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Großschadensereignisse - Bewältigung von Notfallereignissen mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Kranken
- Niedersachsen -
Vom 19. November 2014
(Nds. MBl. Nr. 5 vom 04.02.2015 S. 136)
Bek. d. Ministeriums für Inneres und Sport (Landesausschuss "Rettungsdienst" nach § 13 NrettDG) v. 19.11.2014
- 36.42-41576-10-13/0 -
Gemäß § 8 der Geschäftsordnung des Landesausschusses "Rettungsdienst" werden die vom Landesausschuss beschlossenen Empfehlungen zur Bewältigung von Notfallereignissen mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Kranken (Großschadensereignisse) bekannt gemacht
Aufgabe des Rettungsdienstes ist die Notfallrettung - das ist die Durchführung erforderlicher medizinischer Maßnahmen am Einsatzort, um die Transportfähigkeit von Personen herzustellen und diese erforderlichenfalls in eine geeignete Behandlungseinrichtung zu befördern. Dies schließt die Bewältigung von Notfallereignissen mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Kranken (Großschadensereignis) ein, soweit nicht der Eintritt des Katastrophenfalls festgestellt wird. Die Bewältigung eines Großschadensereignisses gehört damit zum Sicherstellungsauftrag des Rettungsdienstes (vgl. § 2 Abs. 2 NRettDG).
In dieser Empfehlung wird der Begriff "Massenanfall von Verletzten (und Erkrankten)" - MANV - verwendet, der synonym für die Begriffe "Massenanfall" und "Großschadensereignis" steht.
Der für den Regelrettungsdienst berechnete Bedarf (Bedarfsplan) soll so bemessen sein, dass der Bevölkerung die medizinische Leistung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zur Verfügung steht. Aufgrund der - i. S. der Wirtschaftlichkeit - angestrebten Auslastung des Regelrettungsdienstes verfügt dieser jedoch über begrenzte sowie regional unterschiedliche Leistungsreserven zur Bewältigung eines MANV.
Ein Großschadensereignis ist nach DIN 13050: 2008-09 definiert als "ein Ereignis mit einer großen Anzahl von Verletzten oder Erkrankten sowie anderen Geschädigten oder Betroffenen und/oder erheblichen Sachschäden".
Der Massenanfall ist nach DIN 13050: 2008-09 definiert als ein "Notfall mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Erkrankten sowie anderen Geschädigten oder Betroffenen, der mit der vorhandenen und einsetzbaren Vorhaltung des Rettungsdienstes aus dem Rettungsdienstbereich nicht bewältigt werden kann".
Eine Schnell-Einsatz-Gruppe (SEG) ist nach DIN 13050: 2008-09 eine "Gruppe ausgebildeter Helfer, die so ausgerüstet und ausgestattet ist, dass sie Verletzte, Erkrankte sowie andere Geschädigte oder Betroffene versorgen kann."
Als Patientenablage wird nach DIN 13050: 2008-09 eine "Stelle an der Grenze des Gefahrenbereichs, an der Verletzte oder Erkrankte gesammelt und soweit möglich erstversorgt werden und an der sie zum Transport an einen Behandlungsplatz oder weiterführende medizinische Versorgungseinrichtung übergeben werden" bezeichnet.
Die Örtliche Einsatzleitung (ÖEL) leitet die medizinische Versorgung und übernimmt die Aufgaben der Rettungsleitstelle, soweit dies zur ordnungsgemäßen Lenkung des Einsatzes erforderlich ist. Die ÖEL besteht mindestens aus einer Leitenden Notärztin oder einem Leitenden Notarzt und einer Organisatorischen Leiterin oder einem Organisatorischen Leiter (vgl. § 7 Abs. 1 NRettDG).
Für den jeweiligen Rettungsdienstbereich sind in Abstimmung mit den zuständigen Rettungsdienstträgern der Nachbarbereiche auf Basis der nachfolgenden MANV-Stufen eine detaillierte Planung vorzunehmen und adäquate Festlegungen für die Bewältigung von rettungsdienstlichen Großschadensereignissen (z.B. Alarm- und Ausrückeordnung, MANV-Konzept) zu treffen.
MANV-Stufen sollen nach Anzahl der maximal zu versorgenden Patientinnen und Patienten benannt werden (z.B. MANV 50 bei bis zu 50 Patientinnen oder Patienten).
