Regelwerk

Hessisches Vergabegesetz
- Hessen -

Vom 25. März 2013
(GVBl. Nr. 6 vom 03.04.2013 S.121 Inkrafttreten Außerkrafttretenaufgehoben)
Gl.-Nr.: 360-21


zur aktuellen Fassung

§ 1 Anwendungsbereich 

(1) Dieses Gesetz gilt für die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge des Landes Hessen sowie der Gemeinden und Gemeindeverbände und ihrer Eigenbetriebe (öffentliche Auftraggeber).

(2) Der Auftragswert, ab welchem die Vergabeverfahren von diesem Gesetz erfasst werden, wird durch Rechtsverordnung von der für das öffentliche Auftragswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister im Einvernehmen mit der für das Haushaltswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister sowie mit der für kommunale Angelegenheiten zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister bekannt gegeben. Die Festsetzung kann nach Leistungsgegenständen und Vergabeverfahren differenziert erfolgen. Maßgeblich sind der Aufwand der Beschaffungsverfahren nach diesem Gesetz und die erwarteten Vorteile mittelständischer Unternehmen. Ist kein Schwellenwert bekannt gegeben, beträgt der maßgebliche Auftragswert einheitlich 10000 Euro ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer. Die Vergabe und Ausführung öffentlicher Aufträge unterhalb von 10000 Euro kann unbeschadet des Haushaltsrechtes durch Verwaltungsvorschrift gesondert geregelt werden.

(3) Diesem Gesetz entgegenstehende Vorgaben für Vergabeverfahren nach dem Recht der Europäischen Union, nach Bundesrecht sowie für im Auftrag des Bundes, der Stationierungsstreitkräfte sowie internationaler und supranationaler Stellen durchzuführende Vergabeverfahren bleiben unberührt.

(4) Die durch Verwaltungsvorschriften zum Haushaltsrecht des Landes und Bekanntmachungen nach dem Gemeindehaushaltsrecht eingeführten Ausführungsvorschriften und Vergabe- und Vertragsordnungen, Teil A, Abschnitt 1, bleiben unberührt, soweit deren Vorschriften diesem Gesetz nicht widersprechen.

§ 2 Anforderungen, Verfahren

(1) Öffentliche Aufträge sind nur an fachkundige, gesetzestreue, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmen zu angemessenen Preisen in nicht diskriminierenden, gleichbehandelnden, wettbewerblichen und transparenten Verfahren zu vergeben.

(2) Für die Auftragsausführung können zusätzliche, insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Anforderungen nur gestellt werden, wenn sie unmittelbar im sachlichen Zusammenhang mit dem auszuführenden Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben. Nicht auftragsbezogene Anforderungen sind ausgeschlossen.

(3) Den Unternehmen steht es frei, sich an Teilnahmewettbewerben, Interessenbekundungsverfahren, Beschränkten Ausschreibungen, Freihändigen Vergaben, nicht offenen Verfahren oder Verhandlungsverfahren zu beteiligen. Eine Nichtbeteiligung trotz Einladung oder Aufforderung an Vergabeverfahren rechtfertigt keine Nichtberücksichtigung bei weiteren Vergabeverfahren.

(4) Die Bevorzugung ortsansässiger oder in der Region ansässiger Unternehmen ist unzulässig.

(5) Die Berechnung der Auftragswerte bestimmt sich in allen Vergabeverfahren nach § 3 Vergabeverordnung in der Fassung vom 11. Februar 2003 (BGBl. I S. 169), zuletzt geändert durch Verordnung vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1508), und erfolgt ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer.

(6) Die Vergabeverfahren sind fortlaufend und vollständig zu dokumentieren. Entscheidungen sind zu begründen. Die Berücksichtigung mittelständischer Interessen ist besonders aktenkundig zu machen.

§ 3 Tarifvertragsbindung

(1) Unternehmen, die öffentliche Aufträge im Sinne dieses Gesetzes erhalten, sind verpflichtet, für die Dauer der Vertragsausführung ihren damit befassten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die für sie geltenden gesetzlichen, aufgrund eines Gesetzes festgesetzten und unmittelbar geltenden tarifvertraglichen Leistungen zu gewähren. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass gegen diese Regelung verstoßen wird, ist auf Anforderung dem öffentlichen Auftraggeber die Einhaltung dieser Verpflichtung nachzuweisen.

