeitgerecht informiert werden. Ein Textvorschlag ist als Anlage 5 beigefügt.

Ferner sollte geprüft werden, ob im Falle drohender Arbeitskampfmaßnahmen ein Auskunftsdienst zur Beantwortung von Fragen der Beschäftigten eingerichtet werden soll. Es ist sicherzustellen, dass jederzeit schriftliche Mitteilungen an die Beschäftigten herausgegeben werden können.

Sind in der Dienststelle eine größere Anzahl ausländischer Beschäftigter tätig, sollte rechtzeitig für Dolmetscher gesorgt werden.

Im Übrigen wird auf Unterabschnitt II hingewiesen.

II. Information der Beschäftigten

Eine wichtige Aufgabe der Dienststelle ist es, die Beschäftigten zeitgerecht in geeigneter Weise über den Standpunkt der Arbeitgeberseite zu den Forderungen der Gewerkschaften sowie über die Auswirkungen vorliegender Angebote der Arbeitgeber/innen auf das Einkommen der Beschäftigten und die sich hieraus ergebenden Kosten zu unterrichten. Eine ausführliche Information sollte insbesondere nach Anberaumung einer Urabstimmung erfolgen.

Sind in der Dienstelle in größerem Umfang ausländische Beschäftigte tätig, sollten die Informationen auch diesen Beschäftigten in ihrer Heimatsprache unter Berücksichtigung ihrer Interessenlage und ihrer Mentalität zugänglich gemacht werden. Inhalt und Art der Informationen sollten nach den örtlichen Gegebenheiten ausgerichtet werden.

III. Verpflichtung von Beschäftigten zum Notdienst

Die Dienststelle hat die Aufgabe, rechtzeitig die Notdienstarbeiten (vgl. Unterabschnitt I Nr. 2) sicherzustellen.

Die Beschäftigten sind zur Durchführung von Notdienstarbeiten, die auch in "unterwertigen" Tätigkeiten bestehen können, verpflichtet. Wird die Verrichtung von Notdienstarbeiten ohne triftigen Grund abgelehnt, kann die/der Beschäftigte für den hierdurch entstehenden Schaden haftbar gemacht werden. Außerdem kann dies ein Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Bei einer Weigerung, Notdienstarbeiten zu verrichten, hat die Dienststelle auch die Möglichkeit, die Arbeitsaufnahme durch eine beim Arbeitsgericht zu erwirkende einstweilige Verfügung zu erzwingen.

Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber ist zuständig und befugt, die Notdienstarbeiten zu bestimmen und die für den Notdienst erforderlichen Beschäftigten zu verpflichten und einzusetzen (vgl. Unterabschnitt I Nr. 2). Die Beschäftigten haben keinen Anspruch auf Einsatz im Notdienst; dies gilt auch für Beschäftigte, die sich nicht am Arbeitskampf beteiligen (BAG vom 31. Januar 1995 - 1 AZR 142/94 = AP Nr. 135 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1995 S. 551 -). Es ist jedoch zweckmäßig, Art und Umfang der Notdienstarbeiten und die Auswahl der hiermit zu beauftragenden Beschäftigten mit den Gewerkschaften bzw. der Streikleitung abzustimmen und ggf. auch den Personalrat zu unterrichten (BAG vom 30. März 1982 - 1 AZR 265/80 = AP Nr. 74 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -). In der Praxis ist es empfehlenswert, eine schriftliche Notdienstvereinbarung nach dem Muster der Anlage 1 abzuschließen.

Regelungen in Notdienstvereinbarungen, die arbeitswilligen Beschäftigten während eines Arbeitskampfes den Zutritt zur Dienststelle versagen, sollten unbeschadet ihrer rechtlichen Zulässigkeit (BAG vom 22. März 1994 - 1 AZR 622/93 = AP Nr. 130 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1994 S. 512 -) nicht vereinbart werden. Derartige Regelungen führen zu einer nicht hinnehmbaren Einschränkung der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers. Entsprechendes gilt auch für Regelungen, nach denen es der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber untersagt wird, durch Dritte arbeitskampfbetroffene Leistungen innerhalb oder außerhalb der Dienststelle zu erbringen.

Für die Ausstellung von Notdienstausweisen ist die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber zuständig. Es bestehen keine Bedenken, wenn die Gewerkschaft bzw. die Streikleitung die Notdienstausweise für Beschäftigte mit unterzeichnen.

C. Durchführung einer Urabstimmung

Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, die Urabstimmung auf dem Gelände der Dienststelle und während der Arbeitszeit durchführen zu lassen. Es bestehen jedoch keine Bedenken, die Urabstimmung innerhalb der Dienststelle zuzulassen und ggf. geeignete Räume zur Verfügung zu stellen. In größeren Dienststellen kann es zweck-mäßig sein, verschiedene Räume in den einzelnen Teilen der Dienststelle zur Verfügung zu stellen.

Wird die Urabstimmung mit Zustimmung der Arbeitgeberin oder des Arbeitgebers ausnahmsweise während der Arbeitszeit durchgeführt, haben die an der Urabstimmung teilnehmenden Beschäftigten keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt für die ausgefallene Arbeitszeit. Es bestehen jedoch keine Bedenken, den einzelnen Beschäftigten die erforderliche Arbeitsbefreiung zur Stimmabgabe zu gewähren, wenn die dienstlichen Verhältnisse dies zulassen und die Dauer der Arbeitsbefreiung auf das unumgänglich notwendige Maß beschränkt wird.

Hinsichtlich der Arbeitszeit von Mitgliedern des Urabstimmungsvorstandes, die infolge der Teilnahme an der Vorbereitung und Durchführung der Urabstimmung ausgefallen ist, wird auf Abschnitt F Unterabschn. I Nr. 2 verwiesen.

Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für Urabstimmungen, die nach dem Beginn von Arbeitskampfmaßnahmen durchgeführt werden.