Abhängig von der Leistungsfähigkeit des Rettungsdienstes in einem Rettungsdienstbereich kann die im Folgenden beispielhaft gewählte Abstufung regional angepasst werden (z.B. MANV 7, MANV 15, MANV 25). Die Mindestzahl von Patientinnen und Patienten für die niedrigste MANV-Stufe liegt bei 5. Dabei ist zu beachten, dass auch für die Betreuung von Betroffenen (z.B. Unverletzte, Angehörige) gesorgt werden muss.
MANV 7 | MANV 15 | MANV 25 | MANV 30 | MANV 50 |
5 bis 7 Patientinnen oder Patienten |
bis 15 Patientinnen oder Patienten |
Bis 25 Patientinnen oder Patienten |
Bis 50 Patientinnen oder Patienten |
> 50 Patientinnen oder Patienten |
Die in der entsprechenden MANV-Stufe genannte Ziffer erleichtert die Zusammenarbeit mit überörtlichen Kräften, da die Zahl der zu versorgenden Patientinnen und Patienten unmittelbar erkennbar ist. In einer MANV-Lage kann anhaltsweise mit folgender Verteilung der Verletzungs-/Erkrankungsschwere auf die Sichtungskategorien (SK I - IV) gerechnet werden:
- SK I | Kennfarbe rot | sofortige Behandlung | 15 %, |
- SK II | Kennfarbe gelb | dringliche Behandlung | 20 %, |
- SK III | Kennfarbe grün | nicht dringliche Behandlung | 60 % |
- SK IV | Kennfarbe blau | hoffnungslos, palliative Versorgung | 5 % |
Nach § 7 Abs. 4 NRettDG bereiten die Träger des Rettungsdienstes unter Beteiligung der Krankenhausträger Maßnahmen, insbesondere Notfallpläne, zur Bewältigung von Großschadensereignissen vor. Die Krankenhaus Alarm- und Einsatzpläne (KAEP) nach § 14 NKHG müssen u. a. Maßnahmen zur Ausweitung der Aufnahme- und Behandlungskapazitäten vorsehen.
Als Einsatzeinheiten sind vorgesehen:
ÖEL (Führungskomponente)
Zur Bewältigung von MANV-Lagen ist eine Örtliche Einsatzleitung (ÖEL) als Führungskomponente erforderlich, die personell mindestens aus LNa und OrgL besteht und auf die jeweiligen örtlichen Rahmenbedingungen abzustellen ist. Hierfür gelten die Empfehlungen des Landesausschusses "Rettungsdienst" zur Örtlichen Einsatzleitung (Bek. des MI vom 03.11.2010 -. B21.32-41576-10-13/0). Die ÖEL ist lageabhängig der Gesamteinsatzleitung der Feuerwehr unterstellt und führt alle Einsatzkräfte des Rettungs- und Sanitätsdienstes.
Darüber hinaus müssen alle MANV-T- und MANV-PA- bzw. MANV-BHP-Einheiten personell so geführt werden, dass diese Komponenten - unter Gesamtleitung der ÖEL - eigenständig tätig werden können.
MANV-S (Sofort)
Einsatzeinheiten MANV-S werden aus dem Regelrettungsdienst benachbarter Rettungsdienstbereiche zugeführt. Die Einsatzeinheit MANV-S besteht aus einem NEF und zwei RTW und soll mindestens zwei Patientinnen oder Patienten an der Einsatzstelle behandeln können.
Die Verfügbarkeitszeit (das ist die Zeit von der Alarmierung durch die Rettungsleitstelle bis zum Eintreffen an einem an einer öffentlichen Straße gelegenen Einsatzort) der MANV-SEinheit soll 30 Minuten nicht überschreiten. Die Verfügbarkeitszeit kann unter Beachtung der regionalen Gegebenheiten von dieser Vorgabe abweichen.
MANV-T (Transport)
Die Einsatzeinheit MANV-T verfügt über Rettungsmittel zum Transport von fünf liegenden Patientinnen oder Patienten und fünf sitzenden Patientinnen oder Patienten. Im Einzelfall kann von dieser Vorgabe abgewichen werden.
Die MANV-T-Einheit soll 30 Minuten nach Alarm am Sammelplatz abmarschbereit sein.
MANV-PA (Patientenablage)
Die Einsatzeinheit MANV-Pa ist personell und materiell so ausgestattet, dass 10 bis 15 Patientinnen oder Patienten (5 SK I "rot", 3 SK II "gelb", 7 SK III "grün") eigenständig versorgt werden können.
Die MANV-PA-Einheit soll 30 Minuten nach Alarm am Sammelplatz abmarschbereit sein.