(2) Nachunternehmen und mit Leistungen beauftragte Lieferanten haben die für sie geltenden Pflichten nach Abs. 1 in gleicher Weise in eigener Verantwortung zu erfüllen. Bei Verstößen ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, unbeschadet anderer Rechte seine Zustimmung zur Weitergabe der Leistung zu widerrufen und nach Maßgabe des § 12 zu verfahren.

§ 4 Vergabearten

(1) Beschaffungen werden grundsätzlich in Öffentlicher Ausschreibung oder in Beschränkter Ausschreibung oder Freihändiger Vergabe mit und ohne Interessenbekundungsverfahren oder nach dem Recht der Europäischen Union nach Maßgabe der § § 97 bis 129b des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung vom 15. Juli 2005 (BGBl. I S. 2114; 2009 I S. 3850), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I S. 3044), vergeben.

(2) Die Vergabe von Aufträgen erfolgt in Öffentlicher Ausschreibung. Soweit die Auftragswerte nicht die in § 9 genannten Vergabefreigrenzen überschreiten oder in begründeten Ausnahmefällen ist eine Beschränkte Ausschreibung oder eine Freihändige Vergabe zulässig.

(3) Bei Öffentlicher Ausschreibung wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen öffentlich und bei Beschränkter Ausschreibung werden zuvor ausgewählte geeignete Unternehmen zur Abgabe von bindenden Angeboten nach Maßgabe einer Leistungsbeschreibung aufgefordert. Bei Freihändiger Vergabe werden mit mehreren oder wird ausnahmsweise nur mit einem geeigneten Unternehmen über den Gegenstand und die Bedingungen des Auftrags verhandelt.

(4) Interessenbekundungsverfahren sind vereinfachte Teilnahmewettbewerbe zur Auswahl von Bewerbern bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe. Hierzu sind Unternehmen aufzufordern, sich nach Maßgabe der in der Bekanntmachung veröffentlichten Bedingungen um die Berücksichtigung bei der Auswahl der aufzufordernden Unternehmen im Vergabeverfahren formlos zu bewerben. Förmliche Teilnahmewettbewerbe bleiben davon unberührt. Die Auswahl der geeigneten Teilnehmer erfolgt entsprechend § 5 Abs. 2 und 3.

(5) Vor Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe ist ein öffentliches Interessenbekundungsverfahren ab einem geschätzten Auftragswert bei

  1. Bauleistungen ab 100.000 Euro je Gewerk (Fachlos),
  2. Lieferungen ab 50000 Euro je Auftrag
  3. und Dienst- und Werkleistungen ab 80.000 Euro je Auftrag

durchzuführen.

(6) Die für das öffentliche Auftragswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann andere Auftragswerte nach Abs. 5 durch Rechtsverordnung festsetzen und dabei die Pflichtdurchführung von Interessenbekundungsverfahren allgemein oder gestaffelt aussetzen.

§ 5 Bekanntmachung, Wettbewerb

(1) Alle durchzuführenden Ausschreibungen und andere Bekanntmachungen im Rahmen öffentlicher Auftragsverfahren sind in der Hessischen Ausschreibungsdatenbank (HAD) der Auftragsberatungsstelle Hessen e.V. (www.had.de) zu veröffentlichen (Pflichtbekanntmachung). Die Veröffentlichung und Einsichtnahme in die Bekanntmachungen sind kostenfrei. Eine weitere Bekanntmachung in anderen Medien bleibt unberührt.

(2) Zur Beschränkten Ausschreibung und Freihändigen Vergabe ist nur zuzulassen, wessen Eignung vorab festgestellt wurde. Geeignet ist, wer die allgemeinen Anforderungen nach § 2 Abs. 1 und besonders aufgestellte auftragsbezogene Anforderungen erfüllt.

(3) Bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe soll die Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht auf ein oder immer dieselben Unternehmen beschränkt werden, sondern ist unter mehreren geeigneten Unternehmen zu streuen. Es sollen wenigstens drei bis fünf geeignete Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert werden; dabei soll die Hälfte der Unternehmen - wenigstens ein bis zwei - nicht am Ort der Ausführung der Beschaffung ansässig sein. Soweit Unternehmen vom öffentlichen Auftraggeber bereits ausgewählt sind, sich am Vergabeverfahren zu beteiligen, ist die Anzahl ausgewählter Unternehmen, nicht aber der Ort und Name in der Bekanntmachung anzugeben.