Die Vorbereitung oder Durchführung einer Urabstimmung im Rahmen einer Personalversammlung ist nicht zulässig, da die Urabstimmung bereits eine Arbeitskampfmaßnahme ist (vgl. Abschnitt F Unterabschn. I Nr. 2).

Gewerkschaftliche Verlautbarungen über die Urabstimmung am Schwarzen Brett der Dienststelle oder des Personalrates sind nicht zulässig. Verlautbarungen, die mehr enthalten als eine Unterrichtung über Zeit und Ort der Urabstimmung, die also z.B. für die Beteiligung an dem Arbeitskampf werben, brauchen auf dem Gelände der Dienststelle nicht geduldet zu werden.

D. Verhalten bei Arbeitskampfmaßnahmen

I. Mitteilungen über Arbeitskampfmaßnahmen

1 Oberste Bundesbehörde und Öffentlichkeit

Über den Beginn von Arbeitskampfmaßnahmen sowie über besondere Vorkommnisse ist die zuständige oberste Bundesbehörde - ggf. telefonisch oder per Telefax - sofort zu unterrichten. Diese regelt die Information der Öffentlichkeit einschließlich der Hinweise auf die Auswirkungen des Arbeitskampfes.

Nach Beendigung des Arbeitskampfes ist die zuständige oberste Bundesbehörde umfassend über dessen Ablauf zu informieren. Hierfür sollte das als Anlage 6 beigefügte Formblatt verwendet werden. Auf Abschnitt E wird hingewiesen.

Die oberste Bundesbehörde leitet alle Informationen über die Arbeitskampfmaßnahme in ihrem Bereich an die beim BMI eingerichtete Ansprechstelle weiter.

2 Agentur für Arbeit, Krankenkasse

  1. Agentur für Arbeit
    Die Dienststelle ist nach § 320 Abs. 5 SGB III verpflichtet, den Beginn und die Beendigung des Arbeitskampfes der zuständigen Agentur für Arbeit unverzüglich schriftlich anzuzeigen. Die Anzeigen sollen in zweifacher Ausfertigung mit clen bei der Agentur für Arbeit erhältlichen Vordrucken (vgl. Muster Anlagen 7 und 8) erstattet werden. Die Vordrucke sind im Internet abrufbar unter www.arbeitsagentur.de über die Pfade "Formulare", "Formulare für Unternehmen", "Entlassungen, Streik".
    Die Agentur für Arbeit darf in einem durch einen Arbeitskampf unmittelbar betroffenen Bereich nur dann vermitteln, wenn die/der Arbeitssuchende und die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber dies trotz eines Hinweises auf den Arbeitskampf verlangen (§ 36 Abs. 3 SGB III).
  2. Krankenkasse
    Durch die Teilnahme an einem Arbeitskampf wird das Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berührt, es sei denn, dass es sich um einen rechtswidrigen Arbeitskampf handelt, der länger als einen Monat dauert (j § § 7 Abs. 3 SGB IV, 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Nur in solchen Fällen müssen Abmeldungen bei der Krankenkasse vorgenommen werden.
    Wegen der Einzelheiten wird auf Abschnitt F Unterabschnitt II Nr. 1 verwiesen.

3 Polizeibehörde

Sofern durch den Verlauf der Arbeitskampfmaßnahme die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet ist, insbesondere wenn es zu strafbaren Handlungen kommen sollte, ist hierüber die örtliche Polizeibehörde zu unterrichten.

II. Einsatz des Notdienstes

Mit Beginn der Arbeitskampfmaßnahme muss der Notdienst (vgl. Abschnitt B Unterabschn. III) seine Tätigkeit aufnehmen. Eine Behinderung der Angehörigen des Notdienstes, z.B. durch Streikposten oder Streikende, ist rechtswidrig. Kommt es trotzdem zu Behinderungen, können die Verursacher/innen für den hieraus entstehenden Schaden haftbar gemacht werden.

Außerdem können sich sonstige arbeitsrechtliche sowie strafrechtliche Folgen ergeben. Es empfiehlt sich, die in Frage kommenden Personen festzustellen. Im Übrigen wird auf die Abschnitte E und J hingewiesen.

III. Information der Beschäftigten

Es muss sichergestellt werden, dass während der Arbeitskampfmaßnahme jederzeit Informationen von der Dienststelle an die Beschäftigten gegeben werden können. Hierzu ist es insbesondere notwendig, die Telefonzentrale funktionsfähig zu halten und sicherzustellen, dass schriftliche Mitteilungen für die Beschäftigten gefertigt und diesen zur Kenntnis gebracht werden können. Inhalt und Umfang der Informationen an die Beschäftigten müssen sich nach der jeweiligen Arbeitskampfsituation in der Dienststelle richten (vgl. Abschnitt B Unterabschn. I Nr. 1 Buchst. d und Nr. 4 sowie Unterabschn. II).

E. Dokumentation der Arbeitskampfmaßnahmen

Eine Dokumentation über den Ablauf der Arbeitskampfmaßnahmen und der damit im Zusammenhang stehenden Ereignisse ist zweckmäßig. Mit der Erstellung dieser Dokumentation sollte rechtzeitig eine verantwortliche Person beauftragt werden, damit alle wichtigen Vorfälle festgehalten werden. Insbesondere müssen Ausfallzeiten der Beschäftigten, Arbeitszeiten im Notdienst, etwaige Streikausschreitungen, Sachbeschädigungen, die Benutzung von Gegenständen der Arbeitgeberin/des Arbeitsgebers und dergleichen festgestellt und die erforderlichen Beweismittel gesichert werden.

Wegen der Unterrichtung der obersten Bundesbehörde nach Beendigung der Arbeitskampfmaßnahmen wird auf Abschnitt D Unterabschnitt I Nr. 1 verwiesen.

F. Rechtliche Folgen der Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen

I. Auswirkungen auf das Einzelarbeitsverhältnis

1 Allgemeines

Bei einer rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahme handeln die die Arbeit niederlegenden Beschäftigten nicht arbeitsvertragswidrig. Durch die kollektive Arbeitsniederlegung wird das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst. Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag ruhen für die Dauer der Beteiligung an der Arbeitskampfmaßnahme. Dies gilt unabhängig davon, ob der oder die die Arbeit niederlegende Beschäftigte Mitglied einer Gewerkschaft ist.