MANV-BHP (Behandlungsplatz)
Die Einsatzeinheit MANV-BHP ist personell und materiell so ausgestattet, dass 50 Patientinnen oder Patienten (10 SK I "rot", 10 SK II "gelb", 30 SK III "grün") eigenständig versorgt werden können. Sie entspricht damit einem Behandlungsplatz zur Versorgung von 50 Patientinnen oder Patienten (BHP 50).
Die MANV-BHP-Einheit soll 30 Minuten nach Alarmierung am Sammelplatz abmarschbereit und 30 Minuten nach Eintreffen an einem an einer öffentlichen Straße gelegenen Einsatzort arbeitsfähig sein. Daraus folgt, dass eine MANV-BHP-
Einheit nur dann anzufordern ist, wenn die Patientinnen oder Patienten voraussichtlich nicht innerhalb von etwa 90 Minuten den Kliniken zugewiesen werden können.
Die MANV-BHP-Einheit wird bei der Kostenaufstellung nicht berücksichtigt, da diese im Hinblick auf die Vorhaltung und den möglichen Einsatz (MANV-BHP-50-Einheiten landesweit verteilt) aus Mitteln des Katastrophenschutzes zu finanzieren ist.
Personelle sowie materielle Ausstattung der MANV-Komponenten
Die personelle sowie materielle Zusammensetzung der MANV- Komponenten zeigt beispielhaft die Anlage. Zur Sicherstellung der jederzeitigen Verfügbarkeit ist analog zum Niedersächsischen Brandschutzgesetz (NBrand SchG) bzw. der Feuerwehrverordnung (FwVO) eine Personalreserve von mindestens 100 Prozent anzusetzen.
Weitere Einsatzkräfte
Darüber hinaus können im Einzelfall folgende Einsatzkräfte erforderlich sein:
Die Vorhaltung von MANV-Kräften (MANV-S-/T-/PA-Einheiten) wird auf Basis der Rettungsmittelvorhaltestunden und der Einwohnerzahl des Rettungsdienstbereiches ermittelt.
Die Vorhaltung wird davon abhängig gemacht, wie viel Prozent aller Rettungsmittelvorhaltestunden in Niedersachsen auf den jeweiligen Rettungsdienstbereich entfallen bzw. wie viel Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner Niedersachsens in dem Rettungsdienstbereich leben. Für die anteiligen Vorhaltestunden bzw. Einwohnerzahlen werden insgesamt fünf Cluster definiert. Die Zuweisung zu einem Cluster erfolgt abhängig davon, welcher Grenzwert (Vorhaltestunden oder Einwohnerzahl) zuerst erreicht wird. Das Versorgungsziel gibt die Zahl der potenziell zu versorgenden Verletzten/Patientinnen oder Patienten vor.
__________
*) Alternativ 1 x MANV-S und 2 x MANV-T, sofern Pa aus benachbartem Rettungsdienstbereich verfügbar.
Bei besonderer Gefährdungsbeurteilung kann eine darüber hinausgehende erweiterte Vorhaltung notwendig sein. Es ist jedoch festzuhalten, dass bei MANV-Lagen - unabhängig von der eigenen Vorhaltung - eine bereichsübergreifende Zusammenarbeit erforderlich ist ( § 4 Abs. 2 NRettDG).
Die Clusterung sowie die empfohlene Vorhaltung sind auf Basis der von den Trägern des Rettungsdienstes gemeldeten Daten erfolgt und gelten bis zum 31.12.2019. Die Zuordnung der einzelnen Rettungsdienstbereiche erfolgt in den Richtlinien für die Ermittlung der betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten.
Auch besteht für den Rettungsdienstträger die Möglichkeit, eine detaillierte Planung zur Bewältigung von rettungsdienstlichen Großschadensereignissen auf Basis einer Risikoanalyse aufzustellen. Diese Planung beinhaltet eine Gefahrenanalyse (Bewertung der Infrastruktur im Zuständigkeitsbereich sowie Darstellung der Objekte mit erhöhtem Gefährdungspotenzial), die Festlegung von Schutzzielen, die Ermittlung sowie Darstellung der Ist-Struktur sowie die zukünftige Struktur der Vorhaltung von personellen sowie materiellen Ressourcen zur Bewältigung eines solchen Ereignisses.
Die Finanzierung ist in der Richtlinie für die Ermittlung der betriebswirtschaftlichen Gesamtkosten geregelt.
Beispiele einer möglichen Gliederung von Einheiten zur Bewältigung eines rettungsdienstlichen Großschadensereignisses | Anlage |
ENDE |
(Stand: 23.07.2018)
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