§ 6 Fördergrundsätze

(1) Die Interessen der Unternehmen, die nach § 2 Abs. 1 des Mittelstandsförderungsgesetzes vom 25. März 2013 (GVBl. S. 119) zur mittelständischen Wirtschaft zählen, sind bei der Angebotsaufforderung vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sollen zuvörderst in der Menge aufgeteilt (Lose und Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) eigenständig ausgeschrieben und vergeben werden. Lose, Teil- und Fachlose dürfen nur in einem Ausschreibungsverfahren zusammengefasst werden, soweit wirtschaftliche oder technische Gründe das erfordern. Ausreichende Bewerbungs- und Angebotsfristen sind zu gewähren.

(2) Bietergemeinschaften und Arbeitsgemeinschaften sind zugelassen, es sei denn, besondere Gründe schließen das aus. Die Bildung von Bieter- und Arbeitsgemeinschaften darf nicht durch Verfahrens- und Vertragsbedingungen behindert werden.

(3) Bietergemeinschaften haben in den Angeboten die Mitglieder sowie eines ihrer Mitglieder als bevollmächtigte Vertreterin oder bevollmächtigten Vertreter für den Abschluss und die Durchführung des Vertrages zu benennen. Fehlen diese Angaben im Angebot, sind diese vor dem Zuschlag beizubringen.

§ 7 Nachweis der Eignung, Präqualifikation

(1) Eignungsnachweise der Bewerberin oder des Bewerbers und der Bieterin oder des Bieters dürfen nur gefordert werden, soweit dies durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt ist und sie in den Bewerbungsbedingungen bezeichnet sind. Eigenerklärungen der Bieterin oder des Bieters und der Bewerberin oder des Bewerbers sind ausreichend. In Textform ausgestellte beizubringende Nachweise sind auf begründete Einzelfälle zu beschränken und die Gründe dafür aktenkundig zu machen. Die Möglichkeit, vor Auftragserteilung in Textform ausgestellte Nachweise von den ausgewählten Bietern zu verlangen, kann in den Verdingungsunterlagen vorbehalten werden, soweit sie im Einzelnen benannt sind.

(2) Sind zu

  1. der Eigenschaft als mittleres oder kleines Unternehmen oder als Kleinstunternehmen,
  2. den für den Auftragnehmer geltenden Tarifverträgen nach § 3 Abs. 1,
  3. der Eignung als auftragnehmendes Unternehmen

Nachweise zu führen und sind diese

  1. in einem anerkannten Register eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines nach dem Recht der Europäischen Union gleichgestellten Vertragsstaates oder
  2. in einem Präqualifikationsregister der Hessischen Auftragsberatungsstelle Hessen e. V., der DIHK Service GmbH oder des Vereins für Präqualifikation von Bauunternehmen e. V. oder
  3. in einem anderen Bundesland oder bei einem öffentlichen Auftraggeber nach § 98 Nr. 4 GWB zugänglichen Register

hinterlegt und nicht älter als ein Jahr, genügt ein Nachweis aus solchen Registern. Soweit Nachweise nach Satz 1 in dem zugelassenen Register nicht enthalten sind, kann der Nachweis gesondert einzeln oder nach einem anderen Register geführt werden.

§ 8 Öffentlichprivate Partnerschaften

(1) Vergaben in öffentlichprivater Partnerschaft sind so zu planen, dass mittelständische Unternehmen sich an dem Projekt beteiligen können. Bau- und Betriebsprojekte in öffentlichprivater Partnerschaft sind in der Regel ab fünf Millionen Euro Herstellungskosten oder ab 500.000 Euro Miet- und Betriebskosten, bezogen auf fünf Jahre, für mittelständische Unternehmen geeignet. Die Zusammenfassung selbstständiger Objekte ist unzulässig, es sei denn, unabweisbare Gründe der Wirtschaftlichkeit erfordern eine Zusammenfassung. Der Unterhaltungs- und der Dienstleistungsanteil sollen in Lose oder Gewerke und bei größeren Objekten in Teillose aufgeteilt werden.

(2) Die Möglichkeiten einer eigenständigen Vergabe städtebaulicher Leistungen und der Architektur sowie die Beteiligung mittelständischer Unternehmen sind abzufragen, zu prüfen und zu werten.