  1. Stilllegung
    In der Reaktion auf einen Arbeitskampf, der die Arbeitgeberin/den Arbeitgeber unmittelbar selbst betrifft, ist sie/er frei. Möglich ist die Stilllegung der unmittelbar vom Arbeitskampf betroffenen Dienststelle bzw. des Dienststellenteils. In diesem Fall müssen arbeitswillige Beschäftigte nicht weiterbeschäftigt werden (BAG vom 22. März 1994 - 1 AZR 622/93 = AP Nr. 130 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1994 S. 512 - und vom 31. Januar 1995 - 1 AZR 142/94 = AP Nr. 135 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1995 S. 551 -).
    Die Möglichkeit der Stilllegung mit der Folge der Entgeltsuspendierung besteht aber nur, wenn die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber gegenwärtig und unmittelbar von einem Streik betroffen ist. Vorbeugende Maßnahmen, die über die reine Gegenwehr hinausgehen und damit den Rahmen des Arbeitskampfes erweitern, sind nicht zulässig und suspendieren die Entgeltverpflichtung nicht. Im Kern wäre ein solches Vorgehen eine Aussperrung, die aber an besondere Voraussetzungen gebunden ist (BAG vom 15. Dezember 1998 - 1 AZR 289/98 = AP Nr. 154 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1999 S. 312 -).
    Die die Arbeitsverhältnisse suspendierende Stilllegung bedarf einer Erklärung der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers. Diese Erklärung muss sich an die betroffenen Beschäftigten richten. Eine Erklärung gegenüber der Gewerkschaft ist weder erforderlich noch ausreichend. An einer Stilllegungserklärung fehlt es, solange sich die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber nicht festlegt, sondern die rechtliche Möglichkeit offen hält, die Arbeitsleistung jederzeit in Anspruch zu nehmen. Die (Weiter-) Beschäftigung von Beamtinnen und Beamten steht einer Stilllegungserklärung nicht entgegen (BAG vom 11. Juli 1995 - 1 AZR 63/95 = NZa 1996 S. 214 -). Wird die Dienststelle bzw. der Dienststellenteil nicht stillgelegt, müssen arbeitswillige Beschäftigte grundsätzlich weiterbeschäftigt werden. Diese Verpflichtung entfällt jedoch, wenn wegen der Auswirkungen der Arbeitskampfmaßnahme eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Aufgabenstellung der Dienststelle bzw. des Dienststellenteils nicht mehr möglich oder nicht mehr zumutbar ist (BAG vom 14. Dezember 1993 - 1 AZR 550/93 = AP Nr. 129 zu Art. 9 GG Arbeitskampf - und vom 11. Juli 1995 - 1 AZR 63/95 und 1 AZR 161/95 = NZa 1996 S 214 und S. 209 -).
  2. Entgeltzahlungsverpflichtung
    Zu dem als Anlage 5 beigefügten "Rundschreiben/ Mitarbeiterbrief" wird - hinsichtlich der Rechtsprechung des BAG - auf Folgendes hingewiesen:
    Der unter a 1 d) aufgeführte Hinweis
    "Beschäftigte, die sich an Arbeitskampfmaßnahmen nicht beteiligen, werden solange wie möglich beschäftigt."
    wird vom BAG nicht als Selbstbindung hinsichtlich des Arbeitskampfverhaltens der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers aufgefasst. Allein aus diesem Hinweis folge nicht, dass der Dienststellenbetrieb aufrechterhalten werden solle, mit der Folge, dass Entgeltansprüche arbeitswilliger Beschäftigter entstehen könnten. Sofern allerdings zusätzlich Listen von der Dienststelle ausgelegt werden, in die sich arbeitswillige Beschäftigte täglich eintragen sollen, wird das zusammen mit dem Hinweis als mögliches Indiz für einen Fortführungswillen der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers gewertet. Gibt es in diesem Fall kein eindeutiges Verhalten, das auf die Einstellungsabsicht hinweist, wird ein Fortführungswille angenommen (BAG vom 11. Juli 1995 - 1 AZR 63/95 = AP Nr. 138 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1996 S. 180 sowie 1 AZR 161/95 = AP Nr. 139 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1996 S. 178 -).
    Die Folge sind Entgeltansprüche der arbeitswilligen Beschäftigten unabhängig von ihrer tatsächlichen Beschäftigung. Die Entgeltansprüche entfallen nur dann, wenn die Beschäftigung infolge des Streiks unmöglich oder unzumutbar war. Die gerichtliche Überprüfung einer - zwischen den Parteien streitigen - Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit birgt erhebliche prozessuale Risiken und ist in ihrem Ergebnis kaum prognostizierbar.
    Wenn daher der Hinweis im Mitarbeiterschreiben verwendet und Listen ausgelegt werden, sollte sofort eine eindeutige Erklärung der Betriebseinstellung erfolgen, sobald die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber selbst und unmittelbar von einer Arbeitskampfmaßnahme betroffen ist und die Aufrechterhaltung des Dienststellenbetriebs für sinnlos hält.
    Nach Beendigung der Arbeitskampfmaßnahme besteht für die Beschäftigten ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung, es sei denn, dass das Arbeitsverhältnis
    im Einzelfall wirksam gekündigt oder auf andere Weise beendet worden ist.

2 Arbeitsentgelt, Jahressonderzahlung, vermögenswirksame Leistungen, Feiertagsbezahlung

Für die wegen der Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen ausfallende Arbeitszeit besteht kein Anspruch auf Arbeitsentgelt. Die Berechnung des zustehenden Arbeitsentgelts erfolgt in diesen Fällen nach 24 Abs. 3 bis 5 TVöD bzw. ggf. den entsprechenden Regelungen in anderen anwendbaren Tarifverträgen. Dies gilt auch für arbeitswillige Beschäftigte, die wegen der Arbeitskampfmaßnahme in ihrer Verwaltung nicht beschäftigt werden (z.B. wegen Beeinflussung oder Behinderung durch Streikposten, Stilllegung der Verwaltung, Ausfalls der Verkehrsmittel). Beschäftigte, bei denen durch die Teilnahme an der Vorbereitung und Durchführung der Urabstimmung in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Urabstimmungsvorstandes Arbeitszeit ausgefallen ist, haben ebenfalls keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt (vgl. auch Abschnitt C).

Sind in der Dienststelle Zeiterfassungsgeräte vorhanden und besteht die Verpflichtung, diese Geräte beim Betreten bzw. Verlassen der Dienststelle zu betätigen, liegt eine Pflichtverletzung vor, wenn die Dienststelle während der Arbeitszeit zum Zweck der Teilnahme an einer Arbeitskampfmaßnahme verlassen und wieder betreten wird, ohne dies durch Betätigung der Zeiterfassungsgeräte zu dokumentieren. Diese Pflichtverletzung kann jedenfalls dann abgemahnt werden, wenn zuvor auf die Verpflichtung hingewiesen wurde (LAG Hamm vom 25. Mai 1993 - 4 Sa 110/93 -). Die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber, die/der die Benutzung der Zeiterfassungsgeräte auch in diesen Fällen verlangt (z.B. zum Zwecke der Dokumentation), sollte die Beschäftigten vor Streikbeginn hierauf ausdrücklich hinweisen.

Ein Anspruch auf Nachholung der durch eine Arbeitskampfmaßnahme ausgefallenen Arbeitszeit besteht nicht. Bei gleitender Arbeitszeit ist für die Arbeitszeitberechnung und für die Berechnung der Arbeitsentgeltkürzung bei ganztägigem Arbeitsausfall auf die Sollarbeitszeit und bei teilweisem Arbeitsausfall auf die in der Kernarbeitszeit entfallende Ausfallzeit abzustellen. Eine Arbeitsentgeltkürzung unterbleibt für Tage, an denen mindestens während der Kernarbeitszeit gearbeitet wurde.

Ist nach einer Dienstvereinbarung über gleitende Arbeitszeit der Stand des Gleitzeitkontos auf der Grundlage der geschuldeten Arbeitszeit zu berechnen, bleiben Zeiten außer Betracht, in denen das Arbeitsverhältnis wegen Teilnahme am Arbeitskampf geruht hat. Arbeitskampfbedingte Ausfallzeiten führen nicht zu einer Belastung des Gleitzeitkontos, sondern zu einer Minderung des Arbeitsentgelts (BAG vom 30. August 1994 - 1 AZR 765/93 - AP Nr. 131 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Beschäftigte, deren Dienststelle nicht bestreikt wird, die jedoch infolge eines Arbeitskampfes (z.B. wegen Ausfall der Strom- und Gasversorgung oder der Verkehrsmittel, BAG vom 8. September 1982 - 5 AZR 283/80 = AP Nr. 59 zu § 616 BGB -) nicht oder nur in einem geringeren Umfang beschäftigt werden können, haben keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt für die ausgefallene Arbeitszeit.

Können Beschäftigte bei einem Wellenstreik für den Rest einer laufenden Schicht nicht beschäftigt werden, so tragen sie das Entgeltrisiko, auch wenn die Zeit der Nichtbeschäftigung außerhalb der Kurzstreiks liegt, wenn der Arbeitgeberin/dem Arbeitgeber eine andere Planung nicht zumutbar war, da bei Wellenstreik die Abwehrmaßnahmen der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers nicht immer auf die Zeit der einzelnen Kurzstreiks begrenzbar sind (BAG vom 12. November 1996 - 1 AZR 364/96 = AP Nr. 147 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG vom 17. Februar 1998 - 1 AZR 386/97 = AP Nr. 152 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG vom 15. Dezember 1998 - 1 AZR 216/98 = AP Nr. 155 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Der Entgeltanspruch der Beschäftigten bleibt erhalten, wenn die Arbeitgeberin/der Arbeitgeber Arbeiten wegen Androhung eines Streiks in der eigenen Dienststelle vorsorglich fremd vergibt, der Streik aber nicht stattfindet (BAG vom 15. Dezember 1998 - 1 AZR 289/98 = AP Nr. 154 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Es sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Zahlung von Arbeitsentgelt für Zeiträume auszuschließen, für die die Beschäftigten keinen Anspruch haben. Soweit Arbeitsentgelt bereits für Zeiten gezahlt worden ist, für die kein Anspruch besteht, ist der Rückzahlungsanspruch unverzüglich geltend zu machen. Bei Aufrechnung gegen Ansprüche auf Bezüge für spätere Zeiträume sind die Pfändungsfreigrenzen zu beachten.

Werden Beschäftigte wegen und während der Arbeitskampfmaßnahme "unterwertig" beschäftigt (z.B. im Notdienst), werden die auf ihrer Entgeltgruppe beruhenden Ansprüche nicht berührt. Im Übrigen wird nur die angeordnete und geleistete Arbeit bezahlt.