(3) Zuzulassen ist, dass mittelständische Unternehmen aus der Projekt- oder Betriebsgesellschaft ausscheiden können. Die Gründe, warum ein vorzeitiges Ausscheiden nicht möglich ist, sind in den Verdingungsunterlagen anzugeben.

(4) Zuzulassen ist die Veräußerung von Forderungen mittelständischer Unternehmen gegen deren Auftraggeberschaft, gegen die Projektgesellschaft oder gegen das Konsortium. Der öffentliche Auftraggeber kann auf Verlangen entweder einen Verzicht auf die Geltendmachung von Einreden wegen Nichterfüllung oder Mängeln erklären oder ein schuldbestätigendes oder selbständiges Anerkenntnis gegenüber dem Erwerber der Forderung erteilen und hat dann das vereinbarte Entgelt bedingungslos an den Erwerber der Forderung zu zahlen. Vertragliche Ansprüche der Auftraggeberschaft, Projektgesellschaft oder des Konsortiums gegenüber dem Unternehmen bleiben unberührt.

(5) Für die nach Haushaltsrecht durchzuführende Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (Wirtschaftlichkeitsberechnung) sind insbesondere

  1. Beschaffungs-, Investitions- und Finanzierungskosten,
  2. Jahresmiete, Betriebskosten, Unterhaltungskosten,
  3. sonstige Kosten der Nutzungszeit und deren Beendigung,
  4. Kosten technischer und städtebaulicher Leistungen sowie der Architektur

auszuweisen.

(6) Bei der Wertung ist neben den Wertungsgruppen des Abs. 5 als weiteres Bewertungskriterium die regionale Wertschöpfung durch die Beteiligung mittelständischer Unternehmen in den Verdingungsunterlagen abzufragen und bei der Wertung besonders zu gewichten.

(7) Die für das Haushaltswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister hat für die Wirtschaftlichkeitsberechnung nach Abs. 5 und die Berücksichtigung kleinerer und mittlerer Unternehmen nach Abs. 6 einheitliche Standards und Rechenmodelle bekanntzugeben, die für Landesbehörden verbindlich sind. Für kommunale Projekte können diese Standards und Rechenmodelle entsprechend angewendet werden.

§ 9 Vergabefreigrenzen

(1) Die für das öffentliche Auftragswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit der für das Haushaltswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister sowie mit der für kommunale Angelegenheiten zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister Vergabefreigrenzen, bis zu denen eine Beschränkte Ausschreibung und Freihändige Vergabe ohne Nachweis deren Voraussetzungen nach den allgemein als Haushaltsvorschrift eingeführten Vergabe- und Vertragsordnungen zulässig sind, sowie die Bedingungen für deren Inanspruchnahme erlassen. § 2 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes gelten die durch Verwaltungsvorschrift eingeführten Vergabefreigrenzen fort.

(2) Sind nach Abs. 1 Satz 1 keine anderen Vergabefreigrenzen festgesetzt, betragen diese für

  1. Bauleistungen je Gewerk (Fachlos):
    1. bei Beschränkter Ausschreibung 1 Million Euro,
    2. bei Freihändiger Vergabe 100.000 Euro,
  2. Lieferungen und Leistungen je Auftrag:
    1. bei Beschränkter Ausschreibung weniger als 200.000 Euro,
    2. bei Freihändiger Vergabe 100.000 Euro,

soweit dem Recht der Europäischen Union nicht entgegensteht.

(3) Zur Vermeidung und Verfolgung gesetzwidriger Praktiken sind die Vergabeverfahren bei Nutzung der Vergabefreigrenzen ausführlich und nachvollziehbar zu dokumentieren (Abbildung des gesamten Beschaffungsverfahrens, Vergabevermerk) sowie besonders zu überwachen (zum Beispiel: Verdingungsstelle, Rechnungsprüfung). Diese Anforderungen werden erfüllt, wenn Listen mit folgenden Angaben und Nachweisen geführt werden:

  1. Bedarfs- und Beschaffungsstelle,
  2. Auftrag,
  3. Vergabeart,
  4. aufgeforderte Bewerber und Bieter (Name, Firma, Ort),
  5. Auftragnehmer (Name, Firma, Ort) mit Begründung der Zuschlagsentscheidung,
  6. alle Angebote,
  7. Übersicht aller nachgerechneten Angebotspreise (Preisspiegel),
  8. abgeschlossener Vertragspreis,
  9. abgerechnetes Entgelt einschließlich Nachträge,
  10. die für das Vergabeverfahren, die Vergabeentscheidung und Abnahme zuständige Person oder zuständigen Personen.