Steht infolge eines Arbeitskampfes für mindestens einen vollen Kalendermonat kein Arbeitsentgelt zu, ergeben sich entsprechende Auswirkungen auf die Jahressonderzahlung (vgl. § 20 Abs. 4 TVöD) und auf die vermögenswirksamen Leistungen (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 4 TVöD). Hierin liegt keine unzulässige Maßregelung wegen der Teilnahme am Streik (vgl. BAG vom 3. August 1999 - 1 AZR 735/98 = AP Nr. 156 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Während eines Arbeitskampfes haben am Streik Teilnehmende grundsätzlich keinen Anspruch auf Feiertagsbezahlung nach § 2 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz. Dies gilt auch dann, wenn die Arbeitskampfmaßnahme nur für einen arbeitsfreien Feiertag oder ein arbeitsfreies Wochenende unterbrochen worden ist. Ein Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht aber ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitskampf unmittelbar vor einem gesetzlichen Feiertag endet oder sich unmittelbar an einen gesetzlichen Feiertag anschließt (BAG vom 31. Mai 1988 - 1 AZR 589/86 = AP Nr. 56 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG = NZa 1988 S. 887 -) sowie dann, wenn der Arbeitskampf unmittelbar vor einem gesetzlichen Feiertag endet, am Tag nach dem gesetzlichen Feiertag gearbeitet wird und an dem darauf folgenden Tag erneut gestreikt wird (BAG vom 11. Mai 1993 - 1 AZR 649/92 = AP Nr. 63 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG -). Das Ende eines Streiks vor einem Feiertag ist der Arbeitgeberin/ dem Arbeitgeber aber von der Gewerkschaft bzw. den Beschäftigten mitzuteilen (vgl. BAG vom 23. Oktober 1996 - 1 AZR 269/96 = AP Nr. 146 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -); andernfalls bleibt die Zahlungspflicht der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers weiterhin suspendiert.

Für gesetzliche Feiertage während eines Arbeitskampfes steht die Feiertagsbezahlung zu, wenn Feiertage in den bewilligten Urlaub fallen (BAG vom 31. Mai 1988 - 1 AZR 200/87 = AP Nr. 58 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG = NZa 1988 S. 887 -). Ein Anspruch auf Feiertagsbezahlung besteht aber nicht für in einen Arbeitskampf fallende Feiertage, die einem bewilligten Urlaub unmittelbar vorausgehen oder sich an ihn unmittelbar anschließen (BAG vom 31. Mai 1988 - 1 AZR 192/87 = AP Nr. 57 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG = NZa 1988 S. 889 -).

3 Entgelt im Krankheitsfall

Beschäftigte, die bereits vor Beginn der Arbeitskampfmaßnahme arbeitsunfähig waren, haben vom Beginn der Arbeitskampfmaßnahme an keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, wenn die Dienststelle oder der Teil der Dienststelle, in dem sie arbeiten würden, durch die Arbeitskampfmaßnahme zum Erliegen kommt und deshalb auch ohne die Arbeitsunfähigkeit wegen der Arbeitskampfmaßnahme kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestünde (vgl. BAG vom 8. März 1973 - 5 AZR 491/72 = AP Nr. 29 zu § 1 LohnFG -; Hessisches LAG vom 26.11.2003 - 2 Sa 656/03 = ArbuR 2004, 196 -). Tritt die Arbeitsunfähigkeit erst während der Arbeitskampfmaßnahme ein, besteht unter den gleichen Voraussetzungen ebenfalls kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Kommt die Dienststelle/der Dienststellenteil nicht zum Erliegen, entfällt der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nur dann, wenn die/der Beschäftigte sich - trotz Arbeitsunfähigkeit - am Streik beteiligt oder wenn ihre/seine Beschäftigung wegen des Streiks auch bei Arbeitsfähigkeit nicht möglich wäre (BAG vom 1. Oktober 1991 - 1 AZR 147/91 = AP Nr. 121 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Der Anspruch auf Krankenbezüge lebt bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit mit dem Ende der Arbeitskampfmaßnahme wieder auf, sofern die maßgebende Krankenbezugsfrist noch nicht abgelaufen ist. Dabei ist zu beachten, dass sich die Krankenbezugsfrist nicht um die Tage verlängert, an denen die Arbeit in der Verwaltung infolge der Arbeitskampfmaßnahme ausgefallen ist (BAG vom 8. März 1973 - 5 AZR 491/72 = AP Nr. 29 zu § 1 LohnFG -).

4 Arbeitgeberzuschuss nach § 14 Mutterschutzgesetz (MuSchG)

Für den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG gelten die Ausführungen in Nr. 3 entsprechend (vgl. BAG vom 22. Oktober 1986 - 5 AZR 550/85 = AP Nr. 4 zu § 14 MuSchG 1968 -).

5 Urlaub, Arbeitsbefreiung

  1. Während einer Arbeitskampfmaßnahme soll Anträgen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprochen werden. Es bestehen jedoch keine Bedenken, wenn Urlaubsanträgen ausnahmsweise entsprochen wird, die
    aa) mit der Urlaubsplanung der Dienststelle im Einklang stehen oder
    bb) von arbeitswilligen Beschäftigten gestellt werden, die sich bis zum Zeitpunkt der Urlaubsgewährung nicht an der Arbeitskampfmaßnahme beteiligt haben.
    Befinden sich Beschäftigte beim Beginn einer Arbeitskampfmaßnahme bereits im Urlaub, läuft dieser weiter (BAG vom 9. Februar 1982 - 1 AZR 567/79 = AP Nr. 16 zu § 11 BUrlG -). Ein vor Beginn der Arbeitskampfmaßnahme bewilligter Urlaub ist zu gewähren. Im Übrigen dürfen Arbeitstage, an denen die Arbeit infolge einer Arbeitskampfmaßnahme ausgefallen ist, nicht als Urlaubstage behandelt werden.
  2. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung (z.B. nach § 29 TVöD) besteht nicht für Tage, an denen sich Beschäftigte an der Arbeitskampfmaßnahme beteiligen oder an denen sie infolge der Arbeitskampfmaßnahme nicht arbeiten können. Eine Ausnahme gilt für arbeitswillige Beschäftigte, die infolge der Arbeitskampfmaßnahme nicht arbeiten können, nur dann, wenn bei dem Beginn der Arbeitskampfmaßnahme die Arbeitsbefreiung bereits festgelegt war (BAG vom 15. Januar 1991 - 1 AZR 178/90 = AP Nr. 114 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

6 Beihilfen

Beihilfen im Krankheitsfall werden nicht zu Aufwendungen gewährt, die in einem Zeitpunkt entstanden sind, in dem das Arbeitsverhältnis wegen Beteiligung an einer Arbeitskampfmaßnahme geruht hat und aus diesem Grunde kein Anspruch auf Arbeitsentgelt bestand (BAG vom 5. November 1992 - 6 AZR 311/91 = AP Nr. 7 zu § 40 BAT -). Dies gilt für alle Beschäftigten, die wegen der Arbeitskampfmaßnahme keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt haben (vgl. Nr. 2).