(4) Die Ausführung der Vergabegeschäfte soll durch eine von der Vergabestelle unabhängige Stelle wenigstens stichprobenweise kontrolliert und ausführlich dokumentiert werden. Andere geeignete Kontrollverfahren bleiben freigestellt. Alle Nachweise nach Abs. 3 und der Kontrollmaßnahmen sind mindestens zehn Jahre nach Abschluss der Beschaffung aufzubewahren, um eine nachträgliche Prüfung zu ermöglichen. Personenbezogene Daten sind danach zu löschen.

§ 10 Urkalkulation, Zwei-Umschlagsverfahren

(1) Bei einem geschätzten Auftragswert für

  1. Bauleistungen ab 50.000 Euro,
  2. Lieferungen und Leistungen ab 20.000 Euro

sind Bieter mit einem auffällig niedrigen Angebot, welches den Zuschlag erhalten soll, aufzufordern, in einem gesonderten verschlossenen Umschlag die Urkalkulation des Angebots einzureichen. Dieser Umschlag darf nur zur Ermittlung der Angemessenheit eines auffällig niedrigen Angebots in Anwesenheit des Bieters oder Auftragnehmers geöffnet werden. Die Daten sind vertraulich zu behandeln und danach wieder verschlossen zu den Vergabeakten zu nehmen.

(2) Grundsätzlich ist die auftragnehmende Bieterin oder der auftragnehmende Bieter verpflichtet, die Urkalkulation des Angebotes in einem gesonderten verschlossenen Umschlag bei Auftragsvergabe einzureichen. Dieser Umschlag kann bei einem Nachtrag oder einer Mehrforderung zu dem geschlossenen Vertrag in Anwesenheit des Bieters oder Auftragnehmers geöffnet werden.

(3) Angebote für Planungsleistungen, die in Freihändiger Vergabe oder im Verhandlungsverfahren vergeben werden, sollen getrennt nach Dienstleistung und Entgelt in zwei verschlossenen Umschlägen gefordert werden (Zwei-Umschlagsverfahren). Die Umschläge mit den Entgelten sind erst nach vorläufig abschließender Wertung sowie Reihung und Ausschluss der Leistungsangebote für die Planungsleistung zu öffnen und zu werten.

§ 11 Zuschlag, Preise

(1) Der Zuschlag darf nur dem unter Berücksichtigung aller Umstände wirtschaftlichsten Angebot erteilt werden. Der niedrigste Preis allein ist nicht entscheidend.

(2) Angeboten mit einem unangemessenen hohen oder niedrigen Preis darf der Zuschlag nicht erteilt werden. Erscheint ein Angebotspreis unangemessen niedrig und ist anhand der vorliegenden Unterlagen über die Preisermittlung die Angemessenheit nicht zu beurteilen, ist in Textform vom Bieter Aufklärung über die Kalkulation der Preise für die Gesamtleistung oder Teilleistung unter Festsetzung einer zumutbaren Antwortfrist zu verlangen. Angebote, die zehn Prozent und mehr günstiger sind als das nächste Angebot, sind zu prüfen, wenn hierauf der Zuschlag erfolgen soll.

(3) Bei der Beurteilung der Angemessenheit sind die Wirtschaftlichkeit des Angebots, die gewählte technisch Lösung und Eigenschaft, der technische Wert, die Ästhetik, die Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaft, Betriebskosten, Lebenszykluskosten, Rentabilität, der Kundendienst und die technische Hilfe sowie die Qualität und andere günstige Ausführungsbedingungen je nach Auftragsgegenstand zu berücksichtigen.

§ 12 Vertragsstrafe, Sperre

(1) Der öffentliche Auftraggeber soll mit dem Auftragnehmer für den Fall der Nichterfüllung übernommener vertraglicher Verpflichtungen ein Strafversprechen (Vertragsstrafe) vereinbaren. Dies ist in der Vergabebekanntmachung (Ausschreibung) anzukündigen.