7 Sonstiges

Können arbeitswillige Beschäftigte infolge eines Arbeitskampfes ihre Arbeitsplätze nicht rechtzeitig erreichen (z.B. wegen des Ausfalls öffentlicher Verkehrsmittel), haben sie im Rahmen des Zumutbaren alle anderen Möglichkeiten zu nutzen, um an ihre Arbeitsplätze zu gelangen und den Arbeitsausfall so gering wie möglich zu halten. Es kann sinnvoll sein, ggf. unter Beteiligung der Dienststelle, z.B. Fahrgemeinschaften zu bilden. Ein Ersatz von zusätzlichen Fahrtkosten kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Hinsichtlich des Arbeitsentgelts für ausgefallene Arbeitszeit wird auf Nr. 2 verwiesen.

II. Auswirkungen einer Arbeitskampfmaßnahme auf die Sozialversicherung und die Zusatzversorgung

1 Krankenversicherung

  1. Mitgliedschaft und Zahlungsansprüche der Beschäftigten
    Während der Dauer eines rechtmäßigen Arbeitskampfes besteht die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der gesetzlichen Krankenversicherung fort, § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.
    Die Mitgliedschaft von in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig Versicherten, die versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind, wird durch den Wegfall des Entgelts infolge eines Arbeitskampfes ebenfalls nicht berührt. Dies gilt auch für die bei einer privaten Krankenversicherung versicherten Beschäftigten.
    Mit dem Wegfall des Entgeltsanspruchs infolge eines Arbeitskampfes entfällt der Anspruch auf den Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag nach § 257 Abs. 1 oder 2 SGB V. Besteht infolge eines Arbeitskampfes nur für Teile eines Monats ein Entgeltanspruch und damit auch nur für Teile eines Monats Anspruch auf den Beitragszuschuss, ist dieser nach § 223 SGB V zu berechnen, d. h. für jeden Tag mit Entgeltanspruch besteht Anspruch auf ein Dreißigstel des monatlichen Beitragszuschusses.
    Soweit kein Anspruch auf _Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht (vgl. Unterabschnitt I Nr. 3), haben die in der gesetzlichen Krankenversicherung Pflichtversicherten, solange sie arbeitsunfähig sind, auch während einer Arbeitskampfmaßnahme Anspruch auf Krankengeld gegen die zuständige gesetzliche Krankenkasse, und zwar auch dann, wenn die gesetzliche Entgeltfortzahlungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Es handelt sich dabei um originäre Ansprüche. Da in solchen Fällen die Krankenkasse nicht für die Arbeitgeber/innen eintritt, scheidet ein Forderungsübergang nach § 115 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) aus.
    Während eines rechtswidrigen Streiks bleibt die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger in der gesetzlichen Krankenversicherung längstens für einen Monat ab Beginn des Streiks erhalten, §§ 7 Abs. 3 SBG IV1190 Abs. 2, 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V.
  2. Meldepflichten der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers
    Wird eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch Wegfall des Anspruchs auf Arbeitsentgelt für mindestens einen Kalendermonat unterbrochen und wird Kranken-, Verletzten-, Mutterschafts-, Erziehungs- oder Elterngeld bezogen, Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehr- oder Zivildienst geleistet, ist gemäß § 9 Abs. 1 DEUV (Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung) innerhalb von zwei Wochen nach Ablauf des ersten vollen Kalendermonats der Unterbrechung eine Unterbrechungsmeldung an die zuständige Krankenkasse zu erstatten.
    Dauert ein rechtswidriger Arbeitskampf länger als einen Monat, endet das Beschäftigungsverhältnis (s. o. Nr. 1a). Die Abmeldung muss innerhalb von sechs Wochen nach dem Beschäftigungsende erfolgen, §§ 198 SGB V, 28 a Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, 8 Abs. 1 DEÜV. Für die Wiederanmeldung gilt eine Frist von sechs Wochen seit Wiederaufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung (§ 6 DEÜV).

2 Pflegeversicherung

Für das Fortbestehen der Pflegeversicherung verweist § 49 Abs. 2 SGB XI auf die entsprechenden Regelungen im Krankenversicherungsrecht. Die Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung besteht daher nach § 192 Abs. 1 Nr. 1 SGB V während eines rechtmäßigen Arbeitskampfes fort.

Da die Aufgaben der Träger der Pflegeversicherung von den gesetzlichen Krankenkassen wahrgenommen werden, besteht für die Pflegeversicherung keine weitere Meldepflicht.

3 Rentenversicherung

Die Rentenversicherung bleibt bei Wegfall des Arbeitsentgelts infolge der Arbeitskampfmaßnahme ohne zeitliche Begrenzung bestehen. Beiträge sind für diese Zeit jedoch nicht zu entrichten.

Volle Kalendermonate, für die wegen eines Arbeitskampfes keine Beiträge entrichtet worden sind, sind keine Ersatzzeiten oder Ausfallzeiten. Sie können zur Erfüllung der Wartezeit und zur Rentensteigerung nur angerechnet werden, wenn für sie freiwillige Beiträge entrichtet werden.

4 Arbeitslosenversicherung

Für die Zeit, für die wegen des Arbeitskampfes kein Arbeitsentgelt gezahlt wird, sind keine Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit zu entrichten.

Aus §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SBG III i. V. m. 7 Abs. 3 SBG IV folgt, dass bei einem langanhaltenden Streik die Streikzeiten, die über einen Monat hinausgehen, nicht zur Erfüllung der Anwartschaft für den Anspruch auf Arbeitslosengeld dienen und bei der Berechnung der Dauer dieses Anspruchs nicht zu berücksichtigen sind, §§ 123, 127 SGB III.