(2) Unternehmer oder Unternehmen können wegen schwerer Verfehlungen, die ihre Zuverlässigkeit infrage stellen, von Aufträgen öffentlicher Auftraggeber ausgeschlossen werden. Näheres regelt hierzu eine Rechtsverordnung der für das Haushaltswesen zuständigen Ministerin oder des hierfür zuständigen Ministers im Einvernehmen mit der für Wirtschaft zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister, in welcher die Einrichtung einer Melde- und Informationsstelle für öffentliche Auftraggeber (einschließlich des Informationsaustausches mit beschaffenden Stellen) sowie das Anhörungs- und Sperrverfahren, insbesondere

  1. Verfehlungen von Unternehmern oder Unternehmen, die zum Erlass einer Vergabesperre berechtigen,
  2. Anforderungen an die Nachweisbarkeit solcher Verfehlungen,
  3. Kriterien für die Dauer einer zu verhängenden Sperre,
  4. Möglichkeiten für die Unternehmer oder Unternehmen, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, und
  5. Anforderungen für die Wiederzulassung zum Wettbewerb

festgelegt werden.

(3) Bewerber, Bieter, Auftragnehmer und Nachunternehmer, die zu den vom öffentlichen Auftraggeber auferlegten Verpflichtungen eine falsche Erklärung abgeben oder einen unzutreffenden Nachweis vorlegen oder haben vorlegen lassen, soll der öffentliche Auftraggeber wegen mangelnder Zuverlässigkeit wenigstens für sechs Monate bis zu drei Jahren von weiteren Aufträgen ausschließen. Liegt ein entsprechender Verstoß erstmals vor, kann anstelle der Sperre eine schriftliche Verwarnung ausgesprochen werden; bei wiederholtem Verstoß beträgt die Sperre dann mindestens ein Jahr. Vor einer Verwarnung und dem Ausschluss ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ein ausgeschlossener Unternehmer oder ein ausgeschlossenes Unternehmen ist auf dessen Antrag hin allgemein oder teilweise wieder zuzulassen, wenn der Grund des Ausschlusses ganz oder teilweise bereinigt ist und mindestens sechs Monate der Sperre abgelaufen sind. Näheres hierzu regelt die Rechtsverordnung nach Abs. 2.

(4) Sind die in einem Präqualifikationsregister nach § 7 Abs. 2 Satz 1 hinterlegten Erklärungen und Nachweise unzutreffend, ist dies dem Register mitzuteilen.

(5) Die Geltendmachung einer Auftragssperre oder Vertragsstrafe aus anderem Grunde sowie sonstige Ansprüche bleiben unberührt.

§ 13 Zahlungen

(1) Fällige Zahlungen sind unverzüglich, spätestens 30 Werktage nach Zugang der ordnungsgemäßen Abrechnung auszuführen.

(2) Abschlagszahlungen sind in der Höhe des Wertes nachgewiesener vertragsgemäßer Leistungen einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer zu gewähren. Bei in sich abgeschlossenen Teilen einer vertragsgemäßen Leistung sind Teilabnahmen ohne Rücksicht auf die Vollendung der übrigen Leistungen durchzuführen, endgültig festzustellen und zu bezahlen (Teilzahlung).

(3) Ansprüche auf Abschlag werden binnen 18 Werktagen nach Zugang der Aufstellung fällig, es sein denn, der öffentliche Auftraggeber erhebt begründete Zweifel an der vertragsgemäßen Erbringung der Teilleistungen oder der Richtigkeit der Rechnungsstellung. Nicht vertragsgemäß vereinbarte Skontoabzüge sind unzulässig. § 271a Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt.

(4) Auftragnehmer sind zu verpflichten, auch gegenüber ihren Nachunternehmen nach Abs. 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Vertraglich ist zu sichern, dass der öffentliche Auftraggeber berechtigt ist, zur Erfüllung aus dem Vertrag sich ergebender Verpflichtungen Zahlungen unmittelbar an Gläubiger des Auftragnehmers (Lieferant, Nachunternehmen) zu leisten, soweit

  1. diese an der Ausführung der vertraglichen Leistung des Auftragnehmers aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Vertrags beteiligt sind,
  2. diese wegen Zahlungsverzugs des Auftragsnehmers die Fortsetzung ihrer Leistung zu Recht verweigern und
  3. die Direktzahlung die Fortsetzung der Leistungen sicherstellen soll.