Im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen ist die Arbeitsverwaltung zu Neutralität verpflichtet, § 146 SGB III. Sie darf nicht durch die Gewährung von Arbeitslosengeld in Arbeitskämpfe eingreifen. Daher ruhen die Ansprüche auf Arbeitslosengeld, wenn die Beschäftigten durch Beteiligung an einem inländischen Arbeitskampf arbeitslos geworden sind, § 146 Abs. 2 SGB III.

Inwieweit Beschäftigte Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB III haben, die durch einen inländischen Arbeitskampf, an dem sie nicht beteiligt sind, arbeitslos geworden sind oder die infolge Kurzarbeit einen Arbeitsausfall erlitten haben (mittelbar vom Arbeitskampf Betroffene), richtet sich nach §§ 146 Abs. 3 und 4, 174 SGB III.

5 Unfallversicherung

Die an Arbeitskampfmaßnahmen Beteiligten stehen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt auch für Unfälle, die sich auf dem Weg zu oder von der Arbeitsstelle ereignen, wenn die Arbeitsstelle aufgesucht wurde, um sich an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen.

6 Zusatzversorgung

Die Pflichtversicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder nach § 25 TVöD i. V. m. dem ATV bleibt auch in der Zeit bestehen, in der infolge von Arbeitskampfmaßnahmen keine Entgeltansprüche gegeben sind. Umlagen, Sanierungsgelder und Beiträge sind für diese Zeit nicht zu zahlen. Ergeben sich volle Kalendermonate, für die keine Umlagen etc. zu entrichten waren, oder vermindert sich wegen des Wegfalls des Arbeitsentgelts das zusatzversorgungspflichtige Entgelt, kann dies zu einer geringeren Versorgungsrente führen.

G. Rechte und Pflichten bestimmter Beschäftigter

I. Arbeitswillige

Bei einer Arbeitskampfmaßnahme sind arbeitswillige Beschäftigte möglichst so lange zu beschäftigen, wie dies die Auswirkungen der Arbeitskampfmaßnahme zulassen. Zu der Frage des Entfallens einer Beschäftigungspflicht wird auf Abschnitt F Unterabschn. I Nr. 1 verwiesen.

II. Auszubildende, Praktikanten und Praktikantinnen usw. in einem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis

Diese Personen stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern sind zu ihrer Ausbildung oder zum Erwerb bestimmter Kenntnisse oder Fähigkeiten beschäftigt. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 12. September 1984 - 1 AZR 342/83 = AP Nr. 81 zu Art. 9 Arbeitskampf -) haben sie jedoch ein Arbeitskampfrecht, wenn es um ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen geht. Soweit ihnen ein Arbeitskampfrecht zusteht, sind sie im Sinne dieser Richtlinie wie Arbeitnehmer/innen zu behandeln.

Geht es nicht um ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen, stehen diese Personen außerhalb des Arbeitskampfes und dürfen deshalb an Arbeitskampfmaßnahmen (einschließlich Urabstimmung) nicht teilnehmen.

Sie sind - ggf. durch den Einsatz des Notdienstes - unter Fortzahlung ihres Entgelts möglichst weiter auszubilden. Es kann zweckmäßig sein, einen Sonderausweis (Anlage 4) zum Betreten der Dienststelle auszustellen.

Kommt die Tätigkeit in der Dienststelle wegen des Streiks zum Erliegen, halten sich diese Personen aber gleichwohl zur Ausbildung bereit, kann für diejenigen, die unter den Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes ( BBiG) fallen, aus § 19 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BBiG entnommen werden, dass das Ausbildungsentgelt bis zur Dauer von sechs Wochen fortzuzahlen ist.

Beteiligen sich diese Personen an Arbeitskampfmaßnahmen, die ihre tariflichen Beschäftigungsbedingungen nicht betreffen, kann im Einzelfall eine Kündigung des Ausbildungsverhältnisses aus einem wichtigen Grund ohne Einhaltung einer Frist ( § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) in Betracht kommen. In jedem Fall entfällt der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts für die Zeit, in der sie wegen Beteiligung an Arbeitskampfmaßnahmen zur Ausbildung nicht zur Verfügung stehen. Die monatliche Vergütung ist anteilig zu kürzen.

III. Beamtinnen und Beamte

Beamtinnen und Beamte haben kein Arbeitskampfrecht. Die Teilnahme an Arbeitskampfmaßnahmen oder ihre Unterstützung stellen eine Dienstpflichtverletzung dar. Auf einen "Verbotsirrtum" können sich weder Beamte/innen noch Verbände oder Gewerkschaften berufen.

Bei rechtmäßigen Arbeitskampfmaßnahmen von Beschäftigten ist der Einsatz von Beamtinnen und Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen grundsätzlich nicht zulässig, solange hierfür keine gesetzliche Regelung besteht (BVerfG vom 2. März 1993 - 1 BvR 1213/85 = AP Nr. 126 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = ZTR 1993 S. 241 -). Werden Beamtinnen und Beamte trotzdem angewiesen, Streikarbeit zu leisten, müssen sie diese aufgrund der Gehorsamspflicht erbringen. Sie haben jedoch die Möglichkeit, die Rechtmäßigkeit der an sie gerichteten dienstlichen Anordnung gerichtlich überprüfen zu lassen (BVerfG vom 7. November 1994 - 2 BvR 1117/94 u. a. = AP Nr. 144 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Ohne dass das BVerfG in der genannten Entscheidung vom 2. März 1993 dazu Stellung genommen hat, ist davon auszugehen, dass der Einsatz von Beamtinnen und Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen dann zulässig ist, wenn sie auf diesen Arbeitsplätzen Notdienstarbeiten durchzuführen haben.

Im Übrigen dürfen Beamte/innen angeordnete Mehrarbeit nicht verweigern. Sie können aufgrund der ihnen obliegenden Verpflichtung, bei zwingenden dienstlichen Verhältnissen in Ausnahmefällen Mehrarbeit zu leisten, auch zu zusätzlichen Dienstleistungen im Rahmen ihres Amtes herangezogen sowie kurzfristig auch mit anderen als den ihnen regelmäßig obliegenden Aufgaben betraut werden, soweit dies bei einem besonderen zeitweilig auftretenden dringenden dienstlichen Bedürfnis sachlich geboten und zumutbar ist. Insoweit sind sie gegebenenfalls auch zur Leistung einer "unterwertigen" Tätigkeit verpflichtet (BVerwG vom 10. Mai 1984 - 2 C 18/82 = AP Nr. 87 zu Art. 9 GG Arbeitskampf - und BAG vom 10. September 1985 - 1 AZR 262/84 = AP Nr. 86 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Weigert sich eine Beamtin/ein Beamter, einer dienstlichen Weisung, die einen derartigen Einsatz zum Gegenstand hat, nachzukommen, so ist ausdrücklich auf die Rechtslage sowie darauf hinzuweisen, dass die Weigerung eine Pflichtverletzung darstellt, die disziplinarrechtlich geahndet werden kann. Es kann sich als zweckmäßig erweisen, Beamte/innen zur Vermeidung von Schwierigkeiten, die beim Betreten der Verwaltung während eines Arbeitskampfes auftreten können, einen Sonderausweis (Anlage 4) auszustellen, der eindeutig Auskunft über die Eigenschaft als Beamter/in gibt (vgl. Abschnitt B Unterabschn. 1 Nr. 3).

IV. Personen, die Zivildienst leisten

Nach § 32a des Zivildienstgesetzes darf der Zivildienstleistende während der Dauer eines Arbeitskampfes, durch den die Beschäftigungsstelle unmittelbar betroffen ist, nicht mit einer Tätigkeit beschäftigt werden, die in der Beschäftigungsstelle infolge des Arbeitskampfes nicht ausgeübt wird. Unberührt bleibt das Recht der Beschäftigungsstelle, Zivildienstleistende für den Notdienst einzusetzen.

H. Personalrat

Der Personalrat hat sich in Bezug auf Arbeitskampfmaßnahmen neutral zu verhalten, § 66 Abs. 2, 67 Abs. 1 BPersVG. Bei einer groben Verletzung dieser Neutralitätspflicht (z.B. Einberufung einer Personalversammlung zum Zwecke der Urabstimmung, Verteilung von Flugblättern, Aufforderung zur Arbeitsniederlegung) ist die Dienststellenleitung berechtigt, die Auflösung des Personalrats durch gerichtliche Entscheidung zu beantragen.

Die einzelnen Mitglieder des Personalrates sind jedoch berechtigt, sich in ihrer Eigenschaft als Beschäftigter an Arbeitskampfmaßnahmen zu beteiligen, § 67 Abs. 2 BPersVG. In dieser Eigenschaft können sie z.B. auch Mitglied eines Urabstimmungsvorstandes sein, der Streikleitung angehören oder Streikposten sein. Um ihre Neutralitätspflicht nicht zu verletzen, dürfen sie dabei aber nicht als Personalratsmitglied handeln oder in Erscheinung treten.

Die vorstehenden Ausführungen gelten auch für Jugend- und Auszubildendenvertretungen und deren Mitglieder (vgl. aber Abschnitt G Unterabschn. II).

Während eines Arbeitskampfes sollten Besprechungen mit dem Personalrat durchgeführt werden mit dem Ziel, dass auch der Personalrat alles unternimmt, um Schäden in der Dienststelle möglichst zu vermeiden bzw. so gering wie möglich zu halten.

I. Streikleitung, Streikposten und Streikausschreitungen

Die Streikleitung der Gewerkschaft hat die Verantwortung für eine rechtmäßige Durchführung der Arbeitskampfmaßnahme. Die Tätigkeit in der Streikleitung der Gewerkschaft oder als Streikposten ist rechtmäßig. Streikposten verhalten sich jedoch rechtswidrig, wenn sie z.B. Arbeitswillige am Betreten der Dienststelle mit Drohung oder Gewalt zu hindern versuchen.

Kommt es während der Arbeitskampfmaßnahme zu Ausschreitungen, ist die Streikleitung (ggf. die übergeordnete Streikleitung) unter Hinweis auf eine etwaige Schadensersatzpflicht unverzüglich aufzufordern, dafür Sorge zu tragen, dass die rechtswidrigen Handlungen unterbleiben. Es kann auch zweckmäßig sein, die Polizei zu verständigen. Unter Umständen ist es erforderlich, eine einstweilige Verfügung zu erwirken; ein solches Vorgehen sollte jedoch vorher mit der obersten Dienstbehörde abgestimmt werden (vgl. Abschnitt D Unterabschn. I Nr. 1).

J. Teilnahme an rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen

Beschäftigte, die an rechtswidrigen Arbeitskampfmaßnahmen (vgl. Abschnitt a Unterabschn. II) teilnehmen, müssen damit rechnen, dass gegen sie die in der Rechtsordnung vorgesehenen Maßnahmen ergriffen werden, z.B. eine fristlose Kündigung ausgesprochen wird. Hingewiesen wird besonders auf das Recht der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers, ggf. Ersatz des entstandenen Schadens zu verlangen (BAG vom 21. Juni 1988 - 1 AZR 651/86 = AP Nr. 108 zu Art. 9 GG Arbeitskampf -).

Wird bei der eigenmächtigen Benutzung von Fahrzeugen der Arbeitgeberin/des Arbeitgebers ein Unfall verursacht, durch den Personen- oder Sachschaden entsteht, ist die Person, die das Fahrzeug geführt hat, zum Schadenersatz verpflichtet. Hat den entstandenen Schaden zunächst ein Versicherer zu regulieren, hat dieser gegen die Beschäftigte/den Beschäftigten einen Regressanspruch (KG Berlin vom 2 März 1978 - 12 U 2934/77 -). Darüber hinaus muss die Person, die das Fahrzeug geführt hat, auch mit strafrechtlichen Konsequenzen nach § 248b StGB rechnen, wenn Strafantrag gestellt wird.

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