(6) Erklärt sich der Auftragnehmer auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers innerhalb einer von diesem gesetzten Frist nicht darüber, ob und inwieweit er die Forderung seines Gläubigers anerkennt, und legt er bei Nichtanerkennung keinen Nachweis der Berechtigung dazu vor, so gelten die Voraussetzungen für die Direktzahlung als anerkannt. Entsprechendes gilt bei Teilleistungen.

(7) Der Anspruch auf Verzugszinsen des Auftragnehmers (§ § 286 und 288 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches) ist durch den öffentlichen Auftraggeber nicht einschränkbar oder abbedingbar. Auftragnehmer sind zu verpflichten, auch gegenüber ihren Auftragnehmern (Nachunternehmen) und gegenüber mit Leistungen beauftragten Lieferanten nach Satz 1 zu verfahren.

§ 14 Nachprüfungsstellen

(1) Die für das öffentliche Auftragswesen zuständige Ministerin oder der hierfür zuständige Minister kann im Einvernehmen mit der für das Haushaltswesen zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister sowie mit der für kommunale Angelegenheiten zuständigen Ministerin oder dem hierfür zuständigen Minister durch Rechtsverordnung eine oder mehrere Nachprüfungsstellen für Bauleistungen (VOB-Stelle) und für Lieferungen und Leistungen (VOL-Stelle) einrichten und deren Verfahren regeln. Als VOB-Stelle sollen Behörden, die nicht unmittelbar für die Vergabeverfahren der Beschaffungsstellen zuständig sind, bestimmt werden. Als VOL-Stelle kann die Auftragsberatungsstelle Hessen e. V. bestimmt werden.

(2) Aufgabe der VOB-Stelle und der VOL-Stelle ist die Prüfung und Feststellung der von Bewerberinnen und Bewerbern sowie Bieterinnen und Bietern (Rügeberechtigte) vorgetragenen Verstöße gegen nach diesem Gesetz und nach Haushaltsrecht bestehende bewerber- und bieterschützende Vorschriften durch öffentliche Auftraggeber und durch diesen in Beschaffungsverfahren gleichgestellte zuwendungsnehmende Dritte (Zuwendungsnehmer). Rügeberechtigt sind auch berufsständische Kammern und Verbände.

(3) Verstöße gegen Vergabevorschriften, die Gegenstand von Nachprüfungsverfahren nach § 107 GWB sein können, und Streitigkeiten über abgeschlossene Verträge sind nicht Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens nach Abs. 2.

(4) An einem Nachprüfungsverfahren nach Abs. 2 beteiligte öffentliche Auftraggeber und Zuwendungsnehmer haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken und der Nachprüfungsstelle angeforderte Vergabeakten vorzulegen. Die Nachprüfungsstelle soll vor einer Entscheidung über einen Verstoß eine gütliche Streitbeilegung anstreben.

(5) In der Rechtsverordnung sollen für die Nachprüfungsverfahren bei Bau-, Liefer- und Dienstleistungen einheitliche Verfahrensvorschriften vorgegeben werden. Dazu kann insbesondere auf § 107 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1, § § 108 bis 111 Abs. 1 bis 3 sowie § § 113 und 114 Abs. 1 und 2 GWB Bezug genommen werden. Es kann bestimmt werden, dass im Falle eines zugelassenen Nachprüfungsverfahrens die Aussetzung des Zuschlags bis zu zehn Werktagen, bei besonders tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten bis zu fünfzehn Werktagen angeordnet und unter Berücksichtigung des Interesses der Allgemeinheit an einer unverzüglichen oder wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers auf Antrag das Zuschlagsverbot aufgehoben werden kann.

(6) Von der Nachprüfungsstelle festgestellte Verstöße und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Rechtsverletzung sind den Beteiligten und der Aufsichtsbehörde des öffentlichen Auftraggebers oder der zuwendungsgewährenden Stelle schriftlich mit Begründung mitzuteilen. Rechtsbehelfe dagegen bestehen nicht. Rechtsbehelfe gegen darauf ergangene Entscheidungen der Aufsichtsbehörde oder der zuwendungsgewährenden Stelle bleiben davon unberührt.

(7) Die Nachprüfungsverfahren sind gebührenfrei. Auslagen der Nachprüfungsstelle sind von der oder dem unterlegenen Beteiligten zu erstatten. Die Kosten der Beteiligten sind von diesen selbst zu tragen.

§ 15 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2013 in Kraft.

ENDE

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